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Die Abteikirche Sant’Antimo verdankt ihre Berühmtheit zum einen der romanischen Kirche des 12. Jahrhunderts, die sich mit ihrem imposanten Chorumgang markant von der gleichzeitigen Architektur in der Toskana abhebt, und zum anderen einer kleinen Krypta, die sich in einem südlich an die Abteikirche anschließenden Gebäudeteil befindet und gemeinhin als ›karolingische‹ Krypta (Abb. 1) bezeichnet wird. Im Folgenden möchte ich fragen, ob die Krypta sowie einige Fragmente, die ebenfalls als karolingisch angesprochen werden, tatsächlich aus dem 9. Jahrhundert stammen können. Durch eine Neudatierung sollen die Krypta und der sich über ihr erhebende Raum in einen überzeugenden kunsthistorischen Kontext gestellt werden.

1 Sant’Antimo, Krypta nach Osten

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Die Krypta unter der heutigen Sakristei stellt nach Canestrelli die der ersten Kirche von Sant’Antimo dar.  [1] Sie wird von ihm sowie von Toesca und Salmi aufgrund der historischen Überlieferung einer karolingischen Abteigründung ins 9. Jahrhundert datiert und soll damit eine der ältesten abendländischen Hallenkrypten sein.  [2] Mariaclothilde Magni stützte sich auf die älteren Datierungen von Hans Thümmler, Mario Moretti und Alberto Fatucchi ins 9. oder 10. Jahrhundert.  [3] Kubach widersprach diesen frühen Datierungen mit dem Argument, dass sich Hallenkrypten vor 1000 nicht nachweisen ließen.  [4] Damit schwankt die Datierung bis heute zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert.

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In den spärlichen frühen Quellen fehlt es jedoch an genauen Hinweisen auf den Bau einer Kirche, die eine Frühdatierung hätten sichern können.  [5] Aufschluss über einen frühen Kirchenbau sind allein aus der Klostergeschichte zu erwarten: Der Legende nach soll Karl der Große von Papst Hadrian II. den Leib des Anthimus sowie Sebastiansreliquien erhalten haben: »[…] existimo eidem donatam partem aliquam ex corpore S. Sebastiani, cum integro corpore S. Anthimi, quibus monasterium prædictum erexerit. «  [6] Darauf stützt sich die Annahme Canestrellis und Enlarts, die Abtei sei von Karl gestiftet worden.  [7] Tatsächlich dürfte die Gründung des Klosters in dieser Zeit erfolgt sein: Zwei Äbte – Tao und Tanimund – werden in der Urkunde König Berengars II. von Italien und seines Sohns Adelbert von 951/952 aufgeführt: »[…] antecessores eorum quondam Tao Tanimundo et Apolinaris abbatibus […]«; wahrscheinlich kann man aus der Nennung der beiden Äbte vor Apollinaris, der durch eine Urkunde Ludwigs des Frommen von 813 bekannt ist, schließen, dass Tao und Tanimund ihm im Amt vorangingen und das Kloster also um 800 bereits bestand. In einer Urkunde von 877 erwähnt der Bischof von Arezzo Karl dem Kahlen gegenüber 40 dem Kloster angehörende Mönche.  [8] Allein diese Zahl geht schwerlich zusammen mit der kleinen Kapelle über der Krypta, die heute als Sakristei genutzt wird. Vom 2. April 1006 datiert eine Urkunde, die eine Beschwerde des Abts Bozo von Sant’Antimo und des Abts von San Salvatore all’Monte Amiata über den Clusiner Bischof Arioldo enthält.  [9] Dieser hatte von beiden Klöstern Abgaben für die Weihe ihrer Kirchen erhoben. Der Urkunde von 1006 ist also zu entnehmen, dass es einen Kirchenneubau gegeben hat. Damit werden sämtliche älteren Spekulationen zur Datierung der Krypta hinfällig. Stattdessen ist im Folgenden zu überlegen, ob die Krypta im Zusammenhang mit der in der Quelle genannten Weihe steht.

2 Sant’Antimo, Grundriss der Sakristei und der darunter liegenden Krypta

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Die Krypta schließt unmittelbar südlich an die romanische Kirche an (Abb. 2). Es handelt sich um einen annähernd quadratischen Vierstützenraum auf 5,19 x 5,35 m.  [10] Im Osten öffnet sich im mittleren Joch eine Apsis mit einem Rundfenster im Scheitel, gegenüber liegt eine kleine halbrunde Nische in der Westwand.

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Da die Wände der Krypta heute zum Teil verputzt sind, lassen sich nur eingeschränkt Aussagen über das Mauerwerk machen: Drei Seiten der Umfassungsmauern bestehen aus Quaderwerk; es scheint sich um den gleichen gelben Tuff zu handeln, der für den Bau der Abteikirche des 12. Jahrhunderts verwendet wurde. Beim Vergleich der beiden Bauten fällt auf, dass die Werksteine der Krypta flacher und länger sind. Außerdem sind sie nicht so sorgsam geschnitten wie die der romanischen Abteikirche, so dass die Lagerfugen leicht gewellt verlaufen (Abb. 3). Die Nordwand der Krypta besteht aus kleinteiligem und unregelmäßigem Mauerwerk aus Bruchsteinen und Kieseln verschiedener Größe mit grobem Mörtel, vergleichbar dem aufgehenden Mauerwerk der Sakristei und dem der Emporen der Abteikirche. Die Quadermauern der Krypta dagegen weisen feinen Mörtel auf.

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Die gurtbogenlosen Kreuzgratgewölbe sind unregelmäßig aus flachen Steinen und grobem Mörtel gebildet, der Fugen von ein bis drei Zentimeter Breite füllt.  [11] Es gibt keine Vorlagen an den Quadermauern; nur die Nordwand besitzt zwei rechteckige Wandvorlagen entsprechend der Jocheinteilung. Bei den Stützen handelt es sich um Spoliensäulen mit leichter Enthasis und Halsring; nur die südwestliche scheint beschnitten, da sie keinen Halsring mehr aufweist. Sie tragen unförmige, für die Säulen zu große, leicht trapezförmige und undekorierte Blöcke anstelle von Kapitellen und stehen ohne Basis auf einer flachen Plinthe, die wahrscheinlich ursprünglich in den Fußboden eingelassen war.

