Die Inschriften der Lüneburger Klöster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode, Wienhausen

Der Band umfaßt die kommentierte Edition von 345 Inschriften der unter dem Oberbegriff ‚Lüneburger Klöster‘ zusammengefaßten Frauenklöster und heutigen evangelischen Damenstifte Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen bis zum Jahr 1700. Aufgenommen sind nicht nur die im Original erhaltenen Inschriften, sondern auch diejenigen Inschriften, die nur noch in älteren Abschriften oder Abbildungen vorliegen. Der Anhang enthält einzeln vorkommende Kurzinschriften wie Jahreszahlen und Kreuzestituli.
Der Bestand bietet ein breites Spektrum an Inschriftenträgern von den bedeutenden mittelalterlichen Bildteppichen über die verschiedenen Gegenstände der Kirchenausstattung bis hin zu Wandmalereien und Grabdenkmälern. In den Inschriften spiegelt sich die Entwicklung der Benediktinerinnen- und Zisterzienserinnenklöster, die Klosterreform im 15. Jahrhundert, die Durchführung der Reformation und die Umgestaltung zu evangelischen Damenstiften in besonderer Weise. Die mittelalterliche Frömmigkeit der Nonnen wird in den Inschriften ebenso anschaulich wie die Erneuerung der Religiosität in den evangelischen Konventen um die Mitte des 17. Jahrhunderts.
Die Einleitung des Bandes stellt Bezüge zwischen dem Inschriftenbestand und der Geschichte der Klöster her, beschreibt die Besonderheiten der Inschriften der einzelnen Klöster und wertet die Inschriftengruppen wie Grabinschriften, Bildbeischriften oder erbauliche Texte in unterschiedlicher Hinsicht aus. Der Katalogteil bietet eine Wiedergabe der Texte unter Auflösung der Abkürzungen. Lateinische und niederdeutsche Texte werden übersetzt. Eine Beschreibung des jeweiligen Inschriftenträgers vermittelt einen Eindruck von dem Zusammenhang, in dem die Inschrift steht. Im Kommentar werden wichtige die Inschrift oder den Inschriftenträger betreffende Fragestellungen erörtert. Zehn Register erschließen dem Leser den Katalogteil unter verschiedenen Gesichtspunkten. Ein ausführlicher Tafelteil ergänzt die Edition.

1. Vorwort, Vorbemerkungen und Hinweise zur Benutzung

1.1. Vorwort

Der vorliegende Band entstand in der Zeit vom September 2006 bis zum September 2009 im Auftrag der Inschriftenkommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, gefördert durch die Klosterkammer Hannover und die VGH-Stiftung. Er umfaßt die Inschriften der sechs unter dem Oberbegriff ‚Lüneburger Klöster‘ vereinigten Klöster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen, die heute noch als evangelische Frauenklöster juristisch selbständig sind und von der Klosterkammer Hannover unterhalten werden. Die Anregung, die Inschriften der Lüneburger Klöster zusammen in einem separaten Band zu edieren, ging von der Klosterkammer Hannover aus, die das Projekt über die finanzielle Förderung hinaus auch ideell und tatkräftig bei den laufenden Arbeiten unterstützt hat. Finanziell gefördert wurde das Projekt auch durch die VGH-Stiftung Hannover. Beiden Institutionen gilt ein ganz besonderer Dank.

Erste Projektplanungen in den einzelnen Klöstern wurden von den Äbtissinnen in außerordentlich freundlicher Weise unterstützt, die übereinstimmend eine Erweiterung der sonst für die Bearbeitung der Inschriften in der Reihe „Die Deutschen Inschriften“ üblichen Zeitgrenze 1650 auf das Ende des 17. Jahrhunderts vorschlugen. Die in diesem Band edierten Inschriften aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zeigen, wie sinnvoll dieses Vorgehen war, dokumentieren sie doch in besonderer Weise die Erneuerung von Frömmigkeit in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Nicht in diesem Band enthalten sind – abgesehen von wenigen Nachträgen – die Lüner Inschriften bis zum Jahr 1550, da sie bereits in dem Inschriftenband DI 24 (Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne) von Eckhard Michael ediert sind. Um sie jedoch auch in diesen Band mit einzubeziehen, stehen im Katalogteil Verweise an chronologisch entsprechender Stelle. Bei der Arbeit in den Klöstern hat es sich gezeigt, daß die Grenzen zwischen Gemeindekirche und Kloster im Hinblick auf die Inschriftenträger nicht präzise zu ziehen sind. Daher wurden sämtliche Inschriften der in den Bauzusammenhang der Klöster gehörenden Gemeindekirchen hier mit aufgenommen.

Die Fertigstellung dieses Bandes wäre ohne die große Unterstützung, die ich von seiten der Klöster und der Klosterkammer erhalten habe, nicht möglich gewesen. Mein ganz herzlicher Dank gilt den Äbtissinnen Frau Erika Krüger (Ebstorf), Frau Barbara Möhring (Isenhagen), Frau Reinhild von der Goltz (Lüne), Frau Monika von Kleist (Medingen), Frau Thea Busse (Walsrode) und Frau Renate von Randow (Wienhausen), außerdem in Lüne der Priorin Frau Renate Krüger und in Walsrode der Archivarin Frau Henrike Anders, die die Aufnahmephase begleitet haben. Auch die Hausmeister der Klöster haben mir geholfen, wo sie nur konnten, und angesichts immer neuer Ansinnen nicht die Geduld verloren; ebenso die Mitarbeiter der Klosterkammer, die Bauleiter und Konservatoren, die sich sehr darum bemüht haben, auch die verstecktesten Inschriftenträger aus den Ecken der Klöster zusammenzusuchen und mir die Unterlagen der Klosterkammer zu den Objekten zur Verfügung zu stellen. Ganz besonders zu nennen sind in diesem Zusammenhang Herr Max von Boeselager, Frau Corinna Lohse, Herr Thorsten Nobbmann und Frau Kirsten Schröder, sowie die Restauratorinnen der Lüner Textilwerkstatt Frau Wiebke Haase und Frau Tanja Weißgraf. Der Klosterarchivar Herr Wolfgang Brandis hat meine Arbeit in allen Phasen begleitet und mir die Archive der Klöster zugänglich gemacht. Ohne seine Hilfe und seinen Spürsinn wäre vieles unentdeckt geblieben, was sich als besonders wesentlich für diesen Band herausgestellt hat.

Als Glücksfall für diesen Bestand hat es sich erwiesen, daß während meiner Arbeiten an dem Projekt die Lüner Äbtissinnengruft restauriert wurde; dem Archäologen Herrn Andreas Ströbl (Göttingen) danke ich ganz herzlich dafür, daß er mir die von ihm und seiner Kollegin Dana Vick erarbeitete Dokumentation über die Gruft zur Verfügung gestellt hat, die eine außerordentlich wichtige Ergänzung zur eigenen – in der engen Gruft schwierigen – Autopsie darstellt. Den Hinweis auf den ältesten in diesem Band erfaßten Inschriftenträger, der glücklicherweise rechtzeitig vor Fertigstellung dieses Buches entdeckt wurde, habe ich dem Glockensachverständigen der Landeskirche [Druckseite 8] Hannovers Herrn Andreas Philipp (Göttingen) zu verdanken, der mir auch sonst bezüglich der Glocken in den Klöstern wichtige Hinweise gegeben hat. Im Auftrag des Museums August Kestner Hannover hat mir Herr Thorsten Henke freundlicherweise detailliertes Bildmaterial und Informationen zu den dort aufbewahrten Textilien aus den Klöstern zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus danke ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs in Hannover und Pattensen.

Bei den Außenarbeiten haben mich Frau Dr. Andrea Hofmeister (Göttingen) und Herr Dr. Jens-Uwe Brinkmann (Lüneburg) sowie Frau Mareike Brosenne (Göttingen) tatkräftig unterstützt. Letztere hat auch die Registerkontrollen am Manuskript durchgeführt. Für die Hilfestellung bei der Übersetzung kniffliger lateinischer Inschriften danke ich Herrn Prof. Dr. Fidel Rädle (Göttingen), der auch sämtliche Übersetzungen der lateinischen Texte geprüft hat. Frau Inga Finck M. A. (Göttingen), Frau Dr. Meike Willing (Sebexen) und Herr Dr. Jens-Uwe Brinkmann (Lüneburg) haben sich freundlicherweise als kritische Korrekturleser zur Verfügung gestellt. Der Vorsitzende der Göttinger Inschriftenkommission Prof. Dr. Ulrich Schindel hat das Projekt in jeder Phase unterstützt, befördert und mit großem Interesse verfolgt. Ihm gilt mein ganz besonderer Dank. Wie immer am Ende eines von mir verfaßten Inschriftenband-Vorworts ist hier Frau Dr. Christine Wulf (Inschriftenkommission Göttingen) ausdrücklich hervorzuheben, die auch diesmal wieder das Entstehen des Bandes von der Projektplanung bis hin zum letzten Korrekturdurchgang begleitet hat.

Ganz zum Schluß möchte ich noch festhalten, daß dieses Inschriftenprojekt ein ganz besonderes war. Die Atmosphäre ungebrochener Tradition, die die Klöster und ihre Konventualinnen heute noch vermitteln, überträgt sich unmittelbar auf denjenigen, der dort – wenn auch nur vorübergehend – arbeiten darf, und die herzliche und warme Aufnahme in allen Klöstern ließ völlig vergessen, daß es in den alten Gemäuern nicht nur in der Herbst- und Winterzeit sehr kalt und klamm sein kann.

Göttingen im Herbst 2009

Sabine Wehking

1.2. Vorbemerkungen und Hinweise zur Benutzung

Die vorliegende Edition umfaßt die Inschriften der Lüneburger Klöster bis zum Jahr 1700. Vollständigkeit wurde zwar angestrebt, ist aber nicht mit letzter Sicherheit zu erreichen, da sich während der Bearbeitung gezeigt hat, daß an bislang verborgenen Stellen in den Klöstern immer wieder Inschriften zum Vorschein kamen. Als Kriterium für die Aufnahme von Inschriften gilt das Provenienzprinzip, d. h. es wurden nur solche Stücke berücksichtigt, die sich vor 1700 in den Klöstern befunden haben. Aufgenommen wurden sowohl original erhaltene als auch kopial überlieferte Inschriften. Die Aufnahme und Anordnung der Inschriften sowie die Einrichtung der einzelnen Artikel folgt den Richtlinien der Interakademischen Kommission für die Herausgabe der Deutschen Inschriften. Entsprechend wurden alle Inschriften aufgenommen, die auf dauerhaftem Material ausgeführt und nicht mit Feder auf Papier oder Pergament geschrieben, in Serienproduktion erstellt oder Gegenstand anderer Disziplinen wie der Sphragistik und Numismatik sind. An dieser Stelle ausdrücklich zu betonen ist, daß die Ebstorfer Weltkarte hier nicht berücksichtigt ist, da sie auf Pergament ausgeführt und damit streng genommen kein Inschriftenträger im eigentlichen Sinne war. Auch wenn man sie als zu diskutierenden Grenzfall ansehen könnte, hätte die Aufnahme ihrer in der Literatur bereits ausführlich behandelten Texte den Rahmen dieser Edition gesprengt. Kurzinschriften wie Jahreszahlen und Kreuzestituli, die nicht mit anderen Inschriften in Verbindung stehen, sind im Anhang chronologisch aufgeführt.

Der K a t a l o g t e i l
Die Inschriften sind chronologisch angeordnet. Für undatierte Inschriften wurde eine möglichst enge Eingrenzung ihres Entstehungszeitraums angestrebt. Sie sind jeweils an das Ende des ermittelten Zeitraums gestellt. Konnte ein Terminus post oder ante quem ermittelt werden, ist der Katalogartikel vor oder nach dem nächstliegenden Datum eingeordnet. Mehrere Inschriften mit gleicher Datierung sind nach alphabetischer Abfolge der Standorte und Inschriftenträger wiedergegeben.

Die Katalogartikel sind untergliedert in Kopfzeile, beschreibenden Teil, Wiedergabe des Inschriftentextes, Kommentar und Apparat.

Die K o p f z e i l e enthält die laufende Nummer, die Bezeichnung des Standortes und die Datierung(en) der Inschrift(en).

Ein Kreuz neben der laufenden Nummer kennzeichnet Inschriften, deren Original verloren ist.
†? Ungeklärter Verbleib des Inschriftenträgers.
(†) Von mehreren Inschriften auf einem Inschriftenträger ist noch ein Teil im Original erhalten, ein wesentlicher Teil jedoch nur kopial überliefert.
17. Jh.? Ein Fragezeichen bezeichnet eine zweifelhafte Datierung.

Für die bereits in dem Band DI 24 (Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne) edierten Inschriften des Klosters Lüne bis zum Jahr 1550 sind hier Kopfzeilen mit Standort und Datierung eingefügt, denen ein Verweis auf den jeweiligen Inschriftenträger im Band DI 24 folgt.

Der b e s c h r e i b e n d e Teil eines Artikels enthält Angaben zur Ausführung der Inschrift(en) und des Inschriftenträgers. Die Beschreibung erfolgt vom Blickpunkt des Betrachters aus. Handelt es sich um mehrere Inschriften auf einem Inschriftenträger, so werden diese mit A, B, C ... bezeichnet. [Druckseite 10]

Sind die Inschriften im Original überliefert, werden die Maße des Inschriftenträgers, die Buchstabenhöhe und die Schriftart angegeben. Sind die Inschriften nur kopial überliefert, ist die Quelle, nach der zitiert wird, genannt.

Der I n s c h r i f t e n t e x t ist eingerückt. Mehrere Inschriften auf einem Inschriftenträger sind entsprechend der Beschreibung mit A, B, C ... bezeichnet. Die Zeilenumbrüche des Originals werden bei der Wiedergabe der Inschriften nicht eingehalten, sondern nur bezeichnet. Verse werden auch dann voneinander abgesetzt, wenn das Original den Text fortlaufend wiedergibt.

Befinden sich mehrere mit A, B, C ... bezeichnete Inschriften auf einem Inschriftenträger, markiert ein Kreuz hinter dem jeweiligen Buchstaben eine im Unterschied zu anderen Inschriften desselben Trägers nicht erhaltene Inschrift.
[...] Eckige Klammern mit Punkten darin bezeichnen Textverlust, bei dem sich die Zahl der ausgefallenen Buchstaben einigermaßen genau bestimmen läßt. Ein Punkt steht jeweils für einen ausgefallenen Buchstaben. Nach kopialer Überlieferung ergänzter Text und nur noch schemenhaft erkennbare Buchstaben stehen ebenfalls in eckigen Klammern.
[– – –] Eckige Klammern mit Strichen darin stehen für Textverlust, dessen Umfang sich nicht bestimmen läßt.
( ) Kürzungen werden in runden Klammern aufgelöst. Bei der Auflösung der Abkürzungen ist AE- oder E-Schreibung je nach Usus der Inschrift eingesetzt, ebenso U- oder V-Schreibung. Wenn die Inschrift keinen Anhaltspunkt gibt, wird nach klassischem Gebrauch verfahren. Punkte auf der Grundlinie oder hochgestellte Punkte nach Abkürzungen werden nur dann beibehalten, wenn die Inschrift durchgehend mit Worttrennern versehen ist. Die Abkürzung einer Bibelstellenangabe innerhalb einer Inschrift wird nicht aufgelöst, die Abkürzung des Wortes sanctus/sancta zur Bezeichnung eines oder einer Heiligen nur in besonderen Fällen.
〈...〉 In spitzen Klammern stehen spätere Nachträge in Inschriften oder für Nachträge freigelassene Stellen. Später auf dem Inschriftenträger hinzugefügte Inschriften sind mit einem zusätzlichen Datum in der Kopfzeile verzeichnet.
/ Ein Schrägstrich markiert das Zeilenende.
// Zwei Schrägstriche markieren den Wechsel des Inschriftenfeldes.
AE Die Unterstreichung zweier Buchstaben bezeichnet eine Ligatur.

W a p p e n b e i s c h r i f t e n werden im Zusammenhang der übrigen Inschriften wiedergegeben. Bei Ahnenproben wird dabei soweit möglich die Anordnung der Wappen beibehalten. Fußnoten können auf den Anmerkungsapparat verweisen, in dem die Blasonierungen und Wappennachweise zu finden sind, sofern die Wappen nicht noch zusätzlich in der Wappenzeile aufgeführt sind.

Einer lateinischen oder niederdeutschen Inschrift schließt sich die Ü b e r s e t z u n g an. Ein besonderes Problem betrifft die Übersetzung der Wendung aetatis suae, in der deutschen Entsprechung seines/ihres Alters. Der Braunschweiger Inschriftenbestand hat an zahlreichen Beispielen gezeigt, daß sich ohne Angabe von Geburts- und Todesjahr in der Inschrift keine Klärung darüber herbeiführen läßt, ob damit ‚im Alter von ..‘ (Kardinalzahl) oder ‚im .. Lebensjahr‘ (Ordinalzahl) gemeint ist.1) Um mit der Übersetzung nicht eine Entscheidung vorzugeben, wurde in den Zweifelsfällen die deutsche Formel ‚seines/ihres Alters‘ gewählt, die ebenso wie die lateinische Formel für beide Möglichkeiten steht und eine wörtliche Übersetzung darstellt.

Bei metrischen Inschriften folgt die Bestimmung des V e r s m a ß e s und der R e i m f o r m.

Soweit sich auf dem Inschriftenträger W a p p e n befinden, werden die Namen in einer der Anordnung auf dem Inschriftenträger oder der früheren Anordnung soweit wie möglich entsprechenden Form wiedergegeben. In Fällen, in denen dies bereits durch die Wiedergabe der Wappenbeischriften geleistet wird, kann hierauf verzichtet werden, die Wappenzeile entfällt dann. Die zugehörigen Blasonierungen und Wappennachweise finden sich nur dann im Anmerkungsapparat, wenn die [Druckseite 11] Wappen nicht in den Wappenbüchern von Siebmacher/Hefner und Spießen verzeichnet sind.2) Wappen, die in der kopialen Überlieferung nur namentlich bezeichnet sind, werden auch dann nicht blasoniert, wenn der Wappeninhalt bekannt ist.

Der K o m m e n t a r t e i l enthält Erläuterungen zu verschiedenen mit der Inschrift oder dem Inschriftenträger zusammenhängenden Fragestellungen. Diese können sich beispielsweise auf Besonderheiten der Schrift oder des Inhalts einer Inschrift beziehen, historische oder biographische Angaben enthalten oder der Erklärung ikonographischer Zusammenhänge dienen.

Der A p p a r a t gliedert sich in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen sowie Nachweise der kopialen Inschriftenüberlieferung.

Die B u c h s t a be n a n m e r k u n g e n beziehen sich auf textkritische Probleme der Inschrift, sie enthalten abweichende Lesarten der Parallelüberlieferung, soweit sie relevant sind, und weisen auf orthographische Besonderheiten oder fehlerhafte Stellen hin.

Die Z i f f e r n a n m e r k un g e n enthalten Erläuterungen und Literaturnachweise.

Der am Schluß des Artikels folgende Absatz bezieht sich – so vorhanden – auf die wichtigsten kopialen Überlieferungen der Inschrift und gibt Abbildungsnachweise. Vollständigkeit ist bei den Quellennachweisen nicht angestrebt. Ist die Inschrift lediglich kopial überliefert, steht an erster Stelle diejenige Quelle, nach der die Inschrift zitiert wird.

DIE INSCHRIFTEN DER LÜNEBURGER KLÖSTER BIS ZUM JAHR 1700 – EINORDNUNG IN DIE GESCHICHTE DER KLÖSTER

Die unter dem Oberbegriff ‚Lüneburger Klöster‘ zusammengefaßten sechs Klöster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen existieren seit ihrer Gründung im Mittelalter bis heute unter geänderten Vorzeichen, aber in ungebrochener Tradition. Die norddeutschen Frauenklöster in der Zeit vor der Reformation haben in den letzten Jahren ganz besonders im Mittelpunkt der Forschung gestanden.3) Die nachreformatorische Zeit hat dagegen bislang sehr viel weniger Aufmerksamkeit erfahren und ist, soweit es die sechs Lüneburger Klöster betrifft, nur für Ebstorf und Walsrode aufgearbeitet worden.4) Es kann in dieser Einleitung nicht darum gehen, die Geschichte jedes dieser Klöster im einzelnen zu skizzieren.5) Vielmehr sollen hier nur knapp die [Druckseite 12] allen sechs Klöstern gemeinsame allgemeine Entwicklung sowie die speziellen, vor allem auch baugeschichtlichen Gegebenheiten für jedes Kloster beschrieben werden, soweit sie zur Einordnung und zum Verständnis der Inschriften notwendig sind.

