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Einleitung

Digitale Medien bieten nicht nur interessante neue Optionen für Lehr-Lernprozesse. Vielmehr werden durch digitale Medien häufig auch Daten generiert, die wertvolle Informationen über das Lernverhalten liefern können, welche ohne den Einsatz dieser Medien nicht verfügbar wären. So kann z. B. erfasst werden, wann und wie lange welche Lehr-Lern-Materialien genutzt werden, welche Navigationspfade im Lernmaterial genutzt werden und welche Lehr-Lern-Materialien überhaupt genutzt werden. Damit liegt es eigentlich sehr nahe, die eigene digitale Lehre zu erforschen, da relevante Daten relativ unmittelbar für eine gezielte Auswertung zur Verfügung stehen. Die Auswertung dieser Daten erfordert allerdings einen gewissen Aufwand – wirft natürlich auch privacy-Probleme auf, die hier nicht näher behandelt werden. Es stellt sich die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen sich dieser Aufwand lohnt.

Der Autor ist in der Hochschullehre in der Fachrichtung Sportwissenschaft tätig. Schwerpunkte der Lehre sind Vorlesungen, Proseminare und Seminare in den interdisziplinären Fächern Bewegung und Training, Sportinformatik und Sportmedizin. Das Lernen des Menschen ist in diesen Fächern ein wesentlicher Lehrinhalt, ebenso wie Lern- und Trainingstechnologien. Insbesondere nach dem Wechsel an die Technische Universität Darmstadt wurden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Autors forciert, nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass im Rahmen des Studienfachs Sportinformatik ein großes Interesse der Studierenden an Qualifikationsarbeiten erkennbar war. Hauptziel war die gezielte iterative forschungsbasierte Verbesserung der Lehr-Lern-Bedingungen auf der Basis einer eher konservativen kritisch-konstruktiven Grundhaltung. Als allgemeine Forschungshypothese wurde angenommen, dass durch den gezielten Einsatz von Lehr-Lern-Medien ein aktiv(er)es und engagiert(er)es Lernen ermöglicht werden kann, das zu besseren Behaltens- und Transferleistungen führt.

Eine erste Herausforderung für Forschung und Entwicklung von digitaler Lehre zeigt sich in dem zeitlichen Aufwand für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung. Die Erstellung, Pflege und Weiterentwicklung digitaler Lehr-Lern-Elemente erfordert in der Regel einen erhöhten Aufwand an Zeit, Personal und Material. Insbesondere die Bereitstellung dynamischer Medien (z. B. Animationen, Videotutorials und Vorlesungsaufzeichnungen) ist nicht trivial, wenn eine hohe inhaltliche, formale und didaktische Qualität erreicht werden soll. Wenn dann noch ein Forschungsinteresse realisiert werden soll, kann sich der Aufwand in Abhängigkeit von der Differenziertheit der Forschungsmethoden beträchtlich erhöhen.

Eine weitere Herausforderung ist die theoretische Fundierung digitaler Lehre. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es kontraproduktiv und ineffizient, in einem Gebiet, wo bereits eine Fülle von Forschungsaktivitäten – sowohl empirisch als auch theoretisch – vorhanden sind, nach dem „Versuch-und-Irrtum-Prinzip“ vorzugehen. Vielmehr ist es die Aufgabe einer verantwortungsvollen Gestaltung von digitaler Lehre, diese Erkenntnisse kritisch zu analysieren, um die jeweiligen digitalen Lehr-Lern-Interventionen gezielt(er) einzusetzen.

Eine dritte Herausforderung liegt in der Qualität der mithilfe digitaler Medien erhobenen Daten. Es handelt sich in aller Regel um Verhaltensdaten (z. B. Bearbeitungszeiten, richtige oder falsche Antworten), welche einen Schluss auf die Qualität der Lehr-Lernprozesse nur bedingt zulassen. So kann z. B. ein fünfminütiges Verweilen auf einer Kursseite bedeuten, dass man sich intensiv mit den Inhalten auseinandersetzt oder einfach durch eine andere Tätigkeit abgelenkt wurde. Ohne die Erfassung von irgendwie gearteten Zusatzdaten wie Lern- oder Transferleistungen lässt sich nicht entscheiden, ob die Lernaktivitäten effektiv bzw. effizient waren oder nicht. Des Weiteren kann die Qualität der Daten durch das eingesetzte Forschungsdesign beeinträchtigt sein. Die Durchführung von Experimenten nach dem Vorbild der Naturwissenschaften erfordert ein substanzielles Eingreifen in den Lehr-Lern-Prozess; andererseits können Feldstudien dazu führen, dass die erhobenen Daten aufgrund zahlreicher unkontrollierter Einflussquellen schwer im Sinne von Medien-Effekten interpretierbar sind.

Im Fachgebiet des Autors wurden eine Reihe von Lehr-Lern-Medien entwickelt bzw. Lernbedingungen im praktischen Einsatz empirisch erforscht, zum Beispiel:

  • Interaktive und aktivierende Lehr-Lernelemente (Aufgaben)

  • Selbstreguliertes Lernen

  • Audience-Response-System und Lernspiele

  • Pädagogische Agenten

Im folgenden Text sollen diese vier Bereiche dargestellt und kritisch diskutiert werden.

Zunächst sollen die Besonderheiten des Lehr-Lern-Settings „Hochschule“ sowie sportwissenschaftliche Besonderheiten dargestellt und die oben genannten Interventionen eingeordnet werden.

Lehren und Lernen im Fach Sportwissenschaft im Kontext „Hochschule“

Der Lehr-Lern-Kontext „Hochschule“ ist durch einige Besonderheiten gekennzeichnet, die hier kurz ausschnitthaft aufgelistet und für die Hochschule des Autors (Technische Universität Darmstadt, URL: www.tu-darmstadt.de ) konkretisiert werden (vgl. auch Kopp et al., 2013; Ramm et al., 2014):

  • Der Lern-Lern-Betrieb an Hochschulen ist durch eine Vielfalt an Lehrveranstaltungen geprägt, die von Massenveranstaltungen (Vorlesungen) bis zu Veranstaltungen mit mittleren und kleinen Gruppengrößen (u.a. Übungen, Proseminare und Seminare) reichen.

  • Die Zahl der Studierenden an Hochschulen hat in den letzten Jahren zugenommen. Viele Studiengänge sind überfüllt und durch ungünstige Betreuungsverhältnisse zwischen Lehrenden und Studierenden geprägt. Für die Technische Universität Darmstadt bedeutet das konkret, dass sich die Zahl der Studierenden von ca. 19.000 im Jahr 2008 auf über 26.000 im Jahr 2016 erhöht hat, ohne dass die Infrastrukturen (Personal, Medien und Räume) in vergleichbarem Maß mitgewachsen sind. Aktuell arbeiten an der Technischen Universität Darmstadt 257 Professoren und 46 Professorinnen sowie 1.780 wissenschaftliche Mitarbeiter und 620 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen.

  • Durch die Umstellung auf modularisierte Studiengänge ist das Studium relativ stark reglementiert – zu Lasten von Wahlfreiheiten. Auch zeitliche Überschneidungen kommen bei der Vielzahl an zu koordinierenden Lehrveranstaltungen häufig vor. Diese Situation führt bei vielen Studierenden zu einem Gefühl der Überforderung durch Zeit- und Prüfungsdruck, Leistungsanforderungen und Stofffülle sowie Verzögerungen im Studium. An der Technischen Universität Darmstadt werden aktuell 113 Studiengänge bzw. Studienfächer angeboten, davon 45 Bachelor- und 58 Master-Studiengänge sowie 10 Lehramtsfächer.