<7>

Der Zugang zur Krypta erfolgt vom westlich vor dem Bau liegenden ehemaligen Kreuzgang aus; zur Sakristei gibt es keine direkte Verbindung. Der gesamte Treppenabgang besteht wiederum aus Quaderwerk.

3 Sant’Antimo, Krypta nach Westen

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Die längsrechteckige Sakristei im Obergeschoss besitzt zwei Joche auf 10,10 x 5,30 m, die sich nur über das Gewölbe, nicht aber über Wandvorlagen definieren.  [12] Auch sie besitzt eine Apsis mit einem Rundbogenfenster (Abb. 4). Nach Westen reicht sie etwas weiter als die Krypta und schließt mit einer geraden Wand, in der, leicht aus der Achse verschoben, ein großes Rundbogenfenster liegt. Zugänglich ist die Sakristei von Norden aus der Kirche und von Süden aus dem anschließenden Klostergebäude, wo sich der Zugang zum Obergeschoss der Sakristei befindet. In der Nordwestecke liegt ein möglicherweise nachträglich entstandener Zugang zur Empore der Kirche des 12. Jahrhunderts. Der Innenraum der Sakristei ist heute weiß verputzt und trägt an der Nord-, Süd- und Ostwand und in der Apsis Szenen einer Heiligenvita. Außen ist sie, wie auch die Krypta, nur an der Ost- und Westseite sichtbar, da sie im Norden von der Kirche und von Klostergebäuden im Süden flankiert wird. Die Apsiden der beiden übereinanderliegenden Räume treten am Außenbau als einheitlicher Baukörper in Erscheinung (Abb. 5).

4 Sant’Antimo, Sakristei nach Osten

5 Sant’Antimo, Apsis von Krypta und Sakristei

<9>

Dieser besteht aus grob behauenen, aber etwa gleichgroßen Steinen; lediglich auf der Höhe des Kryptengewölbes gibt es drei Lagen hellerer Steine. Vom Mauerwerk der Krypta unterscheiden sich erstere durch eine dunklere, grünlich-gelbe Färbung und einen wesentlich kleineren Zuschnitt. An der Traufe schließt die Apsis mit einer stark beschädigten Reihe von großen, scheibenförmigen Konsolen ab. Die Westwand setzt sich aus unregelmäßigem Mauerwerk zusammen (Abb. 6): Die rechte untere Ecke der Mauer weist das uns aus dem Innern der Krypta bekannte Quadermauerwerk auf, das sich an der Südecke bis unter die Dachtraufe zieht, die übrige Wandfläche besteht zum größten Teil aus Bruchstein. Links oberhalb des Kryptenabgangs befindet sich das schon angesprochene große Rundbogenfenster, das die Sakristei von Westen belichtet. Von außen betrachtet scheint es sich ursprünglich um eine Tür gehandelt zu haben – die linke Laibung ist als senkrechte Fuge noch deutlich erkennbar, ebenso zwei Kämpfer, die ursprünglich vielleicht den Türsturz getragen haben. Über dem Fenster setzt sich die Wand als Bruchsteinmauer, stellenweise vermischt mit Quaderwerk, fort. Das Obergeschoss wird durch ein weiteres Fenster belichtet, das mit seinem Segmentbogen allerdings einen neuzeitlichen Eindruck macht.

6 Sant’Antimo, Westfassade der Krypta und der Sakristei mit dem Zugang zur Krypta rechts unten

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Auffällig ist, dass es in der Krypta keine Bauskulptur gibt, denn in der Forschungsliteratur werden einige Objekte des Baudekors von Sant’Antimo als vorromanisch angesehen und der ›karolingischen‹ Kirche zugerechnet. Dabei handelt es sich im Einzelnen um fünf Türpfosten, zwei Türstürze und einige Kapitelle im Innern der romanischen Kirche und um drei monolithische Säulchen mit angearbeiteten Kapitellen im Kreuzgang. In der Krypta gibt es ferner vier Säulen, bei denen es sich aber wahrscheinlich um antike Spolien handelt.  [13] Nach Canestrelli entstanden die Türpfosten und -stürze für den Vorgängerbau von Sant’Antimo,  [14] Enlart vermutet, dass die Werkstücke zu einer Kanzel gehörten.  [15]

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Wenden wir uns zunächst dem Türpfosten und dem Sturz am Nordportal zu, die in vorromanische Zeit datiert werden (Abb. 7-8).

7 Sant’Antimo, Pfosten im Nordportal der Abteikirche

8 Sant’Antimo, Türsturz im Nordportal der Abteikirche

Der Pfosten ist mit einem dreisträhnigen Flechtband verziert, das Medaillonfelder ausbildet, in denen abwechselnd achtblättrige Blüten und Kreuze dargestellt sind.  [16] Das Motiv dieser Kreuze taucht identisch auch auf vier Konsolen am Außenbau der Chorumgangskapellen auf. Weiterhin finden sich an dem Pfosten wie an diesen Konsolen und an romanischen Kapitellen in der Abteikirche vergleichbare punktuelle Bohrungen, so dass der Türpfosten in das zweite Viertel des 12. Jahrhunderts zu datieren ist. Der Türsturz des Nordportals trägt ein Flechtband, das aus drei großen Knoten besteht; auf der rechten Seite ist ein Tierkopf dargestellt, der eine Schlinge des Flechtbands im Maul hält. Auch dieses Band ist aus drei Strähnen gebildet. Im Unterschied zum Pfosten hat der Türsturz aber keinen schmalen Rahmen; links und rechts des Flechtbands bleiben große Flächen stehen; auf der linken Seite hat das Flechtbandfeld einen rechteckigen Abschluss, auf der rechten ist der Abschluss trapezförmig. Für diese Ornamente gibt es im Baudekor des 12. Jahrhunderts keine Vergleiche. Daraus ergibt sich für die Datierung eine mögliche Zeitspanne zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert.

