Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

GELEITWORT

Eberhard J. Nikitsch, der bereits 2004 einen ersten gewichtigen Band mit Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises vorgelegt hat, kann jetzt die restlichen epigraphischen Zeugnisse dieses Kreises der Öffentlichkeit zugänglich machen. War der erste unvergleichlich umfangreichere Band den Denkmälern der glänzenden Kirchen und Städte am Rhein – u. a. in Boppard, Oberwesel und St. Goar – gewidmet, so stammen die jetzt veröffentlichten über 200 Inschriften überwiegend aus den ärmeren und kargeren, auch viel dünner besiedelten Landstrichen im Hunsrück. Doch schmälert das ihre historische Bedeutung, namentlich für die Landes- und Ortsgeschichte, für die Sozial-, die Kunst- und Schriftgeschichte, nicht. Bei den hier herrschenden großen konfessionellen Unterschieden in der auch politisch stark zersplitterten Gegend hat der Bearbeiter manch interessantes Zeugnis aufspüren können, das weit über die Landschaft hinaus Interesse finden dürfte.

Mit dem Augustiner-Chorherren-Stift in Ravengiersburg gab es ein gewichtiges geistliches Zentrum. An der Fassade der Kirche hat sich aus dem 12. Jahrhundert das eindrucksvolle Relief einer Majestas Domini erhalten; die inhaltlich höchst interessante, aber ungewöhnliche Umschrift eröffnet mit ihrer Buß- und Erlösungsthematik auch für das Verständnis dieser im früheren Mittelalter so häufigen Bildfigur wichtige neue Aspekte. Reste des Kirchenschatzes zeugen vom Rang des Klosters im Mittelalter. Wie in fast allen Bänden des Inschriften-Corpus nehmen Grabmäler und andere Denkmäler des Totengedächtnisses großen Raum ein. Die älteren Hochgräber der Grafen von Sponheim aus der Zeit vor 1337 in der Kirche in Kastellaun ragen durch künstlerische Qualität heraus. Vor allem gewinnt die fürstliche Residenz in Simmern Bedeutung, wo seit der zweiten Hälfte des 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts die Herzöge von Pfalz-Simmern ihr Herrschaftszentrum hatten, in dem sie und auch einige ihrer Beamten entsprechend anspruchsvolle Grabmäler errichteten. Ungewöhnlich groß ist mit 54 Stück der Anteil der alten Glocken; es sind dies bekanntlich historische Denkmäler mit interessanten Inschriften, die wegen ihrer weitgehenden Unzugänglichkeit in den Türmen der Kirchen im öffentlichen Bewußtsein kaum präsent sind. Um so wichtiger erscheint ihre Veröffentlichung, mag sie für den Bearbeiter auch mit ungewöhnlichen Mühen verbunden gewesen sein. Die ältesten hier erfaßten Glocken stammen noch aus dem 13. Jahrhundert; insgesamt 39 sind im Mittelalter – verstanden im engeren Sinne, also vor 1500 – entstanden. Mehr als die Hälfte davon, 32 Stück, sind bis heute erhalten, die übrigen nur noch durch Photographien, Zeichnungen oder Beschreibungen dokumentiert. Doch werden nach den Regeln des Inschriftenwerkes dankenswerterweise auch solche Denkmäler aufgenommen, die dem Vergessen sonst ganz anheimfallen würden.

Der Bearbeiter des Bandes Eberhard J. Nikitsch, der schon 1993 die Inschriften des Landkreises Kreuznach und jetzt die beiden Rhein-Hunsrück-Bände vorgelegt hat, hat keine Mühe gescheut, in den Dörfern seines Gebietes im Hunsrück mit Eifer und Neugier alle erhaltenen oder sonst irgendwie überlieferten Inschriften aufzuspüren. Mit seiner großen Erfahrung – er arbeit seit 25 Jahren an der Inschriftenerfassung bei der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur – hat er die zusammengetragenen historischen Zeugnisse ediert und kommentierend erschlossen. Dafür gebührt ihm der uneingeschränkte Dank der Inschriftenkommission, in den auch die beiden Photographen Brunhild Escherich und Thomas G. Tempel einbezogen werden sollen, die mit ihren Aufnahmen erst die Grundvoraussetzung [Druckseite 8] für die vorgelegte umfassende Publikation geliefert haben; Thomas Tempel wird darüber hinaus die Gestaltung des Abbildungsteiles verdankt.

In insgesamt acht Bänden sind aus Rheinland-Pfalz bisher die Inschriften der großen Bischofsstädte Mainz (bereits 1958), Worms (1991) und Trier (2 Teilbände 2006 und Ende 2010) veröffentlicht; Speyer ist in Arbeit. Mit den epigraphischen Denkmälern der Stadt Oppenheim (1984) und der Landkreise Bad Kreuznach (1993) und Rhein-Hunsrück (2004 und 2010) sind weitere Teile des Landes erfaßt. Aber vieles ist auch noch zu tun. Es bleibt inständig zu hoffen, daß die Verantwortlichen die nötige Einsicht in die Bedeutung dieser Aufgabe aufbringen und die notwendigen Mittel bereitstellen, damit das große Werk der Erschließung dieser historischer Quellen einst so erfolgreich abgeschlossen werden kann, wie es – in Mainz 1959, verstärkt seit 1976 – begonnen wurde und bisher über Jahrzehnte fortgeführt werden konnte.

Mainz, im April 2010, für die Inschriften-Kommission der Mainzer Akademie

Rainer Kahsnitz

VORWORT

Mit der vorliegenden Publikation des zweiten Teilbandes der Inschriften des heutigen Rhein-Hunsrück-Kreises werden die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften der ehemaligen Kreise St. Goar und Simmern der Öffentlichkeit in einer wissenschaftlich kommentierten Edition erstmals vollständig zugänglich gemacht. Im Gegensatz zum ersten Teilband, der mit Boppard, Oberwesel und St. Goar hauptsächlich drei große Standorte am Rhein erfasste, gestaltete sich die Inschriftensuche und -aufnahme in den Kapellen und Kirchen, den Dörfern und kleineren Städten des Hunsrücks ungleich schwieriger. Ohne die engagierte Mitarbeit zahlreicher Helfer vor Ort wären viele Inschriften mit Sicherheit nicht oder nur mit großer Mühe aufgefunden worden.

Auch in den besuchten Archiven und Bibliotheken standen die Mitarbeiter den Wünschen des Bearbeiters stets aufgeschlossen und hilfsbereit gegenüber, so in der Heimatwissenschaftlichen Zentralbibliothek Bad Kreuznach, in der Ev. Archivstelle Boppard der Evangelischen Kirche im Rheinland, im Forschungszentrum Vorderhunsrück e.V. (Familienstiftung Pies-Archiv) Dommershausen, im Generallandesarchiv Karlsruhe, im Pfarrarchiv der Katholischen Pfarrkirche St. Michael Kirchberg, im Landeshauptarchiv Koblenz, im Stadtarchiv Koblenz, in der Universitätsbibliothek Mainz, im Hunsrück-Archiv Simmern und im Bistumsarchiv Trier. Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei Herrn Dr. Fritz Schellack, Leiter des Hunsrück-Museums und Hunsrück-Archivs sowie Vorsitzender des Hunsrücker Heimatvereins, für sein großes Interesse und für seine stets freundliche und unkomplizierte Unterstützung meiner Arbeit.

Ganz herzlich möchte ich mich für die wie gewohnt gute Zusammenarbeit mit den Dienststellen des früheren Landesamtes für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz in Mainz (jetzt Generaldirektion Kulturelles Erbe, Direktion Landesdenkmalpflege) bedanken, vor allem bei Herrn Landeskonservator Dr. Joachim Glatz, Frau Oberbaurätin Brigitta Enders und Frau Ursula Kummert (Bibliothek) sowie bei Herrn Konservator i. K. Dr. Hans-Berthold Busse, Bischöfliches Generalvikariat Trier.

Die evangelischen und katholischen Pfarrer der jeweiligen Kirchengemeinden gestatteten freundlich die Inschriftenaufnahme in den ihnen anvertrauten Kirchen und Kapellen, die von den jeweiligen Küsterinnen und Küstern hilfsbereit unterstützt wurde.

Bei der Organisation der Arbeit sowie bei der Suche und Aufnahme der Inschriften vor Ort waren mir über viele Jahre hinweg die inzwischen leider verstorbenen Herren Gustav Schellack und Willi Wagner behilflich, die – wie ein Blick in das Literaturverzeichnis zeigt – die historiographische Landschaft des Hunsrücks entscheidend geprägt haben. Zudem haben Herr Peter Casper und Herr Pastor Johannes Flöck mit großem Engagement bei der Aufnahme der Kirchberger Inschriften geholfen. Herr Dr. Hubert Leifeld gab hilfreiche Hinweise bei der Kommentierung der Kastellauner Inschriften. Herr Dipl.-Vermessungsingenieur Peter Schößler steuerte nicht nur zahlreiche wertvolle genealogische Ergänzungen zu den Katalogartikeln bei, sondern animierte den Bearbeiter auch zu einer ertragreichen Grenzsteinwanderung. Herr Jörg Poettgen (Rheinisches Institut für Glockenkunde, Overath) gab wichtige Hinweise zu einzelnen Glocken. Schließlich überprüften die Herren Prof. Dr. Hans-Henrik Krummacher und Prof. Dr. Otto Zwierlein, Mitglieder der Inschriften-Kommssion der Mainzer [Druckseite 10] Akademie, dankenswerterweise einige komplizierte lateinischen Inschriften und gaben Übersetzungshilfen.

Von den immer diskussions- wie hilfsbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der befreundeten Schwesterarbeitsstellen der Akademien der Wissenschaften in Deutschland und Österreich möchte ich Dr. Harald Drös in Heidelberg hervorheben, der den gesamten Katalogteil gründlich Korrektur gelesen sowie die Tafel der Marken und Steinmetzzeichen gezeichnet hat, ihm gilt mein besonders herzlicher Dank. Olaf Meding, dem Lektor der Mainzer Akademie, danke ich für seine freundliche und kompetente Betreuung während der Drucklegung des Buches.

Trotz aller unverzichtbaren Hilfe von außen hätte der Inschriftenband ohne Unterstützung aus der eigenen Arbeitsstelle in der vorliegenden Form kaum fertiggestellt werden können. Ich bedanke mich bei unseren wissenschaftlichen Hilskräften Anna Deutschendorf, Katharina Haberkorn und Anja Schulz, ebenso bei unseren beiden Fotografen Brunhild Escherich und Thomas G. Tempel, die mit großem Engagement eine Vielzahl der verwendeten fotografischen Aufnahmen hergestellt haben. Herrn Tempel danke ich zudem ausdrücklich für seine kreative Mitarbeit bei der Gestaltung des umfangreichen Abbildungsteiles und des Schutzumschlages. Meiner Kollegin Dr. Yvonne Monses verdanke ich wertvolle Hinweise aus Bibliotheken und Archiven, meinem Kollegen Priv.-Doz. Dr. Michael Oberweis die sorgfältige Überprüfung und Verbesserung meiner Übersetzungen aus dem Lateinischen. Gleiches gilt für meinen früheren Kollegen Prof. Dr. Sebastian Scholz. Nicht hoch genug zu schätzen ist die Mitwirkung meines Kollegen Dr. Rüdiger Fuchs, der nun bereits den dritten Inschriftenband in bewährter Weise sorgfältig Korrektur gelesen und ihn durch seine große Erfahrung und seinen unbestechlichen epigraphischen Blick entscheidend bereichert hat.

Prof. Dr. Rainer Kahsnitz, Vorsitzender der Mainzer Inschriften-Kommission, hat die Entstehung des Inschriftenbandes stets mit fördernden Ratschlägen begleitet und seine Vollendung durch nachhaltiges Interesse beschleunigt.

Josef Heinzelmann, mit der Mainzer Arbeitsstelle in kritischer Sympathie verbundener leidenschaftlicher Kulturhistoriker und inspirierender Freund, hat das Erscheinen des vorliegenden Bandes nicht mehr erlebt; er verstarb am 2. Februar dieses Jahres in seinem Haus in Oberwesel-Langscheid. Ihm ist dieses Buch gewidmet.

Mainz, am 24. April 2010

Eberhard J. Nikitsch

EINLEITUNG UND AUSWERTUNG

1. Vorbermerkungen und Benutzungshinweise

Der vorliegende Teilband enthält in 204 Katalognummern die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II bis 1689, dem Jahr der Verwüstung großer Teile dieser Region im Pfälzischen Erbfolgekrieg1). Das Bearbeitungsgebiet umfasst den ehemaligen Landkreis Simmern und den westlichen Teil des ehemaligen Landkreises St. Goar. Zusammen mit den 466 Katalognummern des 2004 erschienenen Inschriftenbandes DI 602) liegen nun die Inschriften des gesamten, 1969 neu gebildeten Rhein-Hunsrück-Kreises3) vollständig vor und erschließen mit insgesamt 670 (bzw. mit Nachträgen 674) Katalognummern den inschriftlichen Bestand des Mittelrheintales und weiter Bereiche des Hunsrücks.

Aufgenommen wurden alle zugänglichen erhaltenen Inschriften des Bearbeitungsgebietes mit ihren Trägern. Ebenso wurden nach außerhalb verbrachte Inschriften berücksichtigt, deren Herkunft aus dem Bearbeitungsgebiet nachgewiesen werden konnte. Ediert wurden auch alle nur noch in Abschrift, im Druck, in Nachzeichnung oder auf Fotos überlieferten Inschriften, die heute verschollen oder ganz verloren sind. Vollständigkeit der Erfassung wurde angestrebt4), dürfte aber angesichts der erst ansatzweise aufgearbeiteten Archivalien der Kirchen und Klöster des Bearbeitungsgebietes im kopialen Bereich nicht ganz erreicht worden sein.

Die Bearbeitung der Inschriften folgt den für das Inschriftenunternehmen der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geltenden [Druckseite 12] Richtlinien5). Da Inschriften6) in der Regel Unikate darstellen, werden Texte aus serieller Produktion – wie sie etwa auf Bucheinbänden, Medaillen, Münzen und Siegeln bzw. auf Ofen- und Takenplatten zu finden sind – nicht berücksichtigt; zudem ist die Erforschung dieser Quellen Aufgabe eigener Fachdisziplinen. Sofern sie nicht in Verbindung mit einer Inschrift auftreten, werden Runen und (Haus-)Marken, Steinmetz-, Meister-, Goldschmiede- und Beschauzeichen sowie Monogramme und Einzelbuchstaben nach wie vor von der Edition ausgeschlossen. Singuläre Jahreszahlen eines Standortes werden in der Regel in einer Sammelnummer zusammengefasst und unter der frühesten Jahreszahl im Katalog eingeordnet.

Der vorliegende Katalogteil besteht aus 204 chronologisch geordneten Einzelartikeln (und drei Nachträgen), die jeweils einen Inschriftenträger mit ggf. mehreren Inschriften behandeln. Die Artikel gliedern sich nach folgendem Schema:

In der Mitte der Kopfzeile steht der heutige Standort der Inschrift, eventuell ergänzt durch die in runden Klammern gesetzte Angabe des (bzw. eines) früheren Standortes. Bei verlorenen Inschriften wird der letzte bekannte Standort angegeben. Kirchen und Kapellen sind in der Regel mit ihrer gegenwärtigen Bezeichnung benannt.

1 Links in der Kopfzeile steht die fortlaufend gezählte Katalognummer.
1† Ein beigesetztes lateinisches Kreuz signalisiert, dass die Inschrift heute nicht mehr vorhanden oder lediglich kopial überliefert ist.
1(†) Steht das Kreuz zwischen runden Klammern, weist dies entweder auf erhaltene und verlorene Inschriften innerhalb einer Katalognummer hin oder auf stark überarbeitete bzw. modern ausgeführte Inschriften auf originalen Trägern.
1400 Am rechten Rand der Kopfzeile steht das Entstehungsjahr bzw. der erschlossene Entstehungszeitraum der Inschrift. Die Datierung ist in der Regel der Inschrift entnommen, falls nicht eindeutige Anzeichen auf eine frühere oder spätere Herstellung hinweisen. Undatierte Inschriften werden am Ende des ermittelten Zeitraumes eingefügt. Bei einer zufälligen Wiederverwendung des Inschriftenträgers werden die Inschriften getrennt und unter Verweis auf den Träger unter dem jeweiligen Entstehungsjahr eingeordnet, dagegen bei einer offensichtlich bewußt konzipierten Wiederverwendung – etwa im familiären Bereich – gemeinsam unter der ältesten Inschrift. Sind auf einem Träger zahlreiche eigenständige Inschriften aus verschiedenen Entstehungsjahren angebracht, werden entsprechend mehrere Datierungen – durch Komma getrennt – in die Kopfzeile gesetzt; die älteste Inschrift bestimmt dabei die Einordnung in den Katalog.
(1375), 1400 Bei Grabinschriften steht bei großer Differerenz zwischen Todesdatum und Entstehungsjahr der Inschrift das Todesdatum in runden Klammern vor dem Entstehungsjahr.
1400? Unsichere Datierungen erhalten ein Fragezeichen.

Der auf die Kopfzeile folgende Absatz nennt zunächst den Inschriftenträger (bzw. die Inschriftenart) und gibt möglichst präzise Informationen zu seinem Standort bzw. seiner Herkunft. Es folgt eine kurze Beschreibung des Trägers mit Bemerkungen zum Material, zur Anbringung und Herstellungstechnik der Inschrift und zum Erhaltungszustand. Mehrere eigenständige Inschriften innerhalb eines Trägers sind mit A, B, C (usw.) bezeichnet, [Druckseite 13] mehrere eigenständige Inschriftenträger innerhalb eines Standortes mit I, II, III (usw.). Außer bei der Blasonierung von Wappen erfolgt die Beschreibung immer vom Blickpunkt des Betrachters aus.

Bei verlorenen Inschriften endet dieser Absatz mit der Nennung der für die Textwiedergabe maßgeblichen Quelle. Sonst folgen die Maßangaben des Inschriftenträgers und der Buchstaben (in cm, gemessen an den Buchstaben n/N) sowie die genaue Bezeichnung der Schriftart(en), in denen die Inschriften ausgeführt sind. Die Höhenangaben bei Glocken berücksichtigen nicht die Krone. Am Rand außerhalb des Satzspiegels stehen die zugehörigen Nummern der im Tafelteil wiedergegebenen Abbildungen.

Die Texte der Prosa-Inschriften werden fortlaufend aufgeführt, dabei beidseitig eingerückt. Metrische Inschriften sind dagegen versweise abgesetzt. Bei der Wiedergabe der Inschriften werden folgende Zeichen verwendet:

(…) Abkürzungen werden unter Wegfall des Kürzungszeichens zwischen runden Klammern aufgelöst. Auch wenn die Kürzungszeichen aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Inschrift nicht mehr zu erkennen sind, werden dennoch runde Klammern verwendet. Bei Kürzungen ohne Kürzungszeichen wird ebenso verfahren und der Befund in der Regel vermerkt. Ausnahmen bilden nicht eindeutig zu vervollständigende Angaben von Bibelstellen.
[…] Eckige Klammern kennzeichnen durch Beschädigung entstandene Lücken im Text, nicht mehr lesbare Stellen, Ergänzung aus nichtoriginaler Überlieferung sowie Zusätze des Bearbeiters. Ist bei Textverlust eine Ergänzung nicht möglich, zeigen in eckige Klammern gesetzte Punkte in etwa den Umfang des verlorenen Teils an.
[- - -] Ist die Länge einer Fehlstelle nicht abschätzbar, werden stets nur drei durch Spatien getrennte Bindestriche gesetzt.
⟨…⟩ Bei der Entstehung der Inschrift absichtlich freigelassene Stellen – etwa für später nachzutragende Sterbedaten – sind mit spitzen Klammern kenntlich gemacht, die entweder Auslassungszeichen oder den tatsächlichen Nachtrag enthalten.
NE Unter die Buchstaben gesetzte Bögen bezeichnen Nexus litterarum, Bogenverschmelzungen oder Ligaturen7). Andere Formen von Buchstabenverbindungen (Enklaven, Verschränkungen) werden in den Anmerkungen erläutert.
/ Einfache Schrägstriche markieren das reale Zeilenende auf dem Träger, bei Grabplatten mit Umschrift die Ecken, bei Schriftbändern einen markanten Knick im Band.
// Doppelte Schrägstriche kennzeichnen den Übergang auf ein anderes Inschriftenfeld, innerhalb der Zeile die Unterbrechung der Schrift durch eine Darstellung.
= Doppelstriche entsprechen den auf dem Original meist am Zeilenende ausgeführten Worttrennungsstrichen.
· Ein Punkt auf halber Zeilenhöhe entspricht einem Trennzeichen an gleicher Stelle der Inschrift.

Bei erhaltenen Inschriften wird der erkennbare Buchstabenbestand wiedergegeben. Nichtoriginale Inschriften werden nur dann buchstabengetreu ediert, wenn der Quelle eine textgetreue Übernahme zuzutrauen ist. Andernfalls werden lateinische Texte normalisiert und die Eigennamen groß geschrieben. Deutsche Texte folgen der Vorlage. In der Regel werden in beiden Fällen eventuell vorhandene Kürzungen nicht vermerkt.

Im Anschluß an einen fremdsprachigen Inschriftentext folgt dessen Übersetzung, die Auflösung des Datums, die Angabe der Reimform oder des Versmaßes sowie die Nennung der [Druckseite 14] am Träger befindlichen Wappen oder Marken. Bei Ahnenproben wird die Anordnung der Wappen durch Spaltendruck kenntlich gemacht. In der zugänglichen Literatur8) nicht nachweisbare, nicht identifizierte sowie zusammengesetzte Wappen werden beim ersten Vorkommen in den Anmerkungen blasoniert.

Der anschließende Kommentarteil enthält erläuternde Bemerkungen zum epigraphischen Befund, zu Inhalt und Funktion der Inschrift, zu den genannten Personen, zum historischen Hintergrund und gegebenenfalls zur kunsthistorischen Einordnung des Trägers. Die in der Schriftbeschreibung verwendeten Ausdrücke orientieren sich an der von den Mitarbeitern der Akademien erarbeiteten “Terminologie”9).

Der Anmerkungsapparat gliedert sich in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen. Die Buchstabenanmerkungen enthalten textkritische Angaben wie etwa Textvarianten, unsichere Lesarten, orthographische und paläographische Besonderheiten. Die Ziffernanmerkungen umfassen Zitat- und Literaturnachweise und geben ergänzende Erläuterungen zu Beschreibung und Kommentar.

Die abschließenden, chronologisch geordnete Literaturangaben geben die erreichbaren ungedruckten und gedruckten Überlieferungen und Abbildungen der Inschrift wieder.

Am Ende des Katalogteils führt das Literaturverzeichnis die benutzte, in den Katalognummern stets mit Kurztiteln zitierte Literatur auf. Das Register bereitet das Inschriftenmaterial nach verschiedensten Gesichtspunkten auf; die Inschriften sind dort nach der jeweiligen Katalognummer zitiert. Der Abbildungsteil mit Abbildungsnachweis, die Karte des Bearbeitungsgebietes sowie die Tafel der Marken und Steinmetzzeichen beschließen den Inschriftenband.

2. Kurzer Historischer Überblick10)

Das den ehemaligen Landkreis Simmern und den nordwestlichen Teil des ehemaligen Landkreises St. Goar umfassende Bearbeitungsgebiet liegt zentral im Hunsrück, trotz vermehrter Industrieansiedlungen der letzten Jahre immer noch geprägt durch großen Waldreichtum und weite, landwirtschaftlich genutzte Hochflächen, die von zum Teil tief eingeschnittenen Bachtälern durchzogen werden. Im Süden grenzt das Gebiet an die bewaldeten Bergrücken des Soonwaldes, im Westen an das steil abfallende Mittelrheintal und im Norden an den Unterlauf der Mosel, ohne jedoch Anteil an deren Tallandschaften zu haben.