  • Ungeachtet des „Massenphänomens“ hat die didaktische Qualität der Hochschullehre in den letzten Jahren zugenommen, insbesondere im Hinblick auf die Transparenz von Lernzielen und Prüfungsanforderungen und Vorträge bzw. Präsentationen. Dagegen sind die Überprüfung des Stoffverständnisses und Zusammenfassungen/ Wiederholungen noch verbesserungsbedürftig.

  • Hochschulen stellen mittlerweile standardmäßig eine Fülle von Lerntechnologien zur Verfügung (z. B. Lernplattformen, Prüfungsverwaltungssysteme). Andererseits besteht in der konkreten inhaltlichen Gestaltung von lerntechnologischen Angeboten Rechtsunsicherheiten (z. B. Urheberrecht und Prüfungsrecht) sowie fehlende Anreize, die für einen gezielten Einsatz und eine fruchtbare Weiterentwicklung lerntechnologischer Anwendungen eine wichtige Voraussetzung sind. An der Technischen Universität Darmstadt spielen digitale Medien in der Lehre eine zentrale Rolle (Weitere Informationen: http://www.e-learning.tu-darmstadt.de ). Die Universität stellt sowohl umfassende Technologie-, Beratungs- und Kommunikationsangebote zur Verfügung (z. B. e-Learning-Center, Lernplattform, Aufzeichnungs- und Audience-Response-Systeme, e-Portfolio, Handreichungen für Lehrende, e-Learning-Stammtisch) als auch vielfältige Anreizsysteme (z. B. Lehrpreise und Lehrprojekte).

Im Vergleich zu anderen formalen Bildungskontexten (z. B. Schule und Betrieb) weist die Zielgruppe der Studierenden einige Besonderheiten auf (z. B. Ramm et al., 2014):

  • Studierende weisen im Vergleich zu anderen Bildungsgruppen ein gehobenes (meta-)kognitives Niveau auf. Damit ist es möglich, kognitiv anspruchsvolle Lehr-Lernangebote zu machen und auf der Basis der Reflexion des eigenen Lernens Lern- und Motivationsstrategien gezielt einzusetzen. Allerdings fällt die Selbsteinschätzung der Studierenden hinsichtlich ihrer Lernkompetenzen wesentlich kritischer aus.

  • Studierende befinden sich in einem Entwicklungsstadium, welches durch ein hohes Maß an persönlicher Eigenständigkeit, Verantwortung und Selbstregulationskompetenzen geprägt ist (oder zumindest sein sollte). Sie sollten damit prinzipiell in der Lage sein, ihr eigenes Lernen sinnvoll und nachhaltig zu planen und zu gestalten.

  • Studierende haben sich häufig gezielt für ein bestimmtes Studium entschieden, so dass von einem hohen Maß an (intrinsischer) Motivation (Interesse am Fach und Identifikation mit dem Fach) auszugehen ist. Allerdings bilden „Hochschule und Studium“ bei vielen Studierenden nicht mehr den zentralen Lebensmittelpunkt.

  • Studierende sind im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IUKT) auf einem hohen Kompetenzniveau. Ungeachtet des hohen Durchdringungsgrades mit IUKT scheinen die Erwartungen an potenzielle Mehrwerte eher gering zu sein und die IUKT-Nutzung für das Lernen sehr selektiv auszufallen (z. B. Margaryan et al., 2011; Gallardo-Echenique et al., 2016).

Die Sportwissenschaft als universitäres Lehrfach weist die folgenden Merkmale auf:

  • Die Sportwissenschaft ist stark interdisziplinär geprägt. Es müssen viele Teildisziplinen in Form von Vorlesungen, Proseminaren und Seminaren studiert werden.

  • Die Sportwissenschaft umfasst eine Vielzahl von Praxis- und Anwendungsfeldern (Schulsport, Leistungssport, Gesundheitssport etc.) sowie Sportarten, in denen die Erkenntnisse der Teildisziplinen angewandt werden können. Für die Lehre bedeutet dies sowohl eine Chance (anschauliche Anwendungsbeispiele, hohe Attraktivität des Sports) als auch eine Herausforderung (Akzeptanzprobleme bei theoretischen Inhalten, Transferprobleme von der Theorie in die Praxis infolge der Komplexitätsüberhänge).

  • Am Institut für Sportwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt werden aktuell (Stand: Wintersemester 2016/17) zwei Lehramt-, zwei Master- und zwei Bachelor-Studiengänge angeboten. Die insgesamt 809 Studierenden verteilen sich zu 34% auf Lehramts-, 41% auf die Bachelor- (zwei-Fach-Bachelor und Sportinformatik) und 25% auf die Master-Studiengänge (Sportmanagement, Sportinformatik).

Um die Aktivierung und das Engagement der Studierenden zu stärken, d.h. sie zur Reflexion und Anwendung der Gelernten anzuleiten, wurden im Lehrgebiet des Autors unter dem Label „ALL-Sport“ (Aktivierende Lehr- und Lehrformen in der Sportwissenschaft) eine Fülle von Angeboten entwickelt (siehe Abbildung 1). Neben den bereits oben erwähnten Elementen wurden Aufgaben und Übungen, die Entwicklung von kleinen Lerneinheiten, die Anfertigung eines Glossars, kleine eigene Forschungsprojekte, kurze Ausarbeitungen zu ausgewählten Themen sowie das Führen eines e-Portfolios eingesetzt.


Abb. 1. Konzept ALL-Sport – Aktivierende Lehr-Lernformen in der Sportwissenschaft

Die im nachfolgenden Text beschriebenen vier Anwendungsbeispiele stellen eine Auswahl der eingesetzten Angebote dar. In allen Fällen wurden die Lehrveranstaltungen als „Blended learning“ angeboten, indem eine sinnvolle Verknüpfung von Online- und Präsenzphasen angestrebt wurde.

Interaktive und aktivierende Lehr-Lernelemente (Aufgaben)