<12>

Auch das Südportal ist vollständig aus bislang vorromanisch datierten Bauteilen errichtet (Abb. 9). Der rechte Pfosten besteht aus zwei Teilen; der untere Teil ist mit einer gleichmäßig ›gewebten‹ Flechtbandmatte versehen; am oberen Ende führen zwei Stränge nach oben und leiten zum nächsten Stück über. Dieses trägt zwei große Knoten, ähnlich dem Flechtband des Türsturzes am Nordportal. Der linke Türpfosten ist aus einer Palmettenranke gebildet. Dabei werden durch dicke Wülste mandelförmige Felder ausgebildet, die mit einem hängenden Palmettenblatt gefüllt sind; in den äußeren Zwickelfeldern hängen links und rechts halbierte Palmetten. Das gleiche Motiv findet sich, wesentlich gröber am linken Pfosten des Portals der Pieve von Corsignano (Pienza) aus dem 12. Jahrhundert, taucht aber auch im Innern von Sant’Antimo auf den Kämpfern zweier Kapitelle wieder auf. Beide Pfosten sind außerdem aus dem gleichen Stein gearbeitet wie die Kämpfer und weisen die gleiche Oberflächenbehandlung wie jene auf, so dass hier davon ausgegangen werden muss, dass sie aus derselben Zeit stammen. Der Architrav des Südportals weist drei rechteckige Bildfelder auf. Im mittleren werden zwei gegenständig angeordnete Adler von je einem Greifen flankiert, auf den beiden äußeren ist je ein Fabelwesen dargestellt. Wenngleich sich die Adler in der Darstellung des Gefieders von jenen an den Kapitellen im Chorumgang unterscheiden, gleichen sie sich in ihrer Körperlichkeit (Abb. 10). Daher ist auch hier eine Datierung in das 12. Jahrhundert der älteren ins 9. oder 11. Jahrhundert vorzuziehen.

9 Sant’Antimo, Südportal der Abteikirche

10 Sant’Antimo, Kapitell im Chorumgang der Abteikirche

<13>

Weiterhin gibt es einige Fragmente, deren Datierung unsicher ist: Der Durchgang vom südlichen Seitenschiff in die Sakristei besitzt zwei Türpfosten, auf denen eine wulstige Ranke, die Rundfelder ausbildet, dargestellt ist. In den runden Feldern sitzen Vögel, die an Trauben picken (Abb. 11). Die Gestaltung der Ranke ist unregelmäßig, die Vögel und die Trauben sind nur sehr schematisch angegeben.  [17] Ein römisches Vergleichsbeispiel findet sich in Santa Maria Antiqua, ein anderes in Santa Saba.  [18] Bei beiden römischen Rankendarstellungen scheint das Relief allerdings höher und weniger weich geschnitten zu sein als in Sant’Antimo. Aufgrund der unterschiedlichen Datierungen der beiden Vergleichsbeispiele ist eine zeitliche Einordnung des Pfostens in Sant’Antimo schwierig. Für eine genauere Datierung müssten weitere Vergleichsbeispiele gefunden werden.

11 Sant’Antimo, Pfosten der Sakristeitür im südlichen Abschnitt des Chorumgangs der romanischen Abteikirche

<14>

Zum vorromanischen Baudekor werden ferner sechs Kapitelle gezählt. Dabei handelt es sich um zwei Typen: Die in der romanischen Kirche verwendeten Kapitelle sind Sattelkapitelle, die drei im Fenster des ehemaligen Kapitelsaals eingebauten Stücke sind monolithische Säulchen mit angearbeiteten Kapitellen. Die Sattelkapitelle haben eine annähernd quadratische Standfläche (Abb. 12). An zwei Seiten sind konkav gewölbte, leicht trapezförmige Flächen ausgebildet, die beiden anderen Seiten bestehen aus senkrechten Flächen, die durch konkav ausschwingende Kanten die Form eines Korbs bekommen haben. Alle Seiten sind durch ein glattes Profil gerahmt. Diese drei Kapitelle wurden von Fatucchi in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts datiert. Ein Vergleichsbeispiel ebenfalls aus dem 9. Jahrhundert findet sich in Rom. Das Kapitell, das möglicherweise aus Santa Maria in Aracoeli stammt, befindet sich heute im Palazzo Senatorio (Inv.nr. 2369). Eine der beiden Längsseiten des Kapitells ist mit dem aus Sant’Antimo bekannten stilisierten Baum, die andere mit einem vergleichbaren, aber weniger detaillierten Flechtband verziert. Wie aber beispielsweise die Engelemporen im Querhaus von St. Michael in Hildesheim zeigen, wurde dieser Kapitelltypus auch noch in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts verwendet.  [19]

<15>

Die monolithischen Säulchen im Fenster des Kapitelsaals (Abb. 13) besitzen eine Enthasis, einen Halsring und verschiedenförmige Kapitelle mit abschließendem Abakus. Fatucchi datiert diese Säulchen zwischen das Ende des 8. und die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts.  [20] Auch hier ist eine genaue Datierung nicht möglich, zeigt doch beispielsweise ein ganz ähnliches Säulchen in der wohl im ersten Drittel des 11. Jahrhunderts durch Romuald von Camaldoli gegründeten Abteikirche von S. Salvatore di Valdicastro, dass sie auch im 11. Jahrhundert noch gearbeitet wurden.

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Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass wir in der vermeintlich karolingischen Bauskulptur von Sant’Antimo zum einen eigens für den Bau des 12. Jahrhunderts geschaffene Stücke vor uns haben, zum anderen ein Sammelsurium von Elementen aus verschiedenen Bauwerken – möglicherweise immerhin aus Vorgängerbauten der heutigen Klosterkirche.  [21] Allein um karolingische Bauskulptur dürfte es sich bei den bislang früh datierten Fragmenten wohl nicht handeln.