Mit den Grabfunden in der Gegend um Bell (bei Kastellaun) und Pleizenhausen (bei Simmern) lassen sich im 7. Jahrhundert vor Christus die Anfänge der allmählichen Besiedlung des Hunsrücks erkennen, die in römischer Zeit einen immensen Aufschwung erfahren haben. Zur militärischen Sicherung und zur wirtschaftlichen Erschliessung der neu eroberten Gebiete in Gallien legten die Römer im keltisch-treverischen Hinterland11) in Kombination mit Einzelhöfen oder Hofgruppen („aedificia“, „villae rusticae“) und dorfartigen Straßensiedlungen („vici“) ein dicht verzweigtes Netz kleinerer und größerer Wege und Straßen12) an. Ausgehend von Trier über „Belginum“ (bei Hinzerath, Lkrs. Bernkastel-Wittlich), [Druckseite 15] Kirchberg und Simmern nach Bingen und Mainz bzw. an den Mittelrhein und die Mosel verband es nahezu alle heutigen größeren Orte des Bearbeitungsgebietes. Für die nachrömische Zeit liegt mit dem in das 6. bzw. in die 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts zu datierenden Fragment eines Grabsteines aus dem heutigen Kirchberg (Nr. 1) das älteste bislang bekannte – allerdings auch einzige – reale Zeugnis für frühes christliches Leben auf dem Hunsrück vor. Daher ist es wohl kein Zufall, dass eines der wenigen nachweisbaren mittelalterlichen Zentren des Hunsrücks eben der aus dem römischen „vicus Dumnissus“ hervorgegangene, das umliegende Reichsgut verwaltende Königshof Denzen bei Kirchberg war, den Kaiser Otto III. im Jahr 995 seinem Getreuen Bezelin, Gaugraf im Trechirgau, geschenkt hatte. Dennoch blieb das letztlich unwirtliche Waldgebiet des Hunsrücks in früh- und hochmittelalterlicher Zeit dünn besiedelt, ganz im Gegensatz zu dem westlich angrenzenden, ungleich bedeutenderen Mittelrheingebiet. Erst mit der im Bereich einer schon vorhandenen Burg erfolgten Gründung des Kanonikerstiftes Ravengiersburg im Jahr 1074 durch Graf Berthold (vgl. Nr. 54), der als Nachkomme des erwähnten Bezelin einen großen Teil der Besitzungen des ehemaligen Königshofes dafür stiftete, änderte sich langsam das Bild. Die wenigen erhaltenen frühen inschriftlichen Zeugnisse aus dem 12. Jahrhundert (vgl. Nrn. 2 und 3) vermitteln einen kleinen Eindruck von der zentralen Bedeutung dieses Klosters13) für die gesamte Region. Beherrscht von den hochadeligen Geschlechtern der von den salischen Emichonen abstammenden Wildgrafen, der Raugrafen und der Grafen von Veldenz, hatten dort auch geistliche Institutionen wie etwa die Trierer Abtei St. Maximin und später das Erzstift Trier Gerichts-, Patronats- oder Zehntrechte und auch einzelne Besitzungen inne, bei denen es sich in der Regel um Gehöfte, Weiler oder kleine Dörfer gehandelt haben dürfte. Inschriftliche Spuren haben sich in diesen Dörfern bis in die Neuzeit hinein nahezu ausschließlich auf Glocken erhalten. Die frühesten Exemplare aus der 2. Hälfte des 13. und dem Anfang des 14. Jahrhunderts finden sich noch heute in den Kirchtürmen zu Mannebach (aus Beltheim), Raversbeuren, Büchenbeuren, Mannebach und Bell (vgl. Nrn. 4 bis 8).

Erst im Verlauf des 14. und frühen 15. Jahrhunderts gelang es den im Nahegebiet beheimateten Grafen von Sponheim14) aus Streubesitz nach und nach einigermaßen geschlossene Territorien auf dem Hunsrück zu bilden. Auch wenn die Grafschaft Sponheim bereits Mitte des 13. Jahrhunderts in eine “Hintere Grafschaft“ mit Besitzungen im Hochwald und an der Mosel sowie in eine „Vordere Grafschaft“ mit Besitzungen an der Nahe, im Soonwald und im Hunsrück geteilt worden war, blieb sie dennoch für die Geschichte der Region bestimmend. Weitere Teilungen der „Vorderen Grafschaft“ führten zu temporären Teilgrafschaften mit Sitzen in Böckelheim und Kreuznach an der Nahe sowie in Kastellaun auf dem Hunsrück, wo seit 1301 Graf Simon II. mit seiner Frau Lisa von Valkenburg residierte. Obwohl sich die damalige gemeinsame Familiengrablege der Grafen von Sponheim aus der „Vorderen Grafschaft“ im Augustiner-Chorherrenstift Pfaffen-Schwabenheim befand15), zeigen die Maßnahmen des genannten Ehepaars – Erhebung Kastellauns zur Stadt, Ausbau der Burg zur Residenz, Errichtung einer Grablege (vgl. Nrn. 10 und 11) – zumindest den Willen, in Kastellaun dauerhaft eine eigene Linie zu begründen.

Mit dem Aussterben der Kreuznacher Linie der Grafen von Sponheim im Jahr 1417 sowie der Starkenburger Linie im Jahr 1437 trat eine komplizierte Erbschaftsregelung in Kraft16), [Druckseite 16] die das territoriale Gesicht des Hunsrücks bis ins 18. Jahrhundert hinein prägen sollte. Da die gesamte Grafschaft Sponheim sowohl nach dem Willen des Erblassers als auch nach den erbrechtlichen Bestimmungen als einheitliche ungeteilte Größe bestehen bleiben sollte, waren die zunächst an Kurpfalz und Sponheim-Starkenburg gehenden Anteile (1/5 zu 4/5) von vornherein gemeinschaftlich zu verwalten. Nach dem Aussterben der Starkenburger Linie kamen die verwandten Grafen von Veldenz(-Geroldseck) und die Markgrafen von Baden; nach dem Erlöschen der Veldenzer dann auch die Herzöge von Pfalz-Zweibrücken bzw. von Pfalz-Simmern in den Besitz unterschiedlichster Rechte und Anteile, die ebenso als Kondominium zu verwalten waren. Anfang des 16. Jahrhunderts besaßen Kurpfalz 1/5, Pfalz-Simmern und Baden jeweils 2/5 an der ehemaligen Vorderen Grafschaft Sponheim. Die gemeinsame Verwaltung erfolgte durch gleichberechtigte herrschaftliche Oberbeamte, zunächst durch für die Rechtspflege zuständige Amtmänner und für die Wirtschaftsangelegenheiten zuständige Landschreiber, dann durch Oberamtmänner, Landschreiber und Truchsesse. Bestattet wurden diese fürstlichen Beamte in der Regel in den Kirchen der jeweiligen Amtssitze wie Kastellaun (vgl. Kap. 2.1.2), Kirchberg (vgl. Kap. 2.1.3) und Simmern (vgl. Kap. 2.1.5). Erst im Jahr 1707 wurde die Gemeinschaft aufgehoben und das gesamte Territorium zwischen Kurpfalz und Baden aufgeteilt.

Ausgehend von ihren Zentren Burg Stahleck bei Bacharach sowie der Burg Stromburg und dem Amt Rheinböllen im Hunsrück, hatten wie die Grafen von Sponheim auch die Pfalzgrafen bei Rhein17) damit begonnen, ihren Streubesitz auf dem Hunsrück zu kleinen, territorial geschlossenen Amtsbezirken auszubauen. Die entscheidende Wende kam mit der großen Teilung des Jahres 1410, in der König Ruprecht von der Pfalz testamentarisch alle Besitzungen des pfälzischen Kurstaates seinen Söhnen hinterlassen hatte. Dadurch bildeten sich – neben der Hauptlinie (der sogenannten alten Kurlinie) in Heidelberg – eigene Nebenlinien aus, darunter seit 1459 unter Friedrich I. auch die Linie der Herzöge von Pfalz-Simmern mit Sitz in Simmern. Durch käufliche Erwerbungen und nicht zuletzt durch die erwähnten sponheimisch-veldenzischen Erbschaftsanteile erreichte das Fürstentum in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts ein kleines, aber verhältnismäßig geschlossenes Territorium auf dem Hunsrück mit der Residenzstadt Simmern als Zentrum. Während dort noch unter Herzog Friedrich I. mit dem Bau eines neuen Schlosses begonnen wurde, ließ sein Sohn Johann I. neben einem Rathaus auch eine neue Kirche (vgl. Nr. 49) errichten, die der herzoglichen Familie bis zu ihrem Aussterben Ende des 16. Jahrhunderts als Schlosskirche und Grablege diente (vgl. Kap. 2.1.5). Als dessen Sohn Herzog Friedrich II. von Pfalz-Simmern nach dem Tode des pfälzischen Kurfürsten Ott-Heinrich die Kurwürde erhielt und fortan als Friedrich III. in Heidelberg residierte, blieb Simmern dennoch als eigenständiges Fürstentum erhalten und wurde erst nach dem Tode seines Bruders Herzog Reichard im Jahr 1598 (vgl. Nr. 109) mit der Kurpfalz vereinigt. Im Jahr 1610 kam es zu einer Erneuerung Simmerns als eigenständiges Fürstentum, als Kurfürst Friedrich IV. seinen zweiten Sohn Ludwig-Philipp damit ausstattete. Nachdem dessen Sohn Ludwig Heinrich im Jahr 1673 (vgl. Nr. 183) kinderlos verstorben war, war auch die jüngere Linie der Herzöge von Pfalz-Simmern erloschen und das Fürstentum fiel nun bis zum Ende des Alten Reiches endgültig an Kurpfalz zurück.

Angesichts der Dominanz des pfalzgräflichen und in zweiter Linie auch des markgräflich badischen Hauses auf dem Hunsrück ist es verständlich, dass sich lediglich am Rande dieses Territoriums einige wenige Reichsritter mit geschlossenen Gütern behaupten konnten. Dazu gehörten die Schenk von Schmidtburg mit Sitz und Grablege in Gemünden (vgl. [Druckseite 17] Kap. 2.1.1), die Boos von Waldeck mit Sitz auf Burg Waldeck und Grablege in Mannebach (vgl. Nr. 179) und die Waldbott von Bassenheim mit Sitz in Sevenich (vgl. Nr. 128).

Von der kirchlichen Organisation her gesehen18) gehörte das Bearbeitungsgebiet zu den Erzbistümern Trier und Mainz, wobei sich die Bistumsgrenze quer über den Hunsrück erstreckte und sich mehr oder weniger genau an der Wasserscheide zwischen den zur Mosel, zum Rhein und zur Nahe fließenden Bächen orientierte. Während der nördliche Teil dem Trierer Archidiakonat Karden unterstellt war, gehörte der südliche Teil zum Landkapitel Kirn im Archidiakonat des Dompropstes von Mainz. Zentren der beginnenden Pfarrorganisation im Nordosten waren ein von Boppard abhängiger Pfarrbezirk um Pfalzfeld und Laudert, im Nordwesten das Gebiet um Beltheim, das von dem bereits in frühchristlicher Zeit bedeutenden Karden an der Mosel aus betreut wurde, sowie die benachbarte Großpfarrei Bell mit dem zugehörigen Kastellaun. Für den Süden des Bearbeitungsgebietes waren die Großpfarreien Simmern und Kirchberg bestimmend, in deren Grenzen sich auch die einzigen beiden Klöster befanden: Das schon erwähnte Augustiner-Chorherrenstift Ravengiersburg sowie das 1196 gegründete und 1574 als Zisterzienserinnenkloster endgültig aufgelöste Kumbd19), von dem sich bedauerlicherweise weder nennenswerte bauliche Reste noch irgendwelche inschriftlichen Zeugnisse erhalten haben20). Während im pfälzischen Einflussbereich des Bearbeitungsgebietes mit dem Regierungsantritt Herzog Friedrichs II. von Pfalz-Simmern 1557 die Reformation endgültig eingeführt wurde21), verblieben die badisch kontrollierten Territorien katholisch.

Nach der Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich im Jahr 1801 kam es zur Bildung des Départements Rhin-et-Moselle mit den Arrondissements Koblenz, Bonn und Simmern. Da in den 1815 verabschiedeten Beschlüssen des Wiener Kongresses die Gebiete zwischen Rhein, Mosel und Nahe dem Königreich Preußen zugeschlagen worden waren, wurden 1816 auch in der späteren preußischen Rheinprovinz Landkreise gebildet, wobei das Kerngebiet der Hunsrückhochfläche mit den ehemaligen Kantonen Kastellaun, Kirchberg und Simmern zum Landkreis Simmern zusammengefasst wurde. Wie oben erwähnt, wurde 1968 im Zuge der damaligen rheinland-pfälzischen Verwaltungsreform aus großen Teilen der aufgelösten Kreise St. Goar und Simmern der heutige Rhein-Hunsrück-Kreis geschaffen.

2.1 Beschreibung und Geschichte der wichtigsten Standorte

Die folgenden Kapitel dienen lediglich als Überblick über die oft kompliziert verlaufene Geschichte der einzelnen Standorte und sollen in erster Linie deren Zusammenhang mit den im Katalogteil edierten Inschriften veranschaulichen.

2.1.1 Gemünden, evangelische Pfarrkirche22)

Die ursprünglich romanische, Mitte des 15. Jahrhunderts in spätgotischen Formen veränderte Kirche wurde 1905/06 nach einem teilweisen Einsturz niedergelegt und unter Einbeziehung älterer Teile als neugotische Hallenkirche neu erbaut; erhalten geblieben sind der [Druckseite 18] romanische Unterbau des Nordturms sowie der um ein Joch verkürzte spätgotische Chor. Von der mittelalterlichen Ausstattung der 1317 erstmals urkundlich erwähnten Kirche ist bis auf ein verschollenes Messgewand (Nr. 56) nichts bekannt. Der Chor der Kirche diente von 1538 bis 1655 als Grablege der meist in kurtrierischen Diensten stehenden Schenken von Schmidtburg, die 1514 das ehemals sponheimische, dann von Kurpfalz und Pfalz-Simmern gemeinsam verwaltete „Schloß und Thal Gemünden uff dem Hunsrücken“ zunächst pfandweise erwerben und schließlich 1560 in eine reichsunmittelbare Herrschaft umwandeln konnten. Erhalten haben sich (zum Teil stark restaurierte) Grabdenkmäler von vier aufeinanderfolgenden Generationen katholischer, dann evangelischer und wieder katholisch gewordener Familienmitglieder: Grabplatte und zugehöriges Epitaph des 1538 verstorbenen Fritz Schenk von Schmidtburg (Nrn. 73 und 74), das Epitaph seines Sohnes Niklas und dessen Frau Elisabeth von Schwarzenberg (Nr. 125), das Epitaph von deren Sohn Friedrich und dessen Frau Magdalena von Dienheim (Nr. 118) sowie das Kenotaph für deren Sohn Hans Heinrich und seiner beiden Frauen Christina Vogt von Hunolstein und Ursula von Brambach (Nr. 142). Hinzukommen noch Grabplatten von zwei 1623 verstorbenen Kindern der Familie (Nrn. 154 und 156) sowie ein verschollenes Kindergrabdenkmal von 1655 (Nr. 169). An Ausstattungsgegenständen der jüngeren Kirche haben sich ein 1628 gestifteter Kelch (Nr. 158) und eine 1686 neu gegossene Glocke (Nr. 196) erhalten; ein erst 1901 fragmentarisch aufgefundener Taufstein (Nr. 161) ist inzwischen ebenfalls verschollen.

Da zahlreiche Brände die Gebäude des mittelalterlichen „Fleckens“ weitgehend vernichtet haben, entspricht das heutige Ortsbild dem teilweise im 17. und vornehmlich im 18. Jahrhundert errichteten Bestand. Dennoch haben sich mit einem aus dem ehemaligen badischen Zollhaus stammenden Holzbalken mit der Jahreszahl 1587 (Nr. 116) und einer Bauinschrift von 1671 (Nr. 181) erstaunlich wenige inschriftliche Zeugen der älteren Zeit erhalten.

2.1.2 Kastellaun, evangelische Pfarrkirche23)

Die heutige Kirche wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in der Nordwestecke der mittelalterlichen Stadt als dreischiffiges Langhaus mit zweijochigem Chor errichtet, der offensichtlich als Grablege für die ab 1301 auf der Burg Kastellaun residierenden Grafen von Sponheim vorgesehen war. Tatsächlich diente die Kirche lediglich dem 1336/37 verstorbenen Stifter Graf Simon II. von Sponheim, seiner Frau Elisabeth von Valkenburg und ihrem jung verstorbenen Sohn Simon (Nrn. 10 und 11) als Begräbnisstätte, da deren Sohn und Nachfolger Graf Walram nach nur wenigen Jahren Kastellaun als Residenz wieder aufgab. Kastellaun wurde Sitz des gleichnamigen vordersponheimischen Amtes, das im Verlauf des 15. Jahrhunderts durch Erbfall in den Gemeinbesitz der Markgrafen von Baden und der Herzöge von Pfalz-Simmern bzw. der Kurpfalz geriet. Mit dem hervorragend gearbeiteten Epitaph für den 1538 verstorbenen Amtmann Karl Beuser von Ingelheim (Nr. 73) hat sich wenigstens ein Grabdenkmal eines Beamten aus dieser Zeit erhalten. Von der sonstigen Ausstattung der Kirche aus dem Zeitraum vor der 1557 durch Herzog Friedrich II. von Pfalz-Simmern durchgeführten Reformation sind außer zwei anepigraphen Glasmalereifragmenten24) nur noch eine Ende 15./Anfang 16. Jahrhunderts angefertigte Taufschale mit der Darstellung des Sündenfalls (Nr. 62) vorhanden, sowie eine heute in der katholischen Pfarrkirche zu Kastellaun verwahrte Kasel, die den Beginn eines Marienhymnus und figürliche Szenen aus der Passion Christi (Nr. 63) aufweist. Zudem befinden sich zwei 1480 gegossene Glocken (Nrn. 40 und [Druckseite 19] 41) des gut bekannten Gießers Tilmann von Hachenburg in dem zu dieser Zeit fertiggestellten und in die Stadtbefestigung einbezogenen freistehenden Glockenturm.

Aus nachreformatorischer Zeit haben sich eine ansehnliche Reihe hochwertiger Grabdenkmäler von Mitgliedern vordersponheimischer Beamtenfamilien erhalten: Grabplatte und Epitaph für die 1569 verstorbene Barbara Coppensteiner (Nrn. 94 und 95), die mit dem bedeutenden Schultheißen Franz Römer (Nr. 129) verheiratet war; Epitaph der 1570 verschiedenen Agnes (Nr. 97), Tochter des herzoglichen Regierungsrates Philipp Cratz von Scharfenstein, Grabplatte (Nr. 138) und Epitaph (Nr. 150) des 1610 verstorbenen Gerichtsschöffen und Schwanenwirts Christoph Viel und seiner vielköpfigen Familie sowie Grabplatte und Epitaph des exilierten und 1612 durch einen Leistenbruch ums Leben gekommenen landgräflich-hessischen Zollbeamten Gabriel Eschenfelder (Nrn. 139 und 140). Seitens der evangelischen Pfarrerschaft hat sich mit dem Grab: vnd Ehrengedächtnusz für den evangelischen Pfarrer und Inspektor der Hinteren Grafschaft Sponheim, Jeremias Heiderich Orth, und seiner Frau Anna Elisabeth Weis (Nr. 177) auch ein Grabdenkmal dieser Personengruppe erhalten, das allerdings erst 1666, knapp dreißig nach deren Tod, im Auftrag der damals noch lebenden Kinder angefertigt wurde. In diesem Zusammenhang ist auch noch die 1684 neu angefertigte und mit Bibelzitaten versehene Kanzel (Nr. 194) erwähnenswert.

Nachdem sich im Verlauf des 17. Jahrhunderts um die auf der Kastellauner Burg zeitweise residierenden Markgrafen von Baden und ihre Höflinge eine kleine katholische Gemeinde gebildet hatte, kam es nach einigen vergeblichen Anläufen zum Bau einer katholischen Pfarrkirche vor den Mauern der Stadt, die 1672 eingeweiht wurde. Neben Graffiti auf einer ehemaligen Altarmensa (Nr. 178) und zahlreichen Grabplatten des 18. Jahrhunderts25) finden sich dort immerhin das translozierte Grab- bzw. Memorialkreuz des 1630 ermordeten Georg Klemens Krabadt (Nr. 160) sowie ein kleines Grabdenkmal für den 1675 verstorbenen Leutnant Peter Becker (Nr. 184).

Aufgrund der Zerstörungen des Jahres 1689 haben sich in Kastellaun – wie auch in anderen Hunsrück-Orten – mit nur einer erhaltenen Jahreszahl (Nr. 180) an der ehemaligen Badischen Amtskellerei kaum inschriftliche Zeugnisse für die Bautätigkeit der frühen Neuzeit erhalten.

2.1.3 Kirchberg, katholische Pfarrkirche St. Michael26)

Die heutige spätgotische Hallenkirche mit älterem Westturm wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert anstelle einer dreischiffigen romanischen Pfeilerbasilika neu errichtet, die ihrerseits – wie die 1967/68 durchgeführten archäologischen Grabungen ergeben haben – bereits zwei Vorgängerbauten aus spät- bzw. frühkarolingischer Zeit abgelöst hatte. Zeitlich noch früher ist das erste inschriftliche Zeugnis Kirchbergs anzusetzen, ein frühchristlicher Grabstein (Nr. 1), der allerdings nicht an ursprünglicher Stelle, sondern als Spolie in der spätkarolingischen Kirche aufgefunden wurde. Mit Sicherheit bildet der Stein den ersten inschriftlichen Beleg für frühes Christentum auf dem Hunsrück, wenn auch die Frage seiner möglichen Herkunft aus einer unbekannten Vorgängerkirche oder einem fränkischen Gräberfeld offen bleibt. Eine wohl in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandene Bauinschrift (Nr. 126), die sich ehemals an der Südwand des Chors befunden hatte, überliefert in deutschen Reimen das Jahr 1280 als fiktives Erbauungsdatum der heutigen Kirche und verknüpft dies mit reichshistorisch-genealogischen Nachrichten. Da sich von der Ausstattung [Druckseite 20] der beiden späteren mittelalterlichen Kirchen nichts erhalten hat, kommt der bislang unbeachteten, aus dem 3. Viertel des 14. Jahrhunderts stammenden Glocke mit ihrer deutschsprachigen Inschrift (Nr. 15) eine besondere Bedeutung zu. Gleiches gilt für die bislang ebenfalls unbeachtete Grabplatte des 1439 verstorbenen Kirchberger Pfarrers Johannes (von) Robur (Nr. 25), die ihr Überleben lediglich der Zweitverwendung als Altarplatte des barocken Hochaltars verdankt.

Kirchberg war Verwaltungsort des gleichnamigen vordersponheimischen Amtes und diente daher als Sitz einiger Adelsfamilien, darunter auch den von den Grafen von Sponheim abstammenden, seit Anfang des 15. Jahrhunderts in Kirchberg nachweisbaren Herren von Koppenstein. Einige dieser Verwaltungsbeamten fanden ihre letzte Ruhe in der Pfarrkirche St. Michael, so der 1407 verstorbene Meinhard I. von Koppenstein (Nr. 19) und seine Frau Katharina (Nr. 22) sowie die 1491 verstorbenen Johann Braun von Schmidtburg und dessen Frau Bärbel Mohr vom Wald (Nr. 52). Ende des 16. Jahrhundert wählte ein sich damals in Kirchberg etablierender Zweig der Herren von Koppenstein den Chor von St. Michael zu seinem Erbbegräbnis, der später sogenannten HOCHFREYHERLICHEN VON KOPPENSTEINISCHEN KRUFFT (Nr. 200), in der bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zahlreiche Mitglieder der Familie bestattet wurden. Von deren Grabdenkmälern haben sich einige – wenn auch oft fragmentarisch – erhalten, wie etwa die Epitaphien der beiden im Kindesalter verstorbenen Hans Wilhelm (Nr. 106) und Anna Juliana von Koppenstein (Nr. 136) sowie das Epitaph des Speyrer Domizellars Georg Wilhelm von Koppenstein (Nr. 195); andere sind dagegen nur abschriftlich überliefert. In der seit 1557 protestantisch gewordenen Kirche wurden ansonsten Angehörige der höheren Beamtenschaft bestattet, die im Dienste von Kurpfalz, Pfalz-Simmern oder der Markgrafschaft Baden das von den „Dreiherren“ gemeinsam regierte Amt Kirchberg verwalteten. So finden wir neben anderen etwa mit der 1577 verstorbenen Katharina von Hosingen (Nr. 101) die Schwiegermutter des markgräflich badischen Truchsessen Johann von Eich, mit dem 1603 verschiedenen Daniel von Eich (Nr. 132) seinen Sohn und Amtmann des Unteramtes Koppenstein, mit Niklas Schlabart (Nr. 110) den Schwiegersohn des ebenfalls in St. Michael bestatteten Kirchberger Schultheißen Hans Flad (Nr. 120), mit dem Epitaph für den 1675 verstorbenen Johann den Sohn des badischen Truchsesses und kurpfälzischen Amtmannes Johann Christian Sagitter (Nr. 185) sowie mit Balthasar Reltz (Nr. 135) und Hans Balthasar Rültz (Nr. 170) Mitglieder des Stadtrates.

Trotz der Zerstörung der sich heute noch im Ortsbild abzeichnenden mittelalterlichen Befestigung durch französische Truppen im Jahr 1689 haben sich sich einige Adelshöfe und Bürgerhäuser des 16. und 17. Jahrhunderts erhalten, die aber nur vereinzelt inschriftlich bezeichnet sind (Nrn. 102 und 137).