Als Benediktinerinnen- oder Zisterzienserinnenklöster in der Zeit von der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts (Walsrode) bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts (Isenhagen) gegründet, nahmen die sechs Lüneburger Klöster vorwiegend die Töchter des in der Umgebung ansässigen Adels, aber auch des Lüneburger Patriziats auf. Enge Beziehungen zu der Stadt Lüneburg bestanden nicht nur über die Familien der Konventualinnen, sondern auch durch die Anteile der Klöster an der Saline und durch die Klosterhöfe in der Stadt. Was die Zusammensetzung der jeweiligen Konvente betraf, gab es aber durchaus Unterschiede. So galt Wienhausen als das vornehmste der sechs Klöster, da die Braunschweig-Lüneburgischen Herzöge hier ihre Töchter erziehen ließen, von denen einige später in den Konvent eintraten, und sich auch Witwen aus der Herzogsfamilie hierher zurückzogen. Im 14. Jahrhundert amtierten drei Töchter aus der Herzogsfamilie als Äbtissinnen, und die bedeutendste Äbtissin des 15. Jahrhunderts, Katharina von Hoya (vgl. Nr. 41), entstammte mütterlicherseits ebenfalls dem Welfenhaus. Die Sonderstellung des Klosters Wienhausen unter den Lüneburger Klöstern dokumentiert sich bis heute in der großen Anlage mit zwei Kreuzgängen.

Über das Leben in den Klöstern im 13. und 14. Jahrhundert ist kaum etwas bekannt, gesichert ist hingegen, daß in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und offensichtlich auch schon zuvor von einem streng monastischen Leben nicht die Rede sein konnte. So bestand in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in allen sechs Konventen dringender Reformbedarf. Die Durchführung der Bursfelder bzw. Windesheimer Reform brachte für die Klöster und die Konvente einschneidende Veränderungen mit sich. Im Zuge der Wiedereinführung der Vita communis wurden neue Refektorien und Schlafhäuser errichtet, die Küchen für die Zubereitung der gemeinsamen Mahlzeit vergrößert und die Klosterareale mit Mauern umgeben, um die Klausur zu gewährleisten. In allen sechs Klöstern wurden die amtierenden Äbtissinnen bzw. Priorinnen abgesetzt und die Leitung einer aus einem bereits reformierten Kloster stammenden Nonne übertragen, die die Durchführung der Reform überwachte. Resultat der in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts abgeschlossenen Reform war an allen sechs Orten eine Erneuerung der Frömmigkeit und damit verbunden eine Blütezeit der Klöster, die sich auch in der Größe der Konvente widerspiegelte.6)

Angesichts dieser tiefgreifenden Veränderungen durch die Reformbewegung Ende des 15. Jahrhunderts ist es mehr als verständlich, daß die Klöster den seit Beginn der 30er Jahre des 16. Jahrhunderts von massivem Druck begleiteten Bemühungen Herzog Ernst des Bekenners um die Durchführung der Reformation großen Widerstand entgegensetzten. Zunächst gelang es dem Herzog lediglich, die Pröpste abzusetzen und die Propsteigüter einzuziehen, die Verwaltung wurde herzoglichen Amtleuten bzw. Hauptmännern übertragen. Auf die Einsetzung von evangelischen Geistlichen reagierten die am alten Glauben festhaltenden Konventualinnen zunächst mit erbittertem Widerstand. Das einzige Kloster, in dem die Einführung der Reformation einigermaßen reibungslos ablief, scheint Isenhagen zu sein, zumindest ist nichts Gegenteiliges bekannt. Erst nach und nach lassen sich in den anderen Klöstern gewisse Aufweichungserscheinungen erkennen, die natürlich auch mit dem Religionsbekenntnis der jeweiligen Familie einer Konventualin verknüpft waren. Besonders gut läßt sich das an der Haltung der aus einer Lüneburger Patrizierfamilie stammenden Medinger Äbtissin Margaretha Stöterogge demonstrieren (vgl. Nr. 125, Kommentar). Die endgültige Durchsetzung der Reformation in den Klöstern erfolgte zumeist mit dem Tod der am alten Glauben festhaltenden Äbtissinnen bzw. Priorinnen und durch die Einsetzung einer evangelischen Nachfolgerin und zog sich so insgesamt betrachtet über ein halbes Jahrhundert hin.

Am Ende dieses Prozesses standen sechs evangelische Damenstifte, deren Leben, Gottesdienste und Zeremonien nun durch die immer wieder erneuerten landesherrlichen Klosterordnungen geregelt wurden. Die erste Klosterordnung wurde im Jahr 1555 für die Frauenklöster des Fürstentums Lüneburg erlassen. An der Spitze jedes Klosters stand nun anstelle der katholischen Äbtissin oder Priorin die evangelische Domina, der auch weiterhin gelegentlich verwendete Titel ‚Äbtissin‘ wurde [Druckseite 13] offiziell erst wieder durch landesherrliche Verleihung im Jahr 1711 eingeführt.7) Die Zahl der Konventualinnen, die sich nach wie vor im wesentlichen aus dem landsässigen Adel und dem Lüneburger Patriziat, nun aber auch aus den höheren Beamtenfamilien rekrutierten, ging in nachreformatorischer Zeit in allen Klöstern um mehr als die Hälfte im Vergleich zur Blütezeit nach der Reform im 15. Jahrhundert zurück. Erhalten blieben zunächst noch monastische Strukturen wie die Klausur, das gemeinsame Chorgebet und der Chorgesang – teilweise durchaus noch in Latein – sowie die Tischlesungen. Erst 1619 verfügte der Landesherr, daß Gebete und Gesänge in lateinischer Sprache abgeschafft werden sollten. Bestehen blieb auch die Aufnahme von Klosterschülerinnen, auch wenn deren Zahl im Laufe der Zeit begrenzt wurde. Nach und nach lösten sich die Konvente jedoch von den alten monastischen Strukturen, und die Lebensform der Konventualinnen verweltlichte zusehends, obwohl von landesherrlicher Seite immer wieder angemahnt wurde, daß sie sich ihrem geistlichen Stand gemäß betragen und kleiden sollten. Die zunehmende Individualisierung fand ihren Niederschlag in den veränderten Wohnformen der Konventualinnen, deren nach eigenem Geschmack ausgemalte und oft auch mit Inschriften versehene Zellen (vgl. u. a. Nr. 153, 343) den veränderten Bedürfnissen Rechnung trugen. Während sich nach der Mitte des 17. Jahrhunderts noch eine Erneuerung der Frömmigkeit feststellen läßt, die sich besonders in den Lüner Inschriften dokumentiert (vgl. Kap. 3. 3.), wurden die Klöster im 18. Jahrhundert mehr und mehr zu Versorgungsinstitutionen für Töchter aus gutem Hause, in denen das gemeinsame religiöse Leben nur noch eine nachgeordnete Rolle spielte.

Die Besonderheit der bis heute bestehenden Lüneburger Klöster liegt darin, daß das Propsteivermögen im Zuge der Reformation eingezogen wurde, der Landesherr aber in den folgenden Jahrhunderten für die Unterhaltung der Lüneburger Klöster zu sorgen hatte. Das Land Niedersachsen als Rechtsnachfolger der Braunschweig-Lüneburgischen Herzöge und des Hannoverschen Kurfürsten übertrug diese Aufgabe im Jahr 1963 der bereits 1818 zur Verwaltung der Hannoverschen Klostervermögen gegründeten Klosterkammer Hannover. Die staatliche Aufsicht über die Klöster war dem Präsidenten der Klosterkammer bereits 1937 übertragen worden. Ihre juristische Selbständigkeit haben die sechs Lüneburger Klöster bis heute bewahrt. Die Konventualinnen wählen wie seit Jahrhunderten die Äbtissin, der die Leitung des Klosters obliegt. Heute bestehen die Konvente der Lüneburger Klöster aus ca. acht bis fünfzehn alleinstehenden Damen, die in separaten Wohnungen innerhalb der Klosteranlage untergebracht sind. Als ihre spezifische Aufgabe betrachten es die Konventualinnen, den zahlreichen Besuchern die Kunstschätze ihrer Klöster zu präsentieren, die Lebensformen ihrer Vorgängerinnen anschaulich zu machen und dabei ein Gefühl dafür zu vermitteln, daß an diesen Orten trotz aller Umbrüche Tradition in ganz eigener Weise fortlebt.

Diese hier nur sehr allgemein skizzierte Entwicklung soll im folgenden für jedes Kloster einzeln in knapper Form beschrieben und in Verbindung zu seinem jeweils sehr spezifischen Inschriftenbestand gesetzt werden. Denn die Sammlung hat gezeigt, daß die sechs Klöster ganz unterschiedlich geprägte Inschriftenbestände aufweisen, deren Besonderheiten hier herausgearbeitet werden sollen. Der Katalog umfaßt insgesamt 345 Inschriften aus den sechs Klöstern bis zum Jahr 1700, von denen 306 Inschriften ganz oder teilweise im Original erhalten sind. Die kopiale Überlieferung spielt mit 39 Nummern eine sehr untergeordnete Rolle und entfällt zum allergrößten Teil auf das Kloster Medingen, für die anderen fünf Klöster liegt keine nennenswerte kopiale Überlieferung heute verlorener Inschriften vor. Zur zeitlichen Verteilung des Gesamtbestands: Eine Inschrift auf einer Glocke aus der Gründungszeit des Klosters Wienhausen (Nr. 1) stammt aus dem 13. Jahrhundert, eine dichtere Überlieferung mit 30 Nummern setzt im 14. Jahrhundert ein, auf das 15. Jahrhundert entfallen 56 Katalognummern, auf die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts 34, auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts 52, auf die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts 75 und auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts 97 Katalognummern.

2. 1. Kloster Ebstorf

Die erste urkundlich gesicherte Erwähnung des Benediktinerinnenklosters Ebstorf stammt aus dem Jahr 1197, seine Gründung durch Walsroder Benediktinerinnen wird kurz zuvor angesetzt und erfolgte an der Stelle eines von den Prämonstratensern aufgegebenen, dem heiligen Mauritius geweihten Klosters aus der Zeit um 1160.8) Den zum Bistum Verden gehörenden Benediktinerinnenkonvent leitete eine Priorin, die Vertretung des Klosters nach außen und die Wirtschaftsführung waren einem Propst übertragen. Mit der Übernahme der Schutzvogtei durch die Welfen zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann für das Kloster eine Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs, die auch im Neubau der zweischiffigen Backsteinkirche und des Kreuzgangs (vgl. die Schlußsteine und Konsolen Nr. 29) im Laufe des 14. Jahrhunderts Ausdruck fand.9) Die Nonnenempore, die sich heute über die vier westlichen Joche erstreckt, war ursprünglich um ein Joch länger. Am Schluß der Baumaßnahmen am Kreuzgang steht der Einbau der Fenster mit dem großen Glasmalereiprogramm, die auf die Zeit um 1400 datiert werden (Nr. 27). Der Glockenturm wurde im 15. Jahrhundert an die Kirche angebaut. Größere bauliche Veränderungen wurden an der Klosteranlage in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Zuge der Reformbestrebungen unter dem Propst Matthias von dem Knesebeck unternommen (Bauinschrift Nr. 55). Um den Abschluß der Klausur zu gewährleisten, wurde die Klosteranlage mit einer Mauer umgeben, zur Wiederherstellung der Vita communis wurden die Küche und das Refektorium erneuert. Matthias von dem Knesebeck ließ laut Inschrift im Jahr 1480 auch das Lavatorium im Kreuzgang anbringen (Nr. 53). Spätere bauliche Maßnahmen veränderten das Gesicht der im 14. und 15. Jahrhundert entstandenen Klosteranlage nicht wesentlich.

Der Ebstorfer Konvent setzte sich zusammen aus den Töchtern des landsässigen Adels, überwiegend aus dem Fürstentum Lüneburg, sowie in geringerer Zahl aus den Töchtern des Lüneburger Patriziats. Dies gilt für die Zeit vor der Reformation ebenso wie für die evangelische Zeit.10) In der Blütezeit Ebstorfs nach der Durchführung der Bursfelder Reform lebten ca. 50 Konventualinnen im Kloster, ihre Zahl ging nach der Einführung der Reformation, die hier erst 1565 abgeschlossen war, auf etwa die Hälfte zurück und belief sich im 17. Jahrhundert auf ca. 20 Konventualinnen. In der Klosterordnung von 1697 wurde für Ebstorf endgültig eine Zahl von 18 Konventualinnen festgesetzt.11)

Auf das Kloster Ebstorf entfallen insgesamt 76 Katalognummern, acht Inschriften liegen nur noch in kopialer Überlieferung vor. Knapp ein Drittel der Ebstorfer Inschriften stammt aus der vorreformatorischen Zeit, gut zwei Drittel aus der zweiten Hälfte des 16. und dem 17. Jahrhundert. Das zentrale Ebstorfer Inschriftenprogramm aus vorreformatorischer Zeit findet sich in den Fenstern des Kreuzgangs mit Darstellungen aus dem Speculum Humanae Salvationis aus der Zeit um 1400 (Nr. 27). Darüber hinaus weist der Ebstorfer Bestand noch einige bedeutende Einzelstücke aus dem Bereich der mittelalterlichen Kirchenausstattung auf wie das Taufbecken aus dem Jahr 1310 (Nr. 2), den auf das zweite Viertel des 14. Jahrhunderts zu datierenden Kelch mit einer außergewöhnlich gestalteten Inschrift (Nr. 10), die Banklaken mit Szenen aus der Mosesvita aus derselben Zeit (Nr. 9) und den großen Standleuchter im Nonnenchor aus dem letzten Viertel des 14. oder ersten Viertel des 15. Jahrhunderts (Nr. 38).

Für das Kloster Ebstorf ist aus vorreformatorischer Zeit kein einziges Grabdenkmal überliefert, die beiden frühesten, allerdings nur fragmentarisch erhaltenen Epitaphien stammen aus dem Jahr 1595 und waren für die Dominae Maria von Wettberge und Magdalena von dem Werder bestimmt (Nr. 156, 157), wohl aus dem Jahr 1596 stammt das Epitaph der Domina Lucia von Appel, das zu ihren Lebzeiten angefertigt wurde (Nr. 162). Grabplatten für Angehörige des Konvents sind in [Druckseite 15] Ebstorf aus der Zeit bis zum Jahr 1700 nicht überliefert, stattdessen stehen auf dem Klosterfriedhof steinerne Grabkreuze, deren frühestes aus dem Jahr 1660 stammt (Nr. 264). Im Jahr 1688 wurden auf Veranlassung der Domina Katharina von Appel fünf einheitlich gestaltete Grabkreuze für ihre Vorgängerinnen in Auftrag gegeben (Nr. 316320). Ein einheitliches Bild geben auch vier im Nonnenchor aufgehängte große Epitaphien für Dominae aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, von denen jeweils zwei als Gegenstücke gearbeitet sind (Nr. 276/277, Nr. 325/326). Die absolute Ausnahme unter den Grabdenkmälern, die sonst offensichtlich nur den Würdenträgerinnen unter den Konventualinnen vorbehalten blieben, ist die Grabstele für die Klostermagd Sophia Dorothea Coler aus dem Jahr 1665 (Nr. 271). Insgesamt entfallen 20 Ebstorfer Inschriften auf den allgemeinen Bereich des Totengedenkens, darunter auch die Beschläge für den Sarg der Domina Barbara von Wittorf (Nr. 308), die sich als einzige Domina des 17. Jahrhunderts in der von ihr eingerichteten Gruft bestatten ließ (vgl. Nr. 281).

Den übrigen Ebstorfer Inschriftenbestand kennzeichnet eine Mischung der verschiedensten Inschriftenträger aus dem Bereich der Kirchenausstattung wie Glocken, Vasa Sacra und Textilien, aber auch aus dem eher persönlichen Bereich der Konventualinnen wie Porträts der Dominae, Schränke und Truhen aus dem Besitz der Konventualinnen oder mit Inschriften versehene Zellen.

2. 2. Kloster Isenhagen

Das Zisterzienserinnenkloster Isenhagen wurde kurz nach der Mitte des 13. Jahrhunderts als letztes der sechs Lüneburger Klöster anstelle eines 1243 von der Markgräfin Agnes von Landsberg gegründeten, aber schon bald wieder aufgegebenen Zisterzienserklosters ins Leben gerufen. 1327 wurde das Kloster, das unter dem Patronat der Gottesmutter stand, nach Hankensbüttel verlegt, das sich jedoch nicht als der geeignete Platz erwies.12) Schon zehn Jahre darauf wurde das Kloster Isenhagen an seinen heutigen Standort umgesiedelt. Aus dieser Zeit stammen die als einschiffiger Backsteinbau errichtete und ohne Gewölbe gebliebene Klosterkirche mit eingebauter Nonnenempore sowie der nördliche und der östliche Flügel des Kreuzgangs, der erst 1518 eingewölbt wurde. Die beiden anderen Kreuzgangflügel wurden nach einem Brand im Jahr 1721 als zweigeschossige Fachwerkbauten wieder aufgerichtet.

An der Spitze des zur Diözese Hildesheim gehörenden Klosters stand bis zur Reformation eine Äbtissin, die Vertretung des Klosters nach außen und die Wirtschaftsführung waren einem Propst übertragen. Der Konvent setzte sich aus den Töchtern des Landadels und des Lüneburger Patriziats zusammen. Unter den sechs Lüneburger Klöstern ist Isenhagen dasjenige, zu dessen Geschichte die wenigsten Untersuchungen vorliegen und über das demzufolge am wenigsten bekannt ist. Das gilt sowohl für die Durchführung der Klosterreform, die mit der Einsetzung der Äbtissin Barbara Antoni 1488 begann (vgl. Nr. 92), als auch für die Einführung der Reformation, die mit der Einsetzung der ersten evangelischen Domina Judith von Bülow (vgl. Nr. 133) bereits im Jahr 1541 abgeschlossen war. Erst aus der Zeit ab dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts erfährt man etwas mehr über das Leben im Kloster aus der gedruckt vorliegenden Klosterchronik.13)

Im Gegensatz zu dem ‚Schattendasein‘, das das Kloster Isenhagen bis heute unter den sechs Lüneburger Klöstern führt, steht ein reicher Bestand von 63 Inschriften vom zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts bis zum Jahr 1700, von denen nur eine kopial überliefert ist. 16 Inschriften stammen aus vorreformatorischer Zeit, der größte Teil fällt in die Zeit nach der Reformation. Unter den Inschriftenträgern aus katholischer Zeit besonders hervorzuheben sind die Grabplatte für den Propst Johannes Gerdener aus dem Jahr 1471 (Nr. 50) und das kleine Bronzeepitaph für die Reformäbtissin Barbara Antoni (Nr. 92), die sich beide durch besondere Qualität auszeichnen. Abgesehen von Kloster Lüne, das noch vier im Original erhaltene, allerdings sehr einfach gestaltete [Druckseite 16] Grabplatten für Pröpste aufzuweisen hat,14) ist die aufwendig gestaltete Isenhagener Grabplatte die einzige weitere Grabplatte für einen Propst, die noch in den übrigen fünf Klöstern existiert.

Der Schwerpunkt der Isenhagener Inschriften liegt mit 42 Nummern im 17. Jahrhundert. Diese Inschriften verteilen sich auf die unterschiedlichsten Inschriftenträger aus den Bereichen Kirchenausstattung, Möbel und Grabdenkmäler. Unter der Kirchenausstattung ist das Gestühl auf der Nonnenempore von 1610/11 mit seinem großen Bildprogramm und dem umfangreichen, teilweise allerdings nicht mehr rekonstruierbaren Inschriftenprogramm hervorzuheben (Nr. 187), das Bezüge zwischen dem Alten und Neuen Bund herstellen will, dies aber auf eine – im Vergleich zu den großen mittelalterlichen Bild- und Inschriftenprogrammen – sehr verflachte Weise tut (vgl. dazu Kap. 3. 2.). Weniger vom Inhalt ihrer Inschriften her, bei denen es sich zumeist um Besitzvermerke handelt, als vielmehr aufgrund ihrer Menge bemerkenswert ist die Zahl von Schränken und Truhen aus dem Besitz der Konventualinnen, die sich in Isenhagen erhalten haben. Elf dieser Möbel sind mit Inschriften versehen. Als eher ungewöhnlicher Inschriftenträger ist auch noch eine durch die Jahresangabe 1664 datierte Wäschemangel (Anhang) zu erwähnen.