12 Sant’Antimo, Sattelkapitell in der nördlichen Radialkapelle der Abteikirche

13 Sant’Antimo, Kapitell mit angearbeitetem Säulchen aus dem ehem. Kapitelsaal

<17>

Zurück zur Architektur. Da die Krypta weder durch schriftliche noch archäologische Quellen datierbar ist, wurden in der bisherigen Forschung immer wieder Versuche unternommen, sie typologisch in einen kunsthistorischen Kontext zu stellen. Enlart sah stilistische Übereinstimmungen mit der karolingischen Krypta von Saint-Pierre in Flavigny-sur-Ozerain in Burgund.  [22] Gemeinsam ist beiden Bauten das kleinteilige Mauerwerk im Gewölbe und das Fehlen von Gurtbögen. Doch der nur einen Teil der Anlage ausmachende Vierstützenraum des burgundischen Baus wurde aus kleinformatigem Haustein errichtet, während die Mauern in Sant’Antimo aus großen Quadern bestehen. Umgeben wird dieser Raum von Saint-Pierre von einem Umgang auf einem unregelmäßigen, am Halbkreis orientierten Grundriss, die Krypta von Sant’Antimo dagegen besitzt einen quadratischen Plan. Thümmler schlug als Vergleiche Pomposa, San Vincenzo in Mailand und San Pietro in Agliate vor, deren auf apsidialem Plan entwickelte Hallenkrypten er in das 9. Jahrhundert datierte.  [23] – Inzwischen gelten alle drei Bauten gesichert als Krypten des 11. Jahrhunderts.  [24] – Ausgehend von diesen drei Vergleichen sahen Salmi, Thümmler und Moretti die Krypta unter der Sakristei von Sant’Antimo als früheste Hallenkrypta der Toskana an,  [25] was von Kubach angezweifelt wurde, der zu recht vermutete, dass es vor der Jahrtausendwende keine Hallenkrypten gegeben hat. Thümmler und Magni verglichen die Krypta von Sant’Antimo mit der der ehemaligen Abtei von Farneta bei Arezzo. Der Mittelraum dieser Kryptenanlage gleicht dem von Sant’Antimo insofern, als es sich ebenfalls um einen kreuzgratgewölbten Vierstützenraum handelt, der keine Gurtbögen besitzt, und es außer der größeren Ostapsis eine kleine halbrunde Nische in der Westwand gibt (Abb. 14).

14 Farneta, Grundriss der ehem. Abteikirche und ihrer Krypta

<18>

Nach Moretti und Stopani handelt es sich bei der Krypta von Sant’Antimo um denselben Typus, der auch in der ehemaligen Abbazia Berardenga (Abb. 15) auftritt.  [26] Auch hier besitzen die Kreuzgratgewölbe keine Gurtbögen, was Moretti und Stopani, sich auch auf den Vergleich mit Farneta rückbeziehend, als Indiz für die frühe Datierung in das 9. Jahrhundert ansahen. Doch auch hier gibt es, wie bei Sant’Antimo, keine Dokumente, die diese Datierung belegen könnten.  [27] Diese Beispiele machen offenbar, dass die bisher unternommenen Versuche einer kunsthistorischen Einordnung wenig fruchtbar waren.  [28] Wenden wir uns daher ein letztes Mal dem Bau selbst zu.

15 Abbazia Berardenga, Grundriss der Krypta

<19>

Die verschiedenen Mauerarten der Krypta und der Sakristei allein helfen nicht, den Bau zeitlich einzuordnen; sie geben lediglich Hinweise darauf, dass es wohl mehr als eine Bauphase gegeben hat. Zur Erinnerung seien die verschiedenen Mauertypen der Krypta und der Sakristei hier noch einmal zusammengefasst:

1. Die Apsis besteht aus grünlich-gelben, behauenen Steinen.

2. Die rechte Kante der Westseite der Kapelle und die Treppe mitsamt Gewänden sind aus großen Tuffquadern gebildet, ebenso die Ost-, Süd- und Westmauer der Krypta.

3. Die Nordmauer der Krypta ist aus Bruchstein und Kieseln errichtet.

4. Die Westwand besteht im aufgehenden Mauerwerk größtenteils aus Bruchstein- und Kleinquaderwerk, nur stellenweise durchsetzt von größeren Quadern. Daher ist es äußerst unsicher, wie Moretti anzunehmen, dass der obere Teil der Kapelle vor der Errichtung der romanischen Kirche bereits stand und nur die Gewölbe der heutigen Sakristei nachträglich eingezogen wurden.  [29]

<20>

Es ist davon auszugehen, dass die Quadermauern und die Apsis im aufgehenden Mauerwerk einer ersten Phase angehören. Das fehlende Vorlagensystem an den aus Quadern gebildeten Umfassungsmauern kann als Indiz für eine sekundäre Einhängung des Gewölbes gedeutet werden. Allerdings weist zum Beispiel auch die Krypta der Abteikirche von Farneta keine sowie die der Klosterkirche S. Salvatore all’Amiata (Abb. 16) erst nachträglich eingefügte Wandvorlagen auf. Sollte die Krypta also zunächst der eigentliche Kirchenraum werden? Dagegen sprechen das Auftreten der Westnische, die nur in Kryptenräumen vorkommt, sowie deren exakte Einpassung in das Gewölbe und die im südwestlichen Joch ansteigende Treppe, die bauzeitlich ist. Auch der Unterschied im Mauerwerk der Umfassungsmauer der Krypta bzw. ihres Gewölbes muss nicht unbedingt auf eine nachträgliche Phase hindeuten, sondern kann auch einfach technische Gründe haben.

16 San Salvatore al Monte Amiata, Längsschnitt und Grundriss

<21>

Geht man davon aus, dass die aus anderem Steinmaterial bestehende Nordwand nicht zur ersten Bauphase der Krypta gehört, stellt sich zwangsläufig die Frage, was dort – wenn nicht ein gerader Abschluss wie heute – geplant oder gar ausgeführt war, denn der ohne die Mauer nach Norden offenliegende Raum lässt sich beliebig erweitern. In der Toskana hat sich im 11. Jahrhundert ein Bautypus verbreitet, der zur Lösung dieser Frage beitragen kann: Es handelt sich um den der Saalkirche mit Querhaus,  [30] wie wir ihn in der ehemaligen Kollegiatskirche SS. Trinità in Spineta (Abb. 17), der ehemaligen Abteikirche S. Michele Arcangelo in Vico Alto (Abb. 18), in der ehemaligen Kanonikerkirche von Trecciano (Abb. 19), in der alten Pfarrkirche San Simone von Radicondoli (Abb. 20), der ehemaligen Pfarrkirche Santo Stefano in Vicoduoedecim (Abb. 21), in der ehemaligen Abteikirche San Rabano in Alberese bei Grosseto (Abb. 22), der ehemaligen Kanonikerkirche San Bruzio bei Magliano in Toscana (Abb. 23), S. Maria in Farneta oder der Abteikirche von Abbadia San Salvatore vorfinden. Aus der Reihe dieser Bauten besitzen die drei Letztgenannten Hallenkrypten, die sich unter dem gesamten Querhaus erstrecken. Die Abteikirche von Farneta wurde oben bereits als Vergleich für den Vierstützenraum von Sant’Antimo herangezogen; das würde die Krypta von Farneta zu einer um zwei Nebenräume erweiterten Variante der schlichteren Form von Sant’Antimo machen.