2.1.4 Ravengiersburg, katholische Pfarrkirche St. Christophorus (ehem. Augustiner-Chorherrenstift)27)

Die beherrschend auf einem Schieferfelsen über dem Simmerbachtal liegende, einzige erhaltene mittelalterliche Klosteranlage des Hunsrücks bietet in ihrem heutigen Zustand ein heterogenes Bild. Weder von der namensgebenden „Rabengeresburc“ des 10. Jahrhunderts noch von der 1074 durch eine Stiftung belegten Kapelle/Kirche konnten – trotz der archäologischen Ausgrabungen im Jahre 1966 – aussagekräftige Baubefunde nachgewiesen werden. Von der im Verlauf des 12. Jahrhunderts an gleicher Stelle errichteten, vermutlich dreischiffigen Augustiner-Chorherrenkirche mit Kreuzgang und zweitürmigem Westbau sind nach [Druckseite 21] einem Großbrand im Jahre 1440 lediglich die beiden mehrgeschossigen Westtürme erhalten geblieben. Verschont blieb auch ein im mittleren Abschnitt des ersten Obergeschosses der Westfassade eingefügtes Relief mit der Darstellung der Majestas Domini, das von einer hexametrisch gereimten Spruchinschrift gerahmt wird (Nr. 2), die sich direkt an die Gläubigen wendet und ihnen den Weg zur Vergebung ihrer Sünden eröffnen soll. Aus der gleichen Zeit hat sich der Prachteinband einer heute in der Vatikanischen Bibliothek in Rom verwahrten liturgischen Handschrift (Nr. 3) erhalten, der sowohl halbfigürliche anthropomorphe Evangelistensymbole mit Namensbändern als auch runde Emails mit namentlich bezeichneten Personifikationen zweier Paradiesflüsse aufweist. Von den beiden mittelalterlichen Glocken der Jahre 1324 (Nr. 9) und 1431 (Nr. 23) ist noch die jüngere, von der sogenannten Trierer Hexameter-Werkstatt gegossene Gocke vorhanden. Das Kloster diente üblicherweise als Begräbnisplatz für die Stiftsherren: Nur mehr kopial überliefert sind die Grabinschriften für den 1363 verstorbenen Propst Philipp I. von Koppenstein (Nr. 14) sowie für die im 15. Jahrhundert verstorbenen Kanoniker Johannes (Nr. 24) und Philipp III. von Koppenstein (Nr. 38). Lediglich in Fragmenten erhalten hat sich die bislang unbekannte Grabplatte des 1528 verschiedenen Priors Sebastian von Engers (Nr. 69). In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wählten die im benachbarten Simmern residierenden Herzöge von Pfalz-Simmern das Kloster Ravengiersburg als Grablege28), die allerdings bereits nach einer Generation von der in Simmern neu erbauten Schlosskirche abgelöst wurde. Der nach dem Brand des Jahres 1440 errichtete Neubau eines einschiffigen Langhauses und des zugehörigen Kreuzganges ist durch mehrere Bauzahlen aus den Jahren 1468 und 1487 (Nr. 33) in Kirche und Kreuzgang sowie durch eine 1497 entstandene Inschrift gut bezeugt. Diese ungewöhnliche Memorialinschrift (Nr. 54) verbindet die Erinnerung an die oben erwähnte Stiftung von 1074 des Grafen Berthold und seiner Frau Hadewig mit dem Totengedenken an die in einer Gruft des Klosters begrabenen Wohltäter. An ehemaliger Ausstattung sind zudem ein 1487 fertiggestelltes Sakramenthäuschen (Nr. 50) und Fragmente einer spätgotischen Kasel (Nr. 59) überliefert.

Nach zunächst vergeblichen Reformationsversuchen unter Herzog Friedrich II. von Pfalz-Simmern wurde das Stift gegen den Willen der Kanoniker 1566 endgültig aufgehoben, dann als Hofgut genutzt und diente zeitweise als Witwensitz der Herzoginnen von Pfalz-Simmern bzw. als Sitz des jeweiligen herzoglichen Wirtschaftsverwalters. Dass die Kirche weiterhin in Gebrauch war, zeigen die Grabplatte der 1621 verstorbenen Christina (Nr. 152), Frau des damaligen Schaffners Michael Sinter, und ein 1680 angeschafftes Glöckchen (Nr. 190) im Dachreiter über dem Chor.

2.1.5 Simmern, evangelische Stephanskirche (ehem. Schlosskirche)29)

Die Erbauung der heutigen spätgotischen Hallenkirche mit langgestrecktem Chor und südlich anschließender Grabkapelle im Jahr 1486 durch Herzog Johann I. von Pfalz-Simmern anstelle einer kleineren romanischen Vorgängerkirche ist durch eine archivalisch überlieferte Bauinschrift (Nr. 49) gut bezeugt. Die seitdem als Grablege der in Simmern residierenden, seit 1557 reformierten Herzöge von Pfalz-Simmern und ihrer Beamten dienende Kirche wurde im Jahr 1587 mit einem Treppentürmchen (Nr. 117) versehen, das den Zugang zur Fürstenloge im Obergeschoss der Sakristei eröffnete. Als späte Folge des 1689 durchgeführten [Druckseite 22] Simultaneums wurde 1706 eine den Chor und das Langhaus trennende Mauer errichtet, die erst 1845 wieder entfernt wurde. Bis dahin war das Langhaus dem evangelischen, der Chor dem katholischen Gottesdienst vorbehalten, wobei die ehemalige herzogliche Grabkapelle den Katholiken als Sakristei diente.

Die in den Winkel zwischen Chor und Langhaus eingefügte Grabkapelle, die damalige St. Annakapelle, war sowohl für die Aufnahme der Särge der Fürstenfamilie in der darin befindlichen Gruft bestimmt, als auch für die Aufstellung ihrer meist monumentalen Epitaphien. Als erste Vertreter der Herrscherfamilie erhielten der 1509 verstorbene Herzog Johann I. von Pfalz-Simmern und seine 1521 verstorbene Frau Gräfin Johanna von Nassau-Saarbrücken lebensgroße figürliche Epitaphien, die ihr einziger überlebender Sohn Herzog Johann II. von Pfalz-Simmern bei namhaften Bildhauern in Auftrag gegeben hatte. Er tat dies allerdings aus bislang nicht geklärten Gründen erst lange nach deren Tod: 1522 entstand das Grabdenkmal für den Vater (Nr. 66) und erst 1554 das für die Mutter (Nr. 84). Johann II. selbst hatte 1557 – kurz vor seinem Tode – testamentarisch verfügt, dass für ihn und seine bereits 1535 verstorbene erste Frau Markgräfin Beatrix von Baden ein gemeinsames figürliches Grabdenkmal (Nr. 87) errichtet werden solle, für seine zweite Frau Gräfin Maria Jacobea von Öttingen hingegen ein eigenes (Nr. 88). Während der Sarg Johanns II. verschollen ist, hat sich wenigstens die einst daran befestigte bleierne Sargtafel (Nr. 85) erhalten, ebenso sein heute in der Chorapsis hängender hölzerner Totenschild (Nr. 86). Eine weitere Bleitafel (Nr. 80) vom Sarg der bereits 1553 verstorbenen Pfalzgräfin Alberta von Pfalz-Simmern, der Enkelin Johanns II., ist ebenso noch vorhanden wie ihr bemerkenswertes Epitaph (Nr. 81), das nicht in der Grabkapelle, sondern vielmehr an der Wand zwischen Chorbogen und Eingang zur Grabkapelle angebracht worden war. Herzog Reichard von Pfalz-Simmern folgte seinem 1569 verstorbenen Bruder Georg – von dem aus noch ungeklärten Gründen weder Inschrift noch Grabdenkmal überliefert sind – in der Regierung des Herzogtums nach und verheiratete sich im gleichen Jahr mit Gräfin Juliana von Wied. Anlässlich ihres frühen Todes im Jahr 1575 ließ Herzog Reichard ein gemeinsames monumentales Grabdenkmal errichten, das bereits 1578 in weiten Teilen fertiggestellt und nach seinem Tod 1598 beendet wurde (Nr. 109). Vermutlich gab Herzog Reichard auch das Grabdenkmal für seine zweite Frau Herzogin Emilia von Württemberg in Auftrag (Nr. 113), von dem allerdings nur noch wenige originale Teile vorhanden sind. Erstaunlicherweise erhielt Pfalzgräfin Katharina, eine Tochter aus der ersten Ehe Herzog Reichards, keines der sonst üblichen fürstlichen Epitaphien, sondern eine figürliche Grabplatte aus grauem Kalkstein (Nr. 112), die vermutlich im Chorboden der Stephanskirche eingelassen war. Mit Reichards Tod erlosch die regierende Linie der Herzöge von Pfalz-Simmern und das Fürstentum fiel als Oberamt an Kurpfalz.

Im Jahr 1864 wurden bei Aufräumungsarbeiten in der Gruft der fürstlichen Grabkapelle verschiedene mit Inschriften versehene Gegenstände gefunden, die ehemals den Särgen der dort Bestatteten beigegeben waren. Neben den beiden bereits erwähnten Sargtafeln war dies ein goldenes, mit Initialen geschmücktes Armband (Nr. 103), das hier erstmals Herzogin Emilia von Württemberg zugeordnet werden kann. Hinzu kamen der Griff eines Degens (Nr. 124) und ein Prunkdolch (Nr. 122), beide wohl aus dem Sarg Herzog Reichards, sowie eine fragmentarische Dolchscheide (Nr. 123). An Särgen selbst haben sich lediglich zwei Exemplare für Mitglieder der jüngeren Linie der Herzöge von Pfalz-Simmern erhalten, die 1688 in der damals neu erbauten Gruft unter dem Glockenturm der Stephanskirche beigesetzt wurden. Es handelt sich um die zum Teil prachtvoll verzierten Särge für den 1673 verstorbenen Herzog Ludwig Heinrich (Nr. 183) und für seine 1688 verstorbene Frau Herzogin Maria von Oranien-Nassau (Nr. 197).

Die pfalz-simmernschen Hofbediensteten, Beamten und ihre Angehörigen dürften in der Kirche oder auf dem Friedhof begraben worden sein und ließen sich in der Regel Epitaphien [Druckseite 23] anfertigen, die an den Kirchenwänden angebracht wurden. Frühestes Beispiel dafür ist das hier erstmals identifizierte Grabdenkmal für den 1494 verstorbenen Junker Hans von Wiltberg (Nr. 53), der sich in unbekannter Funktion am Hof Johanns I. von Pfalz-Simmern aufhielt. Erstaunlicherweise setzen die erhaltenen, insgesamt sehr qualitätvollen Epitaphien erst mit dem Jahr 1554 ein, möglicherweise ein Zeichen für den Beginn der Tätigkeit des sogenannten „Meisters von Simmern“ und seiner Werkstatt (vgl. Kap. 4.5). Den Reigen eröffnen das Epitaph für einen der berühmten Söhne der Stadt, den bereits 1539 verstorbenen Hieronymus Rhodler (Nr. 82), Kanzler des Fürstentums und Begründer der Druckerei in Simmern sowie die Memorialtafel der Beamtenfamilie Nastetter (Nr. 83). In der Folgezeit finden wir zahlreiche Epitaphien von Mitgliedern regional bekannter Familien wie etwa die von Obentraut (Nr. 91), die meist in Diensten der Herzöge standen: so das Grabdenkmal des 1565 verstorbenen Conrad von Igstatt gen Hatzstein, DER LETZT DISES STAMMES (Nr. 92), des 1574 verstorbenen Juristen Johann Stephan Rhodler (Nr. 98), Enkel des oben erwähnten Kanzlers, des 1576 verstorbenen pfalz-simmernschen Sekretärs Johannes Castelhun (Nr. 100), Schwiegersohn des Simmerner Bildhauers Johann von Trarbach, der 1581 bereits als Kleinkind verstorbenen Ursula (Nr. 104), Tochter des Amtmanns Johann von Stockheim und seiner Frau Felicitas von Bettendorf, der 1581 verstorbenen Margaretha Deungen und zwei ihrer Töchter (Nr. 105), der Schwiegertochter des Kanzlers Otto Seel, und schließlich das Grabdenkmal der 1583 verstorbenen Gertrud von Geispitzheim (Nr. 108). Warum aber der 1586 verstorbene, weit über die Grenzen des Fürstentums hinaus bekannte Bildhauer und langjährige pfalz-simmernsche Schultheiß Johann von Trarbach nicht im Kreis der anderen fürstlichen Beamten bestattet, sondern zusammen mit seiner Frau außerhalb der Stadt in der erst wenige Jahre zuvor errichteten Totenkapelle des neuen Friedhofs beigesetzt worden war (Nr. 115), bleibt offen. Wie gravierend sich der durch das Erlöschen der pfalz-simmernschen Linie bewirkte Verlust als Residenzstadt auf die Begräbnistätigkeit in der Schlosskirche auswirkte, zeigt der Befund aus dem 17. Jahrhundert: Aus diesem Zeitraum ist nur noch ein Grabdenkmal aus dem Kreis der Beamten bekannt, nämlich das 1659 entstandene (bedauerlicherweise verlorene) Monument für die Kinder des pfalz-simmernschen Rats und Landschreibers Laurentius Beck (Nr. 171).

Bis auf die Tafel mit der Erinnerungsinschrift an den Türkenzug Herzog Friedrichs II. von Pfalz-Simmern (der spätere Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz) (Nr. 70) hat sich an frühen Ausstattungstücken der Stephanskirche nichts erhalten.

2.1.6 Kleinere Standorte

Neben den aufgeführten fünf großen Standorten gibt es im Bearbeitungsgebiet natürlich auch zahlreiche weitere Standorte, die aus unterschiedlichen Gründen eine meist sehr geringe Anzahl an Inschriftenträgern aufweisen. Obwohl in vielen dieser kleineren Hunsrückgemeinden noch heute Kirchen und Kapellen mit bis weit ins Mittelalter reichender (Bau-)Geschichte stehen, finden wir dort mit der vermutlich aus dem Jahr 1473 stammenden Bauinschrift in Mörschbach (Nr. 34) lediglich eine erhaltene Inschrift dieser Art vor 1500; weiterhin kaum Grabdenkmäler und nur vereinzelt liturgische Ausstattungsstücke. Das Fehlen von vorreformatorischen Grabinschriften30) mag auch damit zusammenhängen, dass sich die Adeligen eher in der Nähe ihrer Sitze in den größeren Pfarrkirchen begraben ließen und die kaum mehr vorhandene Ausstattung dürfte sich mit der wechselvollen Geschichte [Druckseite 24] der einzelnen Gemeinden erklären lassen. Umso erstaunlicher ist der Befund, dass sich in den Hunsrückdörfern insgesamt 54 Glocken31) nachweisen lassen, darunter 39 vor dem Jahr 1500 gegossene, dazu noch neun aus dem 16. und sieben aus dem 17. Jahrhundert. Von den 54 Glocken haben sich immerhin 32 Stück bis heute erhalten. Bei den wenigen noch vorhandenen kirchlichen Ausstattungsgegenständen handelt es sich jedoch durchweg um ungewöhnlich interessante Stücke, wie etwa den 1483 von dem damaligen Pfarrer Stephan aus Bernkastel gestifteten Messkelch (Nr. 45), der sich selbst darauf als Stifter darstellen ließ; wie die um 1500 hergestellte, als Taufschale dienende Beckenschlägerschüssel mit einem Relief der Verkündigungsszene (Nr. 61), die in der evangelischen Kirche zu Gödenroth aufbewahrt wird; oder wie die silbervergoldete spätgotische Turmmonstranz (Nr. 153) aus der katholischen Pfarrkirche in Obergondershausen, die 1621 von einer ansonsten unbekannten Anna Schorn „modernisiert“ und neu gestiftet wurde.

3. Die Quellen der nicht-originalen Überlieferung

Die im vorliegenden Band in 204 Katalognummern erfassten Inschriften haben sich überwiegend im Original erhalten; etwa 60 verschollene oder tatsächlich verlorene Inschriften wurden durch die im Folgenden aufgeführten Gewährsleute in Abschrift oder in Abzeichnung überliefert.

Mitte des 18. Jahrhunderts stellte Johann Franz Capellini, Reichsfreiherr von Wickenburg gen. Stechinelli mit seinem „Thesaurus Palatinus“ eine zweibändige Handschrift mit Inschriften aus Heidelberg, Mannheim und weiteren damals kurpfälzischen Gebieten zusammen. Als kurpfälzischer geheimer Rat und späterer Präsident des kurfürstlichen geistlichen Administrationskorpus ließ Wickenburg (1677-1752)32) wohl von Beauftragten vor Ort nicht nur Inschriften abschreiben, sondern auch Inschriftenträger abzeichnen. Neben einigen wenigen Überlieferungen für Ravengiersburg (Nr. 54) und Kastellaun (Nrn. 73, 129, 140 und 188) gilt dies in hohem Maße für die Bestände der ehemaligen Schlosskirche in Simmern, die ab dem Ende des 15. und im gesamten 16. Jahrhundert als Begräbnisstätte der Herzöge von Pfalz-Simmern und ihrer Beamten diente33). Ein Vergleich mit den zahlreichen dort heute noch vorhandenen Denkmälern läßt den etwas überraschenden Schluß zu, daß sich der durch Wickenburg verhältnismäßig zuverlässig dokumentierte Bestand ohne nennenswerte Verluste nahezu vollständig erhalten hat.

Das sogenannte Würdtweinsche Epitaphienbuch verdankt seine Entstehung einem am 21. Januar 1765 erlassenen Aufruf des Mainzer Weihbischofs Stephan Alexander Würdtwein (1722-1796)34) an „sämmtliche Vorsteher deren Stifts-Pfarr-Klöster und anderer Kirchen des ganzen Erzstiftes … alle … mit Wappen und Inschriften versehene Epitaphia und Grabsteine aufzunehmen, abzuzeichnen … mit beigefügten hie und dort vorkommenden Inscriptionen an ein erzbischöfliches Generalvicariat in Zeit eines halben Jahres einzuschicken“. Die daraufhin erfolgten originalen Zusendungen dienten Würdtwein als Material [Druckseite 25] zu einer eigenhändig angefertigten, 394 Seiten umfassenden Reinschrift, die er eher unsystematisch nach Orten gliederte und dann deren Inschriften wohl nach der Reihenfolge der Vorlage wiedergab. Aus dem Bearbeitungsgebiet finden sich Inschriften aus Gemünden, Kirchberg, Ravengiersburg und Simmern, darunter auch einige nur hier nachgewiesene und heute verschollene Texte. Die Zuverlässigkeit seiner Überlieferung richtet sich naturgemäß zunächst nach der seiner Gewährsleute; allerdings greift Würdtwein gelegentlich verkürzend in den Text ein, verzichtet zudem meist auf genauere Angaben zum Standort und auch auf die Wiedergabe der Zeichnungen. Da sich von den originalen Zusendungen nur vergleichsweise wenige erhalten haben35), ist es umso erfreulicher, dass im Falle Kirchbergs die „Lapides Sepulchrales in Ecclesia Parochali Kirchbergae“ in hervorragenden Nachzeichnungen aus der Hand des damaligen Pfarrers zur Verfügung stehen. Ein Vergleich mit den erhaltenen Kirchberger Grabdenkmälern zeigt anschaulich, dass der Pfarrer zwar die äußere Form der Grabdenkmäler nur schematisch wiedergab und auf die Nachzeichnung der Wappenbilder verzichtete, sich aber dafür um eine bis in die Einzelheiten genaue Wiedergabe des Textes und der unterschiedlichen Schriftformen bemühte. Aus diesem Grund konnten einige verschollene bzw. nur fragmentarisch überlieferte Inschriften in der vorliegenden Edition wie Originale behandelt werden (Nrn. 106, 126, 136, 195, 200) und dienten zudem als zuverlässige Vorlagen für einige Ende des 20. Jahrhunderts durchgeführte Restaurierungsarbeiten36).

Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre des 18. Jahrhundert bereisten „auf höchsten Churfürstlichen Befehl (…) Gerichtsrath Kremer und der Secretarius Acad(emiae Lamey)“37) weite Teile der an die eigentliche Kurpfalz grenzenden Gebiete und notierten bei dieser Gelegenheit unter anderem auch zahlreiche römische und mittelalterliche Inschriften, die in Auswahl in den gleichzeitig erscheinenden Acta Academiae der Kurpfälzischen Akademie in Mannheim publiziert wurden. So finden sich aus dem Bearbeitungsgebiet im 1773 erschienenen dritten Band dieser Reihe einige nur dort veröffentlichte Inschriften aus Simmern und Ravengiersburg. Für Kirchberg hat sich aus der Hand von Kremer/Lamey ein für den Druck offenbar nicht berücksichtigtes Manuskript erhalten, das aus der dortigen Pfarrkirche insgesamt zwölf Inschriften überliefert, darunter auch einige heute verschollene (Nrn. 19, 22, 110, 120), die auch in die wenige Jahre vorher entstandene Würdtweinsche Epitaphiensammlung (s. o.) keinen Eingang gefunden hatten. Ihren besonderen Wert gewinnt die nach 1770 entstandene Abschrift von Kremer/Lamey durch die beigefügten schematisch skizzierten Wappen; ansonsten geben sie den Text der Inschriften ohne Rücksicht auf die Schriftart in einer flüchtigen zeitgenössischen Schreibschrift wieder und verzichten gelegentlich auf für sie unwichtig scheinende Teile wie Fürbitten oder Bibelsprüche.

Joseph von Hommer38), seit 1783 Priester, späterer Generalvikar und von 1824 bis zu seinem Tode 1836 Bischof von Trier, verfasste eine umfangreiche handschriftliche Pfarrgeschichte des Bistums Trier, in die er einige wenige Glockeninschriften (Nrn. 17, 32, 54, 186) einstreute.

Ein in den Jahren 1846 und 1847 an die Pfarreien im Bistum Trier ausgesandter Fragebogen, der das Inventar der Kirchen39) erheben sollte, wurde je nach Kenntnis bzw. Interessenlage [Druckseite 26] des zuständigen Pfarrers mehr oder weniger ausführlich beantwortet. Während die Glocken entweder erwähnt, meist aber zuverlässig beschrieben und deren Inschriften überliefert wurden (vgl. Nrn. 4, 12, 20, 26, 32, 40, 68, 153, 157, 186), fanden die Inschriften der Grabdenkmäler nur selten Erwähnung40), ganz zu schweigen von Inschriften auf Ausstattungsgegenständen wie etwa Messkelchen (Nr. 175) oder gar auf Grabplatten (Nr. 179).

Johannes Georg Holsinger41), seit 1830 bis zu seinem Tode 1880 Patronatspfarrer in Sayn (Gem. Bendorf-Sayn, Lkrs. Mayen-Koblenz), erkundete zwischen 1826 und 1830 während seiner Zeit als Pfarrer der Großpfarrei Halsenbach offensichtlich die Türme der zugehörigen Kirchen und Kapellen und schrieb die Inschriften42) der darin hängenden Glocken verhältnismäßig zuverlässig ab, darunter von drei sonst nicht überlieferten (Nrn. 55, 64, 65). Zudem verzeichnete er mit den Inschriften von fünf Glocken das komplette Geläut der katholischen Pfarrkirche von St. Martin in Oberwesel in seinem Zustand vor 1830, darunter drei bisher unbekannte Glocken43).

Paul Lehfeldt publizierte in seinen 1886 erschienen Bau- und Kunstdenkmälern der Rheinprovinz neben zahlreichen erhalten gebliebenen Denkmälern nur vereinzelt heute nicht mehr vorhandene Inschriften (Nr. 56), dafür aber erstmals die Inschriften erstaunlich vieler später eingeschmolzener Glocken (Nrn. 9, 18, 21, 51, 58, 67, 78, 79).

Im Auftrag des rheinischen Provinzialverbandes und des Denkmalamtes Bonn bereiste Josef Busley in den Jahren 1936 und 1937 den damaligen Landkreis Simmern und erstellte ein in der Bibliothek das ehemaligen Landesdenkmalamtes Mainz (heute Generaldirektion Kulturelles Erbe, Direktion Landesdenkmalpflege) verwahrtes maschinenschriftliches Manuskript, das für beide 1977 erschienenen Kunstdenkmalinventarbände des ehemaligen Landkreises Simmern als Grundlage diente und die auch noch in jüngster Zeit eingetretenen Teil- und Gesamtverluste an Kunstdenkmälern wie auch an Inschriftenträgern (Nrn. 13, 57, 89, 145, 157, 169, 200) eindrucksvoll dokumentiert.

4. Die Inschriftenträger

4.1 Denkmäler des Totengedächtnisses44)

Wie in fast allen bisher publizierten Inschriftenbänden bilden auch im vorliegenden Bearbeitungsgebiet die Denkmäler des Totengedenkens (Grabsteine, Grabplatten, Grabkreuze, Epitaphien, Särge, Sargtafeln und Totenschilde) die weitaus größte Gruppe an Inschriftenträgern, daher sollen sie im Folgenden hinsichtlich ihrer formalen wie inhaltlichen Entwicklung ausführlicher gewürdigt werden. Mit der gewichtigen Ausnahme des Fragments eines frühchristlichen Grabsteines aus Kirchberg (Nr. 1) lassen sich – in Übereinstimmung mit der [Druckseite 27] oben geschilderten historischen Entwicklung – Grabdenkmäler erst verhältnismäßig spät nachweisen, erstaunlicherweise zunächst in Kastellaun, einer zu Beginn des 14. Jahrhunderts eingerichteten zeitlich begrenzten Nebenresidenz der Grafen von Sponheim, danach im wesentlich älteren Augustinerchorherrenstift Ravengiersburg und zuletzt in der Residenzstadt Simmern und den von ihr abhängigen Amtsstädten Kastellaun und Kirchberg sowie in Gemünden, seit Anfang des 16. Jahrhunderts Sitz der Schenken von Schmidtburg. Bedauerlicherweise lässt dieser Befund nur streiflichtartige Einblicke in die allgemeine Entwicklung der Sepulkralkultur zu.

4.1.1 Die äußere Gestaltung der Grabdenkmäler

Mit den beiden kurz nach 1337 entstandenen reliefierten Deckplatten eines Hochgrabes für Graf Simon II. und seine Frau Lisa von Valkenburg (Nr. 10) sowie der Deckplatte für deren gemeinsamen Sohn Simon (Nr. 11) haben wir bereits eine interessante Weiterentwicklung der im Spätmittelalter üblichen Grabplatten mit Umschrift zwischen Linien vor uns, deren Felder entweder leer bleiben, sowie mit Wappen und Ritzzeichnungen oder auch mit figürlichen Darstellungen unterschiedlichster Art geschmückt werden können45). Im Fall des gräflichen Ehepaares handelt es sich um eine überlebensgroße, verhältnismäßig schmale Platte mit reliefierten Wappen in den oberen Ecken und zwei Kielbogenarkaden, unter denen die Verstorbenen als Liegende nebeneinander ruhend dargestellt sind. Ungewöhnlich ist die wohl den Platzverhältnissen geschuldete Platzierung der Inschriften, die nicht auf den üblichen abgeschrägten Randleisten46), sondern zunächst auf den die Leisten ersetzenden Fialen verlaufen und sich dann im oberen Bereich der Platte mehrzeilig fortsetzen. Vergleichbare Grabdenkmäler dieser Art finden sich zeitgleich und in den folgenden Jahrzehnten im benachbarten Nahegebiet mit den Grabdenkmälern der Grafen von Sponheim-Kreuznach im Kloster Pfaffen-Schwabenheim, dann mit der nur selten zu beobachtenden Variante nach innen abgeschrägter Leisten bei einigen im Bad Kreuznacher Karmeliterkloster begrabenen Adeligen47) sowie am Rhein mit den Deckplatten einiger weniger Geistlichen und Adeligen in Oberwesel und Boppard48).