Grabplatten und Epitaphien machen mit 21 Nummern immerhin ein Drittel des Isenhagener Inschriftenbestands aus, darunter sind acht Grabplatten nicht für Konventualinnen, sondern für dem Kloster in unterschiedlicher Weise nahestehende Personen wie z. B. für den Amtmann Balthasar von Eltz (Nr. 192) oder dessen frühverstorbenen Sohn Gregor (Nr. 165) bestimmt und stammen zumindest teilweise aus der Gemeindekirche. Anders als in Ebstorf liegen auf dem vom Kreuzgang umschlossenen Isenhagener Klosterfriedhof Grabplatten über den Gräbern der hier beigesetzten Konventualinnen. Allerdings handelt es sich bei den hier Beigesetzten nicht um die Dominae wie auf dem Friedhof in Ebstorf, da diese in Isenhagen im 17. Jahrhundert in der Gruft unter der Totenkapelle bestattet worden sind. Die Grabplatten für drei der Dominae des 17. Jahrhunderts sind heute an der Wand der Totenkapelle aufgerichtet, vermutlich lagen sie dort früher im Fußboden (Nr. 204, 1618; Nr. 249, 1651; Nr. 273, 1665).

2. 3. Kloster Lüne

Das zur Diözese Verden gehörende Benediktinerinnenkloster Lüne ging aus einer um 1171 gegründeten geistlichen Gemeinschaft von Frauen hervor, die sich bei der Jacobikapelle in Lüne ansiedelten.15) Für das Jahr 1272 ist belegt, daß diese Gemeinschaft, die unter dem Patronat des heiligen Bartholomäus stand, nach der Benediktinerregel lebte. Offenbar nahm die Zahl der Nonnen stetig zu, so daß der Verdener Bischof sie 1284 auf sechzig Konventualinnen begrenzte. Diese kamen aus dem landsässigen Adel, in diesem Fall naheliegend aber in besonders großer Zahl aus den Familien der Lüneburger Oberschicht. An der Spitze des Konvents stand die Priorin, die Vertretung des Klosters nach außen und die Wirtschaftsführung waren auch hier dem Propst übertragen. Um die Beteiligung des Konvents an der Wahl des Propstes kam es 1373 zu einer Auseinandersetzung mit Papst Urban V., der das Kloster vorübergehend mit dem Kirchenbann belegte; sein Nachfolger Gregor XI. gestand dem Konvent jedoch die freie Wahl des Propstes zu.

Kurz zuvor war im Jahr 1372 ein großer Teil des Klosters schwer durch einen Brand beschädigt worden, der auch drei Todesopfer forderte. Bis ca. 1420 wurde – zum Teil unter Verwendung erhaltener Mauerreste – die Anlage der Klausur beginnend im Osten mit Chor und Sakristei, der heutigen Barbarakapelle, neu errichtet, und das Kloster erlebte in der Folgezeit eine Blüteperiode. Die Klosterreform, die in Lüne im Jahr 1481 mit Hilfe von Nonnen aus dem Kloster Ebstorf durchgeführt wurde, hatte auch hier eine Reihe von Baumaßnahmen wie den Umbau der Küche und die Vergrößerung des Refektoriums zur Folge, aber auch der aus der Reform resultierende Aufschwung des Klosters führte zu Beginn des 16. Jahrhunderts zu baulichen Veränderungen wie dem Neubau der Propstei, der Vergrößerung des Kapitelsaals und der Einrichtung eines neuen [Druckseite 17] Schlafhauses im Obergeschoß des Westflügels. Mehr noch als diese Baumaßnahmen belegen jedoch die großen um 1500 in Lüne hergestellten Teppiche und Banklaken den Erfolg der Klosterreform des 15. Jahrhunderts (vgl. DI 24, Nr. 45, 5560, 64).

Daher ist es auch im Fall von Lüne nicht verwunderlich, daß die Versuche Herzog Ernsts, im Kloster die Reformation durchzuführen, auf heftigen Protest stießen. Der letzte Propst Johannes Lorbeer wurde im Juli 1529 seines Amtes enthoben, die endgültige Durchsetzung der Reformation ließ aber in Lüne noch auf sich warten, auch wenn die Haltung des Konvents nach dem Tod der Priorin Mechthild Wilde im Jahr 1535 und der Wahl ihrer Nachfolgerin Elisabeth Schneverding zunehmend aufweichte. Trotzdem dauerte es noch bis zum Jahr 1573, bis auch die letzte Konventualin das Abendmahl in beiderlei Gestalt nahm.

Der Lüner Inschriftenbestand bis zum Jahr 1700 ist mit 79 Inschriften in diesem Band, zu denen noch weitere 32 Inschriften aus der Zeit bis 1550 in dem Band DI 24 hinzuzuzählen sind, der mit Abstand größte der sechs Lüneburger Klöster. Von den hier edierten 79 Inschriften sind lediglich fünf kopial überliefert, darunter allerdings ein großes Inschriftenprogramm in der Barbarakapelle aus dem Jahr 1662 (Nr. 266), von dessen besonderer Bedeutung noch die Rede sein wird (vgl. Kap. 3. 3.). Der überwiegende Teil der nachreformatorischen Inschriften entfällt auf verschiedene Ausstattungsgegenstände in Kirche und Kloster, zwanzig Inschriften sind dem Bereich des Totengedenkens zuzurechnen, darunter elf Grabplatten. Von diesen sind nur drei für Dominae des Klosters bestimmt (Nr. 140, 260, 284), die noch heute im Fußboden der Barbarakapelle an ihrem ursprünglichen Platz über der Gruft liegen. Die übrigen acht heute im Kreuzgang befindlichen Platten sind mit Ausnahme einer Kindergrabplatte für Amtleute und ihre Familienangehörigen gesetzt. Das einzige in der Kirche befindliche Epitaph ist ebenfalls für einen Amtmann und seine Ehefrau, Albert Roefsack und Ursula Papendorf, bestimmt (Nr. 134). Auffallend ist, daß es in Lüne anders als in Ebstorf, Isenhagen und ehemals auch in Medingen kein einziges Epitaph für eine Domina gibt und wohl auch nicht gegeben hat.

Der Schwerpunkt der Lüner Inschriften in der Zeit vor der Reformation, die in diesem Band nicht mehr behandelt wird, liegt natürlich auf den um 1500 im Kloster gestickten Teppichen und Banklaken. In der nachreformatorischen Zeit lassen sich drei größere Bereiche von Inschriftenträgern abgrenzen, die in dieser Weise nur im Kloster Lüne zu finden sind. Das Kloster verfügt zum einen über eine geschlossene Reihe von mit Inschriften versehenen Domina-Porträts, von denen sechs in die Zeit vor 1700 fallen. Eine weitere Besonderheit bilden die insgesamt acht sehr unterschiedlichen Inschriftenträger – von einem Schrank aus dem persönlichen Besitz über Gemälde und die Ausmalung der Barbarakapelle bis hin zu Grabplatte und Sarg –, die alle mit der Domina Dorothea von Meding (1580–1634) in Verbindung stehen, darunter das älteste und zugleich bedeutendste Domina-Porträt des Klosters aus dem Jahr 1590 (Nr. 145). Daß verschiedene Inschriften und Inschriftenträger ein so lebendiges Bild einer Persönlichkeit entstehen lassen wie im Fall der Dorothea von Meding, ist die Ausnahme. Die aus dem Umkreis der Äbtissin Katharina von Hoya für das Kloster Wienhausen überlieferten Inschriften (vgl. Einleitung, S. 22) lassen dagegen die dahinterstehende Persönlichkeit kaum erkennen. Dorothea von Meding tritt dem Betrachter in ihrem Porträt, der einzigen ganzfigurigen Darstellung unter den Domina-Porträts, sehr selbstbewußt und klug, aber zugleich auch gütig und warmherzig entgegen. Die in lateinischen Distichen formulierte Inschrift betont die inneren Werte der Domina ebenso wie die Lebensechtheit der Darstellung. Dem von ihr verkörperten Typ der Renaissance-Äbtissin entspricht auch die erst vor kurzem freigelegte Wandmalerei in der Barbarakapelle (Nr. 141), die im Zuge der Einrichtung der Grablege unter der Kapelle von Dorothea von Meding um 1587 veranlaßt worden sein dürfte. Die als Frauengestalten dargestellten, inschriftlich bezeichneten Gaben des Heiligen Geistes Sapientia, Scientia, Artificium und ehemals wohl noch Pietas sind in hellen Farben dargestellt und verleihen der Kapelle über dem Grabgewölbe heute wieder ein heiteres, freundliches Aussehen, ganz im Gegensatz zu der düsteren Barockausmalung, mit der die Nichte Dorotheas, Dorothea Elisabeth von Meding, die Kapellenwände bedecken ließ (Nr. 266). Wohl erst nach dem Tod der Dorothea von Meding entstand ein Gemälde, das die spätere Domina im Alter von fast dreizehn Jahren zeigt, als sie eine Kreuzeserscheinung hatte (Nr. 221). Die unter die Darstellung gesetzten erbaulichen Verse verweisen in ihrem Duktus schon auf die Versinschriften aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wie sie sich auch an anderen Stellen im Kloster finden, beispielsweise auf den Särgen [Druckseite 18] der Dominae. In den Versen wird die Kreuzesvision Dorotheas als himmlische Bestätigung der im Kloster durchgeführten Reformation gedeutet.

Dorothea von Meding steht quasi als Initiatorin auch mit der dritten hier zu nennenden Lüner Inschriftengruppe in Verbindung, da sie 1587 das Grabgewölbe unter der Barbarakapelle für sich und ihre Nachfolgerinnen einrichten ließ (vgl. Nr. 140). Die Bewahrung des Grabgewölbes und die erst kürzlich erfolgte Restaurierung der in dem Gewölbe aufgestellten, mit zahlreichen Inschriften bedeckten Särge, von denen fünf in die Zeit vor 1700 fallen, ist insofern ein Glücksfall, als diese gut erhaltene Äbtissinnengrablege für die Lüneburger Klöster und darüber hinaus singulär ist. Die Inschriften für den stark verfallenen Sarg der Dorothea von Meding liegen nur noch in einer kopialen Überlieferung vor (Nr. 220).

An den Inschriften, die mit den Särgen wie mit der Grabkapelle und dem Grabgewölbe in Verbindung stehen, aber auch an den Inschriften verschiedener Ausstattungsgegenstände des 17. Jahrhunderts lassen sich in Lüne viel mehr als in den anderen Lüneburger Klöstern Anzeichen einer neuen protestantisch geprägten Frömmigkeit erkennen. Die frühbarocke Phase der protestantischen Lüner Inschriften beginnt um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Die Entscheidung, die Bearbeitungsgrenze bis zum Jahr 1700 auszudehnen, hat sich gerade hier als äußerst sinnvoll erwiesen, weil sich die Übernahme von erbaulichen Texten in die Inschriften an dem reichhaltigen Lüner Inschriftenmaterial besonders gut demonstrieren läßt (vgl. Kap. 3. 3.). Auf der Grenze zwischen Renaissance und Barock steht das exzeptionelle Bild- und Inschriftenprogramm der 1645 errichteten Lüner Orgel (Nr. 234), die den Raum der Gemeindekirche dominiert. Was hier an einschlägigen Texten aus Kirchenliedern, Liturgie und Bibelzitaten für die Orgel ausgesucht wurde, ist in seiner Gesamtheit ein einziger großer Lobgesang Gottes.

2. 4. Kloster Medingen

Alles, was man über die Gründung des Klosters Medingen weiß, ist den kopial überlieferten Inschriften entnommen, die auf fünfzehn im Jahr 1499 für das Kloster angefertigten Tafeln standen und die Geschichte des Klosters von den Anfängen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in Bild und Text erzählten (Nr. 58). Da die Inschriften hier wiedergegeben und ausführlich kommentiert sind, soll die Entwicklung Medingens nur kurz angedeutet werden.16) Als Zisterzienserinnenkloster um 1230 in der Diözese Verden gegründet, vollzog der Konvent mehrere Ortswechsel, bevor er 1336 an den heutigen Standort des Klosters übersiedelte. Spätestens seit dieser Zeit war der heilige Mauritius der Hauptpatron des Klosters, das auch unter dem Schutz der Gottesmutter stand. Der genaue Abgleich der Darstellungen auf den Tafeln mit dem vor kurzem erschienenen Medinger Urkundenbuch17) hat gezeigt, daß das Kloster von ca. 1265 bis zur Durchführung der Reform in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als Benediktinerinnenkloster existierte und erst mit Durchführung der Reform unter der aus dem Kloster Wienhausen kommenden Priorin/Äbtissin Margaretha Puffen wieder unter die Zisterzienserregel zurückkehrte (vgl. Nr. 58, Kommentar). In der Reformzeit Ende des 15. Jahrhunderts wohnten im Kloster Medingen 109 weibliche Personen, darunter 73 eingekleidete Konventualinnen.18) Um die Einführung der Reformation im Kloster Medingen kam es zwischen dem Konvent und dem Landesherrn bzw. dessen Stellvertretern vor Ort zu heftigen Konfrontationen, die mit gewalttätigen Übergriffen auf das Kloster verbunden waren. Dabei wurden Glocken entfernt und ein Teil der Klosteranlage niedergerissen. Dies änderte aber nichts an der ablehnenden Haltung des Konvents. Erst als sich die aus einer Lüneburger Familie stammende Äbtissin Margaretha Stöterogge durch ihren Bruder beeinflußt um 1554 langsam der lutherischen Lehre zuneigte (vgl. Nr. 125), folgten ihr auch die übrigen Konventualinnen. Ihre Nachfolgerin Gertrud Töbing (Nr. 143) wurde 1567 offiziell als evangelische Domina durch den Landesherrn in ihr Amt eingeführt. [Druckseite 19]

Prägend für den Medinger Inschriftenbestand ist der Umstand, daß die Klosteranlage im Jahr 1781 durch einen Großbrand schwer beschädigt wurde. Zwar stand die Klosterkirche nach dem Brand noch, und die von Gebhardi danach durchgeführte Bestandsaufnahme19) der in der Kirche vorhandenen Grabdenkmäler vermittelt den Eindruck, als ob der Kirchenraum kaum durch das Feuer in Mitleidenschaft gezogen wurde, aber offensichtlich nutzte der Konvent die Gelegenheit, sich einer als altertümlich empfundenen und wohl auch baufälligen Kirche zu entledigen und sie durch eine in die neue Klosteranlage eingefügte Barockkirche zu ersetzen. Da die alten Ausstattungsgegenstände nicht mehr dem Stil der neuen Kirche entsprachen, wurden sie bis auf ganz wenige Stücke beseitigt. Es ist davon auszugehen, daß die Grabplatten, die Gebhardi 1782 in den von ihm angelegten Lageplan der Kirche als im Kirchenfußboden liegend einzeichnete, kurz nach Gebhardis Bestandsaufnahme als Baumaterial verkauft oder wiederverwendet wurden.20)

Demzufolge sind nur noch 12 Inschriften des Klosters Medingen aus der Zeit bis 1700 ganz oder teilweise im Original erhalten. Dieser sehr kleine Bestand kann jedoch durch die einzige für die sechs Klöster vorliegende systematische kopiale Überlieferung um immerhin 32 Inschriften ergänzt werden, so daß sich ein Gesamtbestand von 44 Inschriften für Medingen ergibt. Die systematische kopiale Überlieferung findet sich sowohl in der gedruckten Medinger Chronik von Lyßmann aus dem Jahr 1772,21) der als einziger auch die fünfzehn Tafeln in Text und Bild wiedergibt, als auch in einer um 1730 entstandenen Handschrift Büttners22) und bezieht sich auf die Epitaphien und Grabplatten für die Pröpste, Priorinnen, Äbtissinnen und Dominae des Klosters. Ergänzt wurde sie – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die schon bei Lyßmann wiedergegebenen Inschriften – 1782 durch Gebhardi, der den Abriß der Kirche und die drohende Vernichtung der Inschriften kommen sah. Was die Qualität der Überlieferungen von Büttner und Lyßmann angeht, so bleibt Büttner bei der Wiedergabe näher am Original, indem er anscheinend die in den Inschriften vorhandenen Kürzungen wiedergibt, während Lyßmann sie auflöst. Allerdings sind die Lesungen Büttners nicht ganz fehlerfrei.

Aus der skizzierten Überlieferungssituation ergibt sich bereits, daß den größten Teil des Medinger Bestands Inschriften aus dem Bereich des Totengedenkens ausmachen. Bei den insgesamt 44 Nummern handelt es sich um die Inschriften von 22 Grabplatten, darunter die im Original erhaltene Grabplatte für die 1513 verstorbene Reformäbtissin Margaretha Puffen (Nr. 93), und um sieben Epitaphien, darunter fünf für evangelische Dominae des Klosters. Unter den elf mit Inschriften versehenen Ausstattungsstücken sind abgesehen von den bereits erwähnten fünfzehn Tafeln das heute im Museum August Kestner Hannover befindliche Wichmannsburger Antependium aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts (Nr. 62) und die Figur des Klosterpatrons Mauritius aus dem Jahr 1506 (Nr. 90) hervorzuheben, das Wichmannsburger Antependium wegen der reichen Textauswahl zum Thema Kreuzestod Christi, die Mauritiusstatue als Meisterwerk spätgotischer Goldschmiedekunst. Letztere zeigt zusammen mit dem inschriftenlosen prunkvollen Medinger Äbtissinnenstab, welchen Wert die Reformäbtissin Margaretha Puffen – im Grunde gegen die erklärten Ziele der von ihr durchgeführten Reform – auf Repräsentation und Außenwirkung legte.

2. 5. Kloster Walsrode

Das mit Abstand älteste der sechs Lüneburger Klöster hat mit 15 Nummern den mit Abstand kleinsten Inschriftenbestand aufzuweisen. Das schon Ende des 10. Jahrhunderts wohl als Kanonissenstift gegründete spätere Benediktinerinnenkloster gehörte zur Diözese Minden.23) Der Konvent [Druckseite 20] setzte sich im späten Mittelalter wie in den meisten anderen Lüneburger Klöstern etwa zur Hälfte aus Adligen und zur anderen Hälfte aus Töchtern der städtischen Oberschichten, hier aus Lüneburg, Verden, Lübeck und Neustadt am Rübenberge,24) zusammen. Im Vergleich zu den anderen Lüneburger Klöstern war der Konvent mit 24 Mitgliedern in der Zeit vor der Kirchenreform des 15. Jahrhunderts vergleichsweise klein, nach der Reform vermehrte sich die Zahl der Konventualinnen, im Jahr 1518 belief sie sich auf 32 Nonnen.25) Daß für das Kloster Walsrode nur noch sehr wenige Inschriftenträger wie auch Ausstattungsstücke allgemein aus der Zeit vor 1700 erhalten sind, erklärt sich daraus, daß das Kloster zunächst 1482 durch einen Großbrand zerstört und unter schwierigen wirtschaftlichen Umständen wiederaufgebaut wurde. Nach der endgültigen Durchsetzung der Reformation, die sich auch in Walsrode über Jahrzehnte hinzog, verfielen die Gebäude der alten Klosteranlage nach und nach, im 17. Jahrhundert wurden für die Konventualinnen auf dem Klosterareal Privathäuser errichtet. Während des 18. Jahrhunderts wurden verschiedene alte Bauten abgerissen und durch neue ersetzt. Soweit sich überhaupt noch alte Ausstattungsstücke erhalten hatten, wurden diese 1812 zum größten Teil nach der vorübergehenden Aufhebung des Klosters unter napoleonischem Regiment verkauft. Die Pfarr- und Klosterkirche wurde 1847–1850 neu errichtet, der an die Kirche nach Süden angrenzende ältere Klosterchor enthält in seiner Bausubstanz noch Reste aus der Zeit vor dem Brand von 1482.26) Das Innere des Klosterchors wurde im 18. Jahrhundert grundlegend umgestaltet. Erhalten haben sich aber noch die bedeutenden, nach dem Brand 1482 entstandenen Glasmalereien in den Chorfenstern (Nr. 54).

Die wenigen Walsroder Inschriften bis 1700 verteilen sich auf sieben Grabdenkmäler, die mit Ausnahme eines spätmittelalterlichen Grabplattenfragments (Nr. 83) aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen, sowie auf einen Kelch (Nr. 239), eine Oblatendose (Nr. 327), eine Gedenktafel für drei aus einer Familie stammende Pastoren (Nr. 263), weitere Glasgemälde (Nr. 121), einen Schwellbalken (Nr. 172) sowie zwei Glocken (Nr. 40 u. 229). Die ältere der beiden Glocken, die im Turm der Gemeindekirche hängende „Maria“, wurde 1437 von dem bedeutenden norddeutschen Glockengießer Gerd Klinge gegossen und zeigt die große Qualität seiner Werke in der Ausführung der Inschriften wie in der Gestaltung der Glockenzier.