17 SS. Trinità in Spineta, Grundriss

18 S. Michele Arcangelo in Vico Alto

19 Trecciano, Grundriss

20 San Simone in Radicondoli, Grundriss

21 Santo Stefano in Vicoduoedecim, Grundriss

22 San Rabano in Alberese, Grundriss

 

 

23 San Bruzio bei Magliano in Toscana, Grundriss

<22>

Viel wahrscheinlicher ist meiner Ansicht nach aber, dass uns in Sant’Antimo nur der südliche Raum einer ähnlich gestalteten Krypta erhalten ist. Farneta besitzt unter dem Querhaus eine breite Krypta, die aus drei Dreikonchenräumen besteht; diese wiederum werden durch einen westlich verlaufenden Gang miteinander verbunden. Während dieses System in Farneta additiv wirkt, sind die drei einzelnen Kryptenchöre in anderen Kirchen zu einer durchlaufenden Halle verbunden wie etwa in der Abteikirche S. Salvatore al Monte Amiata. Entsprechend der Anlage in Farneta besitzt auch S. Salvatore drei separate Hallenräume, die hier aber durch offene Säulenstellungen miteinander verbunden sind, wodurch der Eindruck einer durchgehenden Halle entsteht. Der heutige Zustand der Krypta ist nicht mehr der originale; der Chor war ursprünglich nach Osten mit drei Apsiden geschlossen, und Franz J. Much rekonstruiert in allen drei Hallen der Krypta von S. Salvatore einen trikonchalen Raum, der anders als in Farneta nicht nur auf einer, sondern auf vier Säulen ruht.  [31]

<23>

Wendet man die genannten Vergleiche auf Sant’Antimo an, kann daraus ein Plan skizziert werden, aus dem – wesentlich kleiner als der ausgeführte Bau des 12. Jahrhunderts – eine kleine, T-förmige Saalkirche mit einer unter dem Querhaus liegenden Hallenkrypta resultiert (Abb. 24). Wie weit dieser mutmaßliche Bau gediehen ist, können wir heute nicht sagen; möglich ist, dass nur der heute sichtbare Teil ausgeführt wurde, wahrscheinlicher aber, dass weiter gebaut wurde, worüber nur eine Grabung im Bereich des Chorumgangs Aufschluss geben könnte.  [32] Viele weitere Fragen müssen offen bleiben, so auch die der Zugänglichkeit. Wir kennen nur die Treppe in der südwestlichen Ecke, die bauzeitlich scheint und auf einen Eingang über winkelig geführte Treppenläufe wie in Farneta hindeutet. Gleichermaßen kann aber auch ein Zugang wie in S. Salvatore all’Amiata nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Das Anthimusgrab und der Hauptaltar der Krypta müssten im Zentrum der Krypta, also einige Meter weiter nördlich zu suchen sein. Über die Funktion der rund ummauerten Vertiefung im mittleren Joch des ausgeführten Vierstützenraums kann ebenfalls nur gemutmaßt werden; wahrscheinlich handelt es sich um einen Reliquienloculus zur Aufnahme weiterer Heiligengebeine, denn wie aus den Acta Sanctorum hervorgeht, war Sant’Antimo nicht nur im Besitz der Körperreliquie des hl. Anthimus und einiger Partikel der Gebeine des hl. Sebastian, sondern verfügte über einen reichen Schatz an Reliquien.

24 Sant’Antimo, Isometrische Rekonstruktionen und Plan der anzunehmenden frühromanischen Abteikirche

<24>

Durch die oben ausgeführten Vergleiche mit S. Salvatore all’Amiata, 1034 geweiht, und der Abteikirche von Farneta, ebenfalls aus dem 11. Jahrhundert, dürfen wir also davon ausgehen, dass auch die Krypta von Sant’Antimo in diesem Jahrhundert entstanden ist. Vielleicht erlaubt die erwähnte Urkunde von 1006, die Zeit der Errichtung enger einzugrenzen. Denn darin ist die Rede von der Weihe der Kirchen von S. Salvatore all’Amiata und von Sant’Antimo, was auf einen Kirchenneubau um 1000 hindeutet.  [33]

<25>

Wann der darüber aufgehende Bau, die heutige Sakristei entstanden ist, ist damit noch nicht geklärt. Auf ihrer Nord- und Südseite grenzt sie an die romanische Abteikirche und die Klausurgebäude und kann daher nicht von außen betrachtet werden, im Osten besitzt sie die schlanke Apsis, die möglicherweise zum Baubestand der Krypta gehört, im Westen weist sie sehr unregelmäßiges Mauerwerk mit deutlichen Spuren mehrfacher Veränderungen auf. Eine naheliegende Vermutung wäre, dass die westliche Mauer, die ja wie die Emporen der romanischen Kirche aus Bruchstein besteht, gleichzeitig mit diesen errichtet wurde. Canestrelli ging bei den Emporen davon aus, dass sie im 15. Jahrhundert unter dem dritten Bischof von Montalcino, Agostino Patrizi-Piccolomini (1483-1496), fertiggestellt wurden, da sich in der Südempore Wohnräume mit Wandmalereien befinden, die dessen Wappen zeigen.  [34] Im Innern der Sakristei befinden sich allerdings die bereits erwähnten Wandmalereien, die Szenen aus dem Leben des heiligen Wilhelm von Maleval († 1157, kanonisiert 1202) zeigen.  [35] 1298 hat Papst Bonifatius VIII. das Kloster an den Wilhelmitenorden übergeben, so dass sie frühestens um 1300 entstanden sein können;  [36] tatsächlich scheinen sie in der Nachfolge Giottos zu stehen und sind damit kaum vor 1350 denkbar.  [37] Es ist daher davon auszugehen, dass die Sakristei spätestens in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtet worden ist.