Bei den nur noch kopial überlieferten Grabdenkmälern einiger adligen Pröpste und Kanoniker des Klosters Ravengiersburg aus der zweiten Hälfte des 14. und 15. Jahrhunderts (Nrn. 14, 25, 38) dürfte es sich um die oben erwähnten schlichten Grabplatten gehandelt haben, die – laut Überlieferung – lediglich mit einem Wappen geschmückt waren49). Gleiches gilt für die beiden verlorenen Grabplatten für Angehörige der Familie von Koppenstein (Nrn. 19 und 22) in der katholischen Pfarrkirche St. Michael in Kirchberg. Mit der dort erst im Jahr 1998 aufgefundenen Grabplatte des 1439 verstorbenen Pfarrers Johannes (Nr. 25), die als Besonderheit eine in Ritzzeichnung ausgeführte Figur mit reliefierter Kopfpartie50) [Druckseite 28] aufweist, setzen die wenigen erhaltenen spätmittelalterlichen Grabplatten des Bearbeitungsgebietes ein. Singulär ist die ebenfalls aus Kirchberg stammende, heute im Schloss zu Gemünden verwahrte Grabplatte des 1491 verstorbenen Johann Braun von Schmidtburg und seiner Frau Bärbel Mohr vom Wald (Nr. 52), die wider Erwarten nicht das Ehepaar, sondern nur die reliefierte Figur des Verstorbenen in ritterlicher Rüstung zeigt und mit der zeitüblichen Umschrift zwischen Linien versehen ist. Bei der schmalen Platte für den jung verstorbenen Hans von Wiltberg in der Schlosskirche zu Simmern aus dem Jahr 1494 (Nr. 53) deutet sich bereits der Wandel von der im Boden liegenden Grabplatte zu dem in der Nähe der Begräbnisstätte an der Wand angebrachten Epitaph an: Sichtbar wird diese grundlegende Veränderung in der Gestaltung der unteren Leiste, die als Standfläche der reliefierten Figur ausgearbeitet ist und die zudem eine dem Betrachter zugewandte Inschrift trägt.

Gleichzeitig mit dieser Entwicklung hin zum vollständig ausgebildeten Renaissance-Epitaph ist aber weiterhin der Gebrauch von Grabplatten verschiedenster Ausprägung festzustellen, der bis zum Ende des Bearbeitungszeitraumes anhält: Wir finden im 16. Jahrhundert Grabplatten mit Umschrift zwischen Linien und Wappen in den Ecken (Nr. 74), mit zeilenweiser Inschrift und Wappen in einem vertieften Medaillon (Nr. 94) sowie mit Wappen und figürlicher Darstellung (Nr. 112). Im 17. Jahrhundert lassen sich neben einfachen Grabplatten mit Umschrift und Wappen (Nrn. 139 und 148) auch Grabplatten mit Umschrift auf erhöhten Leisten nachweisen, dazu Wappen im Lorbeerkranz und Bibelzitaten in Rollwerkkartuschen (Nrn. 138, 147, 154, 156, 179), auch Grabplatten mit zeilenweise eingehauener Inschrift und unterschiedlich angeordneten Wappen (Nrn. 151, 152, 163) sowie Sonderformen wie eine Platte mit breiter Leiste und mit einem Kreuz im Feld, umgeben von vier Ahnenwappen (Nr. 162) oder Grabplatten versehen mit Rosetten und Bibelsprüchen (Nrn. 172, 174, 182).

Wie auch sonst an Rhein und Mosel51) sind im Bearbeitungsgebiet nach der Mitte des 16. Jahrhunderts datierte Grabkreuze aus Basalt vorhanden, die anstelle der für das Begräbnis in der Kirche vorgesehenen Grabdenkmäler für Bestattungen auf den Kirchhöfen dienten. Die wenigen im Hunsrück nachweisbaren Exemplare sind in der Regel als einfache, oft einseitig beschriftete, mit kurzen Kreuzarmen und leicht verbreitertem Kreuzfuß versehenen Grabkreuze gestaltet (Nr. 133). Während die Kreuzarme und manchmal auch der Kreuzfuß die gelegentlich auch mehrzeiligen Inschriften (Nrn. 155 und 159) aufnehmen, finden sich in der Kreuzvierung einmal die Darstellung des Gekreuzigten (Nr. 93) und bei dem Grabkreuz eines Geistlichen auch der Priesterkelch (Nr. 159). Eine Besonderheit bietet das hölzerne Grab- bzw. Memorialkreuz für den 1630 ermordeten Georg Klemens Krabadt (Nr. 160), das auf beiden Balkenenden die verbrecherische Todesursache in einer mehrzeiligen Inschrift mitteilt und zudem den Verstorbenen als Fürbittenden zu Füßen des Gekreuzigten zeigt.

Während sich im benachbarten Nahegebiet wie auch im Mittelrheintal bereits seit Beginn des 14. Jahrhunderts mehrere unterschiedliche Formen von Epitaphien ausbilden52), tritt uns mit dem 1522 von dem Bildhauer Jakob Kerre geschaffenen Grabdenkmal für Herzog Johann I. von Pfalz-Simmern (Nr. 66) ein bereits voll entwickeltes, für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts charakteristisches Renaissance-Epitaph entgegen. Der mit porträtähnlichen Zügen versehene Verstorbene ist als lebensgroße, figürlich ausgearbeitete und auf einem Löwen stehende Standfigur dargestellt, die Hände gefaltet und den Blick vermutlich auf den Altar oder das Sakramentshaus gerichtet. Er steht in einer von Pilastern gerahmten Rundbogenarkade, die oben von einem Wappenensemble bekrönt wird. Im Sockel ist nun erstmals eine leicht nach innen geschwungene Tafel mit der mehrzeiligen Grabinschrift angebracht, [Druckseite 29] die der inzwischen eingetretenen Neuerung als an der Wand befestigtes Denkmal Rechnung trägt. Zwei vergleichbare, ebenfalls im Typ der „Ewigen Anbetung“53) konzipierte Grabdenkmäler haben sich in den Epitaphien der beiden im gleichen Jahr 1338 verstorbenen Karl Beuser von Ingelheim (Nr. 73) und Friedrich Schenk von Schmidtburg (Nr. 75) erhalten, auch wenn letzterer nicht als Standfigur, sondern als Kniender in Seitenansicht dargestellt ist.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bestimmen die für die Herzöge von Pfalz-Simmern und ihre Beamtenschaft geschaffenen Grabdenkmäler die weitere Entwicklung im Bearbeitungsgebiet. Bemerkenswerterweise haben sich trotz einer sehr überschaubaren Anzahl von Meistern und Werkstätten54) nicht nur Stereotypen, sondern auch eigene Varianten herausgebildet, die offensichtlich aus der Rücksichtnahme auf individuelle Gegebenheiten resultierten. So folgt zwar das Epitaph der 1553 im Alter von 15 Jahren verstorbenen Pfalzgräfin Alberta von Pfalz-Simmern (Nr. 81) einem – übrigens bis ins 17. Jahrhundert hinein weitverbreiteten – Typ der bildnisfreien Renaissance-Ädikula, die durch einen meist mehrteiligen, mit Wappen, kleinen Figuren und Ornamenten geschmückten Aufbau um eine von Säulen oder Pilastern flankierte Inschriftentafel im Zentrum charakterisiert wird und die in unterschiedlichsten Varianten vor allem von der fürstlichen Beamtenschaft und ihrer Familienangehörigen bevorzugt wurde (Nrn. 82, 83, 95, 98, 100, 129, 132, 135, 140, 143, 150). Dennoch war aber in diesem Fall der Wunsch nach einer figürlichen Darstellung offensichtlich so groß, dass in der Frieszone oberhalb der Sterbeinschrift ein Medaillon mit der vollplastischen Büste eines jungen Mädchens eingefügt wurde, in der man wohl die jung verstorbene Alberta erkennen darf. Ganz in der Tradition reichverzierter herrschaftlicher Renaissance-Denkmäler stehen die Epitaphien für den 1557 verstorbenen Herzog Johann II. von Pfalz-Simmern und seine Frau Markgräfin Beatrix von Baden (Nr. 87) und das wenige Jahre zuvor von Johann I. für seine bereits 1521 verstorbene Mutter Herzogin Johanna (Nr. 84) in Auftrag gegebene. Ebenfalls in diese Reihe gehören das 1589 fertiggestellte (im letzten Jahrhundert stark restaurierte) Epitaph für die aus Württemberg stammende Herzogin Emilia von Pfalz-Simmern (Nr. 113) und die drei gegen Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts hergestellten Epitaphien für Angehörige der Schenk von Schmidtburg (Nrn. 118, 125 und 141) in Gemünden. Diese Grabdenkmäler zeigen die Verstorbenen als nahezu vollplastisch ausgearbeitete, in Rundbogen- oder Rechtecknischen gestellte Standfiguren mit oberhalb bzw. unterhalb platzierten Inschriftentafeln.

Varianten des oben angeführten Beamtenepitaphs stellen der Typ mit dem in eine Rechtecknische gestellten Vollwappen mit darunter angebrachten Inschriftentafeln (Nrn. 91, 92, 104, 106, 108) oder auch die noch an Grabplatten erinnernden Epitaphien der Agnes Cratz von Scharfenstein (Nr. 97) und der 1608 verstorbenen Anna Juliana von Koppenstein (Nr. 136) dar. Auch die mit breitem, reichverziertem Rahmen versehene Kartusche für die 1577 verstorbene Katharina von Hosingen (Nr. 101), deren Grabinschrift auf einer von Roll- und Beschlagwerk gerahmten Schrifttafel zu lesen ist, und das sehr ähnliche, 1581 entstandene Epitaph für Margarethe Deungen und ihre Töchter (Nr. 105) zeigen weitere bemerkenswerte Spielarten. Ohne direkten Vergleich ist dagegen das 1558/59 zu Lebzeiten entstandene Kenotaph für die Herzogin Maria Jacobea von Pfalz-Simmern (Nr. 88), das sie zwar in gewohnt prachtvoller Renaissancekleidung, aber in der ungewöhnlichen Form eines vollplastischen Hüftbildes55) zeigt, das in eine flache Rechtecknische gestellt ist.

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Den zumindest monumentalen Höhepunkt renaissancezeitlicher Sepulkralkultur im Herzogtum Pfalz-Simmern bildet zweifellos das 1582/83 weitgehend fertiggestellte und nach seinem Tod 1598 beendete Epitaph für Herzog Reichard von Simmern und seine erste Frau Juliana von Wied (Nr. 109). Das vielteilige, über acht Meter hohe und weit über drei Meter breite Grabdenkmal zeigt in seiner Opulenz noch einmal die ganze Bandbreite bildhauerischer Gestaltungsmöglichkeiten der Zeit. Das fürstliche Ehepaar steht in Form lebensgroßer Standfiguren in einer mit Beschlag- und Rollwerkornamenten reich verzierten, von kannelierten Säulen getragenen Doppelnische, umgeben von Ahnenwappen, von Tugenden versinnbildlichen Figuren und zahlreichen, mit Bibelsprüchen sowie ausführlich mit Grab- und Sterbeinschriften versehenen Schrifttafeln. Unterhang und Bekrönung sind mit insgesamt zehn erläuternde Beischriften aufweisenden Reliefs geschmückt: ein höchst beeindruckendes, mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament typologisch aufeinander bezogenes Bildprogramm des Lebens, Wirkens und Sterbens Jesu, gleichsam eine von unten nach oben zu lesende Bilderpredigt.

Zur Zeit des 30jährigen Krieges dürfte die Produktion von Epitaphien vollkommen zum Erliegen gekommen sein und wurde auch in den folgenden Jahren nur sehr zögerlich wieder aufgenommen. Während das schlichte Epitaph für den 1658 verstorbenen Kirchberger Ratsherrn Hans Balthasar Rültz (Nr. 170) mit sehr reduzierten Formen an die oben erwähnten Beamtenepitaphien anknüpft, bestehen sowohl das 1666 gestiftete Epitaph für den Kastellauner Pfarrer Jeremias Orth (Nr. 177) als auch das für die 1678 verstorbene Catharina Boos von Waldeck (Nr. 187) und das für den 1686 verstorbenen Georg Wilhem von Koppenstein (Nr. 195) im Grunde nur noch aus einer dichtbeschriebenen Tafel mit darüber angebrachten Wappen. Eine Sonderform bietet das aus einer mehrzeilig beschriebenen Rollwerkkartusche bestehende Epitaph für den 1675 verstorbenen Soldaten Peter Becker (Nr. 184).

Eine offensichtlich nur von Adeligen in Anspruch genommene, sehr spezielle Form des Epitaphs stellen Totenschilde56) dar, die vermutlich dem Leichenzug vorangetragen und später über dem Grabdenkmal des Verstorbenen aufgehängt wurden. Im Bearbeitungsgebiet hat sich nur der 1557 anlässlich des Todes Herzog Johanns II. von Pfalz-Simmern im Chor der Schlosskirche angebrachte Schild (Nr. 86) erhalten, ein weiterer aus dem Jahr 1679 (Nr. 188) ist nur noch abschriftlich überliefert.

Sowohl in der Schlosskirche zu Simmern als auch in den Pfarrkirche der größeren Orte lassen sich Grüfte nachweisen, in denen sich die dort ansässigen Adeligen in Särgen bestatten ließen. Handelte es sich im 16. Jahrhundert nachweislich noch um Holzsärge, an denen vermutlich zur Identifizierung der darin Liegenden beschriftete Sargtäfelchen aus Blei befestigt waren (vgl. Nrn. 80 und 85), bestanden die späteren Särge aus Zinn, die auf den Außenseiten mit Grabinschriften und Bibelsprüchen versehen waren. Während der Sarg für den 1652 verstorbenen Pfalzgrafen Ludwig Casimir von Pfalz-Simmern (Nr. 168) verschollen ist, haben sich in der Schlosskirche zu Simmern in der Neuen Gruft zwei dieser Zinnsärge erhalten, für den 1673 verstorbenen Herzog Ludwig Heinrich von Pfalz-Simmern (Nr. 183) und für seine 1688 verstorbene Ehefrau Maria von Oranien (Nr. 197). Es handelt sich jeweils um sich zum Fuß hin verjüngende, auf Kugeln ruhende Särge, die an den Seiten mit Löwenköpfen, zum Teil auch mit Wappen geschmückt sind. Die langen eingravierten Inschriften befinden sich vorne auf der abgeflachten Oberseite.

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4.1.2 Form und Inhalt der Grabinschriften

Mit den – wenn auch nurmehr fragmentarisch erhaltenen – Inschriften auf den beiden kurz nach 1337 angefertigten Tumbendeckplatten der Grafen von Sponheim (Nrn. 10 und 11) und der verlorenen für den 1363 verstorbenen Propst Philipp I. von Koppenstein (Nr. 14) liegt bereits das für das Spätmittelalter typische Anno domini-Formular57) vor uns, mit seiner in Grabinschriften charakteristischen Abfolge von Todesjahr, Todestag dem Sterbevermerk obiit, Namen des Verstorbenen (ggf. mit Epitheta, Stand oder Funktion) und der fürbittenden Schlußformel cuius anima requiescat in pace. Dieses Formular bleibt im gesamten 15. (Nrn. 20, 23, 25, 26, 38) und auch zu Beginn des 16. Jahrhunderts bis auf kleine Varianten wie requiescat in sancta pace (Nr. 69) mehr oder weniger unverändert. Wie andernorts auch58), ändert sich mit dem Ende des 15. Jahrhunderts einsetzenden Gebrauch des Deutschen in Grabinschriften lediglich ein bestimmter Teil des ansonsten beibehaltenen Formulars: cuius anima requiescat in pace wird nicht etwa wortgetreu übersetzt, sondern stets mit dem/der Gott gnade wiedergegeben. Dieser Fall lässt sich im Bearbeitungsgebiet erstmals im Jahr 1491 auf der Grabplatte des Johann Braun von Schmidtburg und seiner Frau (Nr. 52) nachweisen, dann auf dem Epitaph des 1494 verstorbenen Hans von Wiltberg (Nr. 53) und später auch auf drei im Jahr 1538 entstandenen Grabdenkmälern (Nrn. 73, 74, 75). Weitere gewichtige Varianten bieten die nachreformatorischen Inschriften, die nun mit der selen der almechtig gott ein froliche urstende uerleihe (Nr. 87), mit GOT GEBE IR EIN SELIGE VFFERSTEHVNG (Nr. 95) oder auch mit WELCHER SELEN DER ALMECHTIG MIT BARMHERZIGKEIT EWIGLICH PFLEGEN WOLLE (Nr. 97) enden.

Völlig aus dem Rahmen fällt die 1497 von den Ravengiersburger Augustiner-Chorherren in Latein ausgeführte Memorialinschrift für das gräfliche Ehepaar Berthold und Hadewig (Nr. 54). Der Text rekapituliert die Schenkung von 1074, Todesfälle und Bestattung des Stifterehepaares ohne Rekurs auf eine Vorlage des 11. Jahrhunderts.

Die Angabe des Todestages nach der römischen Datierungsweise durch Nonen, Iden und Kalenden (Nrn. 14, 54, 98, 109) geht in etwa gleichzeitig einher mit der Datierung nach dem römischen Festkalender (Nrn. 19, 22, 24, 25, 69 u. ö.), wenn auch bei letzterer ein eindeutiges Übergewicht festzustellen ist und die dann auch in die deutschsprachigen Inschriften (Nrn. 52 und 73) übernommen wird. Die heute geläufige Datierung nach Tagen und Monaten setzt 1522 mit den renaissancezeitlichen Inschriften ein (Nr. 66) und wird in der Regel beibehalten (Nrn. 73, 80, 81, 82, 84, 85 u.ö.). Varianten entstehen allenfalls durch die Verwendung deutscher Monatsbezeichnungen wie Heymont (Heumonat) für Juli (Nrn. 75 und 76).

Mit den unvermittelt und gleich in reicher Anzahl einsetzenden Renaissance-Epitaphien der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ändern sich die Formulargewohnheiten vollständig. Verbunden mit klassizierenden Eingangsformeln wie DEO OPTIMO MAXIMO SACRVM und angereichert mit Bibelsprüchen und antikem Gedankengut (erstmals 1553, Nr. 81 u. f.) thematisieren die für das pfalzgräfliche Fürstenhaus und ihre Beamten oft nachträglich angefertigten Denkmäler in ihren teils hexametrisch gereimten Inschriften die Verdienste der Verstorbenen, geben sowohl private als auch berufliche Stationen ihres Lebens wieder, schildern oft detailgenau die Todesumstände und bitten um die Fürbitte des Lesers. Mitgeteilt werden nun auch die in Jahren, Monaten und Tagen gezählte Lebensdauer, das Alter [Druckseite 32] des Verstorbenen, die Anzahl und Zusammensetzung der ehelich gezeugten Nachkommenschaft, die Dauer der Ehe und ggf. die Anzahl der Ehen. Eine Präzisierung des Sterbedatums durch die Angabe der Todesstunde lässt sich im Bearbeitungsgebiet erstmals im Jahr 1577 und gelegentlich auch noch später feststellen (Nrn. 101, 109, 135).

Hinsichtlich der Verwendung von Standesbezeichnungen und Epitheta in den nicht gereimten Inschriften des 14. und 15. Jahrhunderts lässt sich eine ähnliche Entwicklung wie in den benachbarten Bearbeitungsgebieten59) erkennen. Adelige (comes, comitissa, domicellus, Junker), Geistliche (canonicus, canonicus regularis, pastor, praepositus) und Laien (Meister) werden mit ihren jeweiligen Standes-, Berufs- oder Funktionsbezeichnungen genannt, meist aber in Kombination mit den vor60) die Namen gesetzten Bezeichnungen dominus/domina (Nrn. 10, 25, 26, 38) oder vir (Nrn. 11) bzw. mit dem den Adel kennzeichnenden de bzw. von (Nrn. 10, 11, 23, 38, 52) oder auch a (Nr. 19); bei Bürgerlichen mit dem ihre Herkunft anzeigenden von in Kombination mit einer eindeutigen Ortsangabe (Nrn. 26, 29, 30, 31, 33 u. ö.). Mit den ersten erhaltenen Grabdenkmälern erscheinen die ersten auch sonst nachweisbaren Epitheta: nobilis (Nr. 10) und in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts generosus (Nr. 54) für den Hochadel sowie honorabilis (Nr. 14) für die höhere Geistlichkeit. Vertreter des Niederadels, der niederen Geistlichkeit und des Bürgertums bleiben zunächst ohne Epitheta. Erst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts setzt sich der Gebrauch von Epitheta langsam durch. Der Hochadel (princeps, dux) wird jetzt als illustris (Nr. 63) bezeichnet, ein Vertreter der höheren Geistlichkeit etwa als venerabilis pater in christo (Nr. 69) und Niederadelige als erenvest (Nrn. 73, 74, 75).

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts werden die Epitheta allmählich reicher. Hochadelige erhalten nun neben der gewohnten Bezeichnung illustris (Nrn. 80, 84) und generosus (Nrn. 84, 109) bzw. durchleuchtig und hochgeboren (Nr. 87) auch die Steigerung illustrissimus (Nrn. 83, 84, 85, 100, 109), generosissimus (Nr. 85) oder gar excellentissimus (Nr. 109). Die männlichen Vertreter der Niederadels sind nun ehrwürdig und edel (Nr. 91), edel und erenvest (Nrn. 92, 118, 125), die weiblichen sind edel, ehren- und tugendreich (Nr. 97), edel und tugentsam (Nr. 108), Ehepaare sind gemeinsam edel, ernvest, ehren- und tugenreich (Nr. 97) oder auch edel, ernvest und tugentsam (Nrn. 104 und 118). Die in Diensten der Herzöge von Pfalz-Simmern stehenden bürgerlichen Beamten werden etwa als dignissimi cancellarii (Nrn. 82 und 98) bezeichnet, ein quaestor und consiliarius hat sein Amt bona fide ausgeübt (Nr. 83) und ein Sekretär hat fünfzig Jahre lang mit indefesso studio und singulari diligentia (Nr. 100) seinem Herrn gedient. Die ehelichen Hausfrauen der ernvesten oder auch erenhaft und wolachtbaren Beamten (Nrn. 110, 115, 120) und deren Töchter sind erbar und tugendsam (Nrn. 95, 110) und eren dugentreich (Nr. 115), ehrnreich tugendsam (Nr. 120) sowie edel und tugendsam (Nr. 125). Gelegentlich verwischen aber auch die Grenzen zwischen Adel und Bürgertum, etwa wenn im Jahr 1577 ein ehemaliger kurfürstlich trierischer cellerarius als clarissimus und ornatissimus bezeichnet wird und seine Ehefrau als aus einer nobili Hoisingorum famila stammend (Nr. 101).

War bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine gewisse Epitaphienhäufung festzustellen, so setzt sich diese Tendenz im 17. Jahrhundert in allen Ständen unvermindert fort. Hochadelige erhalten in der zweiten Hälfte des Jahrhunders durchgehend das Epitheton serenissimus (Nrn. 168, 183, 185, 197). Die restlichen Adeligen werden als woledel, (ge)streng und vest (Nrn. 136 und 142), gegen Ende des Jahrhunderts auch als hochedelgeboren [Druckseite 33] (Nr. 179) bzw. wohledelgeboren (Nr. 188) oder hochwohlgeboren (Nr. 200) bezeichnet, deren Kinder aber nur als woledel (Nrn. 154, 156, 162) bzw. woladelich (Nr. 169). Geistliche erhalten reverendus et doctissimus (Nr. 151) bzw. ehrwürdig und wohlgelahrt (Nr. 177), Bürgerliche je nach Stellung spectatissimus atque prudentissimus (Nr. 129), amplissimus et prudentissimus (Nr. 140) oder ehrnhafft (Nrn. 135, 138, 152), ehrnvest (Nr. 170) ernvoll und hochachtbar (Nr. 139), ihre Frauen tugendsam (Nrn. 148, 151, 177). Ein einzelner Soldat wird schließlich als ehr vnt mannhaft (Nr. 184) charakterisiert.

