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ExpertInnenräte in der SARS-CoV-2-Pandemie in Deutschland: eine Dokumentenanalyse aus Public-Health-Perspektive
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Published: | February 23, 2021 |
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Hintergrund/Fragestellung: In der SARS-CoV-2-Pandemie muss die Politik weitreichende Entscheidungen treffen. Diese sollten von wissenschaftlichen Erkenntnissen gestützt werden. Angesichts der meist limitierten Evidenz in Krisensituationen stellt dies eine große Herausforderung dar. Wissenschaftliche ExpertInnen können hier eine Brückenfunktion einnehmen und dazu beitragen, die Evidenzlage zu vermitteln und kontextualisieren. Die Zusammensetzung sogenannter ExpertInnenräte hat jedoch Fragen aufgeworfen, wie transparent die Prozesse sind und wie repräsentativ die Auswahl der Beteiligten ist.
Unser Forschungsvorhaben untersucht, ob und wie ExpertInnenräte in Deutschland auf Bundes- und Landesebene einberufen wurden, um die Regierungen in der SARS-CoV-2-Pandemie zu beraten. Von Interesse sind die disziplinäre Zusammensetzung, die Genderverteilung und die Transparenz der Einberufung, Arbeitsabläufe und -ergebnisse dieser Gremien.
Methoden: Wir führen eine mehrstufige Dokumentenanalyse durch. Zwischen Mai und August 2020 wurden Anfragen an die jeweiligen Regierungseinrichtungen der Länder und die Bundesministerien gestellt. Ergänzend wird eine Sichtung und Analyse der i) Pandemiepläne, ii) der offiziellen Pressemitteilungen, iii) der kleinen Anfragen auf Bundes- und auf Landesebene und iv) deutscher Leitmedien zu ExpertInnenräten im SARS-CoV-2-Kontext für den Zeitraum von Januar bis Ende Oktober 2020 durchgeführt. Die Auswertung erfolgt mittels Inhaltsanalyse.
Vorläufige/erwartete Ergebnisse, Ausblick: Die Einsetzung von ExpertInnenräten ist nur vereinzelt in den Pandemieplänen der Länder sowie im Pandemieplan des Bundes vorgesehen, dennoch etablierten sieben Bundesländer entsprechende Gremien. Der Frauenanteil dabei beträgt insgesamt 26%. Am häufigsten sind medizinische Fachbereiche vertreten, wie Virologie, Infektiologie oder Intensivmedizin. Weitere Disziplinen (Wirtschaft, Rechtswissenschaften und Soziologie) und nichtwissenschaftliche ExpertInnen sind in zwei Bundesländern vertreten.
Die SARS-CoV-2-Pandemie hat zu einer verstärkten Konsultation von ExpertInnen durch die Politik geführt. Die Zusammensetzung entsprechender Gremien in Deutschland ist vorwiegend medizinisch geprägt und weist ein unausgeglichenes Genderverhältnis auf. Ihre Einberufung und Arbeitsweise sind bislang unzureichend transparent. Unsere Ergebnisse können die Grundlage zukünftiger Untersuchungen zur Rolle von ExpertInnen in der politischen Entscheidungsfindung in der SARS-CoV-2-Pandemie bilden.
Interessenkonflikte: Die AutorInnen erklären, dass keine Interessenskonflikte bestehen.