Interaktivität und Aktivierung der Lernenden waren lange Zeit – neben ubiquitärer Verfügbarkeit, Individualisierung und Personalisierung sowie Multimodalität und Multimedialität – ein „Buzz-word“, das einen der Vorteile von e-Learning gegenüber konventionellen Lernmedien wie Lehrbüchern herausstellen sollte. Hier wird zunächst geklärt, was unter „Interaktion“ bzw. „Aktivierung“ zu verstehen ist. Der Begriff „Interaktion“ wird sehr vielfältig definiert (z. B. Roznawski, 2013). Im Kern bedeutet dieser Begriff, dass zwischen zwei Instanzen (z. B. Mensch und Computer) eine Wechselwirkung besteht, die darin besteht, dass beide Instanzen wechselseitig agieren und auf die Aktionen der jeweiligen anderen Instanz re-agieren. Während der Begriff „Interaktionen“ die konkreten Wechselwirkungen bezeichnet, wird mit „Interaktivität“ das Potenzial für Interaktionen gekennzeichnet. So kann eine Video-Anwendung Interaktivität in Form von verschiedenen Bedienelementen (z. B. Start-, Pause- und Stopp-Button) vorhalten; das Drücken eines Knopfes wäre dann die konkrete Interaktion. Unter „Aktivierung“ wird verstanden, dass die jeweilige Instanz in Funktion tritt. „Aktivierende Lernformen“ sind dementsprechend Lernformen, die ein erhöhtes Engagement der Lernenden ermöglichen oder fordern, z. B. eine vertiefte Verarbeitung oder die Anwendung des Lernstoffes (z. B. Mandl & Friedrich, 2006). Überblicksarbeiten zum kognitiven Lernen zeigen (z. B. Dunlosky et al., 2013), dass vor allem die folgenden aktivierenden Lernformen Vorteile bieten: Lernen mit Testübungen und Anwendungsaufgaben, Elaboration durch Stellen von Fragen an den Lernstoff und Selbsterklärungen. Roznawski (2013) fasst die vorliegenden Meta-Analysen, Reviews und Einzelstudien zu interaktiven und aktivierenden Lehr-Lern-Interventionen zusammen. Insgesamt zeigen sich besonders große Effekte bei interaktiven Simulationen und Computerspielen, während interaktive Videos und Multimedia-Anwendungen geringere Effektstärken aufweisen. Der Einsatz von Übungs-Aufgaben war besonders dann effektiv, wenn ein Feedback zu den Leistungen gegeben wurde. Es scheint aber auch einen Sättigungseffekt zu geben: Die Bearbeitung offener Aufgaben scheint dem Bearbeiten von geschlossenen Aufgaben (mit Feedback) nicht überlegen zu sein. Grundsätzlich kann man multimediale Lernangebote als „enriched environments“ ansehen, welche mögliche differenzielle Effekte aktivierender bzw. interaktiver Lernangebote überlagern können.

In der sportwissenschaftlichen Lehre wurden aktivierende und interaktive Lehr-Lern-Elemente im Rahmen eines Seminars systematisch erforscht. Als Hypothese wurden eine Überlegenheit dieser Elemente hinsichtlich Behalten und Transfer sowie differenzielle Einstellungsänderungen erwartet.

In verschiedenen Kursen wurden jeweils zwei Varianten von Lernkursen eingesetzt: je eine Variante mit aktivierenden bzw. interaktiven Lehr-Lern-Elementen und eine Variante ohne diese Elemente.


Abb. 2. Beispiel für interaktive versus nicht-interaktive Lernelemente. Die interaktive Anwendung enthält verschiedene Buttons, die Instruktionen oder Feedback zur Lösung der Aufgabe anbieten, während in der nicht-interaktiven Aufgabe weder weitere Instruktionen noch Feedback bereitgestellt werden.

In Abbildung 2 ist ein Beispiel für interaktive (I) versus nicht-interaktive (NI) Lernelemente dargestellt. Die interaktive Variante (I) hält verschiedene Instruktions- und Feedback-Optionen vor, die von den Lernenden frei gewählt werden können. In Abbildung 3 ist ein Beispiel für aktivierende versus nicht-aktivierende Lernelemente illustriert. Während nicht-aktivierende Elemente (NA) eine reine Darstellung eines Sachverhaltes sind, die passiv rezipiert werden kann, wird bei der aktivierenden Variante (A) explizit eine zusätzliche kognitive und sensomotorische Aktion verlangt (Zuordnung von Sportdisziplinen zu bestimmten Optimierungskriterien).


Abb. 3. Beispiel für aktivierende versus nicht-aktivierende Lernelemente. Während im unteren Teil die Informationen lediglich tabellarisch dargestellt werden, muss die Zuordnung von Sportarten und Optimierungskriterien im oberen Teil durch die Lernenden selbst vorgenommen werden.

Die Studie wurde als quasi-experimentelle Feldstudie durchgeführt. In Tabelle 1 ist der Versuchsplan dargestellt.

Die drei Lernkurse bezogen sich auf drei verschiedene Bewegungsstrukturkonzepte (Meinel & Schnabel, 2007; Göhner, 1979; Kassat, 1995).

Treatmentgruppe 1 erhielt die Abfolge I – NA – A; dies bedeutet, dass der erste Lernkurs interaktive Elemente enthielt, der zweite ohne aktivierende und interaktive Elemente präsentiert wurde und der dritte Lernkurs aktivierende Lernelemente enthielt. Analog erhielt die Treatmentgruppe 2 (NI – A – NA) im ersten Kurs keine interaktiven, im zweiten Kurs aktivierende und im dritten Kurs keine aktivierenden Lernelemente. Treatmentgruppe 3 (I – A – A) erhielt im ersten Kurz interaktive und in den beiden weiteren Kursen aktivierende Lernelemente.

Die Online-Lernkurse mussten innerhalb einer Woche (zwischen 2 Seminarsitzungen) bearbeitet werden. In den auf die Online-Phase folgenden Sitzungen wurden zunächst Verständnisfragen geklärt und danach konkrete Anwendungsbeispiele besprochen.

Im Vortest sowie Nachtest 1 und 2 wurde das Wissen zu den drei verschiedenen Analysekonzepten durch jeweils 15 Aufgaben zu den Grundlagen und Anwendungen (Transfer) der jeweiligen Ansätze erfasst (ausführliche Darstellung: Roznawski, 2013). Dabei wurde auf einer fünfstufigen kombinierten Skala neben dem Wissen auch die subjektive Sicherheit erfasst. Die 15 Aufgaben zu den Grundlagen wurden als Aussagen formuliert, der Zutreffen versus Nicht-Zutreffen durch die Studierenden bewertet werden musste (fünfstufige Skala: „Ich bin mir sehr sicher, dass die Aussage zutrifft“, „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Aussage zutrifft“, „Ich weiß nicht“, „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Aussage nicht zutrifft“ „Ich bin mir sehr sicher, dass die Aussage nicht zutrifft“). Die 15 Aufgaben (je 5 pro Analysekonzept) zu den Anwendungen wurden als Auswahlaufgaben (Einfach- oder Mehrfachauswahl), Zuordnungsaufgaben oder kurze Textaufgaben (Antwortformat: ein Wort bis maximal ein Satz). Insgesamt konnten bei korrekter Beantwortung der Grundlagen- und Anwendungsfragen 180 Punkte für das Wissen (Grundlagen: 3 * 15 Aufgaben mit jeweils 2 Punkten; Anwendung: 3 * 5 Fragen mit jeweils 6 Punkten) und 90 Punkte (nur Grundwissen: 3 * 15 Aufgaben mit maximal 2 Punkten) für die subjektive Sicherheit erreicht werden.

In den jeweiligen Zwischentests wurde in den drei Treatmentgruppen jeweils das konzeptspezifische Grundwissen erfasst. Diese Tests umfassten jeweils 15 Aufgaben und wurden als Online-Test oder Paper-and-pencil-Test durchgeführt. Es wurde die oben erwähnte kombinierte fünfstufige Antwortskala eingesetzt. Es konnten pro Analysekonzept maximal 30 Punkte (2 Punkte pro Aufgabe) für Wissen und subjektive Sicherheit erreicht werden.

Vor-test

Online Kurs 1

Wissens-test 1

Online Kurs 2

Wissens-test 2

Online Kurs 3

Wissens-test 3

Nach-test 1

Nachtest 2
(nach 6 Monaten / 1 Jahr)

Treatmentgruppe 1 (N = 19)

x

I

x

NA

x

A

x

x

x
(n=4)

Treatmentgruppe 2 (N = 20)

x

NI

x

A

x

NA

x

x

x
(n=10)

Treatmentgruppe 3 (N = 17)

x

I

x

A

x

A

x

x

-

Kontrollgruppe (N = 25)

x

-

-

-

-

-

-

x

-

Tab. 1. Versuchsplan der quasi-experimentellen Feldstudie zum Lernen mit interaktiven bzw. aktivierenden Lernelementen


Es wurde erwartet, dass sich der Einsatz von aktivierenden und interaktiven Lernelementen positiv auf die kurz- und langfristigen Wissenserwerbsprozesse auswirkt.