Deutsch als Inschriftensprache lässt sich in Grabinschriften verhältnismäßig spät nachweisen, erstmals 1491 und 1494 auf Grabplatten von Vertretern niederadeliger Familien (Nrn. 52, 53). Erstaunlicherweise finden sich die frühesten deutschen Texte auf Glocken, zunächst und noch singulär auf einer im 3. Viertel des 14. Jahrhunderts gegossenen Glocke (Nr. 15), dann erst wieder kurz vor der Mitte des 15. Jahrhundert (Nr. 26) und anschließend in ungewöhnlich reicher Zahl (Nrn. 29, 30, 31, 32, 33 u. ö.), und dann das gesamte 16. und 17. Jahrhundert hindurch. Abgesehen von der ebenfalls singulären deutschen Inschrift auf einer um 1500 entstandenen Taufschale (Nr. 62) und auf einer nach 1532 angefertigten Tafel mit einer gereimten Erinnerungsinschrift an den Türkenzug des späteren Herzogs Friedrich II. von Pfalz-Simmern (Nr. 70, vgl. auch Nr. 126), finden wir deutschsprachige Inschriften erst wieder auf drei 1538 entstandenen Grabdenkmälern, wiederum für Angehörige niederadeliger Familien (Nrn. 73, 74, 75). Da die meisten Inschriften auf den Grabdenkmälern der Herzöge von Pfalz-Simmern und ihrer Beamtenschaft aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis auf wenige Ausnahmen auf Latein abgefasst wurden, beschränkt sich der Gebrauch der deutschen Sprache vorwiegend auf den Niederadel (Nrn. 91, 92, 95, 97, 104 u. ö.) und auf einzelne Beamte aus dem Bürgertum (Nrn. 110, 115, 120, 135, 138 u. ö.). Allerdings gibt es eine gewichtige Ausnahme: Die lange Inschrift auf dem 1558/59 entstandenen Kenotaph für Herzogin Maria Jacobea von Pfalz-Simmern schildert in deutschen Reimversen hauptsächlich deren glückliche Ehe mit ihrem vor ihr verstorbenen Mann und nennt ihn zudem als Stifter des Denkmals (Nr. 88). Weiterhin finden sich auf den herzoglichen Grabdenkmälern gelegentlich einzelne auf Deutsch verfasste Prosa-Inschriften, einerseits Sterbeinschriften (Nrn. 81 und 82), die wohl als Kontrast zu der sonst verwendeten lateinischen Grabdichtung die wesentlichen Informationen liefern und allgemein verständlich sein sollten, andererseits auch die lateinischen Grabinschriften ergänzenden Bibelsprüche (Nrn. 98 und 100). Mit dem Ende Simmerns als Residenzstadt Ende des 16. Jahrhundert wird Latein nur noch auf den Särgen der pfalzgräflichen Familie (Nrn. 168, 183, 197) und sonst nur noch vereinzelt als Inschriftensprache eingesetzt (Nrn. 129, 140, 151, 185); im gesamten 17. Jahrhundert dominiert eindeutig die Volkssprache.

4.2 Wand-, Glas- und Tafelmalerei

Inschriften in Verbindung mit Wand-, Glas- und Tafelmalerei haben sich im Bearbeitungsgebiet nur in verschwindend geringen Resten61) erhalten (Nrn. 199, 202, 203, 204, 207). Wenn auch zahlreiche dieser Inschriften bereits im Zuge der Reformation verschwunden sein sollten62), so ist der Hauptgrund dafür in der vermehrten Bautätigkeit des 18. Jahrhunderts zu suchen, die – wenn auch meist unter Beibehaltung der Glockentürme – zum Abriss und Neubau vieler mittelalterlicher Kirchenschiffe geführt hat.

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4.3 Glocken63)

Von den 54 im Bearbeitungsgebiet nachweisbaren und mit Inschriften versehenen Glocken haben sich noch 32 im Original erhalten; von den 22 verlorenen sind die meisten durch zuverlässige kopiale Überlieferung gut dokumentiert. Trotz dieser für den Hunsrück erstaunlich hohen Anzahl ist davon auszugehen, dass sich ursprünglich weit mehr Glocken und Glöckchen in den Glockenstühlen und Dachreitern der zahlreichen Kirchen und (Burg-)Kapellen64) sowie in den entsprechenden Türmchen der öffentlichen wie privaten Gebäude befunden haben müssen. Bekannt sind die auch sonst zu beobachtenden Verluste durch Feuer, Raub und auch durch kriegsbedingte Ablieferungen. Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die folgende Analyse durch den erstaunlichen Befund erschwert wird, dass zahlreiche Glocken innerhalb des Bearbeitungsgebietes im Lauf der Zeit nicht nur einmal, sondern mehrfach den Standort gewechselt haben und damit als Zeugen für die jeweilige Orts- bzw. Kirchengeschichte nur bedingt herangezogen werden können.

Die ältesten noch erhaltenen Glocken stammen aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts und weisen einerseits noch in der altertümlichen Wachsfadentechnik hergestellte Inschriften auf (Nrn. 4, 6, 7), wie auch bereits eine mittels Modeln (Nr. 5) gefertigte. Kennzeichnend für diese freihand aus Wachsfäden geformten und auf den mit Wachs überzogenen Lehmmantel der zu gießenden Glocke angebrachten Buchstaben ist, dass sie oft nicht die Grundlinie halten und zudem in Größe und Beschaffenheit variieren. Bereits anhand dieser vier frühen erhaltenen Glocken lässt sich ein guter Eindruck von der Vielfalt mittelalterlicher Glockengestaltung gewinnen. Die in zeitgemäßer gotischer Majuskel ausgeführten Inschriften sind meist zwischen Kordelstegen auf der Schulter der jeweiligen Glocke platziert und zeigen zahlreiche, wie spielerisch entstandene Buchstaben-Varianten, dazu Worttrenner aus gleicharmigen Tatzenkreuzen und halbkugeligen Punkten. Dagegen weisen die aus vorgefertigten Modeln gewonnenen Buchstaben mit ihrem signifikanten querrechteckigen Querschnitt meist keine auffälligen Besonderheiten auf. Während bei zwei Glocken die als Inschrift verwendeten Evangelistennamen zur Abwehr von Unwettern dienen sollen, rufen die beiden anderen Glocken die Gottesmutter Maria an bzw. verwenden einmal sogar mit dem AVE MARIA den Mariengruß. An Glockenzier finden sich neben dem Kordelsteg dünne gleicharmige Tatzenkreuze mit zwei Streben an den Kreuzenden sowie hochrechteckige Reliefs der Kreuzigungsszene mit Maria und Johannes. Auf der ins 3. Viertel des 13. Jahrhunderts datierten Glocke in Raversbeuren (Nr. 5) hat sich mit MAGISTER CONRADVS DE WORMACIA sogar der sonst unbekannte Gießer der Glocke verewigt, ein außergewöhnlicher Befund, mit dem die älteste Nennung eines Glockengießers in der Region Rhein/Mosel/Nahe/Hunsrück verbunden ist.

Mit der 1313 für die Pfarrkirche in Bell von einem sonst nicht bekannten Johannes gegossenen und sogar mit einer Gießermarke geschmückten Marien-Glocke (Nr. 8) setzen die meist datierten und manchmal auch mit dem Namen des Gießers versehenen Glocken des 14. Jahrhunderts ein, deren Inschriften nun durchgehend aus standardisierten Modeln hergestellt sind. Möglicherweise ist ebenfalls diesem Johannes eine (1779 umgegossene) Glocke in Kappel (Nr. 12) zuzuschreiben, die in ihrer gut überlieferten Inschrift sowohl Maria nennt, als auch die Evangelisten anruft und den Namen des Gießers mitteilt. Während sich die in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datierte schmucklose Glocke aus Ohlweiler [Druckseite 35] (Nr. 13) mit der Anrufung der Evangelisten gut in diese Reihe einfügt, kombiniert die 1324 für das Augustiner-Chorherrenstift Ravengiersburg gegossene, kurz zuvor zersprungene Glocke (Nr. 9) in ihrer ungewöhnlichen Inschrift die historische Nachricht von ihrer Wiederherstellung mit der Namensnennung des Patrons der Klosterkirche FRACTA ET MOX REFORMATA SVM ANNO DOMINI MCCCXXIIII CHRISTOFORVS. Aus dem 3. Viertel des 14. Jahrhunderts stammt ein unscheinbares Glöckchen aus Kirchberg (Nr. 15), das aber mit der Marienanrufung HILF MARIA US NOT die erste deutschsprachige Inschrift des Bearbeitungsgebietes überhaupt bietet. Die nächste findet sich erst auf der vermutlich 1440 für St. Quintin bei Karbach gegossenen Glocke (Nr. 26), die mit den Worten In ◦ den ◦ iore ◦ vnsers ◦ here ◦ da ◦ man ◦ schreif ◦ mcccc ◦ vnd ◦ xl ◦ Joir ◦ noch ◦ crist ◦ geburt in umständlicher Weise das Jahr ihrer Herstellung mitteilt. Dieser Inschriftentyp lässt sich so erstmals auf dieser Glocke nachweisen, dann 1459 und 1460 bei Tilmann von Hachenburg und später bei Clais von Echternach (s. u.).

Mit der im Juli 1396 gegossenen, aus der Quintinskirche bei Karbach stammenden und heute in Wellmich (Rhein-Lahn-Kreis) befindlichen Marien-Glocke (Nr. 16) setzen die zahlreichen, in gotischen Minuskeln ausgeführten Glocken des Bearbeitungsgebietes ein. Aufgrund der Eigentümlichkeit der Inschrift mit der Monatsangabe als Datierungszusatz und Namensansage vocor maria65) sowie der Verwendung sechsstrahliger Sternchen als Worttrenner kann diese Glocke der Werkstatt des Glockengießers Johann von Frankfurt zugewiesen werden. Interessanterweise stellen auch einige der weiteren aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammenden Glocken hinsichtlich der verwendeten Inschriften mehr oder weniger Unikate dar. So wurde etwa die 1403 für Kisselbach gegossene Glocke mit einer lateinischen Fürbitte in Form zweier leoninisch gereimter Hexameter versehen (Nr. 18), die so auf Glocken bisher nicht noch einmal nachgewiesen werden konnten. Gleiches gilt für die 1430 gegossene Glocke aus Morshausen mit einem so ebenfalls auf Glocken noch nicht verwendeten lateinischen Bibelzitat (Nr. 21). Die 1412 für Mastershaussen gegossene Glocke (Nr. 20) bietet dagegen mit der Inschrift o rex glorie veni cum pace eine auch andernorts auf Glocken weitverbreitete Bitte um Frieden66), die mit der Bitte um Abwehr von irdischem Unheil verbunden ist. Der gleiche Spruch67) findet sich auf der in Ohlweiler hängenden Glocke von 1441 (Nr. 27), die neben einem Rundmedaillon mit der Beweinung Christi zudem die ersten nachweisbaren Pilgerzeichen auf Glocken des Bearbeitungsgebietes aufweist. Es sind die der Theobaldwallfahrt zu Thann im Elsaß, der Marienwallfahrt zu Aachen sowie ein weiteres, noch nicht sicher identifiziertes Pilgerzeichen. Als weitere Besonderheit zeigt sie erstmals auf Plättchen gesetzte Einzelbuchstaben und unkonventionelle Worttrenner wie Reliefs der stehenden Muttergottes sowie Blüten und Flechtwerk. Mit der aus der sogenannten Trierer Hexameterwerkstatt stammenden Inschrift auf der Ravengiersburger Glocke von 1431 (Nr. 23) haben wir einen weiteren gut bekannten Typ mittelalterlicher Gockeninschriften vor uns, in denen die Funktionen der Glocke thematisiert werden68): Durch ihren Klang lobt sie Gott, vertreibt den Satan, ruft die Geistlichkeit zusammen und vertreibt alles Schädliche.

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Der Wetterbann jedoch, die hier nicht genannte, aber mit die wichtigste Funktion einer Glocke, findet sich auf fast allen Glocken des berühmten Meisters Tilmann von Hachenburg69), der zwischen 1450 und 1484 im Bearbeitungsgebiet mit insgesamt 11 Glocken (darunter nur einer verlorenen) ungewöhnlich stark vertreten ist (Nrn. 29, 30, 31, 32, 33 u. ö.). Seine lateinische, allenfalls mit geringen Varianten wie Anrufungen, Fürbitten oder Evangelistennamen angereicherte Standardinschrift lautet stets: NN. (Name der Glocke) heiße ich, alle böse Wetter vertreibe ich, Meister Tilmann von Hachenburg goß mich, anno domini [folgt das Jahr]70). Auch sonst weisen die Glocke des Meisters in der Regel eine einheitliche Formensprache auf: Die meist einzeilige Schulterumschrift befindet sich zwischen Rundstegen, begleitet entweder von einem Wellenrankenfries aus Blättern und Früchten der Stechpalme oder mit einem Rundbogenfries mit ausgelegtem Maßwerk und traubenförmig abhängenden Ornamenten. Der Textbeginn wird durch ein gleicharmiges Kreuz angezeigt, dessen Arme in stilisierte Blütenblätter enden. Oft sind seine Glocken zusätzlich mit unterschiedlichen Reliefs der Muttergottes geschmückt, die sie stehend mit dem Kind im Arm, auf der Mondsichel sitzend oder als Brustbild zeigen. Ebenso finden wir Pilgerzeichen wie das der Neusser Quirinus-Wallfahrt, der Aachener Marien-Wallfahrt, das zum elsässischen Odilienberg oder der Wallfahrt zum nordfranzösichen Kloster St.-Josse-sur-Mer. Gelegentlich verwendet Tilmann auch ungewöhnliche Schmuckstücke wie ein Ortssiegel, ein Siegel eines amtierenden Pfarrers (Nr. 28) oder eine Münze (Nr. 37).

Im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts lässt sich im Bearbeitungsgebiet mit Clais von Echternach ein weiterer sehr produktiver, zwischen 1471 und 1499 im gesamten Gebiet des Bistums Trier tätiger Glockengießer nachweisen71). Wie Tilmann von Hachenburg kombiniert auch er in seinen Inschriften in der Regel Namensansage, Wetterbann und Gießervermerk mit Gußdatum (Nrn. 39, 42, 43, 44, 48) und verwendet auch zum Teil die gleichen Reliefs und Pilgerzeichen als Glockenzier. Daneben gibt es aber auch deutliche Unterschiede wie der für ihn charakteristische Zusatz datum vor der Jahreszahl (Nrn. 43, 44, 48) und die Verwendung von Quadrangeln, Rosetten und Tatzenkreuzen als Worttrenner. Ganz ungewöhnlich ist die Hauptinschrift auf seiner großen, 1481 für Hirschfeld gegossenen Glocke (Nr. 42), die eine Anrufung Gottes in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache mit dem deutschsprachigen Gießervermerk kombiniert. Auch einige seiner Reliefs sind neu, wie die Darstellung des hl. Erzmärtyrers Stephanus und das Engelweihzeichen der Wallfahrt zur Gnadenkapelle der Abtei Einsiedeln in der Schweiz. Von dem etwa im gleichen Zeitraum tätigen Glockengießer Clais von Enen72) ist im Bearbeitungsgebiet lediglich eine, inzwischen umgegossene Glocke aus dem Jahr 1489 überliefert (Nr. 51).

Von unbekannten Gießern stammen die letzten vier noch ins 15. Jahrhundert zu datierenden Glocken. Während es sich bei der 1497 gegossenen Glocke in Basselscheid (Nr. 55) um eine Annen-Glocke handelt, die zur Ehren der heiligen Jodokus und Johannes geläutet wurden, rufen die beiden für Dill und Dorweiler gegossenen Glocken Maria an (Nrn. 57 [Druckseite 37] und 58). Dagegen weist die in St. Antonius in Hahn hängende Glocke (Nr. 60) mit Cristus vincit cristus regnat cristus imperat cristus omnes benedicat eine selten vorkommende Inschrift auf, die ihren Ursprung in den mittelalterlichen Herrscherlaudes hat73).

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist im Bearbeitungsgebiet ein deutlich geringer Zuwachs an Glocken festzustellen74). Neben einer sehr interessanten, mit einer mundartlichen Stifterinschrift versehenen Glocke, die 1535 von dem Trierer Meister Johann III. von Andernach gegossen wurde und heute in der Wendelinus-Kapelle in Ney hängt (Nr. 71), hat sich nur noch eine weitere, ebenfalls von einem Trierer Glockengießer stammende Glocke erhalten. Dieser sich nach seinem vermutlichen Herkunftsort Prüm oder auch nach seinem Wohn- und Werkstattort Trier nennende Meister Dietrich Wolf gilt als der produktivste, gleichzeitig als der letzte in mittelalterlicher Tradition stehende Glockengießer des Trierer Landes75). Während die drei von ihm 1521 und zweimal 1524 für die Kirchen in Dörth, Beulich und Gondershausen gegossenen Glocken verloren sind, hat sich seine 1545 für Hirschfeld angefertigte Glocke erhalten (Nr. 76). Es handelt sich um eine große Glocke mit einer auf Plättchen gesetzten Schulterumschrift zwischen Stegen, begleitet von einem stehenden Fries aus sich überschneidenden Bögen mit stilisierten Kreuzblüten. Wie seine Vorgänger verwendet auch er auf seinen Glocken in der Regel den Rheinischen Glockenspruch, allerdings nun in der deutschen Variante in godes eren luden ich bos wedder uerdriben ich dederich wolff uan trier gos mich 1545. Mit der auf der Glocke in Hirschfeld eingesetzten Bandminuskel ist dem Meister neben der gotischen Minuskel in seinem Frühwerk und einer im Spätwerk verwendeten Kapitalis eine dritte, bis dahin unbekannte Schrifttype nachzuweisen. Verloren sind auch eine 1548 gegossene Glocke (Nr. 78) des gut bezeugten Meisters Gregorius II. van Trier, die als Inschrift ebenfalls den Rheinischen Glockenspruch trug sowie eine kleine Glocke mit der selten nachzuweisenden Bitte um Hilfe HILF GOT DEN LVDEN AMEN (Nr. 79).

Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hat sich lediglich noch eine Glocke (Nr. 119) erhalten, allerdings mit einer bemerkenswerten Inschrift, in der sich auch der fundamentale Wandel vom Mittelalter zur Neuzeit widerspiegelt und sich zudem Ansätze reformatorischen Gedankengutes zeigen ICH DIEN DER GEMEINDEN MIT MEINEM SCHAL ICH ROF SIE ZV DEM TEMPEL AL GOTTES WORT // ZV LERREN VND SICH VON SVNDEN ZV BEKERREN IOHAN VON TRIER GVS MICH 1590. Die von dem im Raum zwischen Nahe und Mosel tätigen Meister Johann IV. von Trier gegossenen Glocke wurde 1589 von der lutherischen Kirchengemeinde Holzbachs (mit)finanziert, indem jeder der damals 31 Haushalte einen halben Gulden beisteuerte.

Auch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts lassen sich nur noch gelegentlich Neugüsse von Glocken nachweisen, und wenn, dann im Zusammenhang mit gewissen Ereignissen. Dies trifft in hohem Maße auf die beiden 1614 von den Gebüder Belin für das evangelische Horn gegossenen Glocken zu. Die Inschrift auf der einen, heute verlorenen Glocke (Nr. 145) bezieht sich auf einen Großbrand des Jahres 1613, dem nahezu das ganze Dorf samt seiner mittelalterlichen Kirche und den drei Glocken zum Opfer fiel, und teilt mit, dass aus den Resten der drei geschmolzenen Glocken diese beiden neuen gegossen worden seien. Die Inschrift auf der zweiten, heute noch vorhandenen Glocke (Nr. 146) thematisiert letztlich denselben reformatorischen Gedanken, der schon auf der oben angeführten Glocke in Holzbach zu finden war: Der Klang der Glocke dient der wahren Ehre Gottes, indem sie [Druckseite 38] die Menschen auf- und zusammenruft. Dagegen steht die 1628 für die katholische Pfarrkirche in Beltheim hergestellte Glocke (Nr. 157) eindeutig in mittelalterlicher Tradition, da sie in ihrer Inschrift deren traditionelle Funktionen benennt ZVM DINST GODES LVDEN ICH DIE LEBENDIGE(N) ROFFEN ICH DIE DODN BELVDE ICH SVSANA HEISEN ICH. Auf dieser Glocke haben sich neben dem damaligen Pfarrer auch der aus den Vogesen stammende Glockengießer Franziskus Brutelius (François Breutel) und sein Gehilfe Elias Sermosius (Eloy Sermoise) verewigt. Breutel und Sermoise gehören wie auch die Gebrüder Belin zu den noch wenig erforschten, in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in weiten Teilen Deutschlands tätigen elsässischen bzw. lothringischen Wandergießern76).

Neben zwei lediglich Jahreszahlen und Namen tragenden Glöckchen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert (Nrn. 176 und 190) ragt eine heute noch vorhandene Glocke (Nr. 196) heraus, die 1686 von einem unbekannten Meister für die evangelische Pfarrkirche in Gemünden gegossen wurde. Aus der als Chronogramm und Chronostichon gestalteten lateinischen Inschrift geht hervor, dass diese Glocke zu Ehren des wahren Erlösers Jesu Christus, der seligen Jungfrau Maria, des göttlichen Josef und der heiligen Anna durch den edlen und hochgeborenen Freiherrn Wolf Ernst von Schmidtburg und seine Gemahlin erneuert worden sei. Chronogramm und Chronostichon bezeichnen mit den Jahreszahlen 1686 das Jahr des Neugusses einer offensichtlich beschädigten alten Glocke. Brisant wird die Angelegenheit dadurch, dass Wolf Ernst von Schmidtburg als katholischer Patron für die Ausstattung der evangelischen Pfarrkirche sorgte und offenbar die Gelegenheit zur Demonstration seines Glaubens nutzte. Dass dieses Vorgehen von evangelischer Seite durchaus registriert wurde, geht aus dem schriftlich formulierten Protest des kurpfälzischen Landschreibers hervor, dass der Herr von Schmidtburg die neue Glocke im evangelischen Gemünden „nach katholischer Art taufe und mit seinem Wappen verziere“!

4.4 Bauwerke, kirchliche Ausstattungsstücke und sonstige Inschriftenträger

Zu den Bauinschriften zählen auch die im Bearbeitungsgebiet häufig vorhandenen Jahreszahlen (vgl. etwa die Sammelnr. 33 und Nr. 131), die oft in Verbindung mit Wappen, Initialen oder Namen Beginn, Dauer oder Ende einer Baumaßnahme bezeugen. Sie befinden sich in meist schlichter Ausführung an Wänden (Nrn. 15, 46, 180), auf Balken (Nrn. 76, 116, 181), an Türen (Nrn. 89, 102, 117, 130, 137, 141, 192) und Portalen (Nrn. 90, 128, 144, 149) von Bauwerken, gelegentlich auch auf den betreffenden Objekten wie einem Sakramentshäuschen (Nr. 50), einem Hochaltar (Nr. 191), einer Kanzel (Nr. 194), einer Pietà (Nr. 198) oder auf Taufsteinen (Nrn. 161, 189, 193). Die älteste bekannte Bauinschrift mit längerem Text steht – bedauerlicherweise unzugänglich – auf einer Bleitafel (Nr. 49), die 1486 anlässlich des Neubaus der Schlosskirche in Simmern angefertigt wurde. Die zuverlässig überlieferte Inschrift preist in sieben zum Teil leoninisch gereimten Hexametern die durch Herzog Johann I. am 18. Mai 1486, einem die luce serena vorgenommene Grundsteinlegung. Erstaunlicherweise verwendet der Text an dieser Stelle den gleichen Vers ampliat hoc templum lapidem locat ipseque primo, wie ihn auch die Bauinschrift zur Grundsteinlegung des Kölner Doms im Jahr 1248 aufweist. Erst knapp hundert Jahre später findet sich die nächste längere, den Turm der evangelischen Kirche in Pfalzfeld betreffende Bauinschrift (Nr. 107). Kunstvoll in einen Holzbalken eingeschnitten teilt sie mit, dass im Jahr 1582 MEISTER HANS Streb aus dem benachbarten Utzenhain Disen Helm gemacht hatt. Aus der 2. Hälfte [Druckseite 39] des 16. Jahrhunderts stammt eine heute verlorene, in deutschen Reimversen abgefasste Bauinschrift (Nr. 126), die mit dem 15. Mai des Jahres 1280 das mutmaßlich genaue Datum der Grundsteinlegung zu einer Kirchenerweiterung der Pfarrkirche St. Michael in Kirchberg und zudem auch den Stifter mitteilt. Eine im gleichen Zeitraum für die katholische Pfarrkirche in Mastershausen entstandene Inschrift (Nr. 127) gibt unmissverständlich bekannt, welcher Personenkreis genau für den Unterhalt und die Pflege der Kirche zuständig war.