<26>

Für die Krypta bedeutet dies, dass sie offenbar zu einer unvollendeten Kirche gehört und später in den Neubau mit einbezogen wurde, ohne dass sie ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich die Heiligengebeine aufzunehmen, jemals gedient hätte.

Bildnachweis

Almuth Klein, Mainz: Abb. 4-11, 13, 24.

Jens Reiche, Göttingen: Abb. 1, 3, 16 (Grundriss).

Reproduktionen nach

Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1): Abb. 2.

Fatucchi (wie Anm. 3): Abb. 12.

Moretti/Stopani (wie Anm. 25): Abb. 15, 17-23.

Much (wie Anm. 31): Abb. 16 (Längsschnitt).

Scartoni (wie Anm. 27): Abb. 14.

 

 

 

 



[1] Antonio Canestrelli: L’abbazia di Sant’Antimo. Monografia storico-artistica con documenti e illustrazioni, Siena 1910-1912, S. 34. Zur Geschichte und Baugeschichte siehe Bruno Bonucci: Contributo alla storia dell’abbazia di Sant’Antimo, in: Bullettino Senese di Storia Patria, 96, 1989, S. 309-318, bes. S. 309. Wilhelm Kurze: Zur Geschichte der toskanischen Reichsabtei Sant’Antimo im Starciatal, in: Adel und Kirche. Gerd Tellenbach zum 65. Geburtstag dargebracht von Freunden und Schülern, hg. v. Josef Fleckenstein/Karl Schmid, Freiburg 1968, S. 295-306. Fedor Schneider: Die Reichsverwaltung in Toscana von der Gründung des Langobardenreichs bis zum Ausgang der Staufer (569-1268), Rom 1914. Antonio Canestrelli: Ricerche storiche et artistiche intorno all’abbazia di Sant’Antimo, in: Bullettino Senese di Storia Patria, 4, 1897, S. 57-82.

[2] Mariaclothilde Magni: Cryptes du haut moyen âge en Italie. Problèmes de typologie du IXe jusqu’au début du XIe siècle, in: Cahiers archéologiques, 28, 1979, S. 41-86, hier S. 58. Mario Salmi: L’architettura romanica in Toscana, Mailand 1928. Pietro Toesca: Storia dell’arte Italiana. Il medioevo, 2 Bde., Turin 1927, S. 440. Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 3. Zur Entwicklung der Hallenkrypta im Mittelalter siehe Almuth Klein: Santo Subito! Die Promotion der Heiligen in den Krypten Italiens, Diss. Basel 2008 (Ms.).

[3] Magni 1979 (wie Anm. 2), S. 58-59. Thümmler sah die Krypta als die älteste Hallenkrypta der Toskana an und datierte sie ins 10. Jahrhundert; Hans Thümmler: Die Baukunst des 11. Jahrhunderts in Italien, in: Römisches Jahrbuch für Kunstgeschichte, 3, 1939, S. 141-226, hier S. 159. Moretti datierte die unteren Mauern der Krypta ohne Begründung ebenfalls vor 1000; Mario Moretti: L’architettura romanica religiosa nel territorio dell’antica repubblica di Siena, Parma 1962. Fatucchi ordnete den frühen Baudekor, also die Kapitelle des Kapitelsaals, die Sattelkapitelle aus den Emporen und die Türpfosten der Seitenportale ins 9. Jahrhundert; Alberto Fatucchi: Le preesistenze dell’attuale abbazia romanica di Sant’Antimo, in: Atti e memorie della Accademia Petrarca di lettere, arti e scienze, 51, 1989, S. 357-378, hier S. 372.

[4] Hans Erich Kubach: Architektur der Romanik, Stuttgart 1974, S. 98.

[5] Das Klosterarchiv von Sant’Antimo ist verloren und auch das historische Archiv in Montalcino ist zerstört. Canestrelli hat die Reste des ursprünglich umfangreichen Archivs von Sant’Antimo gesammelt und zusammengefasst; Italo Moretti: Monasteri e architettura romanica nel Senese, in: Monasteri e nobiltà nel Senese e nella Toscana medievale, hg. v. Wilhelm Kurze, Siena 1989, S. XIII-XXI, hier S. XVI. Bonucci 1989 (wie Anm. 1), S. 310. Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 3. Canestrelli 1897 (wie Anm. 1), S. 58. Die Reliquien befinden sich heute nicht mehr in der Klosterkirche, wie der Eintrag in den Acta Sanctorum erkennen lässt: »Est autem S. Anthimus ipsius Ilcinensis Cathedralis Patronus titularis, & ex decreto Synodali anni MDCLXVI diem ejus natalem a servili opere feriatum agit civitas & diœcesis tota. Ad ipsam vero ejus ecclesiam in dicto monasterio maximus est eodem die concursus, quamvis unicum illius os ibidem nunc ostendatur, reliquis (ut putant) surtim ablatis, nec quantavis adhibita diligentia repertis: Quia tamen sub majori altari oratorium est, in quo plurima ossa ut Sanctorum asservantur, nullis distincta nominibus; credibile est ea omnia in hunc locum congesta, post aliquam sacrorum vasorum direptionem, militari licentia distractorum, in quibus fuerit ipsa corporis sacri custos arca; adeoque Reliquias ejus ceteris adhuc per mixtas haberi, cum hactenus nullus inventus sit locus, qui eas ad se quocumque casu delatas glorietur.« Acta Sanctorum, 11. Mai, Bd. 2: De SS. Anthimo Presbytero, Maximo, Basso et Fabio, Martyribus Via Salaria in Sabinis, S. 615.

[6] Acta Sanctorum (wie Anm. 5).