Abb. 4. Entwicklung des Grundlagenwissens in den verschiedenen Treatmentgruppen (aus Roznawski, 2013, S.194)
(Legende: MS – Meinel & Schnabel; G – Göhner; K – Kassat; I – interaktive Lernelement; NI – keine interaktiven Lernelemente; A – aktivierende Lernelemente, NA – keine aktivierenden Lernelemente)

Ein exemplarisches Ergebnis ist in Abbildung 4 dargestellt. Es wurden signifikante Wissenszuwächse erzielt (F >170; p < .001; η2 p > .75), die aber keine Vorteile aktivierender oder interaktiver Lernelemente erkennen lassen – weder für die verschiedenen Wissensarten (Grundlagen und Anwendung; F < 1; p > .50; Ausnahme: Göhner mit F = 3.44; p < .05; η2 p > .12) noch für die subjektive Sicherheit (Kruskal-Wallis-Tests und Mann-Whitney-U-Tests zeigten hier lediglich Vorteile der Treatment-Gruppen gegenüber einer Kontrollgruppe).

Die Einstellungen zum e-Learning verbesserten sich in allen Treatment-Gruppen signifikant (F = 50.66; p < .001; η2 p > .49), wobei aber keine Treatment-abhängigen Veränderungen nachweisbar waren (Interaktionseffekt: F = 0.01; p = .99).

Insgesamt erbrachte die Untersuchung keine differenziell positiven Effekte aktivierender oder interaktiver Lernelemente – weder auf die kurzfristigen Leistungen (Zwischentest) noch auf die langfristigen Leistungen (Nachtest). Dies kann mehrere Ursachen haben: Neben den Lernkursen wurden die Konzepte im Seminar besprochen. Außerdem sind möglicherweise auch die Lernkurse ohne aktivierende bzw. interaktive Elemente bereits im Vergleich zu einem Lehrbuch schon so „enriched“, dass ein zusätzlicher Effekt weiterer Elemente – zumindest in der kurzen Zeit (eine Woche) – nicht erzielt werden kann. Unabhängig von den Treatmentbedingungen zeigten sich positive Zusammenhänge zwischen der Beschäftigungszeit mit dem Lernstoff und den kurz- und langfristigen Leistungen. Ein interessanter Nebeneffekt war die signifikante Verbesserung der Einstellungen der Studierenden zum e-Learning.

Selbstreguliertes Lernen

Studierende werden bei der Nutzung von e-Learning – wie bei jedem Lernen – auch mit der Aufgabe konfrontiert, ihr eigenes Lernen zu planen und zu überwachen. Dies stellt besondere Herausforderungen an ihre Selbstregulationskompetenz. Empirische Studien zum selbst-regulierten Lernen (SRL) zeigen ein ambivalentes Bild. Beim kognitiven Lernen ist eine große Heterogenität der Studien bzw. eingesetzten Strategien zu erkennen. Eine neuere Überblicksarbeit von Broadbent und Poon (2015) zeigt bei 11 Studien einen signifikant positiven, aber schwachen SRL-Effekt (r =.13) auf die Leistung. Es zeigen sich vor allem (schwache) positive Effekte von Zeitmanagement, Meta-Kognitionen, kritischem Denken und Anstrengungsregulation, während Elaboration, externe Hilfe und Wiederholung keine Vorteile brachten; das Lernen mit Peers ergibt zwar einen mittleren positiven Effekt (r =.3; k = 4 Studien), der das Signifikanzniveau allerdings knapp verfehlt. Schwache Effekte der Unterstützung von SRL zeigten sich auch beim Lernen mit Simulationen (Brydges et al., 2015). Beim motorischen Lernen zeigen sich keine kurzfristigen positiven SRL-Effekte auf das Üben, sondern erst nach einer Pause in Behaltens- bzw. Transfertests, welche durch ein antagonistisches Modell erklärt werden können (Bund, 2008).

In einer interdisziplinären Kooperationsstudie zwischen Sportwissenschaft und pädagogischer Psychologie wurde auf der Grundlage eines Prozess-Modells des selbstregulierten Lernens (Schmitz & Wiese, 1999, 2006) ein gezieltes SRL-Training eingesetzt. In diesem Modell wird die prozessuale Bedeutung motivationaler, kognitiver und meta-kognitiver Prozesse herausgestellt:

  • In der Vorbereitungsphase sind vor allem vier Prozesse von Bedeutung: die aktuelle motivationale und emotionale Verfassung, das Setzen von Zielen und die Selbstwirksamkeitsüberzeugung.

  • In der Lernhandlungsphase spielen Qualität und Quantität der Lernaktivitäten eine Rolle. Während die Quantität des Lernens sich auf die Lernzeit bezieht, beinhaltet die Qualität Lernstrategien (z. B. Organisation des Lernstoffes), meta-kognitive Strategien, Selbstüberwachung und Ressourcen-Management (z. B. Anstrengung oder Hilfe von Kommilitonen oder Dozierenden).

  • In der Nachbereitungsphase finden Selbstreflexionsprozesse statt, die sich auf die Qualität und Quantität der Lernergebnisse, die eigene Zufriedenheit und die emotionale Bewertung beziehen können.

Das in der Studie von Wiemeyer und Schmitz (2015) eingesetzte Trainingsprogramm fokussierte vor allem vier Prozesse:

  • Zielsetzung in der Vorbereitungsphase

  • Einsatz meta-kognitiver Strategien (Lernphase)

  • Ressourcen-Management (Lernphase)

  • Lernzeitnutzung (Lernphase)

Als Hypothese wurde vermutet, dass ein SRL-Training sowohl das Lernverhalten als auch das Lernergebnis positiv beeinflusst.

An der quasi-experimentellen Feldstudie nahmen insgesamt 20 Studierende teil. Im Rahmen eines Proseminars zur Einführung in die Biomechanik wurden insgesamt zwei Trainingssitzungen (Dauer: 90 Minuten) eingesetzt, in denen die oben genannten vier Schwerpunkte eingeführt und eingeübt wurden.

Tabelle 2 zeigt das Vorgehen der Studie. In der ersten Sitzung wurde den Studierenden eine CD-ROM mit den e-Learning-Anwendungen ausgehändigt. Gleichzeitig wurden sie zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Die SRL-Gruppe erhielt in zwei Sitzungen ein systematisches Training in Selbstregulation (Inhalte: siehe Tabelle 3), während die NO-SRL-Gruppe (Treatment-Erwartungsgruppe) dieses Training erst nach der Interventionsphase erhielt.

Vor und nach der Nutzungsphase der e-Learning-Angebote (Dauer: zwei Wochen) wurde ein Wissenstest eingesetzt (42 Aufgaben; maximale Punktzahl: 58 Punkte), der einerseits das Grundwissen und andererseits den Wissenstransfer überprüfte. Außerdem konnten die Studierenden ihre subjektive Sicherheit auf einer fünfstufigen Skala (von “sehr sicher” bis “sehr unsicher”) dokumentieren (maximale Punktzahl: 210). Außerdem wurden in Log-Dateien sowohl Anzahl als auch Dauer der Mediennutzung erfasst.