2. 6. Kloster Wienhausen

Das zur Diözese Hildesheim gehörende Zisterzienserinnenkloster Wienhausen wurde 1221 durch die Herzogin Agnes von Meißen in Nienhagen gegründet und schon wenige Jahre später an seinen heutigen Platz verlegt.27) Eine intensive Bautätigkeit und die reiche Ausstattung des von den Welfenherzögen geförderten Klosters vom Ende des 13. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts lassen auf eine wirtschaftliche Blütezeit schließen. Eine weitere Blüteperiode erlebte das Kloster unter der Äbtissin Katharina von Hoya (vgl. u. a. Nr. 41) im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts. Die von Hause aus vermögende Äbtissin veranlaßte verschiedene Neubauten, und die in der Klosterchronik enthaltene Liste ihrer Stiftungen für das Kloster ist lang.28) Die von ihr gestifteten Inschriftenträger sollen im folgenden noch näher behandelt werden. Allerdings weigerte sich Katharina von Hoya beharrlich, die von Herzog Otto II. und den Visitatoren geforderte Klosterreform durchzuführen. Sie wurde daraufhin 1469 ungeachtet ihrer Verdienste um das Kloster ihres Amtes enthoben und mußte Wienhausen trotz ihres hohen Alters vorübergehend verlassen. Die Reform in Wienhausen wurde durch die Derneburger Äbtissin Sophia durchgeführt, als Reformäbtissin wurde in Wienhausen die ebenfalls aus dem Kloster Derneburg stammende Susanna Potstock gewählt. Die Durchsetzung [Druckseite 21] der Reformation im Kloster Wienhausen war ähnlich wie in Medingen mit gewalttätigen Übergriffen durch den Landesherrn verbunden, der nicht davor zurückschreckte, die Äbtissin Katharina Remstede vorübergehend festzusetzen, um die Herausgabe der in Sicherheit gebrachten Archivalien und Kleinodien zu erpressen. Nachdem dies ohne Erfolg blieb, ließ Herzog Ernst 1531 etwa ein Viertel der gesamten Klosteranlage abreißen, darunter den östlichen Kreuzgang, in dem sich der Kapitelsaal und ein Dormitorium befanden. Außerdem ließ er alle Kapellen zerstören und die Nebenaltäre aus der Kirche entfernen. An der Haltung des Konvents änderte dies nichts. Auch die 1565 zur Äbtissin gewählte Anna von Langlingen ließ sich ihre Wahl noch durch den Abt von Riddagshausen bestätigen, und erst 1587 wurde mit Katharina von Langlingen die erste evangelische Domina in ihr Amt eingeführt. Wie in den anderen Klöstern auch wurde die Größe des Konvents durch die Reformation stark verringert, die Zahl der Konventualinnen wurde auf 26 beschränkt.

Für das Kloster Wienhausen sind insgesamt 68 Inschriften überliefert, davon lediglich drei nur kopial. Im Vergleich zu den anderen Lüneburger Klöstern ist es außerordentlich bemerkenswert, daß 49 Nummern in die vorreformatorische Zeit bis 1550 fallen, jedoch nur 19 Nummern in die Zeit nach 1550, von denen zudem noch sieben in den Bereich der Gemeindekirche gehören. 13 Wienhäuser Inschriften stammen aus der Zeit vor 1400, 26 Inschriften aus dem 15. Jahrhundert, und wenn hier von einer Inschrift im Sinne einer Katalognummer die Rede ist, so verbirgt sich dahinter teilweise ein großes Programm wie die Wandmalereien im Nonnenchor (Nr. 8). Die Besonderheit Wienhausens liegt darin, daß man hier die mittelalterliche Ausstattung in einer Weise konserviert hat, wie dies in keinem der anderen Klöster der Fall ist, und das zu einer Zeit, als der Denkmal- und Bestandsschutzgedanke noch in weiter Ferne lag. In nachreformatorischer Zeit verzichtete man offenbar bewußt auf die Anschaffung neuer zeitgemäßerer Ausstattungsstücke wie große Epitaphien für die Dominae, obwohl für deren Anbringung z. B. in den Kreuzgängen durchaus Platz gewesen wäre. Lediglich von einem Epitaph für die Domina Christina von Havickhorst haben sich Fragmente erhalten (Nr. 231), über dessen ursprünglichen Platz ist nichts bekannt. Es findet sich in den Quellen jedoch keinerlei Hinweis auf das Vorhandensein weiterer Epitaphien oder deren Entfernung. Ein auf die Legung von Grabplatten bezogener Schriftwechsel von 1720/21 könnte vielleicht auch das Nichtvorhandensein von Epitaphien erklären. Nach dem Tod einer Konventualin beantragten deren Geschwister die Legung einer Grabplatte auf dem Kirchhof, erhielten jedoch einen abschlägigen Bescheid des Klosters mit der Begründung, daß man den Kirchhof nicht mit immer neuen Grabplatten zupflastern und einer Konkurrenz um immer schönere Grabplatten vorbeugen wolle.29)

Auch wenn ebenfalls keine Quellen vorliegen, die eine bewußte Konservierung zumindest von Teilen der vorreformatorischen Ausstattung belegen, so läßt sich immerhin vermuten, daß hierfür die zu allen Zeiten als besonders empfundene Ausmalung des Nonnenchors ausschlaggebend war. Eine Rolle könnte auch die Auswahl des Bildprogramms mit der Zentrierung auf die Bibel gespielt haben, die ebenso wie die auf dem Heiligen Grab (Nr. 44) dargestellte Christusvita auch nach der Reformation noch zeitgemäß blieb. Dies bedeutete jedoch nicht, daß der Konvent grundsätzlich alles bewahrte, was im Kloster aus der Zeit vor der Reformation vorhanden war. So bat die Domina 1733 um Erlaubnis, Gegenstände aus papistischer Zeit veräußern zu dürfen, darunter Meßgewänder, drei Triumphfahnen, reich besetzte Kreuze sowie drei kleine und drei große Kronen, die an Feiertagen Figuren der Gottesmutter und des Christuskindes aufgesetzt wurden.30) Der reiche noch vorhandene Bestand an mittelalterlichen Ausstattungsgegenständen – wie z. B. die insgesamt 21 bemalten Leuchterstangen, von denen drei heute noch lesbare Inschriften tragen (Nr. 3537) – läßt jedoch darauf schließen, daß es sich bei den veräußerten Dingen um weniger hochwertige Ausstattungsstücke handelte.

Die Wienhäuser Inschriften der vorreformatorischen Zeit sind – anders als in den fünf anderen Klöstern – sehr eng mit der Baugeschichte der Anlage verknüpft, die sich schon durch ihre Größe und den doppelten Kreuzgang von den anderen Klöstern unterscheidet. Der älteste Inschriftenträger des Klosters Wienhausen, das an die schon seit dem 11. Jahrhundert an dieser Stelle vorhandene [Druckseite 22] Archidiakonatskirche angebaut wurde, ist die erst kürzlich aufgefundene Glocke (Nr. 1) aus der Gründungszeit. Ihre geringe Größe legt die Vermutung nahe, daß sie eher in einem kleinen Dachreiter als im Turm der Kirche aufgehängt war. In der Zeit um 1300 wurden die Klostergebäude grundlegend neugestaltet. Ältester heute noch erhaltener Bestandteil der in Backstein errichteten gotischen Anlage ist die Allerheiligenkapelle an dem die beiden Kreuzhöfe voneinander trennenden Gang, die auf das späte 13. Jahrhundert datiert wird.31) Deren ursprüngliche, mit Inschriften versehene Ausmalung aus der Zeit um 1300 (Nr. 7), die im 15. Jahrhundert übermalt wurde, ist heute wieder freigelegt. Ebenfalls direkt nach der Erbauung der entsprechenden Gebäudeteile ausgeführt sind die Wandmalereien im oberen westlichen Kreuzgang (Nr. 3) und im Nonnenchor (Nr. 8). Westlicher Kreuzgang wie Nonnenchor wurden im Zuge der wohl Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen Neuerrichtung der Klosteranlage erbaut; über den ursprünglichen, 1531 zerstörten östlichen Kreuzgang, der mit Kapitelsaal und Dormitorium wesentliche Teile der Klausur enthielt und damit zu dem ältesten Baubestand gehört haben dürfte, läßt sich nichts sagen.

Die Datierung des Westflügels auf die Zeit von 1309 bis 1316 ergibt sich aus einem Abgleich der Ende des 15. Jahrhunderts im oberen Kreuzgang angebrachten Inschriften, die eine auf den Anfang des 14. Jahrhunderts datierte Stiftungsdarstellung des Westflügels erläutern (Nr. 3), mit dem Inhalt der Klosterchronik sowie dendrochronologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen. Zusammen mit dem Stiftungsbild wurden auch die großen mit Tituli versehenen Heiligendarstellungen im Obergeschoß des Kreuzgangs ausgeführt. An den westlichen und östlichen Kreuzgang angrenzend wurde etwa gleichzeitig die neue Gemeindekirche mit dem großen erhöhten Nonnenchor im Obergeschoß angebaut, der vom Obergeschoß des Kreuzgangs her zugänglich ist. Die um 1335 erfolgte flächendeckende Ausmalung des gesamten Nonnenchors, die zwar im 15. Jahrhundert mit inzwischen wieder entfernten Übermalungen versehen, aber niemals übertüncht oder durch ein anderes Bildprogramm überdeckt wurde, gilt heute als eines der bedeutendsten erhaltenen mittelalterlichen Bildprogramme Europas. Einzigartig ist auch das hier umgesetzte Inschriftenprogramm, das die dargestellten Figuren zum Sprechen bringt (Nr. 8, vgl. a. Kap. 3. 2.).

Ebenfalls eng an die Baugeschichte – in diesem Fall an die Errichtung der heute nicht mehr erhaltenen Annenkapelle (vgl. Nr. 41) – gekoppelt sind die Ausstattungsgegenstände und ihre Inschriften, die in direkte Verbindung mit der Wienhäuser Äbtissin Katharina von Hoya (vgl. Nr. 41) zu bringen sind. In ihrer langen Amtszeit, die mit einer kurzen Unterbrechung von 1422 bis zu ihrer Amtsenthebung 1469 reichte, stiftete die Äbtissin zahlreiche, in der Klosterchronik32) aufgezählte Ausstattungsgegenstände für die von ihr begründete Kapelle, unter denen der bedeutendste das mit einem großen Bild- und Inschriftenprogramm versehene Heilige Grab ist (Nr. 44). Außerdem gehen auf Katharina von Hoya zwei Kelche (Nr. 41 u. 42) und wohl auch der große Heilsspiegel-Teppich (Nr. 39) zurück. Möglicherweise entstanden in ihrer Amtszeit auch der Anna- und der Elisabeth-Teppich (Nr. 78 u. 79).

Damit ist eine Gruppe von Inschriftenträgern angesprochen, die sich in so großer Zahl wie in Wienhausen sonst nur noch in Lüne findet. Die insgesamt neun großen im Klosterstich gestickten Wollteppiche aus dem 14. und 15. Jahrhundert, von denen einer nur noch fragmentarisch erhalten ist, sind heute im Textilmuseum des Klosters ausgestellt. Die auf ihnen dargestellten Motive entstammen dem weltlichen Bereich – Tristanepos (Nr. 5, 16, 21) und Jagd (Nr. 45) – ebenso wie dem geistlichen Bereich – Propheten (Nr. 23), Heilsspiegel (Nr. 39), die Heiligen Thomas (Nr. 28), Anna (Nr. 78) und Elisabeth (Nr. 79). Ihre Inschriften werden im Zusammenhang der allgemeinen Behandlung der Bildbeischriften näher erläutert (vgl. Kap. 3. 2.). Eine weitere Besonderheit des Wienhäuser Bestands ist die große Zahl von kleinen Gegenständen aus dem persönlichen Besitz der Nonnen bzw. aus dem Alltagsleben des Klosters, die zum größten Teil unter dem Gestühl des Nonnenchors gefunden wurden.33) Hierzu gehören Schreibtäfelchen (Nr. 46) und mit Initialen ihrer Besitzerinnen versehene Messer (Anhang) ebenso wie ein kleiner Anhänger in Kreuzform (Nr. 84). Einen Einblick in die Organisation der Gottesdienste oder Chorgebete geben die ehemals zu einer [Druckseite 23] Tafel mit Dienstplan gehörenden Steckschildchen mit Namen der Konventualinnen und der Bezeichnung der Feiertage (Nr. 77). In den Privatbereich einer Konventualin der nachreformatorischen Zeit fällt die komplett erhaltene Ausmalung der Zelle der Engel Wennes von 1593 (Nr. 153), deren Inschriftenprogramm ein besonders schönes Beispiel lutherischer Frömmigkeit bietet. Den großen Kreis der dem Kloster nahestehenden Personen und Familien, aus denen auch die Konventualinnen stammten, repräsentieren die hier in großer Zahl erhaltenen Wappenglasscheiben aus der Zeit ab dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts (Nr. 111).

Unter den insgesamt zehn Wienhäuser Grabdenkmälern aus Kloster und Gemeindekirche sind nur vier für Mitglieder des Konvents bestimmt, neben dem bereits genannten Epitaph für eine Domina handelt es sich um drei im Boden der Allerheiligenkapelle, dem Begräbnisplatz der Äbtissinnen, liegende Grabplatten, von denen die für Katharina von Hoya bestimmte Platte wegen der Zweitverwendung des Steins und der Nennung eines unbekannten Herzogs von Bayern Rätsel aufgibt (vgl. Nr. 51). Die beiden anderen Grabplatten sind für in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts amtierende Dominae gesetzt (Nr. 296 u. 313). Ein besonderes Grabdenkmal stellt die kleine Platte dar, die über dem Herzbegräbnis der Herzogin Magdalena von Brandenburg ebenfalls in der Allerheiligenkapelle in den Boden gelegt wurde (Nr. 47).

3. Texttypen und Inschriftenträger

Die Skizzierung der Inschriftenteilbestände für die einzelnen Klöster hat bereits gezeigt, daß die Situation hier alles andere als einheitlich ist und daß jedes Kloster seine Besonderheiten aufzuweisen hat. Eine übergreifende Auswertung des Gesamtbestands ist daher schwierig, zumal hier im Vergleich zu den bisher edierten norddeutschen Beständen wesentliche Gruppen von Inschriften wie Hausinschriften, Bauinschriften oder Inschriften auf Glocken in so geringer Zahl vorkommen, daß sich daraus keine übergeordneten Erkenntnisse ableiten lassen. Möglich ist hier aber eine Auswertung zu den besonders häufig und auf verschiedenen Inschriftenträgern vorkommenden Texttypen ‚Bildbeischrift‘ und ‚erbaulicher Text‘ sowie zu den Grabinschriften und Grabdenkmälern, die mit 117 Nummern die weitaus größte Gruppe unter den Inschriftenträgern darstellen.

3. 1. Grabinschriften34)

Auf eine Terminologie der Grabdenkmäler kann hier verzichtet werden, da diese in den zuvor erschienenen Bänden dieser Reihe immer wieder behandelt worden ist.35) Von den 117 Grabdenkmälern sind 85 ganz oder zumindest teilweise im Original erhalten. Es handelt sich, soweit bekannt, um 66 Grabplatten (zu denen sieben Grabplatten in Lüne aus der Zeit vor 1550 in DI 24 hinzuzurechnen sind), dreißig Epitaphien, sieben Särge, sechs Grabkreuze und drei Grabstelen. Aus dem 14. Jahrhundert liegen lediglich die Inschriften von drei Grabplatten in kopialer Überlieferung vor, aus dem 15. Jahrhundert drei in kopialer Überlieferung und drei im Original, außerdem drei original erhaltene Fragmente. Dichter wird die Überlieferung mit 33 unterschiedlichen Grabdenkmälern im 16. Jahrhundert, der Großteil – darunter sämtliche Grabkreuze und Särge sowie die meisten Epitaphien – stammt aus dem 17. Jahrhundert. Zum weit überwiegenden Teil sind die Grabdenkmäler für Klosterangehörige, zumeist Äbtissinnen, Priorinnen und Dominae sowie Pröpste, in evangelischer Zeit auch für Amtleute, bestimmt.

Unter den wenigen aus vorreformatorischer Zeit erhaltenen Grabplatten und Fragmenten können die Platte für den 1471 verstorbenen Isenhagener Propst Heinrich Gerdener (Nr. 50) und die Platte für die 1513 verstorbene Medinger Äbtissin Margaretha Puffen (Nr. 93) beispielhaft als aufwendiger gestaltete Steine hervorgehoben werden. Die kopiale Überlieferung der Medinger Inschriften und der von Gebhardi dazu gezeichnete Lageplan, in dem auch die Gestaltung der einzelnen Grabplatten angedeutet ist, zeigen, daß der Chorfußboden der alten Medinger Klosterkirche mit Grabplatten – überwiegend für Pröpste – bedeckt war, die ganzfigurige Darstellungen der Verstorbenen trugen. Der Rückschluß ist erlaubt, daß es in den Kirchen der anderen Klöster ähnlich aussah, auch wenn darüber nichts bekannt ist. Allerdings sind die in Lüne – nicht mehr an originaler Stelle – erhaltenen Platten für eine Priorin und fünf Pröpste sehr viel einfacher gestaltet als die Isenhagener und die Medinger Platte.

In den Ecken beider Platten befinden sich Medaillons mit Evangelistensymbolen. Der Propst Heinrich Gerdener ist in Ritzzeichnung mit Kelch unter einem Baldachin dargestellt, ihm zur Seite ein Schriftband, auf dem sich die auf der Rahmenleiste umlaufende Inschrift fortsetzt. Die Äbtissin Margaretha Puffen ist im Relief mit Äbtissinnenstab in einer Nische stehend dargestellt, ebenfalls umgeben von einer Inschrift auf der Rahmenleiste. Während die aus einem knappen Sterbevermerk (Anno domini ... obiit ...) und einer Fürbitte (cuius anima requiescat in pace) bestehende lateinische Inschrift für Gerdener dem Formular der erhaltenen Lüner Grabplatten ebenso entspricht wie den bei Lyßmann und Büttner kopial überlieferten Medinger Grabinschriften für Pröpste und Priorinnen, ist die Inschrift für die Reformäbtissin Margaretha Puffen in zwei elegischen Distichen abgefaßt und stellt damit den Ausnahmefall dar. Inhaltlich entspricht die Versinschrift jedoch – wenn auch etwas verklausuliert – einem Sterbevermerk. Es ist nur noch eine weitere lateinische Versgrabschrift auf einer Tafel aus vorreformatorischer Zeit für die sechs Klöster überliefert (Nr. 24, 1376, Isenhagen), da aber weder der Verstorbene noch die Umstände bekannt sind, unter die die fehlerhaft überlieferte Grabschrift einzuordnen ist, ist deren Bewertung schwierig.

Die nachreformatorischen Grabplatten der Klöster sind eher schlicht in ihrer Gestaltung, die zumeist auf die Anbringung von Inschriften und Wappen beschränkt ist. Figürliche Darstellungen der Verstorbenen kommen hier auf Grabplatten von Konventualinnen gar nicht mehr vor, sondern lediglich noch auf der Grabplatte für Herzog Heinrich den Mittleren aus dem Jahr 1532 (Nr. 115) in Wienhausen, auf drei Kindergrabsteinen von 1596 (Nr. 165, Isenhagen) und 1626 (Nr. 210, Lüne; Nr. 212, Wienhausen), sowie auf einer Grabplatte und einem Fragment an der Gemeindekirche Wienhausen (Nr. 167, 1599; Nr. 173, zweite Hälfte 16. Jahrhundert).

Das älteste im Original erhaltene Epitaph der sechs Klöster befindet sich in Isenhagen und ist für die 1510 verstorbene Äbtissin Barbara Antoni bestimmt (Nr. 92). Die kleine Metalltafel stellt unter den Epitaphien eine Besonderheit dar, ihre Gravuren sind sehr qualitätvoll ausgeführt. Dies gilt sowohl für die Darstellung der vor Maria knienden Äbtissin als auch für die Ausführung des lateinischen Sterbevermerks in einer mit Zierformen versehenen gotischen Minuskel. Weitere Epitaphien für Äbtissinnen bzw. Dominae der Klöster stammen erst aus dem späten 16. und dem 17. Jahrhundert. Dabei handelt es sich um die für die Renaissance- und Barockzeit typischen mehrteiligen Holzepitaphien mit großen Gemälden im Mittelteil. Diese Gemälde stellen in den meisten Fällen biblische Szenen dar, eine Ausnahme bildet das Epitaph der Ebstorfer Domina Lucia von Appel (Nr. 162, 1596?), in dessen Mittelteil die unter dem Kreuz kniende Domina dargestellt ist umgeben von Schrifttafeln mit Bibelzitaten. Außer Lucia von Appel ist nur noch die Ebstorfer Äbtissin Katharina von Appel auf ihrem 1690 angefertigten Epitaph (Nr. 326) in einem Kirchenraum kniend abgebildet. Daß die sonst übliche Darstellung von Verstorbenen auf den Epitaphien der Dominae so selten ist, mag sich daraus erklären, daß es wohl in allen Klöstern Porträts der Damen gab, die oft wie die Epitaphien mit Sterbevermerken versehen wurden und damit deren Funktion übernahmen, wie die zahlreich erhaltenen Lüner Beispiele zeigen (vgl. u. a. Nr. 262, 286, 300). Daher konnte man für den Mittelteil der Epitaphien ein anderes Bildthema wählen. Die Abbildung eines biblischen Motivs an dieser zentralen Stelle sollte natürlich auch die fromme und demütige Haltung der Dominae zum Ausdruck bringen, die ihre eigene Person damit bewußt in den Hintergrund rückten. Relativiert wird dies allerdings zum einen durch die Größe der Epitaphien und zum anderen durch ein Beispiel wie das der Domina Ursula von Badendorf, für die in Isenhagen gleich zwei große Epitaphien gesetzt wurden (Nr. 202 u. 203), eines davon entsprechend [Druckseite 25] ihrer testamentarischen Verfügung auf ihre eigenen Kosten. Auch die auf beiden Epitaphien zu findenden sechzehnteiligen Ahnenproben betonen die vornehme Herkunft und gesellschaftliche Stellung der Domina. Eine solche Ahnenprobe findet sich sonst nur noch auf dem Epitaph der Lucia von Appel in Ebstorf (Nr. 162), das Epitaph für die Isenhagener Domina Bartha Sophia Grote (Nr. 332) trägt eine achtteilige Ahnenprobe.