[7] Walther Biehl: Toskanische Plastik des frühen und hohen Mittelalters, Leipzig 1926, S. 15. Schneider 1914 (wie Anm. 1), S. 340. Camille Enlart: L’église abbatiale de Sant’Antimo en Toscane, in: Revue de l’art chrétien, 8, 1913, S. 1-14, hier S. 1. Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 3.

[8] Fatucchi 1989 (wie Anm. 3), S. 372.

[9] »Anno Incarnations dominica 1006. Indict. 4. quarto Nonas Aprilis. Dum resideret dominus Henricus Rex in Caminata in castello haereditatis suae, quod dicitur novum Burgum, in praesentia Episcoporum Brunonis scilicet fratris sui Augustanae civit. Episc. & Vitelini civitatis Argentinae, & Lamperchi Constantiensis, & Olderici Curiensis, & iterum Olderici Trientini, & in praesentia Abbatum D. Odilonis Cluniacen. Ivizonis Leonensis, Ugonis Farfensis, Boni Ravennatis, Idelberti Senensis, Joannis Lucerni, Othonis Amorbacensis, necnon in prasentia comitum Ildeprandi, & Raynerii, & Ardinghi, Vvidonis, Petri, Araverfarii, & Nuncii Aretinensis Episcopi in Gezzo Presbyteri nominati, & Nuncii Episcopi Senensis, aliorumque bonorum Christianorum lamentati sunt ante ipsum Regem Henricum Vvinzio Abbas domini Salvatoris de monte Amiato, necnon & Boso Abbas S. Anthymi, quodnullo rationabili ordini rogare, antinvitare possent Arialdum Clusinum Episcopum de consecratione Ecclesiarum suarum in parochia sui Episcopatus manentium. Audiens autem idem dominus Rex Henricus hujusmodi lamentationem, Nuncio confestim directo, vocari ad se praecepit eundem Episcopum; erat namque in eodem castello. Cum autem veniret, & Rex cur Ecclesias parochiae suae benedicere, & consecrare nollet, studiose interrogaret; Respondit, quia Abbates suprascripti decimas in Abbatiis suis sibi, suisque canonicis contradicerent. Tunc Rex interrogavit Abbates ipsos, si aliquam aucoritatem haberent, unde eorum monasteria decimas illas ad suam partem defendere, & vindicare potuissent, tunc ostendentibus illis antiquissimas monasterii scripturas repertum est, & probatum per testimonium circumadstantiu, quoniam ab initio monasterii, & temporis domini Regis Caroli Magni, & omnium suorum successorum Abbates, & monachi decimas habuerunt, & omnes antecessores Episcopi Arialdi cum omni pace habere eos permiserunt. Et quia omnes hoc semper stabile debere esse laudaverunt, idem dominus Rex Henricus laudavit, & confirmavit, & Episcopum contentum, & tacitum esse fecit. Ut nemo sit, qui ullam iterum querelam removeat. Ad memoriam futuri temporeis haec scripta sunt, & ordinata, & promissionem fecit ipse Episcopus ante ipsum Regem de consecratione Ecclesiarum sine omni pecunia.« Ferdinando Ughelli: Italia sacra sive de episcopis Italiae et insularum adjadentium, rebusque ab iis praeclare gestis, deducta serie ad nostram usque aetatem, Bd. 3, Venedig 1718, Sp. 622.

[10] Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 34.

[11] Magni 1979 (wie Anm. 2), S. 59. – Die Nordwand ist heute wie das Gewölbe hinter einer dicken Putzschicht verborgen, weshalb wir uns hier auf die Beobachtungen Magnis verlassen müssen, die sie in noch unverputztem Zustand gesehen hat.

[12] Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 34.

[13] Alberto Fatucchi: La diocesi di Arezzo. Corpus della scultura altomedievale, Bd. 9, Spoleto 1977, S. 152-172. – Außer diesen Stücken wurden von Fatucchi noch einige reliefierte Baudekorelemente publiziert, die hier aber nicht besprochen werden sollen.

[14] Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 37.

[15] Camille Enlart: L’architettura cluniacense alla badia di Sant’Antimo, in: L’Italia e l’arte straniera. Atti del X. congresso internazionale di storia dell’arte, Rom 1922, S. 117-122, hier S. 120. – Fatucchi 1989 (wie Anm. 3), S. 372. Joselita Raspi Serra (The preromanesque and romanesque sculptural decorations of Sant’Antimo, in: Gesta, 5, 1966, S. 34-38, hier S. 34) und Guglielmo Matthiae (La iconostasi della chiesa di San Leone a Capena, in: Bollettino d’arte, 1952, S. 193-229) versuchten, aus den Pfosten eine Chorschranke wie die aus San Leone in Leprignano bei Capena aus dem 8. oder 9. Jahrhundert zu rekonstruieren, was meiner Ansicht nach aber völlig abwegig ist. Gehörten nämlich die gesamte Krypta und die in der romanischen Kirche verwendeten Sattelkapitelle, Pfosten und Türstürze in eine Epoche, wäre es sehr ungewöhnlich, dass die Säulen der Krypta keine Kapitelle tragen.

[16] Das Flechtbandmotiv ist häufig auf Schrankenplatten zu finden, so zum Beispiel in Santa Maria in Cosmedin in Rom oder auf einer in S. Giovenale in Orvieto als Antependium verwendeten Platte. Auf beiden sind aber keine Kreuze dargestellt wie in Sant’Antimo, sondern in den Kreisen befinden sich verschiedene Blütendarstellungen, Kreuze oder kleine Flechtbandmotive.

[17] Giulio Ciampoltrini: Annotazioni sulla scultura d’età carolingia in Toscana, in: Prospettiva. Rivista di storia dell’arte antica e moderna, 64, 1991, S. 59-66, hier S. 61.

[18] Biehl 1926 (wie Anm. 7), S. 16.

[19] Fatucchi 1977 (wie Anm. 13), fig. 158-160. So auch Letizia Pani Ermini: La diocesi di Roma. Corpus della scultura altomedievale, Bd. 7, 1, Spoleto 1974, S. 103.