Woche

Gruppe

Seminarsitzung 1
(90 min)

1 Woche

Seminarsitzung 2
(90 min)

1 Woche

Seminarsitzung
3 (90 min)

SRL
(n=9)

Randomisierung
Vortest
(Wissen und subj. Sicherheit)
CD-ROM-Ausgabe

SRL
Sitzung 1
(90 min)

Biomechanische Prinzipien – Definitionen & Beispiele

SRL
Sitzung 2
(90 min)

Nachtest
(Wissen und subj. Sicherheit)

NO-SRL
(n=11)

---

Tab. 2. Versuchsplan der Selbstregulationsstudie
Legende: SRL – Selbstreguliertes Lernen; NO-SRL – kein SRL (Wartegruppe)


Sitzung 1

Sitzung 2 (eine Woche später)

  1. Einleitung

  2. SRL-Modell

  3. Setzung von Zielen

  4. Meta-Kognitione

  5. Zeitmanagement

  6. Beispiel

  7. Hausaufgabe

  1. Reflexion: positive und negative Erfahrungen

  2. Wiederholung: SRL-Modell und Elemente

  3. Allokation externer Ressourcen

  4. Allokation interner Ressourcen (Selbstmotivation, Volition)

  5. Spielerisches Wiederholung

  6. Unterstützung des Transfers

Tab. 3. Inhalte der beiden Trainingssitzungen der SRL-Gruppe


Als Ergebnis zeigte sich ein stärkerer Anstieg der Lernzeit in der SRL-Gruppe, der das Signifikanzniveau von 5% knapp verfehlte (F(1,15) = 4.28, p =.056, η2 = .22; siehe Abbildung 5). Dieser wirkte sich allerdings nicht auf einen entsprechenden Zugewinn an Wissen aus (F(1,18) = 0.11, p = .74; siehe Abbildung 6).

Diese Ergebnisse zeigen zwar einerseits einen positiven Effekt auf das Lernengagement (Indikator: Lernzeit), das aber leider nicht durch einen größeren Wissenszuwachs „belohnt“ wird. Das kann mehrere Ursachen haben: Wie in der oben dargestellten Lernstudie zu aktivierenden bzw. interaktiven Lerninhalten wurden keine isolierten Treatments eingesetzt, sondern diese Treatments waren in den „normalen“ Lehrbetrieb eingebettet (Konfundierungsproblem). Die Lernperiode von zwei Wochen könnte zu kurz gewesen sein; dies wird z. B. durch die Wissensleistung (unter 70%) nahegelegt. Schließlich ist die Stichprobengröße klein (Power: 0.12).


Abb. 5. Lernzeiten der Selbstregulations- und Kontrollgruppe im Vergleich


Abb. 6. Testleistungen im Prä- und Nachtest der Selbstregulations- und Kontrollgruppe im Vergleich

Audience-Response-System und Lernspiele

Audience-Response-Systeme (ARS) sind eine weitere Technologie, welche beim Technologie-gestützten Lernen eingesetzt wird. Ein ARS erlaubt es, mithilfe spezieller Eingabegeräte oder mobiler Endgeräte die Reaktionen und Antworten von Studierenden während einer Lehrveranstaltung aufzunehmen und zu verarbeiten (Abbildung 7).


Abb. 7. Einsatz von ARS im Rahmen einer Vorlesung (Copyright: Wiemeyer)

Von diesen Systemen wird eine Fülle von positiven Effekten erwartet (z. B. Kay & Sage, 2009; Hunsu, Adesope & Bayly, 2016):

  • Verbesserung von Partizipation, Aufmerksamkeit und Engagement

  • Verbesserung von Lernaktivitäten (Interaktion, Diskussion, kontingentes Lehren, Lernqualität)

  • Verbesserung des Lern-Assessment (Tests, Feedback und Korrekturen)

Allerdings werden auch neue Herausforderungen an die Lehrenden gestellt, z. B. der Zeitaufwand für das Erlernen und Einrichten des Systems, die Integration des ARS in das eigene Lehrkonzept (z. B. Erstellen von didaktisch sinnvollen Fragen oder Aufgaben) und die Flexibilität, auf die kurzfristigen Rückmeldungen zu reagieren. Aber auch die Studierenden sind gefordert, sich auf diese Art des Lernens aktiv einzulassen und die Vielfalt möglicherweise durch ARS artikulierter Sichtweisen zuzulassen.

Eine aktuelle Meta-Analyse zu den Effekten von ARS zeigt die folgenden Ergebnisse (Hunsu, Adesope & Bayly, 2016):

  • Signifikant positive, aber schwache Effekte zeigen sich für kurzfristige Leistungen und Transfer, nicht aber für langfristiges Behalten (kognitive Lernergebnisse).

  • Signifikante und große Effekte lassen sich für die Selbstwirksamkeit zeigen; signifikante und kleine Effekte finden sich für Engagement, Teilnahme und Partizipation sowie die wahrgenommene Lehrqualität (nicht-kognitive Lernergebnisse).

  • Die Effekte werden moderiert durch die Klassengröße (optimal: Klassengrößen unter 50) und Wissensdomäne (Interaktion mit kognitiven bzw. nicht-kognitiven Lernergebnissen).

  • Weiterhin zeigte sich ein interessanter Konfundierungseffekt: Der ARS-Effekt hinsichtlich Lernergebnissen (nicht aber Partizipation und Aufmerksamkeit) verschwand, wenn in der Kontrollbedingung ebenfalls Fragen an die Studierenden gestellt wurden.

Auch Lernspiele, d. h. digitale Anwendungen, die versuchen, den Spielgedanken und das Lernen im Sinne einer Doppelmission zu verbinden, haben das Potenzial, das Lernen systematisch und nachhaltig zu unterstützen. Entsprechend der Vielfalt von Spiel-Genres sind auch Lernspiele breit gefächert (Überblick: Wiemeyer, 2016). Die postulierten Wirkmechanismen reichen von der Formel „Lernspiel = Lernen plus Spaß“ – im Sinne einer indirekten Wirkung über die Motivationssteigerung – bis hin zur These, dass durch das Spielen ein besonderer psychophysischer Zustand erzeugt wird, der eine neue Qualität von Lernen ermöglicht (z. B. Bavelier et al., 2010).

Die empirische Befundlage zu Lernspielen ist durchaus positiv. So finden z. B. Vogel et al. (2006) in ihrer Meta-Analyse insgesamt positive Lern-Effekte von Simulationsspielen (ähnlich Sitzmann, 2011 und Clark et al., 2016), die besonders stark ausfallen, wenn die Lernenden die Simulationen und Spiele kontrollieren können und die Spiele in ein Instruktionsprogramm eingebettet werden. Alter und Spielnutzung (Einzelperson versus Gruppe) hatten keinen differenziellen Einfluss.


Abb. 8. Spiel-Beispiel „Galgenmännchen“


Abb. 9. Spiel-Beispiel „Wer wird Millionär“

Im Rahmen einer Grundvorlesung zur Trainingswissenschaft wurde ein ARS – neben Lernspielen – eingesetzt (Wolf, 2012). Der Studie lag ein quasi-experimentelles Messwiederholungs-Design zugrunde. Phasen mit bzw. ohne ARS und Spiele wechselten einander ab. Als Hypothese wurde ein positiver Effekt von ARS und Lernspielen auf Lernen und Motivation erwartet.