Neben den Epitaphien für die Dominae gibt es in den Gemeindekirchen der Klöster auch wenige – zum Teil nur fragmentarisch erhaltene – Epitaphien für Verstorbene aus den Klöstern nahestehenden Familien wie für den Amtmann Albert Roefsack und seine Ehefrau Ursula Papendorf in der Lüner Kirche von 1580 (Nr. 134). Das einzige Epitaph in Stein hat sich, wenn auch schwer beschädigt, in der Gemeindekirche in Wienhausen erhalten und ist für Ernst von Langlingen und seine Familie bestimmt (Nr. 201, 1617). Unter den verschiedenen Typen von Grabdenkmälern noch zu erwähnen sind die bereits genannten steinernen Grabkreuze, die sich nur auf dem Ebstorfer Klosterfriedhof finden (Nr. 264, 1660; Nr. 316320, 1688), sowie die wenigen Grabstelen, von denen zwei auf dem Klosterfriedhof in Walsrode stehen (Nr. 197, 1615; Nr. 216, 1631), eine auf dem Klosterfriedhof in Ebstorf (Nr. 271, 1665). Eine gesonderte Gruppe bilden die Särge in der Lüner Gruft (Nr. 220, 261, 285, 302, 310).

Die früheste deutsche Grabinschrift findet sich auf der Grabplatte des Hans von Mahrenholtz in Isenhagen (Nr. 95), die wohl auf das Jahr 1518 zu datieren ist und damit in eine Zeit fällt, in der deutsche Grabinschriften schon überall gebräuchlich sind. In den Grabinschriften der sechs Klöster löst die deutsche Sprache die lateinische erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ab, allerdings ist die Überlieferungssituation für die erste Jahrhunderthälfte auch sehr spärlich. Im 17. Jahrhundert überwiegt die Zahl der deutschen Grabinschriften bei weitem, gerade auch auf den Grabdenkmälern für Konventualinnen. Von den 42 Grabdenkmälern aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts tragen lediglich vier noch lateinische Inschriften, von denen eine offenbar eine ältere Inschrift von 1595 wieder aufgreift (Nr. 319, Ebstorf).

Eher die Ausnahme in diesem Bestand bleiben mit insgesamt acht Nummern – darunter die oben erwähnten von 1376 und 1513 – lateinische Versgrabschriften wie die für den Isenhagener Amtmann Balthasar von Eltz aus dem Jahr 1613 (Nr. 192), die aus vier elegischen Distichen besteht. Die Inschrift enthält die typischen Versatzstücke der zeitgenössischen Versgrabschriften wie die Grabbezeugung hoc iacet in tumulo und die Hoffnung auf ein Weiterleben im Himmel mens tenet alta polum. Eine sehr ähnliche Kombination enthält die Versgrabschrift für die Medinger Domina Elisabeth Töbing von 1630 (Nr. 215), die mit der Grabbezeugung Ecce sub hoc saxo beginnt und mit der Auferstehungshoffnung endet Corpus in adventum stat pie Christe tuum. Letzteres ist auch in der Versgrabschrift für den Medinger Pastor Benedikt Witzendorf von 1627 (Nr. 213) zum Ausdruck gebracht mit der Fürbitte Auspice mox Christo corporis ossa tui. Die Grabplatte für den Lüner Amtmann Christian Wineke von 1626 trägt neben einer lateinischen Kurzbiographie mit Sterbevermerk in Prosa ein Distichon, das die Vergänglichkeit des Menschen thematisiert (Nr. 211). Noch seltener als Versgrabschriften in lateinischer Sprache sind Grabschriften in deutschen Reimversen, die sich hier nur auf den Grabplatten der Lüner Amtleute Otto Kempe (Nr. 178, 1604) und Jobst Heinrich Witte (Nr. 331, vor 1695) finden. Die in nachreformatorischer Zeit für die Grabdenkmäler der Konventualinnen aller Klöster besonders übliche Kombination von Inschriften besteht aus einem deutschen Sterbevermerk und einem oder mehreren Bibelzitaten, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch aus Sprüchen frommen Inhalts aus dem Bereich der Erbauungsliteratur.

Die Sterbevermerke für die Dominae sind zum ganz überwiegenden Teil sehr knapp gehalten und weisen Epitheta auf, wie sie sich auch sonst in Grabschriften für Frauen finden. Üblicherweise wird eine Domina als ‚ehrwürdig‘, ‚edel‘ und ‚vieltugendreich‘ – in gewissen Variationen – bezeichnet und mit dem Attribut ‚Jungfer‘ oder ‚Jungfrau‘ versehen, oft ist in dem Sterbevermerk auch die Dauer der Amtszeit angegeben. Die Erwähnung der Herkunft, wie sie in den Sterbevermerken auf den Särgen der Lüner Dominae Dorothea Elisabeth von Meding und Dorothea Maria von Estorff (Nr. 285 u. 302) mit der Nennung beider Eltern enthalten ist, bleibt die Ausnahme. Gelegentlich wird auch erwähnt, daß die Verstorbene das Kloster ‚löblich und wohl regiert‘ oder demselben ‚löblich und wohl vorgestanden‘ habe (vgl. u. a. Nr. 285, 302, 316).

3. 2. Bildbeischriften

Mit Ausnahme von Walsrode gibt es in allen Lüneburger Klöstern Ausstattungsstücke mit großen Inschriftenprogrammen, die dem Texttyp Bildbeischrift zuzuordnen sind. Bei den Inschriftenträgern handelt es sich um sehr unterschiedliche Objekte wie Glas, Textilien, Gestühlsrückwände oder mit Malereien versehene Wände und Gewölbe, die aus der Zeit vom 14. bis zum 17. Jahrhundert stammen. Unabhängig von dem Material, auf dem sie ausgeführt sind, lassen sich die Bildbeischriften in verschiedene Typen unterteilen.

Die einfachste Form der Bildbeischriften sind die Tituli, die die dargestellten biblischen Personen, Heiligen oder allegorischen Figuren namentlich kennzeichnen. Tituli benennen die Heiligenfiguren des ältesten Wandmalereiprogramms dieses Bestands im oberen Wienhäuser Kreuzgang (Nr. 3) ebenso wie die auf einer Weinkanne aus der Zeit vor 1689 dargestellten Tugenden (Nr. 321). Sie finden sich quer durch alle Zeiten und auf Objekten aller Art und bleiben nicht auf die Darstellung von Personen beschränkt, wie es die Ebstorfer Lesepultdecke (Nr. 60) mit der Darstellung des Hortus conclusus zeigt, in dem die auf die jungfräuliche Geburt verweisenden Gegenstände – wie zumeist in Darstellungen dieses Themas – auf Schriftbändern bezeichnet sind.

Tituli finden sich auch zu Darstellungen aus dem weltlichen Bereich, hier auf dem mittleren der drei Wienhäuser Tristan-Teppiche (Tristan II, Nr. 16) auf den die Szenen begleitenden Schriftleisten, in deren Inschriften – abgesehen von einer auf eine Szene bezogenen wörtlichen Rede – nur die dargestellten Protagonisten genannt sind, ohne daß die Handlung kommentiert wird. Diese Beischriften setzen somit die Kenntnis der Geschichte bei dem Betrachter voraus. Anders verhält sich dies bei den Tristan-Teppichen I und III (Nr. 5 u. 21), deren ebenfalls auf Schriftleisten angebrachten Inschriften die dargestellten Szenen kommentieren, indem das Bildgeschehen in komplette Sätze gefaßt ist. Allerdings geht auf beiden Teppichen im Verlauf der Inschriften der direkte Text-/Bildbezug aus Platzgründen verloren: auf dem Teppich Tristan I werden die letzten Szenen nur noch sehr knapp angedeutet, in der Inschrift von Tristan III ist nur der Beginn der Geschichte erzählt. Ein anderes weltliches Thema wird auf dem Wienhäuser Jagd-Teppich (Nr. 45) abgebildet und auf den Schriftleisten kurz bezeichnet DESSE MATHERIE IN DESSEME TEPPEDE DE IS VAN CVNER IACHT und mit einem lehrhaften Spruch zum Thema Jagd kombiniert DAT WILT WE DAT WEL VAN DE MHVT SNELLE HVNDE HAN.

Anders als bei den Darstellungen aus dem weltlichen Bereich, die individuell für das Objekt formulierte Inschriften tragen, stand für die zahlreichen biblischen Darstellungen auf den Ausstattungsgegenständen der Klöster ein großes Repertoire von Texten aus Bibel und Liturgie bereit, aus dem man zitieren konnte, um die Darstellungen zum Sprechen zu bringen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Bild-/Inschriftenprogrammen, die direkt die Bild-/Textkombination aus der Vorlage einer Handschrift übernehmen wie in den Heilsspiegel-Darstellungen der Fenster des Ebstorfer Kreuzgangs (Nr. 27) und solchen Bild-/Inschriftenprogrammen, die für den speziellen Inschriftenträger konzipiert wurden. Beispielhaft für letztere steht das größte und inhaltlich bedeutendste Bild-/Inschriftenprogramm der Lüneburger Klöster, die Wand- und Gewölbemalereien des Wienhäuser Nonnenchors aus der Zeit um 1335 (Nr. 8). Das Bildprogramm kombiniert biblische Darstellungen des Alten und Neuen Testaments mit der Darstellung von Heiligen zu einem großen heilsgeschichtlichen Kosmos. Bestandteil aller Szenen sind Schriftbänder, die Heiligendarstellungen sind oder waren zusätzlich durch Tituli auf den Rahmenleisten bezeichnet. Da die Schriftbänder in den Heiligenszenen nicht oder nur noch äußerst fragmentarisch erhalten sind, muß sich die Auswertung auf die biblischen Szenen beschränken. Deren Schriftbänder enthalten bis auf ganz wenige Ausnahmen nur wörtliche Rede, die jeweils den Dialogen der entsprechenden Bibelstelle entnommen ist. Damit ist die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Interaktion zwischen den dargestellten Personen konzentriert. In ganz ähnlicher Weise geschieht dies auf den etwa gleichzeitig mit dem Wandmalereiprogramm entstandenen Ebstorfer Moses-Laken (Nr. 9), nur daß hier die langen Schriftbänder durch Positionierung des Anfangs oder Endes nicht nur den in den Szenen dargestellten Personen zugeordnet sind, sondern gleichzeitig die Darstellungen begrenzen und teilen. Die Dialogstruktur der zitierten Bibeltexte ist jedoch die gleiche. Ergänzend treten hier auf den Schriftbändern Tituli zur Bezeichnung der schon durch ihre Kleidung hervorgehobenen Protagonisten Moses und Aaron hinzu, während in den Wienhäuser Wandmalereien keine der biblischen Figuren [Druckseite 27] durch einen Titulus gekennzeichnet ist. Dieselbe Dialogstruktur der Bildbeischriften, die sich in einfacher Form in den Verkündigungsdarstellungen auf zahlreichen weiteren Ausstattungsstücken im Dialog zwischen dem Erzengel Gabriel und Maria findet, ist auch – etwa hundert Jahre später als die beiden eben genannten Beispiele – auf den den dargestellten Personen zugeordneten Schriftbändern in dem Bildzyklus der Christusvita im Inneren des Heiligen Grabes in Wienhausen (Nr. 44, 1448) durchgehalten. Bei diesen Inschriften handelt es sich um Bibelzitate und liturgische Texte.

Kombiniert ist dieser Typ des Bild-/Textprogramms auf dem Heiligen Grab mit einem anderen, der den dargestellten biblischen Personen, Propheten und Kirchenvätern lateinische Texte aus der Osterliturgie auf einem Schriftband zuordnet und sie ihnen damit gleichsam in den Mund legt. Während es sich in diesem Fall bei den Dargestellten nicht um die ‚Autoren‘ der Texte handelt, sind den Propheten auf dem Wienhäuser Propheten-Teppich (Nr. 23, zweites/drittes Viertel 14. Jahrhundert) in den Medaillonumschriften ihre eigenen Texte zugeordnet, in den Händen tragen sie Schriftbänder mit ihren Namen. In gleicher Weise präsentieren die Propheten im Bildprogramm der Ebstorfer Kreuzgangfenster (Nr. 27, um 1400) die von ihnen verfaßten Bibelsprüche auf Schriftbändern dem Betrachter. Hier handelt es sich allerdings, was das übrige Bild-/Textprogramm angeht, um den oben bereits angesprochenen besonderen Fall, daß die Motive und Inschriften nicht beliebig für die Fenster kombiniert sind, sondern das Konzept für Texte und Bilder den Handschriften des Speculum Humanae Salvationis entnommen ist. Dies gilt für die typologische Zuordnung der Darstellungen von jeweils drei Szenen aus dem Alten Testament zu der zentralen Szene aus dem Neuen Testament ebenso wie für die erläuternden Beischriften unter den Szenen. Schriftbänder in den Darstellungen, die dialogische Inschriften enthalten, sind hier die Ausnahme und kommen nur in zwei Szenen vor.

Ebenfalls auf den Heilsspiegel gehen die Darstellungen wie auch ein Teil der Inschriften auf dem größten der Wienhäuser Teppiche (Nr. 39, vor 1433) zurück. Die Beischriften in niederdeutscher Sprache verlaufen auf den Rahmenleisten und zwischen den Bildstreifen, nur die Darstellung von Adam und Eva enthält Tituli auf Schriftbändern, die Darstellung der Verkündigung das Ave gratia auf dem Schriftband des Engels. Die auf den Leisten gestickten Inschriften enthalten in diesem Fall nicht die die biblischen Szenen erläuternden Texte aus dem Heilsspiegel, sondern allgemeine, das Bildprogramm lehrhaft ausdeutende Texte, die in zwei Fällen der deutschen Version der literarischen Vorlage entnommen sind, die anderen Inschriften scheinen speziell für den Teppich und im Hinblick auf dessen didaktische Funktion formuliert worden zu sein. Kennzeichnend dafür ist auch die Wahl der deutschen Sprache. Das letzte große Bild-/Textprogramm aus vorreformatorischer Zeit ist auf dem aus Kloster Medingen stammenden Wichmannsburger Antependium aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts ausgeführt (Nr. 62). Hier finden sich wieder Darstellungen von ‚Autoren‘, die um das Kruzifix angeordnet ihre auf das Kreuz und die Kreuzigung bezogenen lateinischen Texte auf Schriftbändern präsentieren, neben Aposteln und Propheten, denen Texte aus der Liturgie zum selben Thema zugewiesen sind. In den szenischen Darstellungen unten auf dem Antependium ist den dargestellten Figuren auf den Schriftbändern direkte Rede zugeordnet, abwechselnd in niederdeutscher und lateinischer Sprache. Dabei handelt es sich um Texte aus Hymnen, Leisen, Bibel und Liturgie.

Ein ganz anderer Typ der mittelalterlichen Bildbeischriften findet sich in den Lüneburger Klöstern – abgesehen von den Lüner Textilien (vgl. DI 24, Nr. 45, 55, 56, 59) – lediglich auf drei Wienhäuser Teppichen, auf denen Heiligenleben illustriert sind, und auf der Ebstorfer Mauritiusschürze (Nr. 11). Es handelt sich um die von Christine Wulf in ihrer Typologie der Bildbeischriften36) als „deiktische Beischriften“ bezeichneten Texte, die quasi mit einer Zeigehand das Bildgeschehen erläutern, im allgemeinen mit dem Wort „hier“ beginnen und im Präsens formuliert sind. Diese Inschriften können als eine spezielle Untergruppe zu den eingangs behandelten, das Bildgeschehen [Druckseite 28] erläuternden Beischriften gelten. Entsprechende Inschriften in niederdeutscher Sprache finden sich hier auf dem Thomas-, dem Anna- und dem Elisabeth-Teppich (Nr. 28, 78, 79). Was den Informationswert der auf den drei Teppichen ausgeführten Inschriften für den Betrachter betrifft, so ist allerdings festzustellen, daß eine Grundkenntnis der jeweiligen Heiligenlegende vorausgesetzt wird. Ganz besonders gilt dies für den Elisabeth-Teppich, dessen lapidare Bildkommentare wie hir badet se oder hir etet se vat keine über das Bild hinausgehende Information enthalten.

Nicht in die Reihe der genannten großen mittelalterlichen Bild-/Textprogramme einzuordnen sind die fünfzehn Tafeln mit den Darstellungen und Texten zur Medinger Chronik von 1499 (Nr. 58), denn die wohl sehr originalgetreue Wiedergabe bei Lyßmann läßt darauf schließen, daß bei diesem Zyklus das Schwergewicht nicht auf den bildlichen Darstellungen lag, wie in allen anderen Fällen, sondern daß hier die Bilder nur als Illustration zu den die entscheidenden Informationen transportierenden Texten dienten. So illustrieren die Bilder hier auch nur einen Teil dessen, was in den ihnen zugeordneten Inschriften ausgesagt ist.

In den Bildern oder Bildprogrammen aus nachreformatorischer Zeit dienen Tituli weiterhin oft als erklärendes Element, so auf dem Abraham-Teppich aus dem Jahr 1592 aus Kloster Lüne (Nr. 150) zur Kennzeichnung der auf den Rahmenleisten dargestellten Tugenden. Weiterhin werden auch Bibelzitate zur Verifizierung der entsprechenden szenischen Darstellungen hinzugesetzt, an ihre Stelle kann jetzt aber – nur auf die biblische Vorlage verweisend – auch eine knappe Angabe des entsprechenden Bibelbuchs treten.37) Daß in nachreformatorischer Zeit Bezüge im Vergleich zu denen des komplizierten typologisch geprägten mittelalterlichen Bild-/Textsystems im Sinne einer größeren Volkstümlichkeit verflachen, kann vorkommen, muß aber nicht zwingend der Fall sein, wie es sich anhand der großen Bild-/Textprogramme aus den Klöstern Isenhagen und Lüne zeigt. Ausschlaggebend dürfte in jedem Fall auch gewesen sein, wer hinter der Planung des Konzepts stand. Es hat aber im Hinblick auf die Ausstattungsgegenstände beider Klöster zumindest den Anschein, als ob erst seit der Mitte des 17. Jahrhunderts durch die Aufnahme neuer Texte spürbare Lücken geschlossen werden, die sich noch um 1600 bemerkbar machen (vgl. hierzu Kap. 3. 3.). Die schon länger nicht mehr verwendeten Zitate aus den lateinischen liturgischen Texten werden nun abgelöst durch Zitate aus deutschen Kirchenliedern, aus Gebeten oder anderen erbaulichen Texten. Allerdings bedürften diese Beobachtungen an einem vergleichsweise kleinen Bestand noch der Überprüfung auf breiterer Basis.

Ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie sehr das Gespür für typologische Bezüge verloren gehen kann, ohne daß die dadurch entstehende Lücke durch etwas Neues gefüllt würde, bietet das Gestühl im Nonnenchor des Klosters Isenhagen von 1610/11 (Nr. 187). Mit der Kombination von Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und mit der Gegenüberstellung von Aposteln und Propheten sind hier zumindest die Grundbedingungen für eine typologische Gegenüberstellung gegeben, allerdings zeigt schon das zahlenmäßige Ungleichgewicht der Darstellungen, daß das System nicht durchgehalten und die Darstellungen weit von den mittelalterlichen Propheten-/Apostelprogrammen entfernt sind. Zwar ist auch hier noch den Propheten ein von ihnen verfaßter Text und den Aposteln ein Satz aus dem von ihnen gesprochenen Glaubensbekenntnis zugewiesen, aber nicht in der strengen Zuordnung von Prophet und Apostel der mittelalterlichen Programme.38) Die über den szenischen Darstellungen des Alten Testaments angebrachten ausdeutenden Sprüche sind zwar nur fragmentarisch erhalten, trotzdem läßt sich erkennen, daß sie auf das Neue Testament verweisen. Allerdings demonstriert die äußerst schlichte Form, daß die ehemaligen typologischen Bezüge verlorengegangen sind. Dasselbe gilt für die zu den szenischen Darstellungen hinzugesetzten Verweise auf Bibelstellen. Diese suggerieren zwar Bezüge, wie sie in den Verweisen der Lutherbibeln vorhanden sind, erweisen sich bei näherer Überprüfung jedoch als beliebig, da 18 der angegebenen 46 Bibelstellen überhaupt keinen Bezug zur dargestellten Szene aufweisen, 12 nur einen sehr losen Bezug und nur 16 den Verweisen der Lutherbibel entsprechen. Eher schlicht sind auch die den Evangelistendarstellungen auf der Lüner Kanzel von 1608 (Nr. 182) zugeordneten [Druckseite 29] lehrhaften Verse formuliert, deren einfacher Inhalt mit den Sprüchen auf der Kanzel in Isenhagen (Nr. 185, 1610 u. 1684?) vergleichbar ist.

Es gibt jedoch auch Gegenbeispiele, allerdings erst aus der Zeit seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, die zeigen, daß durch Übernahme von erbaulichen Texten in die Inschriften neue einheitliche Programme entstehen können. Daß diese Beispiele ausnahmslos aus dem Kloster Lüne stammen, dokumentiert für Lüne speziell eine dort gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges beginnende Wiederbelebung der Frömmigkeit, wie sie wohl auch in den anderen Klöstern stattfand, jedoch nicht anhand von Inschriften zu belegen ist (vgl. a. Kap. 3. 3.). Das herausragendste Beispiel dieser neuen Art von Bild-/Textprogramm, in dem die Texte einen ganz zentralen Platz einnehmen und nicht den Darstellungen untergeordnet sind, zeigt die große Orgel in der Lüner Kirche von 1645 (Nr. 234). Hier sind – außer einer großen Inschriftentafel – sämtliche Friese des architektonisch kompliziert gegliederten Instruments mit Inschriften versehen, bei denen es sich um gezielt ausgesuchte Zitate aus der Bibel, aus Kirchenliedern und liturgischen Texten handelt. Die meisten dieser Inschriften sind nicht direkt an die szenischen Darstellungen der Brüstungsgemälde gekoppelt, aber der gemeinsame Bezug auf ein großes, überschwengliches Gotteslob ist gegeben. Lediglich die den Gemälden zugeordneten Verweise auf die entsprechenden Bibelstellen und der komplette Psalm 103, den David in seinem Buch stehen hat, sind direkt an die Darstellungen gebunden.

Auch wenn die anderen Beispiele aus Kloster Lüne nicht mit der Qualität der Orgelinschriften zu vergleichen sind, sollen sie hier doch Erwähnung finden, um die Reichhaltigkeit der Lüner Bild-/Textprogramme im 17. Jahrhundert zu verdeutlichen. Das Gestühl im Lüner Nonnenchor von 1652 (Nr. 251) weist keinen Text-/Bildbezug mehr auf, wenn man von den wenigen darstellungsbedingten Inschriften in den Bildern absieht. Die über den Fries verlaufenden Inschriften bestehen aus Versen, die Jesus in den Mittelpunkt der Andacht rücken, und aus Psalmenzitaten zur Lobpreisung Gottes. Auf dem Gemälde, das die Kreuzeserscheinung der späteren Domina Dorothea von Meding darstellt (Nr. 221, nach 1634), wird unter der Darstellung in einer kurzen Prosainschrift das Bildgeschehen erläutert, darauf folgen in Ich-Form aus der Perspektive der Dorothea von Meding formulierte meditative deutsche Reimverse, in deren Mitte Christus und die Kreuzesvision stehen. Eng an die Darstellungen der Grablegung im Zentrum und der Ölbergszene sowie der Auferstehung gekoppelt sind die aus Gebeten oder Kirchenliedern stammenden Verse und die Litaneizitate auf dem Altar in der Lüner Barbarakapelle (Nr. 268, 1662). Nicht um ein Bildprogramm, sondern lediglich um ein Gemälde mit einem Inschriftenprogramm handelt es sich bei der Darstellung der Kreuzigung durch die Tugenden im Lüner Nonnenchor aus dem dritten Viertel des 17. Jahrhunderts (Nr. 291). Hier sind die Tugenden durch deutsche Tituli bezeichnet, ihnen zugeordnet sind ihrem Wesen entsprechende Bibelzitate kombiniert mit erbaulichen Texten zum Thema Kreuzigung. Abschließend ist hier noch das Gestühl im Vorraum zum Lüner Nonnenchor wohl aus dem dritten Viertel des 17. Jahrhunderts (Nr. 292) zu erwähnen, das allegorische Darstellungen von nicht namentlich bezeichneten Tugenden kombiniert mit Darstellungen der Klugen Jungfrauen zeigt. Die Tugenden lassen sich erst anhand der sie charakterisierenden Bibelzitate unterhalb der Darstellungen identifizieren, die überwiegend aus dem Neuen Testament stammen, den Klugen Jungfrauen ist der entsprechende Text des Matthäusevangeliums beigegeben.

3. 3. Erbauliche Texte

Der am Schluß des vorhergehenden Kapitels vorgestellte neue Typ von Bildbeischriften führt zu denjenigen Inschriften, die sich unter dem Oberbegriff ‚Erbauliche Texte‘ fassen lassen. Die Ausdehnung der Zeitgrenze dieser Edition auf das Jahr 1700 ermöglicht es, einen Blick auf die Umsetzung dieses für die Erneuerung der protestantischen Frömmigkeit im Laufe des 17. Jahrhunderts zentralen Texttyps in den Inschriften zu werfen, den eine Zeitgrenze beim Jahr 1650 verstellen würde. Christine Wulf hat in ihrer Untersuchung zu den Bildbeischriften gezeigt, daß diese in der Zeit unmittelbar nach der Reformation in lutherischem Kontext auf die Bibel konzentriert sind, d. h. auf Bibelzitate oder auch bloße Stellenangaben zum Bibeltext beschränkt bleiben.39) Naturgemäß waren diese Inschriften sehr viel trockener, unanschaulicher und theoretischer als beispielsweise [Druckseite 30] die als Dialoge in Szene gesetzten Bibeltexte der Wienhäuser Wandmalereien im Nonnenchor. Daß dort, wo trotzdem einmal der Versuch einer Exegese unternommen wurde, diese flach oder gar verfälschend ausfiel, zeigen die oben angesprochenen Verse am Isenhagener Chorgestühl (Nr. 187). Damit läßt sich auch in den Inschriften von der zweiten Hälfte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts ein Phänomen beobachten, das in der Kirchenkritik und in den Reformbestrebungen innerhalb der lutherischen Kirche des 17. Jahrhunderts zentraler Gegenstand war und in der Literatur als nachreformatorische Frömmigkeitskrise behandelt ist.40) Dieser Krise versuchte man im Laufe des 17. Jahrhunderts mit einer Flut an Andachts- und Erbauungsliteratur zu begegnen, die ganz bewußt auch zur individuellen Glaubensausübung durch Privatandacht und Meditation hinführen wollte.41) Mittel dazu war nicht nur die Versenkung in Bibeltexte, sondern auch das Singen von Kirchenliedern und das andächtige Memorieren von Gebeten.

Daß es auch in den Lüneburger Klöstern im Verlauf des 17. Jahrhunderts Tendenzen zu einer Erneuerung der Frömmigkeit gab, läßt sich an einschlägiger Erbauungsliteratur in den Klosterbibliotheken zeigen,42) dokumentiert sich aber auch in den Inschriften ganz besonders des Klosters Lüne, das als einziges der sechs Klöster einen besonders reichen Bestand an entsprechenden Inschriftenträgern aus dem 17. Jahrhundert aufzuweisen hat. Die Bildbeischriften, die in diesen Kontext gehören, sind im voraufgegangenen Kapitel bereits angesprochen worden. Darüber hinaus finden sich erbauliche Texte auf den Särgen der Lüner Dominae oder auf reinen Schrifttafeln (Nr. 270 u. 293, Lüne) und in der Ausmalung von Zellen (Nr. 342, 343, Isenhagen). Sie sind in deutscher Sprache verfaßt und bis auf ganz wenige Ausnahmen wie Unseres lieben Heilandes Jesu Christi sehnliche Klage (Nr. 270, Lüne; Nr. 336, Ebstorf) gereimt. Bei den Texten handelt es sich der Art nach vielfach um Bestandteile aus Kirchenliedern und Gebeten, die jedoch oft nicht nachweisbar sind, da die entsprechenden Repertorien bzw. Datenbanken bislang noch fehlen. Bestandteile der Litanei werden immer wieder wörtlich oder in Abwandlungen aufgenommen (u. a. Nr. 266 u. 268, Lüne; Nr. 281, Ebstorf). Gewisse Reimverse wie der Spruch Meinen Tod niemand betrauern soll / Ich leb in Gott und mir ist wohl kommen mehrfach vor (Nr. 220, 285, 302, Lüne) und finden sich in derselben oder leicht abgewandelter Form beispielsweise auch in Leichenpredigten. Daß diese Texte oft leicht variieren, zeigt den täglichen Umgang mit ihnen und läßt auch auf Zitate nach dem Gedächtnis schließen.

Inhaltlich zu unterscheiden ist zwischen den deutlich in der Minderzahl befindlichen unpersönlich formulierten Versen wie Ein keusches Herz ein Bettlein ist / Darein sanft ruhet Jesus Christ (Nr. 343, Zellenbemalung Isenhagen) und den persönlich in Ich- oder Wir-Form formulierten Texten, die trotz ihres versatzstückartigen Charakters die individuelle Andacht und den individuellen Glauben ausdrücken wie die im selben Kontext stehenden Verse Des Herrn Christ fünf Wunden rot / Sein mir Arznei für Sünd und Tod. In ganz besonders persönlicher Form formuliert sind die auf die Kreuzeserscheinung der Dorothea von Meding bezogenen Verse (Nr. 221), in denen die Domina zu Christus spricht. Da der Text wohl erst nach dem Tod der Domina 1634 abgefaßt wurde, möglicherweise auch deutlich später, ist hier zum einen die Kreuzeserscheinung ausgedeutet als göttliche Bestätigung für die Durchführung der Reformation im Kloster, zum anderen aber auch die ganz persönliche Beziehung jeder Konventualin zu Christus in Worte gefaßt in Versen wie O Jesu Christ einigr hertzenß trost / der du mich hast mit blut erlöst / Wie sol ich immer dancken dir / Daß du dich hast gezeigett mir oder Dein todt helff mir, wen ich nicht kan / auff erden hulffe treffen an. Einen persönlichen Bezug zu der Lüner Domina Margaretha Elisabeth von Harling scheinen die Verse Dies ist mein Klosterpflicht / Im Tod laß Jesum nicht / Er ist mein Zuversicht zu haben, möglicherweise als eine Art Devise der Domina, denn sie stehen sowohl auf ihrem Porträt (Nr. 309) als auch auf ihrem Sarg (Nr. 310). Andere in [Druckseite 31] Ich-Form formulierte Inschriften stehen allgemein für die individuelle Andacht wie die mit Sätzen aus der Litanei gekoppelten Verse auf dem Altar in der Lüner Barbarakapelle (Nr. 268, 1662), der ehemaligen Begräbniskapelle der Dominae, Erschein mir in dem Bilde / in meiner todes noth / Wie du am Creutz so milde / Dich hast gebludt zu Todt oder Herr Jesu Christ sei gnädig mir, / Ich falle dir zu Fuße: / Ich klopfe an die Gnadentür, /und tue von Herzen Buße. Daß viele dieser Texte um das Thema Tod und Auferstehung kreisen, erklärt sich durch die Anbringung in der Begräbniskapelle, auf Särgen oder Epitaphien. Die 1662 von der Lüner Domina Dorothea Elisabeth von Meding veranlaßte Ausmalung der Begräbniskapelle mit einem großen Inschriftenprogramm (Nr. 266) – offenbar ohne bildliche Darstellung – bot dem Betrachter ein Kompendium von Bibeltexten, Kirchenväterzitaten und erbaulichen Versen zum Thema Tod und Auferstehung, wie es so komplett einem zeitgenössischen Andachtsbuch entnommen sein könnte.43) Interessant ist, daß hierfür auch auf die Texte der „katholischen“ Kirchenväter Cyprian, Bernhard von Clairvaux, Ambrosius und Augustin zurückgegriffen wurde, wie sie beispielsweise auch von dem wohl verbreitetsten Autor protestantischer Erbauungsliteratur des 17. Jahrhunderts, Johann Gerhard, rezipiert wurden.44) Daß es vergleichbare Zusammenstellungen erbaulicher Inschriftentexte auch zu anderen Themenkreisen geben kann, zeigen die bereits erwähnten Inschriften der Lüner Orgel (Nr. 234), für die vor allem auch Kirchenlieder von Philipp Nicolai und Johann Walter ausgesucht und u. a. mit Bibelzitaten zum Thema Musik und Lobgesang auf Gott kombiniert wurden.

Die an dem vergleichsweise kleinen Inschriftenbestand in den Lüneburger Klöstern ab der Mitte des 17. Jahrhunderts festzumachende Übernahme von Texten aus der Erbauungsliteratur in die Inschriften ist einer der ganz wesentlichen Aspekte dieses Bandes. Die Inschriften gewinnen dadurch nach einer Zeit der Beschränkung auf Bibelzitate neue Inhalte, eine neue Qualität und eine größere Vielfalt. Wichtig wäre es festzustellen, ob dies ein Spezifikum eines geistlich geprägten Inschriftenbestands ist, oder ob sich vergleichbare Tendenzen auch an Ausstattungsstücken städtischer Kirchen oder auf Grabdenkmälern aus dem bürgerlichen Bereich festmachen lassen. Die Bearbeitungsgrenze der DI von 1650 erlaubt vielfach keine Vergleiche. Die bis zum Jahr 1800 bearbeiteten Inschriften der Stadt Helmstedt (DI 61), die stark von der Universität geprägt und vielfach in Latein verfaßt sind, enthalten ebensowenig vergleichbare Texte wie die bis 1671 erfaßten Inschriften der Stadt Braunschweig (DI 56).

4. DIE SPRACHE DER INSCHRIFTEN

Wie in einem geistlich geprägten Inschriftenbestand nicht anders zu erwarten, sind die Inschriften in den Lüneburger Klöstern lange Zeit fast ausschließlich in Latein abgefaßt. Die frühesten deutschsprachigen Inschriften finden sich charakteristischerweise auf den drei Tristan-Teppichen (Nr. 5, 16, 21), von denen der älteste auf das erste Viertel des 14. Jahrhunderts datiert wird. Da die drei Teppiche jedoch durch das weltliche Thema eine Sonderstellung unter den Inschriftenträgern einnehmen und das Bildprogramm aufgrund des mittelhochdeutschen Epos konzipiert worden sein dürfte, ist die Wahl des Niederdeutschen hier naheliegend. Ebenso vorlagenbedingt ist die Wahl des Niederdeutschen für den Heilsspiegel-Teppich aus der Zeit vor 1433 (Nr. 39). Die 1437 von Gerd Klinge gegossene Glocke der Walsroder Kirche (Nr. 40) trägt eine Inschrift, in der ein lateinischer Glockenspruch und eine lateinische Auftraggeberinschrift mit einem niederdeutschen Spruch kombiniert sind, der eine Fürbitte auch für den inschriftlich genannten Glockengießer enthält. Um eine recht eigenwillige Kombination von deutschem und lateinischem Text handelt es sich bei der Stifterinschrift des von Elisabeth von Everstein 1468 gestifteten Kelchs in Wienhausen (Nr. 48). Die lange Titulatur ist hier in Niederdeutsch ausgeführt, hinzugefügt ist der knappe lateinische Vermerk det hunc kalisem, dessen letztes Wort anstelle von calicem nicht auf einen geübten Umgang mit der lateinischen Sprache schließen läßt. Eine niederdeutsche Titulatur kombiniert mit lateinischem Text findet sich auch in der Inschrift auf der Herzgrabplatte der Magdalena von Brandenburg (Nr. 47, [Druckseite 32] 1454, Wienhausen). Ausschließlich in Niederdeutsch verfaßt ist die Stifterinschrift auf dem 1480 gegossenen Lavatorium im Ebstorfer Kreuzgang (Nr. 53), obwohl man hier bei dem Propst Matthias von dem Knesebeck als Stifter oder Auftraggeber eher eine lateinische Inschrift erwartet hätte. Insgesamt sind von den 87 Inschriften aus der Zeit bis zum Ende des 15. Jahrhunderts nur neunzehn Inschriften ganz oder teilweise in deutscher Sprache abgefaßt, davon stammen elf aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Auch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bleiben die lateinischen Inschriften in der Überzahl, die deutsche Sprache überwiegt erst in nachreformatorischer Zeit ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und wird im 17. Jahrhundert in allen Bereichen die vorherrschende Sprache, auch in den Grabinschriften (vgl. Kap. 3. 1.). Anders als in den bisher ausgewerteten norddeutschen Inschriftenbeständen45) halten sich niederdeutsche Elemente in den Inschriften der Lüneburger Klöster deutlich länger. Der Bereich der Hausinschriften, in dem niederdeutsche Elemente üblicherweise sehr viel länger bewahrt bleiben als in den Grabinschriften, entfällt mangels Material für einen Vergleich in diesem Bestand. Um so bemerkenswerter ist jedoch der Vergleich der Grabinschriften der Klöster mit den Grabinschriften in den bisher bereits bearbeiteten Gebieten im Hinblick auf die sprachliche Entwicklung. Während in Hannover, Braunschweig und dem Landkreis Göttingen in den Grabinschriften nach 1550 Hochdeutsch zur vorherrschenden Sprache wird, fällt in diesem Bestand die lange Bewahrung des Niederdeutschen auf, obwohl seit der Mitte des 16. Jahrhunderts daneben auch rein hochdeutsch formulierte Inschriften stehen.

Während die Bauinschrift auf dem Schwellbalken am Ostflügel des Klosters Wienhausen aus dem Jahr 1550 (Nr. 120) noch in reinem Niederdeutsch ausgeführt ist, zeigt der zwanzig Jahre später erbaute Klosterkrug in Lüne Sprüche in Hochdeutsch ohne jedes niederdeutsche Element (Nr. 126). In den Grabinschriften stehen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts niederdeutsche neben hochdeutschen Inschriften. Dabei ist zu beobachten, daß Texte mit einem Gemisch aus beiden Sprachformen, wie sie für die Übergangszeit andernorts charakteristisch sein können, hier eher selten sind. Eine Zuweisung des Niederdeutschen oder Hochdeutschen an bestimmte Personenkreise läßt sich nicht treffen, vielmehr fällt auf, daß auch in den Grabinschriften der Konventualinnen noch lange rein niederdeutsche Texte vorkommen. So sind zwar die Inschriften auf den Epitaphien der Anna von Reden, Ehefrau des Medinger Hauptmanns, von 1572 (Nr. 127) und des Ernst von Langlingen in Wienhausen von 1577 (Nr. 132) durchgehend hochdeutsch, dagegen sind die Grabschrift wie das Bibelzitat auf der Grabplatte der Isenhagener Domina Judith von Bülow von 1580 (Nr. 133) in Niederdeutsch verfaßt. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang das Epitaph für den Lüner Amtmann Albert Roefsack und seine Ehefrau Ursula Papendorf, das nach dem Tod der Ehefrau 1580 angefertigt wurde (Nr. 134). Hier ist das Bibelzitat abgesehen von einem falsch restaurierten Ich am Beginn der Inschrift durchgängig niederdeutsch, etliche niederdeutsche Elemente enthält auch noch der Sterbevermerk für die Ehefrau, während der zehn Jahre später nachgetragene Sterbevermerk für den Ehemann abgesehen von den Worten tho und sines nur hochdeutsche Elemente zeigt. Deutlich wird dies an den bei gleichem Formular direkt zu vergleichenden Wörtern Olders und alters.