[20] Fatucchi 1977 (wie Anm. 13), S. 170. In Santa Maria in Cosmedin in Rom gibt es ebenfalls monolithische Säulchen mit angearbeiteten Kapitellen; Luca Giubbolini: La chiesa abbaziale di San Salvatore nella cultura architettonica e scultorea dell’XI secolo. Problemi, confronti, proposte, in: Romanico nell’Amiata. Architettura religiosa dall’XI al XIII secolo, hg. v. Italo Moretti, Florenz 1990, S. 57-76, hier S. 58. Die korinthisierenden Kapitelle sind vergleichbar mit dem zweiten Kapitell aus Sant’Antimo. Über einem Blattkranz befinden sich die Voluten. Diese sind nicht vollplastisch ausgearbeitet und diagonal gestellt, wie es bei einem klassischen korinthischen Kapitell zu erwarten wäre; stattdessen blieb die quadratische Grundform erhalten und auf den Seiten sind die Voluten im Relief dargestellt. Bei dem Kapitell in Sant’Antimo wurde an die Stelle der Voluten ein kleines tordiertes Säulchen gestellt. Gemeinsam ist beiden Kapitellen, dass die unter dem Abakusknauf stehenden Blätter durch bogenförmige Grate strukturiert sind.

[21] Raspi-Serras Annahme, die unterschiedliche Qualität der vorromanischen Bauteile sei auf verschiedene Steinmetze zurückzuführen, muss daher zurückgewiesen werden; Raspi Serra 1966 (wie Anm. 15), S. 35.

[22] Enlart 1922 (wie Anm. 15), S. 119. Zu Flavigny: Christian Sapin: Saint-Pierre de Flavigny, l’ancienne abbatiale et ses cryptes, in: Congrès archéologique de France: Auxois-Châtillonnais, 144, 1986, S. 97-109.

[23] Thümmler 1939 (wie Anm. 3), S. 152.

[24] Luciano Caramel: I complessi di Agliate e Civate, in: Storia di Monza e della Brianza, Bd. 4: L’arte dall’età romana al rinascimento, Bd. 1, hg. v. Alfredo Bosisio/Giulio Vismara, Mailand 1976, S. 9-54. Margaret Sorensen Burke: Hall crypts of first Romanesque, Diss. Berkeley 1976, Faksimile der University Microfilms International, Ann Arbor/London 1980. Sandro Chierici: Lombardie romane, Saint-Léger-Vauban 1978.

[25] Italo Moretti/Renato Stopani: Romanico Senese, Florenz 1981, S. 43. Thümmler 1939 (wie Anm. 3), S. 152. Salmi 1928 (wie Anm. 2), S. 83.

[26] Moretti/Stopani 1981 (wie Anm. 25), Abb. 53-54.

[27] Inzwischen gilt eine Datierung in das frühe 11. Jahrhundert als gesichert; Sante Felici: L’abbazia di Farneta in Val di Chiana, Arezzo 1967. Rita Scartoni: La chiesa abbaziale di Farneta: contributo all’interpretazione di alcuni aspetti dell’architettura dell’XI secolo in Italia centrale, in: Arte Medievale, 2. ser., 5, 1991, 2, S. 49-65.

[28] Verführt vom Quaderwerk der Krypta von Sant’Antimo stellte Magni fest, dass der so genannte Palazzo Regio in Spoleto (Carola Jäggi: San Salvatore in Spoleto. Studien zur spätantiken und frühmittelalterlichen Architektur Italiens, Wiesbaden 1998, S. 150) und die westgotischen Kirchen San Pedro de la Nave, San Juan de Baños und Santa Comba de Bande in Spanien (Helmut Schlunk/Theodor Hauschild: Die Denkmäler der frühchristlichen und westgotischen Zeit, Mainz 1978) ähnliches Mauerwerk mit gleicher Verwendung von Mörtel wie Sant’Antimo besäßen (Magni 1979, wie Anm. 2, S. 59). Ob Magni die Datierung der Krypta von Sant’Antimo über diese Vergleiche auf das 7. Jahrhundert eingrenzen wollte, wird aus dem Text nicht ersichtlich. Aufgrund der erst in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts erfolgten Gründung von Sant’Antimo sind diese Vergleiche von der Hand zu weisen.

[29] Moretti/Stopani 1981 (wie Anm. 25), S. 43.

[30] Moretti/Stopani 1981 (wie Anm. 25), S. 27.

[31] Franz J. Much: Baubeobachtungen an der Abteikirche von Abbadia San Salvatore (Siena), in: Baukunst des Mittelalters in Europa: Hans Erich Kubach zum 75. Geburtstag, hg. v. Franz J. Much, Stuttgart 1988, S. 445-478.

[32] Da die vier Spoliensäulen heute in einem Nebenraum der zu rekonstruierenden Krypta stehen, muss davon ausgegangen werden, dass entweder ausreichend Spolien zur Verfügung standen, um die gesamte Krypta damit auszustatten, oder dass der Raum erst vollendet wurde, als sicher war, dass er die heutige Form behält; das ergäbe für die Fertigstellung der Krypta einen terminus ante quem im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts mit der Errichtung der großen Chorumgangskirche. Der heutige Kryptenfußboden stammt aus dem 20. Jahrhundert.

[33] Ughelli 1718 (wie Anm. 9), Sp. 622.

[34] Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 40. 1462 kam das Kloster auf Veranlassung Papst Pius’ II. an das neu geschaffene Bistum Montalcino; siehe Enlart 1922 (wie Anm. 15), S. 118, und Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 15.

[35] Nach Canestrelli handelt es sich um Szenen aus der Benediktsvita, die von einem Sieneser Maler des 14. Jahrhunderts angefertigt worden seien; Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 40.

[36] Moretti/Stopani 1981 (wie Anm. 25), S. 31. Enlart 1922 (wie Anm. 15), S. 118. Canestrelli 1910-1912 (wie Anm. 1), S. 15.

[37] Mein Dank für diesen Hinweis geht an Antje Middeldorf-Kosegarten und Harald Wolter-von dem Knesebeck.

 

 

 

 

 

 

 

 

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Empfohlene Zitierweise

Klein A.: Überlegungen zur so genannten ›karolingischen Krypta‹ von Sant’Antimo. Eine Rekonstruktion. In: Kunstgeschichte. Open Peer Reviewed Journal, 2009-7 (urn:nbn:de:0009-23-16845).  

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