An inschriftlich bezeichneten kirchlichen Ausstattungsgegenständen können im Bearbeitungsgebiet – neben den bereits behandelten Glocken – aus dem Bereich der liturgischen Geräte nur wenige Kelche, einige Paramente, zwei Taufschalen und eine Monstranz sowie aus dem 17. Jahrhundert eine Kanzel und einige Taufsteine nachgewiesen werden. Eine Sonderstellung unter den Kelchen nimmt hierbei der 1483 von Pastor Stephan aus Bernkastel für seine Pfarrkirche in Bell gestiftete silbervergoldete Messkelch ein (Nr. 45), der neben dem Namen Jesu auf den vier Feldern des Sechspassfusses auch den Stifter selbst nennt und ihn dort sogar in Ritzzeichnung abbildet. Weitere Kelche finden sich erst wieder im 17. Jahrhundert, beginnend mit einem Kelch (Nr. 158), den Nikolaus Schenk von Schmidtburg 1628 als katholischer Patron der evangelischen Kirchengemeinde in Gemünden stiftete und mit seinem Namen versehen ließ. Einfache Kelche mit dem Namen der zugehörigen Kirche sind für Eveshausen (Nr. 166), Buch (Nr. 201) und Raversbeuren (Nr. 204) nachgewiesen, verschollen dagegen ist ein 1665 datierter Kelch (Nr. 175) aus Mannebach. In Gödenroth und in Kastellaun haben sich zwei bemerkenswerte versilberte Taufschalen aus Mesing erhalten, die beide um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert entstanden sind. Es handelt sich dabei eigentlich um Gebrauchsgeschirr, um sogenannte Beckenschlägerschüsseln, die mit hohem, nach außen gebogenem Rand gearbeitet sind und innen im Boden oft ein kreisförmiges Relief aufweisen. Bei der Gödenrother Schale handelt es sich dabei um die Darstellug der Verkündigungsszene (Nr. 61), die mit einer nur noch fragmentarisch erhaltenen Inschrift versehen ist. Die Schale aus Kastellaun (Nr. 62) zeigt dagegen ein Relief mit der Darstellung von Adam und Eva während des Sündenfalls mit dies verdeutlichenden Inschriften. Inschriften tragende Paramente haben sich ebenfalls nur wenige erhalten. Dazu gehört die um 1500 entstandene Kasel aus Kastellaun (Nr. 63) mit Szenen aus der Passion Christi und inschriftlich bezeichnet mit dem Beginn einer im Mittelalter weit verbreiteten Mariensequenz. Verschollen, aber gut beschrieben, ist ein aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts stammendes Messgewand aus Gemünden (Nr. 57), eine mit Namensbeischriften, Bibelzitaten und dem Beginn eines Hymnus versehene Kasel mit reichen Darstellungen aus der Passion und aus dem Marienleben, das sich gut mit einer in Liebfrauen zu Oberwesel noch vorhandenen Kasel vergleichen lässt. Ebenfalls verschollen sind Teile einer spätgotischen Kasel aus Ravengiersburg (Nr. 59). Die 1621 anlässlich einer Stiftung „modernisierte“, im Bearbeitungsgebiet einzig noch vorhandene spätgotische Monstranz (Nr. 153) aus der katholischen Pfarrkirche St. Servatius in Gondershausen, dürfte im Zusammenhang mit der damaligen Rekatholisierungswelle zu sehen sein. Als Inschriften für die 1684 neu angefertigte Kanzel der evangelischen Kirche in Kastellaun (Nr. 194) wurden thematisch bezogene Bibelsprüche ausgewählt. Im Jahr 1631 ist mit dem verschollenen Taufstein für die evangelische Kirche in Gemünden (Nr. 161) erstmals die Stiftung neuer Taufsteine überliefert, die vor allem ab den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts in einigen Kirchen des nördlichen Hunsrücks und der unteren Mosel verstärkt nachzuweisen sind. Die inschriftlich mit dem Jahr und gelegentlich mit den Namen der zugehörigen Kirche bezeichneten Taufsteine aus Basalt (Nrn. 189 und 193; vgl. auch Kap. 6) sind aus einer Säule mit quadratischer Basis und einem pokalartigen Becken mit profiliertem Rand gearbeitet.

Vermutlich aus den Särgen in der 1864 aufgeräumten herzoglichen Gruft in der Schlosskirche zu Simmern kamen auch einige wenige mit Inschriften versehene Gegenstände zum [Druckseite 40] Vorschein. Am Auffälligsten darf dabei mit Sicherheit das aus massivem Gold bestehende Armband (Nr. 103) gelten, in das Herzog Reichard von Pfalz-Simmern anlässlich seiner Hochzeit im Jahr 1578 seine Initialen und die seiner damaligen Braut, der Herzogstochter Emilia von Württemberg gravieren ließ. Ans Tageslicht kamen damals auch Reste zweier Prunkdolche und eines Degens (Nrn. 122, 123, 124), die aber lediglich mit ihren jeweiligen Gewichtsangaben in Mark, Lot und Quentchen bezeichnet sind.

In den Bereich der sogenannten chronikalischen Inschriften gehört die Tafel mit der nach 1532 entstandenen Erinnerungsinschrift (Nr. 70) an die Teilnahme am Türkenzug Friedrichs von Pfalz-Simmern, die in deutschen Reimversen seine große Tapferkeit rühmt, die dem späteren Herzog bereits im Alter von 18 Jahren die Ritterwürde einbrachte. Der reichshistorisch-genealogische Schlussteil der in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts in Kirchberg entstandenen Bauinschrift (Nr. 126) ist ebenfalls dieser Textsorte zuzurechnen.

An Flurdenkmälern haben sich neben einem 1662 gestifteten Wegekreuz (Nr. 173) hauptsächlich mit Wappen und Jahreszahlen versehene Grenzsteine erhalten, die zum Teil noch an ihren ursprünglichen Standorten, zum Teil aber auch nur noch als nach andernorts verbrachte Spolien aufgefunden werden konnten. Der früheste bekannte Stein (Nr. 72) wurde im Jahr 1536 zur Kennzeichnung der Gemarkungsgrenze zwischen (Pfalz-)Simmern und dem Koblenzer Stadtwald gesetzt und befindet sich wie der vermutlich 1569 gesetzte Grenzstein aus der Hirschfelder Gemarkung (Nr. 96) und der 1584 aus der Ravengiersburger Gemarkung (Nr. 111) nicht mehr an seinem früheren Standort. Dagegen sind auf der Womrather Höhe entlang der Gemarkungsgrenze Schlierschied und Kellenbach/Hennweiler stehenden Grenzsteine (Sammelnr. 99) noch in reicher Zahl vor Ort vorhanden. Die Steine kennzeichnen die Grenze zwischen dem Stadtwald von Kirchberg und dem sogenannten Fünfgemeindewald gegen die Besitzungen des Freiherrn von Warsberg. Um dies auch inschriftlich zu verdeutlichen, zeigen sie nicht nur die jeweiligen Wappen, sondern sind auch mit der aus Platzgründen stark gekürzten Inschrift ST(ADT) K(IRCHBERG) / M(IT) V D(ORF) // W(ARSBERG) gekennzeichnet, wobei das römische Zahlzeichen V als „fünf“ zu lesen ist.

4.5 Meister und Werkstätten

Wie bei dem inschriftlichen Bestand des Bearbeitungsgebietes nicht anders zu erwarten, finden sich die ersten Meisternennungen auf Glocken (vgl. Kap. 4.3), mit frühen Nachweisen bereits Ende des 13. Jahrhunderts.

Offen bleibt, ob die beiden kurz nach 1337 entstandenen Grabdenkmäler der Grafen von Sponheim in Kastellaun (Nrn. 10 und 11) bereits von derselben Werkstatt gefertigt worden sind, die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sowohl für die Wild- und Rheingrafen als auch für die Grafen von Sponheim tätig war77).

Wie in anderen renaissancezeitlichen Residenzstädten werden auch in Simmern im Zusammenhang mit dem Ausbau zur herzoglichen Residenzstadt die ersten signierten Werke aus dem Bereich der Bildhauerkunst78) greifbar. Sie setzen ein mit dem 1513 als „Jakob Kerre Byldhauwer“ in die Trierer Krämerzunft aufgenommenen Meister, der sich inschriftlich auf dem 1522 datierten Epitaph für Herzog Johann I. von Pfalz-Simmern (Nr. 66) als IACOB(VS) verewigte. Dieser ansonsten weder signierende noch datierende Meister Jakob Kerre war von [Druckseite 41] seiner Trierer Werkstatt aus sowohl im Nahegebiet79), vielleicht auch im Mittelrheintal80) tätig, und ist auch in Koblenz und Trier bis 1527 nachzuweisen81). Ob die beiden 1538 entstandenen figürlichen Grabdenkmäler für Karl Beuser von Ingelheim in Kastellaun (Nr. 73) und Friedrich Schenk von Schmidtburg in Gemünden (Nr. 75) ebenfalls von ihm bzw. seiner Werkstatt stammen, bleibt fraglich. Zumindest von epigraphischer Seite ist anzumerken, dass die Schriftformen beider Denkmäler nicht bzw. nur ansatzweise82) mit denen auf dem Epitaph von 1522 übereinstimmen. Aufgrund der übereinstimmenden Schriftformen ist allerdings davon auszugehen, dass beide 1538 gefertigten Epitaphien und auch die zugehörige Grabplatte für Friedrich Schenk von Schmidtburg (Nr. 74) aus der gleichen unbekannten Werkstatt stammen, die möglicherweise von einem Schüler Jakob Kerres geführt worden ist.

Warum sich aus der langen und überaus erfolgreichen Regierungszeit Herzog Johanns II. von Pfalz-Simmern (Nr. 87) so auffallend wenig mit Inschriften versehene Denkmäler erhalten haben, bleibt offen. Erst ab 1553 – und damit gegen Ende seiner Regierungszeit – beginnt in der Schloßkirche zu Simmern unvermittelt eine Reihe hochwertiger Grabdenkmäler, die von der älteren kunsthistorischen Forschung83) zu einer Gruppe zusammengefaßt und dem sonst unbekannten „Meister von Simmern“ zugeschrieben werden. Es handelt sich um folgende Werke: Epitaph der Pfalzgräfin Alberta von Pfalz-Simmern von 1553 (Nr. 81), Epitaph des Kanzlers Hieronymus Rhodler von 1554 (Nr. 82), Memorialtafel der Familie Nastetter von 1554 (Nr. 83), Epitaph der Herzogin Johanna von Pfalz-Simmern von 1554 (Nr. 84), Epitaph für Herzog Johann II. von Pfalz-Simmern von 1557 (Nr. 87) und Kenotaph für die Herzogin Maria Jacobea von Pfalz-Simmern von 1558/59 (Nr. 88). Von der jüngeren kunsthistorischen Forschung wurden diese sechs qualitätvollen Epitaphien dagegen bereits dem (Früh-)Werk84) des 1557 erstmals in Simmern urkundlich nachweisbaren Bildhauers Johann von Trarbach85) zugewiesen. Wiewohl eine abschließende Klärung dieser Frage von kunsthistorischer Seite noch aussteht, kann dazu aus historischer und epigraphischer Sicht Folgendes angemerkt werden: Es ist kaum vorstellbar, dass der junge Johann von Trarbach bereits 1553 im Alter von 23 Jahren sozusagen aus dem Nichts eine eigene Werkstatt begründet hat, aus der gleich als erstes Werk das außergewöhnliche und exzellent gearbeitete Alberta-Epitaph hervorgegangen ist. Auch aufgrund der Hinweise in seinem Bestallungsschreiben von 1557, dass „vnser lieber getrewer Hanns vonn Trarbach Bildthauwer weilundt dem Hochgebornen [Druckseite 42] Fursten Herrn Johannsen Pfaltzgrauen beÿ Rhein (…) an etlichen werckhen gethan hatt“, kann aber davon ausgegangen werden, dass Trarbach als verantwortlicher Mitarbeiter eines nach wie vor unbekannten Meisters von Simmern tätig war und in den Jahren 1553 bis mindestens 1557 an diesen Denkmälern – durchaus mit eigener Handschrift – mitgearbeitet hat. Ob er danach als herzoglicher Hofbildhauer die Simmerner Werkstatt übernommen oder eine eigene begründet hat, bleibt offen. Sicher ist jedenfalls, dass Trarbach bei den später in seiner Werkstatt verwendeten epigraphischen Schriften86) nicht nur bei der Kapitalis, sondern auch bei humanistischer Minuskel und Fraktur auf einige in dieser Werkstatt verwendeten Schriftformen zurückgegriffen und sie möglicherweise in bewusster Abgrenzung weiterentwickelt hat.

Sicheren Boden betreten wir mit den zwischen 1564 und bis zu Trarbachs Tod 1586 für die Familie der Herzöge von Pfalz-Simmern, vor allem aber für deren Beamtenschaft und ihre Angehörigen gefertigen Grabdenkmäler, die aufgrund übereinstimmender kunsthistorischer und epigraphischer Merkmale87) mit Sicherheit der Werkstatt Johann von Trarbachs in Simmern zugewiesen werden können. Im Bearbeitungsgebiet handelt es sich um folgende Werke88): Epitaph des Christoph von Obentraut von 1564 (Nr. 91), Epitaph des Conrad von Igstatt gen. Hatzstein von 1565 (Nr. 92), Grabplatte und Epitaph der Barbara Coppensteiner von 1569 (Nrn. 94 und 95), Epitaph des Johann Stephan Rhodler von 1574 (Nr. 98), Epitaph des Johannes Castelhun von 1576 (Nr. 100), Epitaph der Katharina von [Druckseite 43] Hosingen von 1577 (Nr. 101), Epitaph der Ursula von Stockheim von 1581 (Nr. 104), Epitaph der Maria Deungen und ihrer Töchter von 1581 (Nr. 105), Epitaph des Hans Wilhelm von Koppenstein von 1582 (Nr. 106), Epitaph der Gertrud von Geispitzheim von 1583 (Nr. 108), das monumentale Epitaph Herzog Reichards von Pfalz-Simmern und seiner ersten Frau Juliana von Wied von 1582/83 und 1598 (Nr. 109), Grabplatte der Pfalzgräfin Katharina von Pfalz-Simmern von 1586 (Nr. 112), Epitaph der Herzogin Emilia von Pfalz-Simmern von vor 1586 und 1589 (Nr. 113) sowie das Fragment eines Epitaphs (Nr. 114). Letztlich dürfte auch das Grabdenkmal für den am 17. November 1586 verstorbenen Johann von Trarbach und seiner Frau Gertrud Castelhun (Nr. 115) in der vermutlich von seinem Schüler Hans Trapp89) weitergeführten Simmerner Werkstatt hergestellt worden sein. Gleiches gilt für das Epitaph des Friedrich Schenk von Schmidtburg und seine Frau Magdalena von Dienheim, das deren Kinder zu Ehren und gedächtnis der Eltern zu Simmern machen= und hierher [nach Gemünden] bringen laszen im 1590. Jahr (Nr. 118). Aus einer noch unbekannten Werkstatt stammt das qualitätvolle, für den 1601 verstorbenen Schultheiß Franz Römer hergestellte Epitaph (Nr. 129), das bisher aufgrund des falsch gelesenen Todesdatums einer Folge-Werkstatt des Johann von Trarbach zugeschrieben wurde.

Etwa gleichzeitig mit Johann von Trarbach war der Trierer Bildhauer Hans Ruprecht Hoffmann90) tätig, der mit einigen Werken auch im Bearbeitungsgebiet nachweisbar ist. Es sind dies das Epitaph der Agnes Cratz von Scharfenstein von 1574 (Nr. 97) sowie sieben Reliefs vom Epitaph Herzog Reichards von Pfalz-Simmern von 1582/83 (Nr. 109). Auch aufgrund der eindeutigen Signatur HH konnte seinem Sohn Heinrich Hoffmann erstmals das Ende des 16. Jahrhunderts entstandene (bisher ihm selbst zugeschriebene) Epitaph des Niklas Schenk von Schmidtburg und seiner Frau Elisabeth zu Schwarzenberg (Nr. 125) zugewiesen werden.

Der wohl aus Simmern stammende, auch im Nahegebiet tätige Bildhauer Conrad Wohlgemuth91) dürfte die Grabplatte des 1610 verstorbenen Kastellauner Schöffen Christoph Viel (Nr. 138) und das Epitaph seiner Familie (Nr. 150) hergestellt haben, ebenso Grabplatte und Epitaph des 1612 in Kastellaun verstorbenen Finanzbeamten Gabriel Eschenfelder (Nrn. 138 und 139).

Vermutlich von einem lokalen Bildhauer stammt das monumentale Kenotaph für den 1613 verstorbenen Hans Heinrich Schenk von Schmidtburg und seine beiden Ehefrauen (Nr. 142). Vielleicht in der gleichen Werkstatt sind die Grabplatten für die in den Jahren 1623 und 1624 verstorbenen Familienmitglieder der Schenk von Schmidtburg in Gemünden (Nrn. 154 und 156) entstanden. Auch in Mannebach gab es eine lokale Werkstatt, in der nach 1661 die Grabplatten für die Kinder der Familie Ritter (Nrn. 172, 174, 182) hergestellt wurden.

5. Die Schriftformen

Während am Mittelrhein im ehemaligen Lkrs. St. Goar insgesamt dreizehn frühchristliche Inschriften aus dem 5. bis 7. Jahrhundert in zwei zeitlich deutlich unterscheidbaren Gruppen nachzuweisen sind92), hat sich im Bearbeitungsgebiet lediglich ein fragmentarischer Grabstein (Nr. 1) erhalten, der aufgrund seiner letztlich noch von der klassischen römischen Kapitalschrift beeinflussten Buchstabenformen (und aufgrund des Formulars) in den Zeitraum 6. Jahrhundert/1. Hälfte 7. Jahrhundert zu datieren ist.

5.1. Romanische und gotische Majuskel93)

Im Zuge der Schriftreform unter Karl dem Großen wurde bei den Inschriften wieder auf die klassische römische Kapitalschrift zurückgegriffen und als sogenannte karolingische Kapitalis94) mehr oder weniger unverändert weiterbenutzt. Doch spätestens im 10. Jahrhundert werden Anzeichen einer neuen Entwicklung greifbar: Die Buchstaben strecken sich und werden schmal, neben den (zum Teil auch eckigen) kapitalen erscheinen vereinzelt auch schon unziale bzw. runde Formen, die im 11. Jahrhundert verstärkt Ligaturen und Enklaven ausbilden und spätestens dann als romanische Majuskel bezeichnet werden95). Im Bearbeitungsgebiet haben sich lediglich zwei aus Kloster Ravengiersburg stammende Vertreter dieser Schriftart erhalten. Sowohl die den segnenden Christus umgebende Spruchinschrift (Nr. 2) wie auch die emaillierte Namensbeischrift auf dem Prachteinband einer liturgischen Handschrift (Nr. 3) weisen die charakteristische Mischung aus eckigen und runden Buchstabenformen auf und können deshalb problemlos dieser Schriftart zugerechnet werden. Beide auch aus epigraphischen Überlegungen in die erste Hälfte bzw. in das dritte Viertel des 12. Jahrhunderts datierten Inschriften sind überwiegend kapital ausgeführt und weisen mit unzialem E, eingerolltem G und unzialem H einige wenigeVarianten auf.

Etwa hundert Jahre später lässt sich auf den fünf ältesten erhaltenen Glocken des Bearbeitungsgebietes eine deutliche Weiterentwicklung dieser Schriftart feststellen. Wenn auch dort durch die zunächst überwiegend verwendete Wachsfadentechnik96) zur Herstellung der Einzelbuchstaben (Nrn. 4, 6, 7, 8) die typischen Kennzeichen der sich entwickelnden gotischen Majuskel wie leichte Bogenschwellung, Schaftverbreiterung, keilförmig verbreitete Buchstabenenden und Schließung der Buchstaben durch Abschlußstriche nur ansatzweise beobachten lassen, so ist doch der möglicherweise gerade dadurch bedingte Variantenreichtum bemerkenswert. So steht etwa flachgedecktes trapezförmiges A mit geknicktem Mittelbalken neben A mit parallelen Schäften oder pseudounzialem A, kapitales L mit keilförmig [Druckseite 45] verdicktem Balken neben L mit einem nach links angesetzen Sporn am oberen Schaftende, kapitales M neben symmetrisch unzialem oder auch linksgeschlossen unzialem M, spiegelverkehrtes kapitales N mit eingezogenem Schrägschaft neben rundem N, kapitales T neben rundem T mit dreiecksförmigen Deckbalken und leicht eingerolltem Bogen. Als Datierungskriterium der Frühzeit dient hauptsächlich die sich allmählich entwickelnde Abschließung der Einzelbuchstaben, die sich erstmals beim unzialen E auf den beiden in das 3. Viertel des 13. Jahrhunderts datierten Glocken aus Mannebach (Nr. 4) und Raversbeuren (Nr. 5) beobachten lässt, dann bei E und C auf den in das 4. Viertel des 13. Jahrhunderts datierten Glocken aus Büchenbeuren (Nr. 6) und Mannebach (Nr. 7) und schließlich bei der ersten durch eine Jahreszahl datierten, im Jahr 1313 gegossenen Glocke aus Bell (Nr. 8); hier findet sich erstmals ein symmetrisches unziales M mit Abschlußstrich.

Weitere Stufen dieser Entwicklung zeigen sich in den nun in Stein ausgeführten Grabinschriften der beiden kurz nach 1337 entstandenen Hochgräber für Graf Simon II. von Sponheim (Nr. 10) und seinen gleichnamigen Sohn (Nr. 11). Die uneinheitlich großen, dünnstrichig ausgeführten Buchstaben weisen auffallend spitz ausgezogene Bogenschwellungen auf, zudem sowohl eingerollte als auch keilförmig verbreiterte Buchstabenenden. Ungewöhnlich ist die Gestaltung des Y mit fast geraden oberen Schrägschäften und dünnstrichig ausgeführtem, weit nach links reichendem, unterem Schrägschaft. Deutlich ausgeprägte Flächigkeit als weiteres Element der entwickelten gotischen Majuskel lässt sich gut auf der in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts gegossenen Glocke aus Ohlweiler (Nr. 13) erkennen, die zudem mit keilförmig verbreiterten Schaft- und Balkenenden und deutlichen Bogenschwellungen alle weiteren Merkmale dieser Entwicklungsstufe aufweist. Spitz ausgezogene Bogenschwellungen finden sich vor allem deswegen auch auf der in das 3. Viertel des 14. Jahrhunderts datierten Glocke aus Kirchberg (Nr. 15), mit der die Verwendung der gotischen Majuskel im Bearbeitungsgebiet endet.

5.2. Kapitalis

Im Unterschied zu der im Bearbeitungsgebiet nicht nachweisbaren frühhumanistischen Kapitalis97) mit ihren Ursprüngen im humanistisch geprägten Italien orientiert sich die im vorliegenden Bestand erstmals um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert singulär als Titulus einer Kasel (Nr. 63) auftretende Kapitalis wiederum voll und ganz an den Formen der klassisch-römischen Monumentalschrift. Vermittelnde Zentren bildeten dabei die Bischofsstädte Mainz und Trier sowie die kurpfälzische Universitätsstadt Heidelberg.

Verhältnismäßig spät lässt sich die dann bereits voll ausgebildete Schrift monumental in Stein gehauen auf dem 1522 von dem Bildhauer Jakob Kerre geschaffenen Epitaph für Herzog Johann I. von Pfalz-Simmern (Nr. 66) nachweisen. Der unübersehbare Bezug zur klassischen römischen Kapitalis wird durch die feinstrichig mit schwacher Linksschrägenverstärkung ausgearbeiteten Buchstaben hergestellt, der durch die dreiecksförmigen Worttrenner und die Verwendung von Kürzungszeichen in Form langer waagerechter Striche mit Ausbuchtung nach oben verstärkt wird. Dagegen verweisen verfremdete Formen wie spitzes A mit einseitig nach links überstehendem Deckbalken, E mit deutlich verkürztem mittlerem [Druckseite 46] und ungleichmäßig langen äußeren Balken, überbreite D und G, M mit sehr schräg gestellten Schäften, durchgehend geschlossenes P und R mit stark nach unten geschwungener Cauda unverkennbar auf die renaissancezeitliche Entstehung dieser Inschrift. Ähnlich gut (aber nicht gleich) ausgeführte Buchstaben finden sich auf drei im Jahr 1538 entstandenen Grabdenkmälern: dem Epitaph des Karl Beuser von Ingelheim (Nr. 73) sowie auf der Grabplatte und dem Epitaph des Friedrich Schenk von Schmidtburg (Nrn. 74 und 75). Auch hier zeigt die breit proportionierte Kapitalis durch Linksschrägenverstärkung, Worttrenner und Kürzungszeichen klassizierende Komponenten, die durch die Verwendung der stachelförmigen Cauda bei R noch verstärkt werden. Und auch hier ist in allen drei Fällen der Einsatz von überbreitem D sowie M mit leicht schräggestellten Schäften und fast bis zur Grundlinie gezogenem Mittelteil auffällig, ein Phänomen, das an einen wie auch immer gearteten Bezug beider Werkstätten denken lässt.

An einer 1553 anlässlich des Todes der Pfalzgräfin Alberta von Pfalz-Simmern angefertigten Sargtafel (Nr. 80) lässt sich die zwischenzeitlich fortgeschrittene Entfernung vom antiken Vorbild gut erkennen. Die Buchstaben sind breitstrichig ausgeführt; im Einzelnen sind C mit dreieckig endenden Bogenenden, I mit kurzen Endstrichen, L und T mit dreiecksförmig endenen Balken gestaltet. Einen völlig anderen Eindruck vermittelt die breit proportionierte Kapitalis auf der 1590 für Holzbach gegossenen Glocke (Nr. 119), die durch den Einsatz von spiegelverkehrten N und die Gestaltung des R mit stachelförmiger Cauda auffällt. Abgesehen von diesen Einzelstücken wird die Entwicklung der Kapitalis im Bearbeitungsgebiet in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zweifellos durch die Tätigkeit der beiden miteinander verbundenen Werkstätten des unbekannten Meisters von Simmern (1553 bis 1557/58) und des ihm in Simmern nachfolgenden Johann von Trarbach (1557 bis 1586) beeinflusst98).