Tabelle 4 illustriert das Vorgehen. Ein kombinierter Einsatz von Spielen und ARS fand an zwei Terminen statt, ebenso der isolierte Einsatz von Lernspielen. ARS wurden an fünf Terminen isoliert eingesetzt.

Das ARS wurde zu zwei Zwecken eingesetzt:

  • Zu Beginn der jeweiligen Sitzungen wurden Multiple-Choice-Fragen zum Vorlesungsstoff gestellt. Auf der Basis der Antworten der Studierenden wurden mögliche Verständnisprobleme aufgegriffen und vertiefend behandelt.

  • Am Ende der jeweiligen Sitzung hatten die Studierenden Gelegenheit, ihre Wahrnehmung und Beurteilung des ARS-Einsatzes zu bewerten.

Als Lernspiele wurden die von der benutzten Lernplattform bereit gestellten Formate (Galgenmännchen, Kreuzworträtsel, Sudoku und „Wer wird Millionär?“; siehe Abbildung 8 und 9) eingesetzt.

Als abhängige Variablen wurden neben dem Wissen (spezielle Wissensfragen) die Einstellungen und die Bewertungen der Studierenden zum Einsatz des ARS und der Lernspiele erhoben (fünfstufige Likert-Skala mit den Polen „trifft voll zu“ und „trifft überhaupt nicht zu“).

ARS-Einsatz

Spiel-Einsatz

Ja

Nein

Summe

Ja

2 Termine

2 Termine

4 Termine

Nein

5 Termine

2 Termine

7 Termine

Summe

7 Termine

4 Termine

11 Termine

Tab. 4. Untersuchungsdesign


Die Teilnahme an der Vorlesung unterlag deutlichen Schwankungen (zwischen 24 und 63 Studierenden; Abnahme gegen Ende der Vorlesungszeit), so dass die jeweiligen Teilstichproben ebenfalls stark variierten. Die bereitgestellten Lernspiele wurden extensiv genutzt (Galgenmännchen: 2594 Nutzungen; Wer wird Millionär: 2410 Nutzungen; Kreuzworträtsel: 513 Nutzungen; Sudoku: 294 Nutzungen).

Insgesamt zeigten sich signifikante Effekte der Treatments auf das Wissen. In Abbildung 10 ist zu erkennen, dass ARS und die Kombination von ARS und Spielen zu mehr positiven und weniger negativen Antworten in den Wissenstests führt (χ2 (df=3) = 12.3; p < .05). Des Weiteren zeigten die Studierenden eine positive Einstellung bzw. Bewertung bzgl. ARS und Lernspielen. Das ARS wurde als einfach handhabbar (94.5% der Studierenden) und sinnvoll (87.2%) eingeschätzt. Die Studierenden waren sowohl mit dem ARS (81.4%; Phasen ohne ARS: 78.6%; Phasen mit ARS und Lernspielen: 88.2%) als auch mit den Lernspielen (91.2%) zufrieden bis sehr zufrieden. Die Unterschiede zwischen den jeweiligen Bedingungen waren für die Zufriedenheit mit der Präsenzphase signifikant (χ2 (df=12) = 27.4; p < .05) – und zwar zugunsten des Einsatzes von ARS (mit und ohne Lernspiele).

Auch in dieser Studie waren aufgrund der Einbettung in den laufenden Lehrbetrieb einige Einschränkungen in Kauf zu nehmen: Durch die jeweiligen Bedingungen (Einsatz von ARS oder kein Einsatz) waren auch die Test- und Befragungsmethoden mit dem Treatment und den Vorlesungsinhalten konfundiert. Auch wurde in den Phasen des Spieleinsatzes nicht individuell geprüft, welche Studierenden die Spiele in welchem Umfang gespielt hatten. Des Weiteren konnten nur Kurzzeiteffekte erfasst werden. Schließlich ließ die eingesetzte Technologie nur ein limitiertes Aufgabenformat (Multiple-choice-Fragen) zu. Letztendlich bestätigte die Studie auch die Ergebnisse vorliegender Studien, welche einen zusätzlichen Zeitaufwand für die Vorbereitung der Fragen, die Verteilung der Klicker und die Auswertung der Fragen ergaben.


Abb. 10. Anzahl korrekter und falscher Antworten auf die Wissensfragen in der Präsenzsitzung in Abhängigkeit vom Einsatz von ARS bzw. Spiel

Pädagogische Agenten

Pädagogische Agenten (PA), d. h. virtuelle, anthropomorphe Charaktere, welche beim Online-Lernen eingesetzt werden, können Lernprozesse in vielfacher Weise unterstützen (z. B. Kim & Baylor, 2016; Schroeder & Adesope, 2014; Veletsianos & Russell, 2014): Sie können kommentieren und motivieren, Impulse geben, Fragen stellen, die Aufmerksamkeit lenken, ermuntern u.v.m. Ihre Wirkungen können damit auf verschiedenen Ebenen ansetzen: der kognitiven, der metakognitiven, der sozialen, der volitionalen, der motivationalen und der emotionalen Ebene. Während in der Anfangsphase vor allem „belehrende“ PA entwickelt wurden, kamen später „zu belehrende“ PA („teachable“) und Lernkameraden („learning companion“) hinzu (Johnson & Lester, 2016).

Technisch gesehen handelt es sich bei PA um multimediale interaktive und häufig animierte Präsentationen von Informationen durch einen virtuellen Charakter. Damit ergeben sich eine Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich Alter, Geschlecht, Stimme, Typ (Mensch, Tier etc.) Erscheinungsform (Realismus, Gesicht, Körper, Kleidung etc.), Verhalten (Mimik, Gestik etc.), Rolle (Mentor, Motivator oder Experte) und vermittelten Informationsinhalten.

Theoretische Erklärungsmodelle (Schroeder et al., 2013) für die Wirksamkeit von PA umfassen das Präsenzprinzip (Motivation, aber auch Distraktion durch virtuelle Anwesenheit des PA), soziale Vermittlung (Motivationseffekt) und das Modalitätsprinzip (gleichzeitige Aktivierung mehrerer Sinneskanäle). Kritisch wird angeführt, dass durch PA eine erhöhte kognitive Beanspruchung hervorgerufen wird, indem die Aufmerksamkeitsressourcen auf den PA und den Lernstoff aufgeteilt werden müssen.

In experimentellen Studien sind die positiven Effekte von PA für das kognitive Lernen in verschiedenen Anwendungsfeldern (Mathematik, Wissenschaft, Humanwissenschaften) eher selten belegt worden (z. B. Schroeder et al., 2013); insgesamt findet sich in 43 Studien ein heterogener und schwacher positiver Effekt auf das Lernen (g = 0.19; Schroeder et al., 2013, S.10). Die Meta-Analyse von Schroeder et al. (2013) findet differenzielle Gestaltungs-Effekte für die Modalität (Schrifttext besser als Sprechen), den Stimmtyp (keine Stimme besser als jede Form von Stimme) und die Animation (Animation besser als keine Animation). Darüber hinaus hatten die Wissensdomäne (Mathematik und Naturwissenschaft besser als Humanwissenschaften), Ausbildungsniveau (Klasse 4 bis 7 besser als Ältere), Vorwissen (mittel und hoch besser als gering) und Lernsetting (Klassenraum besser als Labor) einen signifikanten moderierenden Effekt auf das Lernen. Bei der subjektiven Einschätzung des unmittelbaren Mehrwertes für das eigene Lernen (z. B. Verständnis und Instruktionswert) schneiden PA in der Regel schlechter ab als nicht-personale Vergleichsbedingungen, aber dafür besser bzgl. der Erfolgswahrscheinlichkeit und der Selbstwirksamkeitsüberzeugung (Schroeder & Adesope, 2014).