Drei Beispiele aus anderen Bereichen zeigen, daß das Niederdeutsche auch gegen Ende des 16. Jahrhunderts noch sehr im Sprachgebrauch verbreitet war. Die Ebstorfer Glocke von 1593 (Nr. 152) trug ebenso eine niederdeutsche Inschrift wie die von Konrad von Bothmer für den Ebstorfer Kreuzgang gestiftete Wappenscheibe von 1594 (Nr. 154). Die Wienhäuser Konventualin Engel Wennes ließ zur selben Zeit ihre Zelle mit überwiegend niederdeutschen Bibelzitaten schmücken oder führte die Ausmalung selber durch (Nr. 153). Die vollständige Ablösung des Niederdeutschen durch das Hochdeutsche vollzieht sich in den Klöstern erst in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Aber auch aus dieser Zeit gibt es noch ein Beispiel für niederdeutsche Grabinschriften, die für Konventualinnen bestimmt sind. Auf der 1615 für die Domina Gisela von Klencke und die Priorin Anna Behr gesetzten Grabstele in Walsrode sind Bibelzitate wie Sterbevermerke noch vollständig in Niederdeutsch abgefaßt (Nr. 197). Daneben gibt es Beispiele für vereinzelte niederdeutsche Elemente in ansonsten hochdeutschem Kontext. So stehen auf der Grabplatte für die Konventualin [Druckseite 33] Lucia von dem Knesebeck in Isenhagen von 1606 in der Grabschrift die Worte DVGENTRICHE und OLDERS im sonst hochdeutschen Text (Nr. 180). Der Sterbevermerk auf der Grabplatte für das Kind Anna Werdenhagen in Lüne von 1626 (Nr. 210) enthält noch die Bezeichnung DOCHTER, und recht lange hält sich die hoch-/niederdeutsche Mischform entslaffen in hochdeutschem Kontext (vgl. Nr. 196, 1615; Nr. 201, 1617; Nr. 231, 1644). In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kommen keine niederdeutschen Elemente mehr in den Inschriften der Lüneburger Klöster vor.

5. Schriftformen

Auf ein grundlegendes Problem in der Behandlung der Schriftformen dieses Bestands soll hier eingangs hingewiesen werden. Es besteht darin, daß von den 305 ganz oder teilweise im Original erhaltenen Inschriften fast die Hälfte – insgesamt 136 Inschriften verteilt über den gesamten Bearbeitungszeitraum – gemalt sind. Dies bedeutet, daß ihr heutiger Zustand in den meisten Fällen kaum mehr Aussagen über die ursprüngliche Schriftgestaltung zuläßt, weil sie im Laufe der Jahrhunderte zumeist mehrfach überarbeitet worden sind. Dies gilt nicht nur für die Ausführung der Buchstaben selbst, sondern auch für die im heutigen Zustand sichtbaren diakritischen Zeichen bzw. Umlaute in den Inschriften des 16. und 17. Jahrhunderts. Da Diakritika in den gemalten Inschriften des 16. und 17. Jahrhunderts die Regel sind, wird in den Inschriftenartikeln nicht jedesmal auf ihr Vorhandensein hingewiesen. Die gemalten Inschriften weisen zumeist diakritisch mit Häkchen bezeichnete u auf, die jedoch häufig von Restauratoren mißverstanden und als Umlaute wiedergegeben worden sind. Diese Fehler der Restauratoren im Umgang mit Diakritika bzw. Umlautbezeichnungen bleiben zumeist unerwähnt, da sie eher die Regel als die Ausnahme in restaurierten Texten sind und der Anmerkungsapparat durch ihre Wiedergabe jeweils unnötig groß würde. Neben den 136 gemalten Inschriften gibt es 24 gestickte, bei denen die Buchstabengestaltung in ganz besonderer Weise den Zwängen des Materials unterliegt und daher für eine schriftgeschichtliche Auswertung ebenfalls kaum etwas hergibt.

Abgesehen von alter Kapitalis und romanischer Majuskel finden sich in dem Inschriftenbestand der Lüneburger Klöster Beispiele für sämtliche in Norddeutschland auftretende epigraphische Schriften bis zum Jahr 1700, allerdings in sehr unterschiedlicher Gewichtung. Ab dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts dominiert die Kapitalis, daneben wird vor allem in den gemalten Inschriften die Fraktur häufig verwendet.

Gotische Majuskel

Die gotische Majuskel vereinigt kapitale und runde Buchstabenformen mit einer im Laufe der Zeit verstärkten Tendenz hin zu den runden Buchstabenformen. Allgemein charakteristisch für diese Schrift sind ausgeprägte keilförmige Verbreiterungen der Schaft- und Bogenenden sowie Bogenschwellungen. Die an Schaft-, Balken- und Bogenenden angesetzten Sporen werden besonders betont und können vor allem bei C und E zu einem durchgehenden Abschlußstrich zusammenwachsen.

Die älteste gotische Majuskel dieses Bestands auf der Glocke des Klosters Wienhausen aus den 20er Jahren des 13. Jahrhunderts (Nr. 1) besteht aus sehr einfach ausgeführten vertieften Buchstaben mit deutlich ausgeprägten Sporen, aber ohne weitere besondere Merkmale. Die zweitälteste gotische Majuskel ist knapp hundert Jahre jünger und ebenfalls in Metall ausgeführt; sie befindet sich auf der Taufe in Ebstorf und stammt aus dem Jahr 1310 (Nr. 2). Entsprechend zeigen die Buchstaben hier die Form der abgeschlossenen, voll ausgeprägten gotischen Majuskel mit Bogenschwellungen und vielen Zierformen, die besonders dadurch zur Geltung gebracht werden, daß die Buchstaben in leicht erhabener Kontur mit Binnenmusterung gestaltet sind. Die Serifen sind teilweise in Blättchen aufgelöst. Eine ganz außergewöhnlich ausgeführte gotische Majuskel trägt der aus dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts stammende Ebstorfer Kelch (Nr. 10): hier sind die einzelnen Buchstaben als Metallplättchen auf den Fuß aufgesetzt. Entsprechend sind die Buchstabenbestandteile sehr breit ausgeführt, um eine Stabilität zu gewährleisten. Feinere Zierformen der eingravierten Goldschmiedeinschriften fehlen. Stattdessen sind die Buchstaben aus sehr breiten [Druckseite 34] Hasten und aus Bögen zusammengesetzt, die durch spitz ausgezogene starke Bogenschwellungen auf Dreiecke reduziert sind. Die Schräghasten der V sind keilförmig verbreitert, ebenso die Balkensporen des T mit breiter Haste, an den Buchstabenenden jeweils beidseitig angesetzte Häkchen. Damit wirken die Buchstaben für sich genommen zwar massiv, durch die einheitliche Buchstabengestaltung erhält die Schrift aber ein sehr elegantes und ruhiges Schriftbild.

Als eines der ältesten und bedeutendsten Beispiele für das eingangs geschilderte Problem im Umgang mit den gemalten und häufig restaurierten Inschriften können hier die Inschriften in gotischer Majuskel im Wienhäuser Nonnenchor aus der Zeit um 1335 angeführt werden (Nr. 8). Daß die sich dort heute dem Betrachter präsentierende gotische Majuskel lediglich die Umsetzung dessen ist, was man im 19. Jahrhundert unter einer mittelalterlichen gotischen Majuskel verstand, lassen einige Schriftbänder erkennen, auf denen unter der neuen Fassung noch die deutlich abweichende ursprüngliche Fassung zu sehen ist, die sehr viel schmalere Buchstabenproportionen aufweist. Ganz offensichtlich hat man sich bei der Neufassung der Inschriften nicht darum bemüht, die noch erkennbaren Buchstabenformen getreu zu übernehmen, sondern lediglich eine einigermaßen originalgetreue Bewahrung der Texte zum Ziel gehabt, die jedoch auch nicht an allen Stellen geglückt ist. Für eine Auswertung der gotischen Majuskel entfallen die Inschriften des Wienhäuser Nonnenchors ebenso wie die der Wandmalereien im Kreuzgang (Nr. 3) und in der Allerheiligenkapelle (Nr. 7).

Eine ganz andere Ausführungsart der gotischen Majuskel zeigen die Teppiche im Kloster Wienhausen und die Moses-Laken im Kloster Ebstorf aus dem 14. Jahrhundert. Hier kann man keine besonderen Formprinzipien in der Buchstabengestaltung erwarten, da die Buchstabenform ganz entscheidend vom Geschick der jeweiligen Stickerin abhing. Dementsprechend einfach sind auch die gotischen Majuskeln auf dem ältesten der Teppiche, dem Tristan-Teppich I aus dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts (Nr. 5), in dünner Fadenstärke und sehr uneinheitlich ausgeführt. Die späteren Wienhäuser Teppiche zeigen beginnend mit dem Tristan-Teppich II aus dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts (Nr. 21) mit dem Farbwechsel von Buchstabe zu Buchstabe ein größeres Bemühen um die Gestaltung der Inschriften, das sich im Fall des Tristan-Teppichs II auch in den sehr sorgfältig gestickten Details der späten gotischen Majuskel ausdrückt, wie A mit breitem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken, dessen Hasten nach oben spitz zulaufen, oder I mit beidseitigen Nodi. Ein ähnliches Bemühen um eine detailreichere Buchstabengestaltung mit Zierformen zeigt der Propheten-Teppich (Nr. 23), auf dem der Farbwechsel zwischen den Buchstaben sogar innerhalb der PP-Ligatur und in dem verschränkten W durchgeführt ist.

Gotische Minuskel

Bei der gotischen Minuskel handelt es sich um eine aus der Buchschrift übernommene Schrift mit einem seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts allgemein und innerhalb kurzer Zeit verbreiteten Formenkanon, für den Bogenbrechungen und die daraus resultierende parallele, oft gitterartige Anordnung der senkrechten Buchstabenteile charakteristisch sind. Die im Mittelband stehenden Schäfte werden in der gotischen Minuskel an der Oberlinie des Mittelbands und an der Grundlinie gebrochen, Bögen durch stumpfwinklige Brechung oder durch spitzwinkliges Abknicken in senkrechte, waagerechte oder schräge Elemente umgewandelt.

In Wienhausen gibt es zwei recht frühe Beispiele der gotischen Minuskel, die allerdings beide gemalt sind und daher den oben bereits angeführten Einschränkungen in der Bewertung unterliegen. Dem Originalbefund einigermaßen entsprechen dürfte in den Wandmalereien des Nonnenchors die in einem aufgeschlagenen Buch in den Händen Jesu (Nr. 8,81, um 1335) ausgeführte gotische Minuskel – besonders die nicht durch Restaurierung übermalte rechte Buchseite –, die als früheste gotische Minuskel des Bestands angesehen werden kann, ihre Verwendung als „Buchschrift“ ist hier aber vom Thema her naheliegend. Die oben angesprochenen charakteristischen Brechungen zeigt diese Minuskel mit deutlichen Ober- und Unterlängen jedoch nur andeutungsweise. Vollkommen ausgeprägt sind sie dagegen bereits in den in einem Zweilinienschema stehenden Tituli der die Kreuzigung durch die Tugenden darstellenden Glasmalerei im Wienhäuser Kreuzgang (Nr. 18), die etwa zur selben Zeit – vielleicht etwas später – entstanden sein dürfte wie die Wandmalereien im Nonnenchor. Den Gittercharakter der gotischen Minuskel zeigen beide [Druckseite 35] Inschriften noch nicht. Dem entspricht schon eher die Inschrift auf einem auf das dritte Viertel des 14. Jahrhunderts zu datierenden Kelch in Ebstorf (Nr. 19), der eine typische mittelalterliche Goldschmiedeminuskel allerdings ohne besondere Zierformen trägt. Die Ober- und Unterlängen sind hier in der für diese Inschriften charakteristischen Weise über bzw. unter das den Hintergrund der glatten, leicht erhabenen Buchstaben bildende schraffierte Band hinausgeführt. Auf den Goldschmiedearbeiten der Klöster bleibt diese Goldschmiedeminuskel die Ausnahme, nur ein Medinger Kelch von 1494 (Nr. 57) zeigt ebenfalls eine glatte gravierte gotische Minuskel, allerdings nicht vor schraffiertem, sondern vor glattem Hintergrund, so daß die Gestaltung der Buchstaben nicht plastisch wirkt. Hier erscheinen die typischen Zierformen wie der durch den Schaft des t hindurchgesteckte Balken und der durch den Schaft des p hindurchgesteckte Bogen sowie gegabelte Oberlängen. Die anderen Goldschmiedearbeiten tragen alle eingravierte Minuskelinschriften, die grundsätzlich weniger aufwendige Zierformen aufweisen. Hier finden sich nur begleitende Zierstriche oder in Zierhäkchen ausgezogene Quadrangeln.

Der Gittercharakter läßt sich besonders gut demonstrieren an einer der wenigen erhaben in Stein ausgeführten gotischen Minuskeln dieses Bestands, der auf der Rahmenleiste der Grabplatte für den Isenhagener Propst Gerdener umlaufenden Inschrift (Nr. 50, 1471). Die Besonderheit dieser gotischen Minuskel liegt aber auch darin, daß hier die Zierformen der Goldschmiedeminuskel in Stein umgesetzt sind, ganz besonders in der Gestaltung der über die vertiefte Zeile hinausragenden Ober- und Unterlängen. So geht die in Kontur über der Zeile eingehauene Oberlänge des d in d(omi)nicam in den langen Kürzungsstrich über, der nach links umgebrochen ist und in einer Schleife über der Mitte endet. Sehr ähnlich ausgeführt ist eine erhaben in Stein gehauene Spätform der gotischen Minuskel – hier in Kombination mit Frakturversalien – auf einer sehr qualitätvollen Kindergrabplatte aus dem Jahr 1573 in Lüne (Nr. 129).

Es gibt auch gestickte gotische Minuskeln auf den Teppichen in Wienhausen aus dem letzten Viertel des 14. und aus dem 15. Jahrhundert. Während die Inschriften auf dem Thomas-Teppich aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts (Nr. 28) sehr einfach ausgeführt sind, so daß sich nur die Grundstruktur der Buchstaben erkennen läßt, bietet insbesondere der Heilsspiegel-Teppich (Nr. 39, vor 1433) durch die außergewöhnliche Größe der Schrift auf den Inschriftenleisten von acht bis zehn Zentimetern Buchstabenhöhe die Möglichkeit, auch Buchstabendetails zu gestalten. Die gotische Minuskel ist hier – anders als auf dem Thomas-Teppich, der geringe Ober- und Unterlängen zeigt – in ein Zweilinienschema gestellt, die Buchstaben weisen in dünner Fadenstärke gestickte Zierhäkchen und begleitende Zierstriche auf. Zierhäkchen und das Zweilinienschema finden sich auch in der gotischen Minuskel des Anna- und des Elisabeth-Teppichs (Nr. 78 u. 79, zweite Hälfte 15. Jahrhundert), die Brechungen und Quadrangeln sind deutlich gestickt. Während die gotische Minuskel des Thomas-Teppichs einheitlich mit rotem Faden gestickt ist, wird auf dem Heilsspiegel-Teppich wie auf dem Anna- und dem Elisabeth-Teppich die Buchstabenfarbe gewechselt, allerdings nicht wie in den Textilinschriften mit gotischer Majuskel von Buchstabe zu Buchstabe, sondern jetzt von Wort zu Wort.

Frühhumanistische Kapitalis

Diese besonders dekorative Schrift, die Elemente verschiedener Schriftarten wie der gotischen Majuskel und der Kapitalis mit byzantinisch-griechischen Formen vereint und Schmuckelemente wie Ausbuchtungen, Nodi und keilförmig verbreiterte Hasten aufweist, wurde von den Meistern der spätgotischen Altäre ebenso gerne verwendet wie von den Goldschmieden im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. In den Lüneburger Klöstern finden sich nur wenige, aber von der Anbringungsart her sehr typische Beispiele für frühhumanistische Kapitalis, so auf dem Hintergrund des 1519 gefertigten Marienaltars im Wienhäuser Nonnenchor (Nr. 96), wo die Tituli der davor aufgestellten Heiligenfiguren plastisch im Goldgrund vor aufgerauhtem Hintergrund ausgeführt sind. Ebenfalls für Heiligentituli ist die frühhumanistische Kapitalis in den Glasmalereien eines Fensters im Ebstorfer Nonnenchor verwendet (Nr. 100, 1523), sowie – in gleicher Weise typisch – in Gewandsauminschriften von Heiligenfiguren ebenfalls in Glasmalereien der Lüner Kreuzgangfenster (Nr. 108, erstes Viertel 16. Jahrhundert). Eine ehemals sehr sorgfältig eingravierte Inschrift in frühhumanistischer Kapitalis auf einem Kelch in Wienhausen aus dem Jahr 1520 (Nr. 97) ist zwar größtenteils getilgt, läßt aber noch die typischen Elemente dieser Schrift wenigstens ansatzweise erkennen. Das [Druckseite 36] nicht getilgte Datum enthält A mit breitem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken ebenso wie oben offenes eingerolltes D, retrograde N mit ausgebuchtetem Schrägbalken, I mit beidseitigen Nodi und spitzovales O, alle Buchstabenenden gegabelt, die erkennbaren Reste der übrigen Buchstaben zeigen, daß die E epsilonförmig waren. Neben diesen Inschriften aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts gibt es in Wienhausen noch zwei Verwendungen der frühhumanistischen Kapitalis aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Ein Ziegelstein von 1549 (Nr. 118) trägt die Initialen der sonst oft als Hausinschrift vorkommenden protestantischen Devise V(ERBUM) D(OMINI) M(ANET) I(N) E(TERNUM) in dieser Schrift. Das schönste Beispiel für frühhumanistische Kapitalis – wenn man von der zerstörten Kelchinschrift absieht – ist zugleich das späteste: die in auch für einen Schwellbalken auffallend großen, erhaben geschnitzten Buchstaben von 18 Zentimetern Höhe ausgeführte Bauinschrift von 1550 am Ostflügel der Klostergebäude (Nr. 120). Hierfür wurde nach Ausweis der Baurechnung ein Meister gesondert bezahlt, der die Buchstaben entwarf und ausführte. Die Inschrift enthält eingerollte D, I mit beidseitigem Nodus, spitzovales O, ausgebuchteten Balken des H und ausgebuchtete Schräghaste des N sowie das für die ausgeprägteren Arten dieser Schrift charakteristische byzantinische M.

Fraktur und humanistische Minuskel

Die humanistische Minuskel kommt als gesonderte Schrift in den Inschriften der Lüneburger Klöster nur ein einziges Mal auf einer Weinkanne des Klosters Wienhausen aus dem Jahr 1696 in einer Form mit kursiven Elementen vor (Nr. 227), sonst lediglich in Kombination mit der zweiten der beiden seit der Mitte des 16. Jahrhunderts verwendeten Minuskelschriften, der Fraktur. Allgemein kennzeichnend für die humanistische Minuskel sind runde Bögen und ohne Brechung endende Schäfte, f, Schaft-s und h weisen in der Regel keine Unterlänge auf. Wie schon in anderen Beständen läßt sich auch hier eine Verwendung der humanistischen Minuskel für lateinische Bestandteile wie den Titel Domina innerhalb von sonst in deutscher Sprache formulierten Inschriftentexten konstatieren, allerdings auch dies nur in fünf Fällen (Nr. 162, 276, 277, 281, 299). Für eine Auswertung der Buchstabenformen ist die Materialbasis in den Lüneburger Klöstern viel zu gering.

Charakteristische Merkmale der Fraktur sind neben den aufwendig gestalteten Versalien Schwellzüge und Schwellschäfte sowie die spitzovale Form der gebrochenen Bögen, a ist in der Regel einstöckig ausgeführt, f, h und Schaft-s weisen oft Unterlängen auf. Die sonst für diese Schrift kennzeichnende Betonung der Ober- und Unterlängen durch Schleifenbildung oder andere ausgeprägte Zierformen ist allerdings in den norddeutschen Beständen eher die Ausnahme. Die Fraktur findet sich in diesem Bestand ganz überwiegend in gemalten Inschriften auf Holz und Glas und bietet damit einerseits aufgrund der oft eher nachlässigen Ausführungsart, andererseits aufgrund von Veränderungen durch Restaurierungen kaum Material für eine schriftgeschichtliche Auswertung. Die Verwendung dieser Schrift zeigt eine strenge Bindung an deutschsprachige Texte.

Als ältestes Beispiel für Fraktur in den Lüneburger Klöstern können die erhaben geschnitzten Inschriften auf den Schwellbalken des Lüner Klosterkrugs aus dem Jahr 1570 (Nr. 126) bezeichnet werden, auch wenn deren Frakturcharakter im wesentlichen durch die Versalien bestimmt wird, während in der vergleichsweise einfachen Gestaltung der Minuskelbuchstaben noch deutlich die Stilmerkmale der gotischen Minuskel vorhanden sind. Allerdings sind die Bogenbrechungen hier oft abgerundet, die b sind unten spitzoval, der geschwungene Bogen des h ist unter die Grundlinie verlängert und die Hasten von v und w sind ebenfalls geschwungen. Charakteristisch ist an den Inschriften des Klosterkrugs, daß die deutschen Texte in Fraktur ausgeführt sind, die lateinischen jedoch in Kapitalis. Dieselbe Kombination von Schriftart und Text findet sich auch auf der Grabplatte für Ursula Papendorf in Lüne (Nr. 135), wo der deutsche Sterbevermerk in erhaben gehauener Fraktur, die lateinische Sentenz in Kapitalis ausgeführt ist. Allerdings ist die Platte so stark abgetreten, daß sich zu den Schriftmerkmalen nichts mehr sagen läßt.