Die in der Regel gleichmäßig mit deutlicher Linksschrägenverstärkung und erhöhten Versalien ausgeführte Kapitalis aus der Werkstatt des „Meisters von Simmern“ (Nrn. 81, 82, 83, 84, 87, 88) weist folgende charakteristische Merkmale auf: A stets mit spitzem Scheitel; B mit kleinem oberen und großem unteren Bogen; C mit leicht verlängertem unteren Bogenabschnitt; E mit zumeist deutlich verlängertem unteren Balken; H vereinzelt mit nach unten ausgebuchtetem Mittelbalken; M mit schräggestellten Schäften und halbhoch gezogenem Mittelteil; Q mit mittig fast senkrecht abhängender Cauda; R mit kleinem oberen Bogen und ganz leicht geschwungener Cauda; S mit gleich großen Bögen; T mit schwach ausgeprägten, parallel angesetzten rechtsschrägen Sporen. Die ebenfalls meist mit erhöhten Versalien und deutlicher Linksschrägenverstärkung versehene Kapitalis aus der Werkstatt Johann von Trarbachs übernimmt die Grundstruktur der eben skizzierten Schrift aus der Vorgänger-Werkstatt, wobei mit fortschreitender Zeit einige Merkmale deutlicher ausgeprägt werden: Bei E wird der untere Balken noch weiter verlängert; H erhält nun immer öfter den nach unten ausgebuchteten Mittelbalken99); L weist nun ebenfalls einen stark verlängerten Balken auf; M erhält stark schräggestellte Schäfte bei eher niedrigem Mittelteil; R zeigt jetzt eine leicht geschwungene, weit ausgestellte Cauda, deren Wölbung betont ist und die weit rechts am Bogen ansetzt; hinzukommt der zunehmende Einsatz von Satzzeichen. Alle diese Merkmale tragen letztlich zu dem nur für die Trarbach-Werkstatt charakteristischen breiten, raumgreifenden Schriftduktus bei, die damit dieses in der Vorgänger-Werkstatt angelegte Phänomen deutlich akzentuiert.

Dass zu dieser Zeit zumindest einige Buchstaben der Kapitalis auch wesentlich anders gestaltet werden konnten, zeigt das 1574 entstandene Epitaph für Agnes Cratz von Scharfenstein [Druckseite 47] in Kastellaun (Nr. 97), das erstmals von Rüdiger Fuchs aufgrund der Analyse der verwendeten Schriftformen Johann von Trarbach ab- und dem Trierer Bildhauer Hans Ruprecht Hoffmann zugeschrieben werden konnte100). Neben einigen auch bei den beiden Simmerner Werkstätten nachweisbaren Übereinstimmungen wie spitzes A oder auch T mit parallel rechtsschrägen Sporen, sind folgende Buchstaben in ihrer Gestaltung deutlich abweichend gestaltet: C weist einen markanten Sporn am oberen Bogenende auf, demgegenüber läuft das untere Bogenende spitz aus; E zeigt ebenfalls einen rechtsschrägen Sporn an den Balkenenden; R hat eine an der Schnittstelle von Bogen und Schaft ansetzende leicht geschwungene Cauda, die in der Regel unter die Grundlinie gezogen ist. Auffällig – ganz im Gegensatz zu den Simmerner Werkstätten – ist ferner die Vorliebe zu Verlängerungen der Schäfte und Bögen, die – wenn es der Platz erlaubt – sogar in dekorativen Schleifen und Kontraschleifen auslaufen können. Obwohl diese Charakteristika der Werkstatt Hans Ruprecht Hoffmanns auch bei den wenigen originalen Inschriftenteilen des Ende des 16. Jahrhunderts angefertigten Schmidtburg-Epitaphs (Nr. 125) vorhanden sind, konnte dieses Werk auch aufgrund der schmaleren Proportionen und fehlender Gleichmäßigkeit dessen Sohn Heinrich Hoffmann zugeschrieben werden.

Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert und in dessen weiterem Verlauf lassen sich – neben normalen Formen (Nr. 129) und zeittypischen Erscheinungen wie der häufigere Einsatz von Nexus literarum (Nrn. 142, 143) – auch einige Besonderheiten bei der Buchstabenbildung beobachten: überhöhtes Zier-A mit geschwungenem linken Schrägschaft, E mit zum Dreieck reduziertem Mittelbalken, F in Minuskelform, G mit eingestellter Cauda, M mit bis zur Grundlinie reichendem Mittelteil, spitzovales O, Q gebildet aus einem kleinen hochgestellten Kreisbogen mit winkelig schräglinks anhängender Cauda, V mit gebogenem und nach oben verlängertem linken Schrägschaft, oben spitzes zweistöckiges Z mit deutlich verkürztem Bogen oder auch in Form einer schlingenförmigen 4 (Nrn. 127, 132, 136, 151, 152, 163).

Die außerordentlich sorgfältig gehauene, mit Sporen und deutlicher Linsschrägenverstärkung ausgeführte Kapitalis des in Simmern tätigen und im Bearbeitungsgebiet zwischen 1610 und 1620 mit vier Denkmälern (Nrn. 138, 139, 140, 150) vertretenen Bildhauers Conrad Wohlgemuth zeigt als Besonderheit Q mit abhängender waagerechter und geschwungener Cauda und S mit geschwollenem Mittelteil, und als weitere Eigenart deutlich verlängerte untere Balken bei E und L mit dem auffälligen Merkmal rechtwinklig nach oben abgeknickter Sporen. Bei dieser ungewöhnlichen Buchstabengestaltung handelt es sich zum ein Phänomen, das sich in der Region bislang nur bei diesem Meister beobachten lässt.

Abgesehen von mehr oder weniger stark ausgeprägten Veränderungen der skizzierten Schriftformen sind in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nur noch wenige fundamentale Veränderungen zu beobachten. Dazu gehören etwa die merkwürdige Bildung des G, bei dem Bogen und Cauda unverbunden gegeneinander gestellt sind (Nr. 183). Erstaunlich lange wird im Bearbeitungsgebiet an der Schreibung V für U festgehalten, das sich im Gegensatz zu den Nachbargebieten101) nur einmal und auch noch sehr spät nachweisen lässt (Nr. 204).

[Druckseite 48]

5.3. Gotische Minuskel102)

Im Verlauf des 11. Jahrhunderts entwickelte sich aus der karolingischen Minuskel in Nordfrankreich und Belgien eine neue Buchschrift mit dem auffälligen Merkmal der Brechung von Bögen und Schäften der auf der Zeile stehenden Kleinbuchstaben. In der gleichen Region beginnt auch deren Verwendung als epigraphische – nun als gotische Minuskel bezeichnete – Schrift auf einer im Jahr 1261 gefertigten Grabplatte. Im deutschen Sprachraum zunächst sehr verhalten rezipiert, lässt sich die neue Schriftart mit den charakteristischen gebrochenen Kleinbuchstaben im weiteren Umfeld des Bearbeitungsgebietes erstmals auf den wohl vor 1340 angefertigten Tumbendeckplatten zweier Erzbischöfe im Mainzer Dom nachweisen103), dann 1341 und 1346 auf Grabplatten104) im Kloster Eberbach im Rheingau und schließlich 1350 auf einer Abtsgrabplatte in St. Goar105). In Norddeutschland dagegen setzt sich diese Schrift erst kurz nach der Mitte des 14. Jahrhunderts durch.

Im Bearbeitungsgebiet datiert der erste Beleg für gotische Minuskel sehr spät ins Jahr 1396, dann aber bereits mit der Besonderheit einer als Bandminuskel ausgeführten Inschrift auf einer aus Karbach stammenden Glocke in Wellmich (Nr. 16). Die verhältnismäßig hohen, sorgfältig gearbeiteten Buchstaben sind in flachem Querschnitt ausgeführt und in Form umgeschlagener Bänder gestaltet. Auffällig ist dabei y mit als Zierstrich ausgezogener, nach rechts weisender Unterlänge. Eine ähnliche Struktur weist die ebenfalls flächig ausgeführte Minuskel auf der 1431 für Ravengiersburg gegossenen Glocke (Nr. 23) auf, die als (wesensfremde) Besonderheit f und langes s mit ungebrochenen unteren Schaftenden zeigt106). Die erste in Stein gehauene Minuskel findet sich 1439 – also ungewöhnlich spät – auf der Grabplatte des Pfarrers Johannes in Kirchberg (Nr. 25), sie ist tief eingehauen und weist erstmals i mit i-Punkt sowie ein gebrochenes Bogen-r auf. Neben einem fast waagerecht liegenden runden s, finden sich auf der 1440 für Karbach gegossenen Glocke (Nr. 26) erstmals als Großbuchstaben eingesetzte, am Schaft einseitig gezackte I-Versalien, die offensichtlich dem Formenrepertoire der gotischen Majuskel entnommen worden sind. Eine weitere Besonderheit zeigt die Glocke aus Ohlweiler aus dem Jahr 1441 (Nr. 27) mit auf Plättchen gesetzten Einzelbuchstaben.

Mit der 1450 von Meister Tilmann von Hachenburg für Mörschbach gegossenen Glocke (Nr. 28) setzt eine Reihe von Glocken ein, die auch aufgrund der drei zu unterschiedlichen Zeiten verwendeten Schrifttypen107) diesem Meister bzw. verschiedenen Schaffensperioden zugewiesen werden können. Bei der im Bearbeitungsgebiet auschließlich verwendeten Type S1 (Nrn. 30, 31, 32, 33, 36, 37, 40, 41, 47) handelt es sich um in der Regel sehr sauber gegossene, schlanke, gleichmäßig verteilte Minuskeln mit auffallend dicken, gerade abhängenden Zierstrichen bei e und r. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist das mit aufgerichtetem Deckbalken und rundem gegenläufigem Bogenende gestaltete zweistöckige z (vgl. Nrn. 30 und 40), das geradezu als Leitbuchstabe dieser Schrifttype gilt. Dagegen verweisen ebenfalls in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verwendete Formen wie mit „verdrückten“ [Druckseite 49] (Nr. 39) oder mit stark reduzierten Brechungen ausgeführte Minuskeln und der Einsatz eines spitzovalen linearen Versals O (Nr. 35) mit Sicherheit auf andere Werkstätten. Besonders deutlich wird dies bei der 1481 von dem Trierer Meister Clais von Echternach für Hirschfeld gegossenen Glocke (Nr. 42), in der neben der dekorativen Bildung des g mit zur Quadrangel verkürztem unterem Bogen und rechts am Balken ansetzenden Zierhaken mit einem kunstvoll ausgeführten A-Versal eine weitere ungewöhnliche Zierform eingesetzt wird: Es handelt sich in der Grundform um ein spitzes A mit beidseitig überstehenden Deckbalken und schrägem Mittelbalken, das durch angesetzte Schwellungen an den Balken und Schäften sowie durch Konturierung des Deckbalkens an Formen der gotischen Majuskel erinnert. Dem Formenrepertoire der gotischen Minuskel hingegen entstammen die beiden Versalien B und S auf dem 1483 gestifteten Kelch aus Bell (Nr. 45), das C auf der Ende des 15. Jahrhunderts gegossenen Glocke aus Hahn (Nr. 60) wiederum der gotischen Majuskel.

Dass in Stein gehauene gotische Minuskel gegen Ende des 15. Jahrhunderts durchaus variantenreichere Formen als auf Glocken ausbilden kann, zeigen die Inschriften zweier 1491 (Nr. 52) und 1494 (Nr. 53) angefertigter Grabplatten, die beide mit zum Teil stark verkürzten Unterlängen ausgeführt sind. An besonderen Einzelformen zeigen sie b ohne obere Brechung des Bogens; f mit parallel zum geraden Mittelbalken gestellter Fahne; flachgedecktes g mit nach oben hin verlängertem Schaft und reduziertem unterem Bogen; h mit nicht gebrochenem, unten stark verkürztem Schaft und rundes s mit unverbundenen, gegeneinander gesetzten oberen und unteren Bogen. Zudem entspricht das mehrfach als Versal verwendete J der ohne Schwellung ausgeführten i-longa der gotischen Majuskel. Auch wenn die 1497 in gleichmäßigem Duktus ausgeführte, sorgfältig ins Vierlinienschema gesetzte Memorialinschrift aus Kloster Ravengiersburg (Nr. 54) modern überarbeitet wurde, sind ihre zeitgenössischen Eigenarten gut zu erkennen: Der sich an Formen der Kapitalis orientierende A-Versal ist mit einem geschwungenen, nach links überstehenden Deckbalken gebildet, E- und S-Versal zeigen die typische Auflösung der Versalien der gotischen Minuskel in oben gebrochene und unten in Bögen verharrende Teile. M und X erinnern an vergrößerte Minuskeln, bei M ist der linke Schaft unten weit nach links geschwungen. Bei den oft mit auslaufenden Strichen verzierten Gemeinen fällt besonders das eigenwillige Schleifen-s am Wortende auf, das aus einer oben nach rechts gebrochenen Schaft und einem daran ansetzenden zweistöckigen z gebildet wird; insgesamt sind die oberen Schaftenden der Gemeinen zum Teil asymmetrisch gespalten, bei p auch unten, i weisen vereinzelt Striche für Punkte auf.

Die letzte Verwendung dieser Schrift findet sich auf einer 1543 gegossenen Glocke mit der Besonderheit ornamentaler Stilisierung mittels umgeschlagener Bänder (Bandminuskel) (Nr. 76) sowie 1557 als Buchstaben ausgeführte Kettenglieder auf dem Epitaph für Herzog Johanns II. von Pfalz-Simmern und seiner bereits 1535 verstorbenen ersten Frau Markgräfin Beatrix von Baden (Nr. 87).

5.4. Fraktur108)

Charakteristische Merkmale dieser Groß- und Kleinbuchstaben aufweisenden neuen Schriftart sind Schwellzüge und Schwellschäfte. Bei Großbuchstaben zeigt sich die Tendenz zu S-förmigen Anschwüngen und zur (zum Teil gebrochenen) Verdoppelung von Schäften und Bögen, bei Kleinbuchstaben an- und abschwellende Linien, spitzoval geschlossene [Druckseite 50] Bögen und nicht stumpfe, sondern meist gespaltene Enden der Oberlängen. Im Gegensatz zur gotischen Minuskel ist das a meist einstöckig, reichen f und langes s ohne Brechung der unteren Schaftenden unter die Grundlinie, zudem sind bei den Gemeinen die Unterlängen oft faden- oder schlingenförmig ausgebildeten. Obwohl das 1513 gedruckte Gebetbuch Kaiser Maximilians und sein 1517 erschienener Theuerdank als bestimmende Vorbilder dieser Schrift bezeichnet werden können, lässt sich Fraktur als epigraphische Schrift im Bearbeitungsgebiet erst auf der nach 1532 entstandenen (allerdings stark restaurierten) Tafel mit der Erinnerungsinschrift an den Türkenzug Herzog Friedrichs II. von Pfalz-Simmern (Nr. 70) nachweisen.

Mit dem 1553 in der Werkstatt des „Meisters von Simmern“ geschaffenen Epitaph für Pfalzgräfin Alberta von Pfalz-Simmern (Nr. 81) liegt eine vollausgebildete, geradezu perfekt gearbeitete Fraktur vor, die sowohl durch ihre opulent mit Zierlinien und Kontraschleifen geschmückten Versalien besticht, als auch durch eine gewisse Variantenfreude in der Buchstabengestaltung. Sie weist im Einzelnen folgende Merkmale auf: Das obere Ende des fast gerade gestellten Schaftes des b ist entweder eingerollt oder läuft in eine Schleife aus; d zeigt einen ovalen ungebrochenen, am oberen Berührungspunkt zwischen linkem und rechtem Bogenabschnitt offenen Bogen; e hat einen kleinen abgeknickten oberen Bogenabschnitt; g einen gerundeten mittleren Abschnitt des oberen Bogens; h einen kaum gebogenen Bogen; Schaft-r und Bogen-r wechseln. Erstaunlicherweise wird bei dem 1557 wohl ebenfalls noch in der Werkstatt des „Meisters von Simmern“ hergestellten Epitaph für Herzog Johann II. (Nr. 87) eine komplett andere Fraktur verwendet, die bei den Gemeinen eine starke Tendenz zu umgebogenen und eingerollten Bogenenden zeigt und auch in der Gestaltung der Einzelbuchstaben deutlich abweicht: b hat einen ovalen ungebrochenen Bogen; d einen zum Teil gebrochenen geschlossenen Bogen; e einen runden Bogenabschnitt; g einen gebrochenen mittleren Abschnitt des oberen Bogens; h einen leicht halbkreisförmigen Bogen; r wird in der Regel nur als Bogen-r verwendet und s am Wortende geschlossen kursiv. Interessanterweise kombiniert die auf dem 1558/59 in der gleichen Werkstatt hergestellten Kenotaph der Herzogin Maria Jacobea von Pfalz-Simmern (Nr. 88) verwendete Fraktur sowohl Formen aus der bisher verwendeten, aber auch Formen, die später bei Johann von Trarbach nachweisbar sind. Die Versalien dieser ebenfalls gut gearbeiteten Fraktur zeigen ausgeprägte Schleifenbildung. Auffällig ist das geschlossen ohne Schwellung ausgeführte b, das h mit nahezu halbkreisförmig gebildetem Bogen und das ebenfalls ohne Schwellungen ausgeführte runde o; Schluss-s erscheint stets als geschlossenes Schleifen-s. Mit Ausnahme des konventionell gebildeten e und des auffallend großformatigen runden o entspricht diese Schrift somit im Großen und Ganzen der später in der Trarbach-Werkstatt verwendeten Fraktur.

Die in der Werkstatt Johann von Tarbachs verwendete Fraktur unterscheidet sich zunächst deutlich von den beiden oben skizzierten Schriftarten aus der Werkstatt des „Meisters von Simmern“. Sie tritt ab 1569 im Bearbeitungsgebiet ihrerseits in zwei Varianten auf und zeigt bei den früheren Werken (Nrn. 95, 98, 100, 104) im Einzelnen folgende Merkmale (Variante I): Das obere Schaftende des b ist leicht nach rechts gebogen und weist in der Regel keine Zierformen auf; d hat einen gebrochenen Bogen und einen meist nach rechts zurückgebogenen oberen Bogenabschnitt; e einen sehr kleinen oval geformten oberen Bogenabschnitt, an dem der untere Bogenabschnitt nahezu senkrecht ansetzt; g hat einen doppelt geschwungenem mittleren Abschnitt des oberen Bogens; h einen nahezu halbkreisförmig ausgeführten Bogen, der eingerollt tief herabreicht; r wird stets als Schaft-r verwendet und s am Wortende durchgehend geschlossen kursiv. Erst mit der 1583 auf dem Epitaph für Getrtrud von Geispitzheim (Nr. 108) verwendeten Fraktur tauchen neue Formen in der Werkstatt Johann von Trarbachs auf (Variante II; s. a. Nr. 114). Die gut ausgeführte Schrift weist zwar mit der sparsamen Verwendung von Schleifen und der Gestaltung der Gemeinen b, d [Druckseite 51] und s Gemeinsamkeiten mit der zuvor in der Werkstatt Johann von Trarbachs verwendeten Fraktur auf, allerdings sind auch deutliche Abweichungen zu beobachten: a, e, g und o sind auf der linken Seite durchgehend mit rundem Bogen, also ohne die frakturtypischen Knicke gestaltet und sind sozusagen dem Formenkanon der humanistischen Minuskel entnommen. Dieser Eindruck wird durch den auffälligen breiten Strich unterstützt, mit dem die Buchstaben insgesamt ausgeführt sind.

Dass Frakturschrift offensichtlich nur bedingt für die Identifizierung von Werkstätten herangezogen werden kann109), zeigt sich bei dem Gemündener Schmidtburg-Epitaph (Nr. 118), das im Jahr 1590 in der vermutlich von Hans Trapp geleiteten Werkstatt des 1586 verstorbenen Johann von Trarbach hergestellt wurde. Die dort verwendete Fraktur unterscheidet sich von den eben skizzierten Varianten so stark, dass keine wirklichen Bezüge hergestellt werden können. Gleiches gilt für die hervorragend ausgeführte Fraktur auf dem Reltz-Epitaph von 1606 (Nr. 135), die nicht nur durch ihre großzügig konstruierten und dadurch raumgreifenden Versalien auffällt, sondern auch durch den für die Jahrhundertwende typischen willkürlichen Gebrauch von Satzzeichen. Allerdings erinnert hier die Gestaltung einzelner Buchstaben, wie etwa e mit sehr kleinem, oval geformtem Bogen, durchaus an Usancen der Trarbach-Werkstatt.

Wie bei der Kapitalis entwickelte der Bildhauer Conrad Wohlgemuth auch bei der Fraktur eine eigene Formensprache, wie an den Inschriften der 1612 und 1620 entstandenen Epitaphien in Kastellaun (Nrn. 130 und 140) festzustellen ist. Durch den Einsatz stark akzentuierter Sporen an den Buchstabenenden macht die an sich hervorragend gearbeitete Schrift insgesamt einen eher unruhigen Eindruck, der durch die mittels hoher Bögen hergestellten Ligaturen eines langen s mit einem t noch verstärkt wird. Ohne dass sich im Bearbeitungsgebiet noch wesentliche Veränderungen in der Formensprache ergeben hätten, klingt die Verwendung der Fraktur im Lauf des 17. Jahrhunderts langsam aus (Nrn. 160, 162, 170, 177, 195, 202).

5.5. Humanistische Minuskel110)

Entstanden als Buchschrift Ende des 14. Jahrhunderts, wurde sie zunächst vom Buchdruck rezipiert und ist seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vermehrt auch als Inschriftenschrift nachweisbar. Charakteristische Merkmale der humanistischen Minuskel sind neben runden Bögen vor allem ohne Brechung auf der Grundlinie endende Schäfte. Bei der gelegentlich auftretenden schrägliegenden, nach rechts geneigten Variante können allerdings die Schäfte von f und langem s auch unter die Grundlinie reichen; zudem erhält i stets einen überschriebenen Punkt, und bei allen Buchstaben ist verstärkte Serifenbildung zu beobachten. Bei der Verwendung von Versalien wird in der Regel auf das Formengut der Kapitalis zurückgegriffen. Im Gegensatz zu den benachbarten Bearbeitungsgebieten111) haben sich sowohl im Mittelrheintal als auch in der Residenzstadt Simmern und in einigen Amtsstädten des Hunsrücks eine vergleichweise hohe Anzahl qualitätvoller Grabdenkmäler mit dieser Schriftart erhalten.

Obwohl die frühesten Beispiele auf drei im Jahr 1554 in der Werkstatt des „Meisters von Simmern“ entstandenen Grabdenkmälern zu finden sind, weisen sie trotz einiger Gemeinsamkeiten [Druckseite 52] so große Unterschiede auf, dass man von drei verschiedenen Händen ausgehen muß. Während das Schriftbild auf dem Epitaph für Hieronymus Rhodler (Nr. 82) durch den Gegensatz quadratischer Proportionen bei c, o, p, q und ansonsten sehr eng gestellter Buchstaben eine gewisse Eleganz aufweist, ist die Schrift auf dem Nastetter-Epitaph (Nr. 83) in einem insgesamt deutlich breiteren Duktus gehalten, mit der Besonderheit des leicht nach links geneigten Schaftes bei a. Zwar lässt sich dieser breite Duktus auch auf dem Epitaph für Herzogin Johanna von Pfalz-Simmern (Nr. 84) beobachten, ansonsten zeigen sich aber große Unterschiede: Die Kapitalis-Versalien sind weit proportioniert und – ganz im Gegensatz zu denen der beiden vorhergehenden Epitaphien – nun mit deutlichen Sporen versehen, gleiches gilt für die Gemeinen. a hat nun einen geschwungenen Schaft, g ist gelegentlich leicht nach rechts geneigt, hat einen kleinen oberen Bogen und ein nach rechts auslaufendes unteres Bogenende. Zudem sind die Oberlängen von h und t leicht nach rechts gebogen, das versale S leicht nach links geneigt. Dagegen zeigen sich auf dem 1557 in derselben Werkstatt hergestellten Epitaph für Johann II. von Pfalz-Simmern und seine Frau (Nr. 87) Schriftformen, wie sie sich wenigstens teilweise auch auf den späteren in der Werkstatt Johann von Trarbachs gefertigten Denkmälern wiederfinden lassen: zweistöckiges a, wobei Bogen und Schaft meist unverbunden nebeneinander stehen (auch bei b, p, q); g mit linksschrägem Strich angesetzten unteren Bogen, der meist in eine kleine Rechtsschleife ausläuft; o kreisrund; das obere Schaftende des t mit gespaltenem oberem Schaftende, steht t aber vor c , e oder rundem s ist das obere Schaftende meist mit einem nach links weisenden Bogen versehen, der über den vorhergehenden Buchstaben reicht bzw. mit ihm eine Verbindung eingeht.

Die in der Werkstatt Johann von Trarbachs entstandenen Werke nehmen diese Formen mehr oder weniger auf, zeigen dabei folgende Abweichungen: Die rechtsgeneigte humanistische Minuskel des Castelhun-Epitaphs von 1576 (Nr. 100) hat einstöckiges a, dazu als Besonderheit p mit Schaftverlängerung; die ebenfalls rechtsgeneigte Minuskel beim 1577 geschaffenen Hosingen-Epitaph (Nr. 101) hat auch einstöckiges a, dazu als Besonderheit p und q mit ausgeprägtem Sporn am unteren Schaftende; die aufgerichtete Minuskel auf dem gleichen Epitaph hat dagegen zweistöckiges a und als Besonderheit t mit stark nach rechts gebogenem oberem Schaftende; schließlich zeigt die humanistische Minuskel auf dem Reichard-Epitaph von 1582/83 (Nr. 109) einstöckiges a, t mit stark nach rechts gebogenem oberem Schaftende, p und q mit Schaftverlängerung sowie einen starken Sporn am unteren Schaftende.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es nach dem Ende der Trarbach-Werkstatt und ihrer Epigonen dem Bearbeitungsgebiet an einer prägenden Schriftkompetenz für Bildhauerarbeiten mangelt. Kapitalis und Fraktur sind ab etwa 1620 durch individuelle Schriftformen gekennzeichnet, denen jedoch eine konsequente Orientierung an Kanones fehlt.