Ziel der vorliegenden Studie (Grupe, 2014; Wiemeyer & Grupe, 2016) war es, die Effekte von PA auf Leistung und Einstellungen beim Lernen sportwissenschaftlicher Theorie unter Feldbedingungen zu überprüfen. Die Haupthypothese besagt, dass durch die Nutzung des PA ein größerer Wissensgewinn erzielt wird. Eine Nebenhypothese unterstellt, dass die einzelnen in der Literatur diskutierten Eigenschaften und Wirkungen von PA differenziell wahrgenommen werden.

Im Rahmen einer Vorlesung zur Bewegungswissenschaft wurden zwei Unterrichtssequenzen (US) mit und ohne PA (Inhalte: US1 - Modelle der Motorik, US2 - Praktische Probleme) präsentiert. Den Studierenden wurde freigestellt, ob sie die jeweilige US mit oder ohne PA nutzten. In der Vorlesung wurde ein „inverted-classroom“-Ansatz eingesetzt (z. B. O'Flaherty & Phillips, 2015): Die Studierenden hatten die Aufgabe, sich mit Hilfe der Vorlesungsfolien (PDF) und der Vorlesungsaufzeichnungen (Videos) über die Lernplattform „moodle“ auf die Vorlesung vorzubereiten. Für US1 und US2 wurden zusätzlich Videos produziert, in denen der PA den Vorlesungsstoff kommentiert.

An der ersten Unterrichtssequenz nahmen 21 Studierende im Alter von 21.0 ± 2.5 Jahren teil (6 weibliche und 15 männliche Studierende). Fünf Studierende (24%) nutzten den PA zur Vorbereitung der US. An der zweiten Unterrichtssequenz nahmen 12 Studierende im Alter von 21.8 ± 4.3 Jahren teil (11 männliche und 1 weibliche Studierende). Fünf Studierende (42%) nutzten den PA zur Vorbereitung der US.

Das Treatment bestand aus kurzen Clips, in denen ein pädagogischer Agent (Tutor Tom; siehe Abbildung 11) den Lernstoff erklärt und kommentiert. Die Studierenden konnten selbst auswählen, ob und wie sie Tutor Tom nutzten. Der Tutor wurde nach den folgenden Kriterien gestaltet:

  • Aussehen und Verhalten orientieren sich an der Zielgruppe (Studierende).

  • Seine Funktion bzw. soziale Rolle soll eine Beziehung zwischen Dozent und Studierenden ermöglichen.

  • Der didaktische Kontext ist eine Sporthalle mit Whiteboard, auf das Ausschnitte aus den in der Vorlesung eingesetzten Folien projiziert werden, die von Tutor Tom kommentiert werden.


Abb. 11. Ausschnitt aus einer Lehr-Szene mit Tutor Tom

Der Studie lag das folgende Messwiederholungs-Design zugrunde, welches in zwei Vorlesungszyklen eingesetzt wurde (siehe Tabelle 5):

  • Eine Woche vor Beginn der jeweiligen Präsenzsitzung wurde ein Vortest (Wissenstest und Einstellungsfragebogen) durchgeführt.

  • Es folgte eine einwöchige Online-Lernphase, in der auf der Lernplattform verschiedene Lernmaterialien zur freien Auswahl zur Verfügung gestellt wurden (Folien als PDF, Videoaufzeichnungen ohne PA, Tests, Videos mit PA).

  • Nach der Online-Lernphase wurde zu Beginn der Präsenzsitzung Nachtest 1 (Wissenstest; Fragen zur Einstellung zum PA und zur Bewertung des PA) durchgeführt.

  • Im Anschluss wurden in der gleichen Sitzung allen Studierenden die PA-Videos aus der online-Phase präsentiert.

  • Unmittelbar nach der Präsentation wurde Nachtest 2 durchgeführt (Wissenstest; Fragen zur Einstellung zum PA und zur Bewertung des PA).

In Tabelle 6 werden die eingesetzten Datenerhebungsmethoden zur Erfassung der abhängigen Variablen dargestellt.

Das Wissen wurde über selbst-entwickelte Fragen mit offenen Antwortmöglichkeiten erfasst. Beispiel: Erläutern Sie die Funktionsweisen des Recall- und Recognitionschemas im Schema-Modell von Schmidt!

Unterrichtssequenz 1
(Lernstoff: Modelle)

Unterrichtssequenz 2
(Lernstoff: Praktische Probleme)

Sitzung 1

1 Woche

Sitzung 2

Sitzung 1

1 Woche

Sitzung 2

Vortest

Online-Lernphase mit/ohne Agent (Selbstwahl)

  • Post-Test 1

  • Präsentation der PA-Videos

  • Post-Test 2

Vortest

Online-Lernphase mit/ohne Agent (Selbstwahl)

  • Post-Test 1

  • Präsentation der PA-Videos

  • Post-Test 2

Tab. 5. Versuchsplan der Studie mit PA


Variable

Methode

Wissen

Selbstentwickelte Wissenstests mit 1 bis 10 offenen Fragen zum Lernstoff
(Bearbeitungszeit: 15 – 20 Minuten)

Einstellung zum PA

Selbstentwickelter Fragebogen mit 14 Items
(fünfstufige Likert-Skala – Pole: 1 – trifft überhaupt nicht zu; 5 – trifft voll zu)

Bewertung des PA

Selbstentwickelter Fragebogen
7 Items zur Bewertung der Merkmale; 11 Items zur Bewertung der Funktion bzw. Effekte
(fünfstufige Likert-Skala – Pole: 1 – trifft überhaupt nicht zu; 5 – trifft voll zu)

Tab. 6. Überblick über die eingesetzten Datenerhebungsverfahren


Im Vortest-Nachtest1-Vergleich ergaben sich in Unterrichtssequenz 1 (Modelle der Motorik) signifikant positive Effekte zugunsten der Studierenden, welche den PA beim online-Lernen genutzt haben (F1,19 = 14.51; p = .001; η2 = .43; siehe Abbildung 12). In Unterrichtssequenz 1 führte der Präsenz-Einsatz des PA zu einem signifikanten Anstieg des Wissens von Nachtest 1 zu Nachtest 2 (F1,20 = 17.04; p = .001; η2 = .46).

In Unterrichtssequenz 2 (Praktische Probleme) waren die Lerneffekte nicht signifikant (F1,10 = 0.98; p = .346; siehe Abbildung 13). Der Präsenz-Einsatz des PA führte in Unterrichtssequenz 2 ebenfalls zu einem signifikanten Anstieg des Wissens von Nachtest 1 zu Nachtest 2 (F1,11 = 13.28; p = .004; η2 = .55).