Das ebenfalls für Ursula Papendorf und ihren Ehemann Albert Roefsack bestimmte Epitaph in der Lüner Kirche (Nr. 134) zeigt in dem in Fraktur ausgeführten Sterbevermerk der Ehefrau von 1580 sehr aufwendig gestaltete Frakturversalien mit komplizierter Schleifenbildung und begleitenden Zierstrichen sowie Schleifen und Zierhäkchen auch an den Minuskelbuchstaben. Der zehn [Druckseite 37] Jahre später nachgetragene Sterbevermerk für den Ehemann ist in einer sehr viel einfacher gestalteten Fraktur ausgeführt und damit ebenso typisch für die gemalten Frakturinschriften in diesem Bestand wie die in Fraktur gemalten Verse auf dem Epitaph der Ebstorfer Domina Lucia von Appel (Nr. 162), die wohl 1596 ausgeführt wurden. Die Schrift zeigt eine sehr reduzierte Form von Schwellzügen und Schwellschäften in der Ausführung von Buchstaben mit Ober- und Unterlängen, die Unterlängen von Schaft-s und f sind spitz unter die Zeile ausgezogen, der unter die Zeile ausgezogene Bogen des h nach links umgebogen, die Frakturversalien sind vergleichsweise einfach gestaltet. Diese schlichte „norddeutsche“ Form der Fraktur ist charakteristisch für den Gesamtbestand. Interessant ist die unter der Versinschrift stehende Zeile, in der der Name der Domina und des Klosters in Kapitalis, der Titel Domina in humanistischer Minuskel und die Bezeichnung Des Closters in Fraktur ausgeführt sind.

In der Glasmalerei gibt es auch Beispiele für eine ausgeprägtere Fraktur mit deutlichen Schwellschäften und Schwellzügen wie auf den Wappenscheiben im Lüner Kreuzgang von 1609 (Nr. 184). Die Wappenbeischriften zeigen das für die Glasmalerei charakteristische Bogen-r, bestehend aus einem Kurzschaft und einem z-förmigen Oberteil, das aus einem oben mit einem Schrägbalken besetzten Schlängel gebildet ist. Diese Form des Bogen-r findet sich auch in den ansonsten noch sehr der gotischen Minuskel verhafteten Wappenbeischriften von 1595 im Lüner Kreuzgang (Nr. 160), die als weitere Besonderheit der Glasmalerei-Schriften die sehr betont nach allen Seiten ausgezogenen Quadrangeln zeigen.

Fraktur in Stein findet sich auf den Grabkreuzen des Ebstorfer Klosterfriedhofs von 1660 (Nr. 264) und 1688 (Nr. 316318). Während die Frakturinschriften auf dem Grabkreuz der Agnes von Appel von 1660 eingehauen sind, sind die Inschriften der drei anderen Kreuze erhaben ausgeführt. Die eingehauenen Inschriften sind sehr viel feiner ausgeführt und wirken mit den geschwungenen Ober- und Unterlängen sehr viel eleganter als die knapp dreißig Jahre später gehauenen erhabenen Frakturinschriften, deren weitgehend gleichbleibende Buchstabenstärke sie trotz geschwungener Buchstabenbestandteile ein wenig plump erscheinen läßt.

Kapitalis

Entsprechend der zeitlichen Verteilung der Inschriften der Lüneburger Klöster ist es nicht weiter verwunderlich, daß die Renaissancekapitalis wie in den anderen bisher edierten norddeutschen Beständen auch hier die bei weitem vorherrschende Schriftform ist, die sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in allen Inschriftengruppen und Ausführungsarten durchsetzt. Der überwiegende Teil der in Holz und Stein ausgeführten Kapitalisinschriften ist erhaben geschnitzt oder gehauen, oft in vertiefter Zeile. Auch wenn viele dieser Inschriften regelmäßig gestaltet sind und durchgehende Stilmerkmale wie den Wechsel von Haar- und Schattenstrichen, Bogenverstärkungen und den Abschluß der Buchstabenbestandteile durch Serifen oder keilförmige Verstärkungen erkennen lassen, so orientieren sich doch die wenigsten an den klassischen Proportionen der Kapitalis, vielmehr sind die meisten Kapitalisinschriften eher schmal proportioniert.

Die älteste in Kapitalis ausgeführte Inschrift findet sich auf einer 1504 gegossenen Glocke in Ebstorf (Nr. 89), hier noch neben einem M der gotischen Majuskel in der Jahreszahl. Die erste in Stein gehauene erhabene Kapitalis des Bestands, die Inschrift auf der Grabplatte des 1534 verstorbenen Herzogs Heinrich des Mittleren in Wienhausen (Nr. 115), zeichnet sich durch eine qualitätvolle Ausführung und dementsprechend durch die oben bereits erwähnten Merkmale wie Bogenverstärkungen und den Wechsel von Haar- und Schattenstrichen sowie betonte Sporen an den Buchstabenenden aus, auffallend vor allem das M mit senkrechten Hasten und verstärktem linken und dünnerem rechten Mittelteil. Diese breit proportionierte Kapitalisinschrift bleibt jedoch die Ausnahme unter den in Stein gehauenen Inschriften der Klöster, die zumeist sehr einfach ausgeführt sind, unabhängig davon, ob sie eingehauen oder erhaben gehauen sind. Stellvertretend für den Großteil der Kapitalisinschriften kann die noch vergleichsweise sorgfältig gehauene erhabene Inschrift auf der Grabplatte des 1613 (Nr. 192) verstorbenen Amtmanns Balthasar von Eltz in Isenhagen erwähnt werden, die in zwar sehr regelmäßigen, aber äußerst flächigen Buchstaben ausgehauen ist, die weder Bogenverstärkungen noch Strichstärkenwechsel zeigen. Geradezu nachlässig eingehauen sind die Kapitalisinschriften auf den Grabplatten der Isenhagener Domina Judith von [Druckseite 38] Bülow (Nr. 133, 1580) und der Lüner Domina Dorothea von Meding (Nr. 140, 1587). Gerade in letzterem Fall verwundert die einfache Ausführung der Grabplatte, da sie zu Lebzeiten der Domina von ihr selbst in Auftrag gegeben wurde. Ein gewisses Bemühen um die Buchstabengestaltung zeigt nur noch die Grabplatte des Lüner Amtmanns Christian Wineke (Nr. 211, 1626) in der leicht rechtsgeneigten Kapitalis mit weit ausgezogenen Hasten, ganz besonders bei dem verschränkten W mit den beiden parallel nach links oben ausgezogenen Schräghasten.

Die einfache Ausführungsart überwiegt auch in den wenigen in Holz geschnitzten und den zahlreichen gemalten Kapitalisinschriften. Die erhaben geschnitzten Kapitalisinschriften auf den Schwellbalken am Lüner Klosterkrug (Nr. 126) zeigen eine breite, ausgewogene Buchstabengestaltung mit leichten Bogenverstärkungen und als Besonderheit P mit unten am Schaftende angesetztem Balken. Sehr viel schmaler ist die erhabene Kapitalis auf dem Schwellbalken an der Vorderseite des Gästehauses des Klosters Isenhagen gehauen (Nr. 159, 1595), die A hier teilweise mit gebrochenem Balken, die O spitzoval, die Hasten an den Enden leicht keilförmig verbreitert. Als besonderes Detail sind hier die getreppten Kürzungsstriche zu erwähnen, für die die vertiefte Zeile entsprechend getreppt ausgeschnitten ist. Die Inschrift auf dem Schwellbalken der Hausrückseite ist sehr viel einfacher ausgeführt. Ganz im Kontrast zum anspruchsvollen Inhalt der Inschrift steht die nachlässig ausgeführte Kapitalis auf dem Schwellbalken des Amtszinskorngebäudes in Ebstorf (Nr. 206, 1622), die jedes Bemühen um eine besondere Buchstabengestaltung vermissen läßt und geradezu als formlos zu bezeichnen ist.

Unter den gemalten Kapitalisinschriften zeichnen sich die Inschriften auf zwei wohl gleichzeitig angefertigten Epitaphien für zwei Ebstorfer Dominae durch eine besondere Qualität aus, die sich jedoch nur noch ansatzweise erkennen läßt, da beide Grabdenkmäler stark zerstört sind (Nr. 156 u. 157, 1595). Der betonte Wechsel von Haar- und Schattenstrichen und Bogenverstärkungen finden sich hier ebenso wie stark betonte Sporen. Die R weisen weit ausgezogene Cauden auf, der Mittelbalken des E ist jeweils auf einen Sporn reduziert, die Serife am Ende des unteren Balkens weit ausgezogen. Die Inschriften des Epitaphs Nr. 156 lassen noch erkennen, daß die in Gold ausgeführten Buchstaben mit schwarzen Begleitstrichen versehen sind, die die Schrift plastisch hervortreten lassen. Auch andere gemalte Kapitalisinschriften zeigen Strichstärkenwechsel oder Sporen an den Buchstabenenden, ohne sich dabei allerdings durch besondere Qualität auszuzeichnen. Als Beispiele seien hier die Inschrift auf dem Porträt der Lüner Domina Dorothea von Meding (Nr. 145, 1590) genannt und die Inschriften unter den Gemälden des Lüner Gestühls im Raum vor dem Nonnenchor (Nr. 292, wohl drittes Viertel 17. Jahrhundert).

Insgesamt lassen sich an den Kapitalisinschriften der Lüneburger Klöster bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums keine nennenswerten Entwicklungen in der Buchstabengestaltung beobachten. Lediglich eine im Laufe des 17. Jahrhunderts zunehmende U-Schreibung statt der bis dahin üblichen V-Schreibung für den Vokal u läßt sich konstatieren, setzt sich aber nicht vollständig durch, wie es die konsequente V-Schreibung in den gemalten Inschriften des Lüner Gestühls (Nr. 292) zeigt, das wohl auf das dritte Viertel des 17. Jahrhunderts zu datieren ist. Die Kapitalis wird gleichermaßen für lateinische und deutsche Inschriften verwendet.

Zitationshinweis:

DI 76, Lüneburger Klöster, Einleitung (Sabine Wehking), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di076g013e004.

  1. DI 56 (Stadt Braunschweig 2), S. XIIIf. »
  2. Johann Siebmachers großes und allgemeines Wappenbuch in Verbindung mit Mehreren neu herausgegeben und mit historischen, genealogischen und heraldischen Notizen begleitet von Otto Titan von Hefner u. a. Bd. 1–7, Nürnberg 1854–1967. Max von Spießen, Wappenbuch des westfälischen Adels. 2 Bde., Görlitz 1901–1903. »
  3. Zu allen sechs Lüneburger Klöstern: Ida-Christine Riggert, Die Lüneburger Frauenklöster. Hannover 1996 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 37, Quellen und Untersuchungen zur Geschichte Niedersachsens im Mittelalter 19). Außerdem u. a.: Eva Schlotheuber, Klostereintritt und Bildung. Die Lebenswelt der Nonnen im späten Mittelalter, mit einer Edition des „Konventstagebuchs“ einer Zisterzienserin von Heilig-Kreuz bei Braunschweig (1484–1507). Tübingen 2004 (Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe 24). Studien und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenklöster im späten Mittelalter. Ergebnisse eines Arbeitsgesprächs in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 24. – 26. März 1999, hg. v. Falk Eisermann, Eva Schlotheuber u. Volker Honemann. Leiden/Boston 2004 (Studies in Medieval and Reformation Thought 99). Krone und Schleier, Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern, hg. v. der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn u. dem Ruhrlandmuseum Essen. München/Bonn/Essen 2005. Frauen – Kloster – Kunst, Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters, hg. v. Jeffrey F. Hamburger u. a. Oostkamp 2007. »
  4. Hanna Dose, Evangelischer Klosteralltag. Leben in Lüneburger Frauenkonventen 1590–1710 untersucht am Beispiel Ebstorf. Hannover 1994 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXV, Quellen und Untersuchungen zur allgemeinen Geschichte Niedersachsens in der Neuzeit 12). Renate Oldermann, Kloster Walsrode – vom Kanonissenstift zum evangelischen Damenkloster. Bremen 2004. »
  5. Grundlegend zur Geschichte jedes Klosters die Artikel in: Germania Benedictina, Bd. XI: Norddeutschland, Die Frauenklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen, bearb. v. Ulrich Faust OSB. St. Ottilien 1984. Germania Benedictina. Bd. XII: Norddeutschland, Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg, bearb. v. Ulrich Faust OSB. St. Ottilien 1994. »
  6. Zur Klosterreform und Reformation in den sechs Klöstern im Überblick: Riggert, Frauenklöster, S. 308–360. »
  7. Leichenpredigt für die 1713 verstorbene Lüner Äbtissin Barbara von Wittorf, HAB Wolfenbüttel, Alv. Nh 227 (8), S. 37f. »
  8. Allgemein zur Geschichte des Klosters Ebstorf vgl. Klaus Jaitner, Ebstorf. In: Germania Benedictina. Bd. XI, S. 165–192; Dose, Klosteralltag, S. 37–77; Riggert, Frauenklöster, S. 23–26. »
  9. Zur Baugeschichte der Klöster besonders die einleitenden Kapitel in: Rüdiger Becksmann u. Ulf-Dietrich Korn, Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern. Berlin 1992 (Corpus Vitrearum Medii Aevi, Deutschland, Bd. VII,2). »
  10. Dose, Klosteralltag, S. 218–221. »
  11. Ebd., S. 220. »
  12. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Isenhagen: Heinz J. Schulze, Isenhagen. In: Germania Benedictina. Bd. XII, S. 228–267; Riggert, Frauenklöster, S. 27–29. »
  13. Chronik des Klosters Isenhagen 1578–1720, bearb. v. Wolfgang Brandis unter Mitarb. v. Eva Grusdt. Gifhorn 2005 (Materialien zur Archivarbeit 8). »
  14. DI 24 (Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne), Nr. 15, 28, 29, 46»
  15. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Lüne: Uta Reinhardt, Lüne. In: Germania Benedictina. Bd. XI, S. 377–402; Riggert, Frauenklöster, S. 30–32. »
  16. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Medingen: Uta Reinhardt, Medingen. In: Germania Benedictina. Bd. XII, S. 518–547; Riggert, Frauenklöster, S. 33–37.  »
  17. Urkundenbuch des Klosters Medingen, bearb. v. Joachim Homeyer. Hannover 2006 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 233, Lüneburger Urkundenbuch, 10. Abt.). »
  18. Dose, Klosteralltag, S. 220, Anm. 15. »
  19. Ludwig Albrecht Gebhardi, Collectanea. 15 Bde., 1762–1798. Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, MS XXIII, 848–862, hier Bd. 7 (MS XXIII, 855), p. 619–632. »
  20. Ebd., p. 626. »
  21. Johann Ludolph Lyßmann, Historische Nachricht von dem Ursprunge, Anwachs und Schicksalen des im Lüneburgischen Herzogthum belegenen Closters Meding, dessen Pröbsten, Priorinnen und Abbatißinnen. Halle 1772. »
  22. Johann Heinrich Büttner, Diplomatarium Medingense, nach 1730. Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, MS XXIII, 975.  »
  23. Das Kloster Walsrode ist das einzige unter den Lüneburger Klöstern, für das die Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart in einer Monographie aufgearbeitet wurde: Renate Oldermann, Kloster Walsrode – vom Kanonissenstift zum evangelischen Damenkloster. Bremen 2004. Außerdem: Dieter Brosius, Walsrode. In: Germania Benedictina. Bd. XI, S. 534–541. »
  24. Riggert, Frauenklöster, S. 39. »
  25. Oldermann, Kloster Walsrode, S. 51. »
  26. Becksmann/Korn, Glasmalereien, S. 192. »
  27. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Wienhausen: Heiko Leerhoff, Wienhausen. In: Germania Benedictina. Bd. XII, S. 756–796; Riggert, Frauenklöster, S. 41–44. Für das Kloster Wienhausen liegt ein ausführlicher Kunstdenkmälerband vor, in dem auch die Inschriften erfaßt sind: Joachim Bühring u. Konrad Maier, Die Kunstdenkmale des Landkreises Celle, Text- und Bildband, Teil II Wienhausen, Kloster und Gemeinde. Hannover 1970 (Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen, Bd. 34). »
  28. Chronik und Totenbuch des Klosters Wienhausen, hg. v. Horst Appuhn. Wienhausen 1986, p. 16f. »
  29. HSTA Hannover, Hann. 113 III, Nr. 13802. »
  30. HSTA Hannover, Hann. 133 III, Nr. 13792. »
  31. Zur Baugeschichte Maier, Kunstdenkmale, passim, sowie Becksmann/Korn, Glasmalereien, S. 205f. »
  32. Chronik und Totenbuch, p. 16f. »
  33. Horst Appuhn, Kloster Wienhausen. Der Fund im Nonnenchor. Wienhausen 1973 (Führer Kloster Wienhausen IV). »
  34. Der allgemeine Begriff ‚Grabinschrift‘ bezeichnet im Gegensatz zu dem spezielleren Terminus ‚Grabschrift‘, der sich auf den Texttyp bezieht, sämtliche auf Inschriftenträgern aus dem Bereich Begräbnis und Totengedenken angebrachte Texte. Als Grabinschrift können daher auch die in Kap. 3. 3. behandelten erbaulichen Texte verwendet sein. »
  35. Die Terminologie folgt dem im Band DI 36 (Stadt Hannover), S. XXIIIXXIV Dargelegten. Die Grabplatte steht wie die Grabstele oder das Grabkreuz immer in enger Beziehung zum Begräbnisort. Das Epitaph ist dagegen nicht an den Begräbnisplatz gebunden und wird häufig zusätzlich zu dem an das Grab gebundenen Denkmal errichtet. »
  36. Christine Wulf, Bildbeischriften im frömmigkeitsgeschichtlichen Kontext – Funktionswandel von Inschriften auf kirchlichen Ausstattungsstücken vom hohen Mittelalter bis zum 16. Jahrhundert. In: Traditionen, Zäsuren, Umbrüche – Inschriften des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit im historischen Kontext. Beiträge zur 11. Internationalen Fachtagung für Epigraphik vom 9. bis 12. Mai 2007 in Greifswald, hg. v. Christine Magin, Ulrich Schindel u. Christine Wulf. Wiesbaden 2008, S. 37–54, hier S. 44f. »
  37. Vgl. ebd. S. 51f. »
  38. Dazu immer noch maßgeblich E. Wernicke, Die Darstellung des apostolischen Glaubensbekenntnisses in der deutschen Kunst des Mittelalters. In: Christliches Kunstblatt 1887, S. 102–105, 123–126, 135–139, 155–160, 171–175; 1888, S. 10–15; 1889, S. 42–46, 59–64. »
  39. Wulf (wie Anm. 36), S. 52f. »
  40. Vgl. dazu grundlegend und mit weiteren Angaben zur Literatur: Udo Sträter, Meditation und Kirchenreform in der lutherischen Kirche des 17. Jahrhunderts. Tübingen 1995 (Beiträge zur historischen Theologie 91). »
  41. Zum Begriff der Erbauungsliteratur allgemein der Artikel ‚Erbauungsliteratur‘ von Ute Mennecke-Haustein in: Evangelisches Kirchenlexikon, hg. v. Erwin Fahlbusch. 3. Aufl. (Neufassung), Bd. 1, Göttingen 1986, Sp. 1058–1065. »
  42. Für das Kloster Walsrode hat Renate Oldermannn dies bereits ausgeführt (Oldermann, Kloster Walsrode, S. 115–123). Zur Zeit in Arbeit ist die Dissertation von Katharina Talkner (Hannover) mit dem Arbeitstitel ‚Liedrepertoire und -überlieferung in den niedersächsischen Frauenklöstern‘, die sich auch mit der Erbauungsliteratur in den Lüneburger Klöstern beschäftigt. »
  43. Ähnliche Zusammenstellungen zu den verschiedenen Lebenssituationen finden sich beispielsweise in: Geistliches Kleinod, das ist: vier Tractätlein ..., zusammengetragen von Johann Gerhard, vermehrt durch Christian Chemnitz. Lüneburg 1670. Darin (S. 267–270) Trostsprüche wider den Tod, eine Zusammenstellung der auch in den Inschriften immer wieder verwendeten auf den Tod und die Auferstehung bezogenen Bibelzitate. »
  44. Vgl. Johann Gerhard, Quinquagintae Meditationes sacrae. 4. Aufl. Jena 1616, Dedicatio [p. 7]. »
  45. Vgl. dazu DI 36 (Stadt Hannover), S. XXVIf.; DI 56 (Stadt Braunschweig 2), S. XXXIV, XXXV, XXXVI und XXXVII; DI 66 (Landkreis Göttingen), S. 25»