Abb. 12. Wissen im Vor- und Nachtest 1/ 2 in Abhängigkeit von der Nutzung des PA (US 1)
Anmerkung: Das Vortest-Wissen zum Schema war in beiden Gruppen gleich Null.
Legende: Pre/ Post 1/ Post 2 (Tutor/ohne) – Vortest sowie Nachtest 1 und 2 der Tutor-Gruppe/ der Gruppe ohne Tutor


Abb. 13. Wissen im Vor- und Nachtest 1/ 2 in Abhängigkeit von der Nutzung des PA (US 2)
Anmerkung: Nachtest2 wurde nur für die Korrekturnormen durchgeführt.
Legende: Pre/ Post 1/ Post 2 (Tutor/ohne) – Vortest sowie Nachtest 1 und 2 der Tutor-Gruppe/ der Gruppe ohne Tutor

Es wurden keine signifikanten Einstellungs-Unterschiede zwischen Nutzung und Nichtnutzung des PA gefunden (US1: F1,19 = 1.10; p =.31; US2: F1,10 = 1.00; p =.33). Die verschiedenen Merkmale des PA wurden überwiegend als zutreffend bewertet, insbesondere in US 1 (siehe Abbildung 14). In beiden Unterrichtssequenzen wurden vor allem die Eigenschaften „freundlich, sachkundig und hilfsbereit“ wahrgenommen. Bei der Bewertung von Stimme, Mimik, Natürlichkeit und Emotionalität waren die Befragten unentschieden.

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (Faktor 1: US; Faktor 2: Items) ergab einen signifikanten Haupteffekt der Items (F4,120 = 17.00; p <.001; η2 = .354). Follow-up-Analysen (Wilcoxon-Test) zeigten signifikante Unterschiede zwischen Freundlichkeit, Sachkundigkeit und Hilfsbereitschaft auf der einen Seite und allen anderen Eigenschaften auf der anderen Seite (Ausnahme: Hilfsbereitschaft versus Stimme). Der Haupteffekt der US (F1,31 = 0.06; p =.81) sowie die Interaktion US x Item (F6,186 = 0.80; p =.58) wurden nicht signifikant.


Abb. 14. Bewertung verschiedener Merkmale des PA in den beiden Unterrichtssequenzen (US1 und US2)

Die verschiedenen Funktionen bzw. Effekte des PA wurden überwiegend schwach positiv bewertet, allerdings in US 1 und 2 unterschiedlich (siehe Abbildung 15). Während in US 1 die Effekte Filtern, Spaß, Verständnis- und Denkhilfe die größte Zustimmung fanden, wurden in US 2 vor allem die Effekte Verständnishilfe und Selektionshilfe (Filtern und Aufmerksamkeit) benannt.

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (Faktor 1: US; Faktor 2: Items) ergab einen signifikanten Haupteffekt der Items (F4,111 = 6.03; p <.001; η2 = .163). Folgeanalysen (Wilcoxon-Test) zeigten fast durchgängig signifikante Unterschiede zwischen den Motivations- und Fokussierungseffekten und allen anderen Effekten. Der Haupteffekt der US (F1,31 = 1.78; p =.19) sowie die Interaktion US x Item (F10,310 = 1.02; p =.43) waren nicht signifikant.


Abb. 15. Bewertung der Funktionen bzw. Effekte des PA in den beiden Unterrichtssequenzen (US1 und US2)

Damit kann die Haupthypothese nur für US1 bestätigt werden. Hier fiel der Lerneffekt deutlich größer aus (Power: 1.0). In US 2 waren die Stichprobe zu klein (Power: 0.49) und der Stoff zu schwierig (Wissensscore: unter 50%). Der differenzielle Einfluss des PA konnte – allerdings auf niedrigem Niveau – bestätigt werden; es wurden primär kognitive und metakognitive Effekte benannt, während motivationale und emotionale Effekte geringer ausfielen. Diese Studie weist – wie die vorher berichteten Studien – die bekannten Einschränkungen von Felduntersuchungen auf: Konfundierung von PA-Nutzung und Lernen bzw. Lernzeit, Bedingungskontrolle und Selbst-Selektion.

Resümee und Ausblick

In diesem Beitrag wurden insgesamt vier empirische Studien vorgestellt, die den Einsatz von e-Learning unter Feldbedingungen untersucht haben. Dabei wurden verschiedene Interventionen (aktivierende und interaktive Lernelemente, selbstreguliertes Lernen, ARS mit Lernspielen und pädagogische Agenten) zur Vermittlung sportwissenschaftlicher Inhalte eingesetzt. Es wurden durchgängig „Blended-Learning“-Ansätze eingesetzt, d. h. die Verbindung von Online- und Präsenzlernen.

Die vorgestellten Studien zur Erforschung der eigenen Lehre erbrachten eine Fülle wichtiger und interessanter Erkenntnisse zur differenziellen Wirkung von e-Learning in der konkreten Anwendungspraxis – sowohl im Hinblick auf die Möglichkeiten, aber auch die Beschränkungen. Die Angebote hatten nicht immer den erwarteten Effekt; die anfangs formulierte allgemeine Forschungshypothese konnte also nicht durchgängig bestätigt werden. Dies kann – wie bereits bei der Darstellung der Einzelstudien diskutiert – eine Reihe von Ursachen haben, die in der Gestaltung der Lernumgebung, den Lernbedingungen, den Lernenden, dem Untersuchungsdesign oder den organisatorischen Rahmenbedingungen liegen können.

Die eigene Lehre zu erforschen erbringt also einerseits viele Informationen zu Einstellungen und Erleben der Studierenden, welche ohne diese Forschung nur schwer oder gar nicht sichtbar gemacht werden können.

Allerdings zeigen die oben dargestellten Studien auch, dass der Kompromiss-Raum zwischen forschungsmethodischen Erfordernissen und praktischem Gestaltungsspielraum sehr eng ist. Im Sinne dieses Kompromisses wurden überwiegend (quasi-)experimentelle Felduntersuchungen eingesetzt, in denen sowohl Lernleistungen als auch Lernaktivitäten sowie Einstellungen erfasst wurden. Außerdem wurde zum Teil auf eine a-priori-Festlegung der Stichprobe, die Durchführung von Vortests verzichtet sowie Konfundierungsprobleme in Kauf genommen. Zugespitzt formuliert: Mit dieser Art von Forschung sitzt man „zwischen den Stühlen“. Es wird weder der „Goldstandard“ empirischer Forschung (Experiment mit strenger Bedingungskontrolle und randomisierter Gruppenzuweisung) umgesetzt noch der weite (medien-)pädagogische Gestaltungsspielraum ausgeschöpft. Als Karriere-Katalysator ist diese Art der Forschung sicherlich kaum geeignet.

In den Studien zeigten sich einerseits die üblichen Beschränkungen und Schwierigkeiten dieser Art von Forschung (z. B. Bedingungskontrolle, fehlende Randomisierung, Selbstselektion und Konfundierungen), andererseits konnte die differenzielle Wirkung der oben erwähnten Medien bzw. Bedingungen offengelegt werden.

Damit zeigt sich insgesamt eine Situation, die keine simple Antwort auf die Frage „Lohnt sich der Aufwand?“ erlaubt. Die Antwort wird ganz unterschiedlich ausfallen, je nach individueller Gewichtung der Vor- und Nachteile. Dem erhöhten Aufwand an Personal, Material und Zeit steht ein Erkenntnisgewinn bzgl. des Lernverhaltens der Studierenden und der Effekte des eigenen Lehrens gegenüber, der zur weiteren Verbesserung genutzt werden kann. Ein interessantes Teilergebnis ist der Befund, dass sich die individuelle Einschätzung und das tatsächliche (Lern-)Verhalten durchaus unterscheiden können (z. B. Wiemeyer, 2004).

Die wissenschaftliche Qualität dieser Erkenntnisse ist aber angesichts der zahlreichen Einschränkungen durchaus zu diskutieren.

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