5.6. Worttrenner und Satzzeichen

Wie Schriftformen sind auch die auf nahezu allen Inschriftenträgern verwendeten Worttrenner und Satzzeichen einer gewissen Entwicklung unterworfen und können ebenfalls – vor allem bei Fragmenten – zur Klärung von Datierungsfragen herangezogen werden. Auf eine eingehende Darstellung der Entwicklung ihrer Formen kann hier verzichtet werden, da sie mit der für das Mittelrheingebiet gezeigten Abfolge weitgehend übereinstimmen112).

6. Nicht Aufgenommene Inschriften

Der folgende, keinesfalls vollständige Überblick soll abschließend über diejenigen Inschriften des Bearbeitungsgebietes informieren, die aus unterschiedlichen Gründen113) nicht in den Katalogteil aufgenommen werden konnten. Grundsätzlich blieben solche Texte ausgespart, die auf Papier oder Pergament geschrieben oder in serieller Produktion mit Hilfe von Stempeln, Gußformen bzw. Modeln angefertigt wurden. Ebenfalls nicht aufgenommen wurden diejenigen Inschriften, die erst nach 1689 in das Bearbeitungsgebiet verbracht worden sind.

In der um 1325 von Erzbischof Balduin von Trier erbauten Burg Balduinseck bei Buch wurden 1988 im Obergeschoß der heutigen Ruine figürliche, wohl in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstandene Wandmalereien entdeckt114), die sich bedauerlicherweise nur noch sehr fragmentarisch erhalten haben. Es handelt sich um zwei einzelne Köpfe, Hände und zwei geschwungene Spruchbänder, die mit heute nicht mehr lesbaren, in gotischer Minuskel geschriebenen Inschriften versehen waren. Gleiches gilt für die ebenfalls in gotischer Minuskel ausgeführten Inschriften der Wandmalereien in der Nunkirche bei Sargenroth115).

Im Kunstdenkmalinventarband wird eine 1886 eingeschmolzene Glocke aus der katholischen Pfarrkirche St. Luzia in Mastershausen mit folgender Inschrift wiedergegeben: Sancta Lucia Patrona ora pro parochia, Adamus Graf Pastor. Es folgt die in arabischen Ziffern geschriebene unvollständige Jahreszahl 144., die eine Entstehung der Glocke zwischen 1440 und 1449 suggeriert. Laut einer zuverlässigen vollständigen Abschrift im Bistumsarchiv Trier116) ist die Glocke jedoch im Jahr 1744 gegossen worden und trug folgende Inschrift Sancta Lucia Patrona ora pro Parochia Adamus Graf Pastor. Johann Jacob Speck von Kirrweiler goß mich anno 1744.

In der 1870/72 neuerbauten katholischen Pfarrkirche St. Erasmus zu Rheinböllen wird ein mit der Jahreszahl 1 ◦ 5 ◦1 ◦ 2 und fünf gravierten Heiligenfiguren versehener, silbervergoldeter Messkelch mit Sechspassfuß117) verwahrt, der vermutlich anlässlich des Neubaus der Kirche gemeinsam mit anderen vasa sacra von der Unternehmerfamilie Puricelli118) gestiftet worden war. Aufgrund der bislang missverstandenen, in zwei Kreisen um ein Weihekreuz angeordneten Stifterinschrift119), kann davon ausgegangen werden, dass eine sonst unbekannte Franziskanerin namens Elsgin (Elisabeth) diesen Kelch zu Ehren des hl. Georg gestiftet hat. Offen bleibt, um welches Franziskanerinnen-Kloster es sich dabei gehandelt hat; in Frage kämen etwa (aus der näheren Umgebung) das 1781 aufgehobene Kloster Reichklara in Mainz oder das bereits 1553 aufgelöste Klarissen-Kloster Klarenthal bei Wiesbaden120) oder Trierer Konvente.

[Druckseite 54]

Der mit figürlichen Darstellungen geschmückte, im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts entstandene, der „süddeutschen Renaissance“ zugehörige Kelch121), der heute in der katholischen Kirche zu Frankweiler verwahrt wird, trägt im Titulus vier in Kapitalis ausgeführte Buchstaben I N ◦I◦N, die wohl für I N R I stehen sollen.

Der in der katholischen Pfarrkirche St. Markus zu Dommershausen aufgestellte Taufstein mit der Jahreszahl 1681 gehört zwar zu einer kleinen Gruppe gleichartiger Taufsteine (Nrn. 189 und 193), befand sich aber ursprünglich in der katholischen Pfarrkirche St. Maximin in Lütz (Lkrs. Cochem-Zell) und wurde dort anlässlich des Neubaus der Kirche im Jahr 1750 durch einen neuen ersetzt122).

Zitationshinweis:

DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Einleitung (Eberhard J. Nikitsch), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di079mz12e006.

  1. Neben Gebieten in der Kurpfalz beanspruchte Frankreich unter anderem auch die Herzogtümer Pfalz-Zweibrücken und Pfalz-Simmern sowie die pfälzischen Anteile an den Grafschaften Veldenz und Sponheim, damit letztlich den gesamten Hunsrück; vgl dazu im Überblick Rödel, Krieg und Frieden pass. (mit einer Übersichtskarte des Zerstörungsgebietes). – Während Schloss und Stadt Gemünden sowie die Klosteranlage Ravengiersburg nach Ausbruch des Krieges im Jahr 1688 einigermaßen verschont blieben, brandschatzten französische Truppen Burg und Stadt Kastellaun, dabei gingen 127 Gebäude in Flammen auf, erhalten blieben lediglich 18 Häuser und die Pfarrkirche; vgl. dazu Leifeld, Kastellaun 6. Gleiches gilt für Kirchberg, hier wurde die Stadtbefestigung geschleift, wobei auch die Stadt selbst in Mitleidenschaft gezogen wurde und der größte Teil aller Gebäude verbrannte. Am schwersten traf es Simmern: Nach der Eroberung der Stadt am 30. September 1688 und der Zerstörung der Stadtbefestigung am 10. Mai 1689 folgte am 17. September des gleichen Jahres die Sprengung des fürstlichen Schlosses und ein Großbrand, der mit Ausnahme der Stephanskirche und weniger Häuser nahezu die gesamte Stadt vernichtete; vgl. dazu Wagner, Simmern 260ff. und Brucker, Ende pass. »
  2. Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises I (Boppard, Oberwesel, St. Goar), ges. und bearb. von Eberhard J. Nikitsch. Wiesbaden 2004. »
  3. Vgl. dazu ausführlich Wagner, Neugliederung pass. – Der neue Landkreis umfasst hauptsächlich die Gemeinden der damals aufgelösten Landkreise Simmern und St. Goar (mit Ausnahme der Verbandsgemeinde Brodenbach samt einiger zugehörigen Gemeinden und der Stadt Bacharach samt der zugehörigen Gemeinden) sowie einzelne Gemeinden der ebenfalls aufgelösten Landkreise Cochem, Zell (Mosel) und Bernkastel; Kreissitz wurde die Stadt Simmern. »
  4. Davon ausgenommen ist die Aufnahme von Flurdenkmälern, insbesondere von Grenzsteinen, die aufgrund ihrer problematischen Standorte nur dann berücksichtigt werden konnten, wenn sie in situ angetroffen oder bereits in der Literatur behandelt worden waren. »
  5. Bis zur geplanten Veröffentlichung kann eine maschinenschriftliche Ausfertigung in der Mainzer Arbeitsstelle oder unter www.inschriften.net eingesehen werden. Im Druck erschienen sind die etwas modifizierten Richtlinien für die 'Wiener Reihe'; vgl. dazu Koch, Bearbeitungs- und Editionsgrundsätze pass. »
  6. Vgl. zu dem die Inschriften behandelnden Wissenschaftszweig nach wie vor Kloos, Einführung in die Epigraphik pass. und Koch, Inschriftenpaläographie bzw. zur subtilen Unterscheidung von Epigraphik und Inschriftenpaläographie Koch, Epigraphik 425f. »
  7. Zur Unterscheidung vgl. Deutsche Inschriften. Terminologie zur Schriftbeschreibung 13. »
  8. Wie etwa Siebmachers Wappenbuch oder Gruber, Wappenbilder-Index. »
  9. Vgl. ebd. pass. »
  10. Vgl. zum Folgenden immer noch die viele Einzelaspekte behandelnden Beiträge in dem 1966 veröffentlichten Sammelband ‚Zwischen Rhein und Mosel. Der Kreis St. Goar’, die fundierte, mit informativem Kartenmaterial versehene Einleitung zu den beiden Bänden des 1977 publizierten Kunstdenkmalinventars des Rhein-Hunsrück-Kreises sowie die vorzügliche, 2001 erschienene Gesamtdarstellung von Dotzauer, Geschichte des Nahe-Hunsrück-Raumes pass. »
  11. Vgl. dazu und zum Folgenden Heyen, Gebiet pass. »
  12. Vgl. dazu ausführlich Heinzelmann, Trigorium 87ff. »
  13. Vgl. dazu ausführlich Wagner, Ravengiersburg pass. – Das Klostergebiet der Propstei Ravengiersburg nahm mit seinen 24 Ortschaften mehr als ein Viertel des füheren Lkrs. Simmern ein. »
  14. Vgl. dazu und zum Folgenden Wild, Geschichte pass. »
  15. Vgl. dazu DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Einleitung XVIII»
  16. Vgl. zum Folgenden ausführlich Dotzauer, Kondominium pass. mit Karte S. 4, die die wechselnden vordersponheimischen Kondominatsanteile zu unterschiedlichen Zeiten wiedergibt. »
  17. Vgl. zum Folgenden Schaab, Territorialentwicklung pass. »
  18. Vgl. zum Folgenden Seibrich, Entwicklung pass. und Pauly, Siedlung pass. »
  19. Vgl. dazu ausführlich Wagner, Kumbd pass. »
  20. Herrn Willi Wagner († 11. November 2009) danke ich herzlich für eine gründliche (epigraphisch leider fruchtlose) gemeinsame Begehung des heute als Bauernhof genutzten Geländes (Gem. Klosterkumbd, Ortsteil Kloster). »
  21. Vgl. dazu ausführlich Seibrich, Beginn pass. sowie Rödel, Kurpfalz pass. »
  22. Vgl. zum Folgenden Renard, Wiederherstellung pass. und Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 312ff. »
  23. Vgl. zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 428ff. und Leifeld, Kastellaun pass. »
  24. Vgl. Leifeld, Kastellaun mit Abb. 12 und 16. »
  25. Vgl. dazu Pies, Grabplatten und Gedenksteine pass. »
  26. Vgl. zum Folgenden St. Michael in Kirchberg pass. (Ausgrabungsberichte) und Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 516ff. »
  27. Vgl. zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 729ff. und Wagner, Ravengiersburg pass. »
  28. Der 1480 verstorbene Herzog Friedrich I. gen. der Hunsrücker und seine 1486 verstorbene Frau Margarete von Geldern wurden mitten im Chor der Klosterkirche begraben, ohne dass sich von ihren Grabdenkmälern oder Inschriften irgendetwas erhalten hätte; vgl. dazu Wagner, Wittelsbacher 148f. »
  29. Vgl. zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 933ff. »
  30. Obwohl es in diesen Gemeinden (wie etwa Bell, Beltheim, Beulich, Masterhausen, Mörschbach u. a. m.) durchaus Pfarrkirchen mit Begräbnisrecht gab, lassen sich dort erst mit Beginn des 17. Jahrhunderts erhaltene Grabdenkmäler (Nrn. 143, 147, 148, 151) nachweisen. »
  31. Vgl. dazu ausführlich unten Kap. 4.3. »
  32. Vgl. zum Folgenden Oechelhäuser, Thesaurus Palatinus pass. und Huffschmid, Wickenburg pass. »
  33. Der umfangreiche Bestand ist durch zwei unterschiedliche Hände abschriftlich wie zeichnerisch erfasst, vgl. dazu Wickenburg, Thesaurus Palatinus, darin: „Monumenta Simmerensia oder Allerhand Inscriptiones und Epitaphia der ehmahligen Fürsten und Pfaltzgraffen von Simmern, welche in dem Zimmer, wo die Herren Pfaltzgraffen in Stein gehauen, auch sonst in dasiger reformirten Kirchen zu finden.“, sowie von anderer Hand eine zweite (wohl spätere) Überlieferung der Epitaphien mit der Überschrift: „In Ecclesia Catholica Simmerensi (…).“ »
  34. Vgl. zum Folgenden DI 2 (Mainz) 23f.; dort auch das folgende Zitat. »
  35. Sie wurden archivalisch in der sogenannten Würdtweinschen Epitaphiensammlung zusammengefaßt. »
  36. Vgl. dazu Busse, Kirchberg/Hunsrück pass. »
  37. Vgl. zu dieser Reise DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XXXIII und zu Andreas Lamey, seit 1763 ständiger Sekretär der Mannheimer Akademie und späterer kurpfälzischer Hofrat, Voss, Küfersohn 82ff. und Hess, Redaktion 370f. »
  38. Vgl. zu ihm Persch, Josef von Hommer pass. und zu den der Pfarrgeschichte zugrundeliegenden Visitationsakten ders., Geschichte 72f. »
  39. Die ausgefüllten Fragebögen der Pfarreien des Bearbeitungsgebietes finden sich heute in mehreren Bänden zusammengebunden im Bistumsarchiv Trier unter der Signatur Abt. 122 Nr. 11, 12 und 15. »
  40. Beispielsweise teilt der Beltheimer Pastor Gerber am 31. Dezember 1846 über den Bestand an Grabdenkmälern in seinem Zuständigkeitsbereich Folgendes mit: „Blos in der Kirchen zu Mannebach befinden sich noch 3 liegende Grabsteine, vor dem Altar im Chor mit der Inschrift Ph. Hartmann Boos v. Waldeck 1669 [vgl. Nr. 179 mit vollständiger Inschrift, sowie Nrn. 148 und 187], die beiden anderen vor den Nebenaltären mit verwischter eingegrabener Inschrift“ (BAT Abt. 122 Nr. 12 fol. 4r). »
  41. Vgl. zu ihm Kemp, Abtei Sayn 167f. »
  42. Freundliche Mitteilung von Herrn Dietrich Schabow, Bendorf-Sayn, vom 1. Februar 2010, der mir freundlicherweise eine Kopie der von ihm im dortigen Pfarrarchiv aufgefundenen „Aufschriften der Glocken in der Pfarrey zu Halsenbach“ zur Verfügung stellte. »
  43. Nachträge Nrn. 205 und 206. – Die dritte Glocke wurde laut Inschrift 1692 von den Franzosen zerstört (a gallis confracta) und 1707 von Wilhelm Anton Rincker in Aslar neu gegossen. »
  44. Vgl. zur Terminologie Seeliger-Zeiss, Grabstein pass. sowie die Einleitung zu DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) XXIVf. »
  45. Denkmäler dieser Art dienten naturgemäß zur Abdeckung und Kennzeichnung der jeweiligen Begräbnisstätte; vgl. dazu ausführlich anhand des Materials im benachbarten Mittelrheintal DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XXXIXff. »
  46. Die im Gegensatz zur in der Regel flach mit Boden abschließenden Grabplatte stark nach außen abgeschrägten Leisten sind das Kennzeichen für auf einem (heute meist verlorenen) Unterbau ruhende Hochgräber, deren Inschriften dadurch gut zu lesen waren. »
  47. Vgl. DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) XXIXf. »
  48. Vgl. DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XL»
  49. Die einzige (wenn auch fragmentarisch) erhaltene Grabplatte eines Ravengiersburger Geistlichen stammt aus dem Jahr 1528 (Nr. 69) und weist im Feld auf leicht erhöhtem Schild einen flachreliefierten Priesterkelch mit Oblate auf. »
  50. Grabplatten dieser Art lassen sich am Mittelrhein und im Rheingau seit Ende 14./Anf. 15. Jh. nachweisen; vgl. dazu DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XXXIXf. »
  51. Vgl. dazu Müller-Veltin, Grabkreuze pass. sowie DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XL»
  52. Vgl. dazu ebd. XLI. »
  53. Vgl. dazu ausführlich Scholz, „Ewige Anbetungen“ pass. »
  54. Vgl. dazu ausführlich Kap. 4.5. »
  55. Regional vergleichbar wären allenfalls die beiden 1605 und 1606 entstandenen Hüftbilder für zwei jung verstorbene Söhne aus der Familie der Herren von Schönburg auf Wesel, vgl. DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) Nrn. 283 und 284»
  56. 15 dieser farbig bemalten Holzschilde finden sich heute noch in der Karmeliterkirche zu Boppard, vgl. dazu DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XLII»
  57. Vgl. dazu Scholz, Totengedenken 51ff. sowie DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) LI sowie DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XLII mit den aus dem 13. und 14. Jahrhundert stammenden Erstbelegen der Nachbargebiete. »
  58. Vgl. dazu Wulf, Typologie 135f. und DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XLIV mit dem ersten Nachweis im Jahr 1497. »
  59. Vgl. dazu DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) XXXIff., DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) LIIIff., DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XLIIIf. sowie auswertend Fuchs, Adel und Nicht-Adel pass. »
  60. Im Unterschied zu dem hinter den Namen gestellten dominus, das den edelfreien Inhaber einer Herrschaft bezeichnet,vgl. dazu Spieß, Ständische Abgrenzung 203f. »
  61. Vgl. auch unten Kap. 6. »
  62. Allerdings waren die Verluste wohl deutlich weniger, als gemeinhin angenommen; vgl. dazu künftig am Beispiel der Wandmalereien an Rhein, Mosel und Lahn Kern, Wandmalereien pass. »
  63. Vgl. zum Folgenden die grundsätzlichen Bemerkungen in DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) XXXIXf. mit einem Bestand von 58 überlieferten (davon 43 erhaltene) Glocken und in DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) XLVIIIff. mit einem Bestand von 23 überlieferten (davon 20 erhaltene) Glocken. Hinzu kommen drei inschriftlich überlieferte Glocken aus Oberwesel, vgl. oben Anm. 43. »
  64. Vgl. dazu Wagner, Kapellen pass. mit einem Überblick über die zahlreichen Hunsrücker Burgkapellen. »
  65. Ob die 1402 für Bickenbach überlieferte, 1870 eingeschmolzene Glocke (Nr. 17) bereits mit Stephanus ist mein Nam die entsprechende deutsche Version geboten hat, ist unsicher. »
  66. Vgl. zur Verwendung dieses Glockenspruches in einer spätmittelalterlichen Gießerwerkstatt im Nahe- und Glangebiet Poettgen, Mittelalterliche Glocken pass. »
  67. Er ist im Bearbeitungsgebiet merkwürdigerweise nur vereinzelt nachzuweisen, neben den beiden angeführten Glocken nur noch auf der 1475 für Biebern gegossenen Glocke (Nr. 35). – Der vermutlich aus einer Kombination von Ps 24 und einem Kirchenlied hervorgegangene Spruch diente bis weit ins 15. Jh. hinein geradezu als Standardspruch auf Glocken, vgl. dazu Schubart, O rex gloriae pass.; Kizik, Glockeninschriften 204f. macht dagegen als Quelle eine im 13. Jh. entstandene „benedictio contra fulgura“ geltend. »
  68. Vgl. dazu ausführlich Heinz, Bedeutung 64ff. »
  69. Vgl. zu ihm ausführlich die Arbeiten von Köster. »
  70. Aufgrund seiner von Köln ausgehenden großen Verbreitung im Rheinland, wird er auch als „rheinischer“ Glockenspruch bezeichnet, vgl. dazu Poettgen, Trierer Glockengießer 75f. und ders., Glocken der Spätgotik 12. »
  71. Vgl. zu ihm ausführlich Poettgen, Trierer Glockengießer 87-95 mit Werkliste S. 119f. – Inzwischen hat sich die Zahl der Echternach-Glocken auf 59 bis zum Jahr 1501 erhöht, freundlicher Hinweis von Jörg Poettgen, Schreiben vom 3. März 2009. »
  72. Vgl. zu ihm ausführlich Poettgen, Trierer Glockengießer 87-95 mit Werkliste S. 119. – Inzwischen hat sich die Zahl der von Enen zwischen 1461 und 1500 gegossenen Glocken auf 55 vergößert; freundlicher Hinweis von Jörg Poettgen, Schreiben vom 3. März 2009. »
  73. Vgl. dazu DI 54 (Lkrs. Mergentheim) Nr. 5 mit frühen Belegen. »
  74. Dies wird der Realität entsprochen haben, da die älteste Bestandsaufnahme von Glocken in den Jahren 1846/47 stattfand, vgl. dazu Anm. 39. »
  75. Vgl. zu ihm ausführlich Poettgen, Trierer Glockengießer 99f. »
  76. Vgl. zu ihnen ansatzweise Köster, Lothringer Wandergießer pass. »
  77. Vgl. dazu DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) XXVIf. »
  78. Vgl. dazu mit Blick auf die „Quellengattung“ der Grabmäler Heinz/Schmid, Grab und Dynastie 159f. und 170ff. »
  79. Es handelt sich um vier zwischen 1528 und 1535 entstandene Arbeiten, vermutlich aus seiner Werkstatt, vgl. dazu DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Einleitung XXVII»
  80. Vgl. DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) Nr. 177»
  81. Vgl. zu ihm Brucker, Jakob Kern pass, Groß-Morgen, Skulpturengruppen 107ff., Heinz/Schmid, Große Kunst 194ff. sowie künftig die ausführlich Person und Werk würdigende Trierer Dissertation von Stefan Heinz. »
  82. Auffällig ist die Verwendung von überbreitem D und M mit leicht schräggestellten Schäften und fast bis zur Grundlinie gezogenem Mittelteil, die sich als wesentliche Gestaltungsmerkmale bei der sonst differierenden Schrift des Jakob Kerre wiederfinden lassen. »
  83. Vgl. dazu zusammenfassend Kdm. Rhein-Hunsrück 2, 968f. »
  84. Diese These wurde erstmals von Norbert Müller-Dietrich, dem Verfasser der beiden Kunstdenkmalinventarbände des ehem. Lkrs. Simmern, in einem 1967 gehaltenen Vortrag mit kunsthistorischen Argumenten vertreten, ebenso mit Hinweis auf sein geplantes (bedauerlicherweise aber nie erschienenes) Buch „Grabmalskult und Fürstenbild – Ein Beitrag über Johann von Trarbach und seine Werkstatt“ an entsprechender Stelle im Inventarband (vgl. oben Anm. 81) – Trotz früherer Bedenken haben sich Stefan Heinz und Wolfgang Schmid, Grab und Dynastie 193 Anm. 73 („auf die Diskussion der Frage, ob das Frühwerk Trarbachs mit dem als Meister von Simmern angesprochenen Meister identisch ist, kann hier nicht gesondert eingegangen werden“) in ihrer jüngsten Arbeit dieser Einschätzung letztlich doch angeschlossen, vgl. dazu Heinz/Schmid, Große Kunst 196ff. »
  85. Vgl. zum Folgenden den ausführlichen Kommentar zu seinem Grabdenkmal (Nr. 115). »
  86. Vgl. dazu unten Kap. 5. »
  87. Eine bislang zu wenig beachtete Schlüsselstellung nimmt dabei seine durch durch zwei Hexameter hervorgehobene Meisterinschrift auf dem 1579 vollendeten Epitaph für Markgraf Karl II. von Baden-Durlach und seine beiden Frauen ein, in der sich Trarbach selbst „wunderbarer Kunstfertigkeit“ rühmt: Cum gemina, Carolum, thalami consorte, Ioannes / Trarbachius mira, skulpsit feliciter, arte; vgl. DI 57 (Stadt Pforzheim) Nr. 192 C. »
  88. Die ganze (geographische) Bandbreite seines Schaffens zeigt die beeindruckende Liste seiner Werke außerhalb des Bearbeitungsgebietes, die bislang ihm bzw. seiner Werkstatt zugeschrieben werden können (in chronologischer Reihenfolge): Epitaph für Graf Philipp III. von Hanau †1561, Hanau, Auftrag 5. Dezember 1563 durch seine Frau Helene geb. Pfalzgräfin von Pfalz-Simmern, Tochter Herzog Johanns II., Fertigstellung 1565 (vgl. Strübing, Trarbach 4f.); Tumba für Graf Georg II. von Erbach und seine Frau †1564/1569, Michelstadt, Auftrag 1564, Fertigstellung 1565 (vgl. DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 160); Bauinschrift Evang. Kirche Höchst, Auftrag durch die Grafen von Erbach, Fertigstellung 1566 (vgl. DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 163); Epitaph für Graf Eberhard XI. von Erbach und seine Frau †1542/1553, Michelstadt, Auftrag 1564, Fertigstellung 1567 (vgl. DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 136); Epitaph Margarete Schenkin von Limpurg †1564, Michelstadt, Auftrag 1565, Fertigstellung 1567 (vgl. DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 165); Epitaph für Graf Eberhard XII. von Erbach †1564, Michelstadt, Auftrag 1564, Fertigstellung 1567 (vgl. DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 166); Epitaph für Pfalzgräfin Elisabeth von Brandenburg †1567, Fertigstellung 1567 (vgl. DI 12, Stadt und Lkrs. Heidelberg, Nr. 309; aufgrund der Schriftformen hier erstmals Johann von Trarbach zugewiesen), Epitaph für Pfalzgräfin Helene †1579, Hanau, Fertigstellung 1567/68 (vgl. Strübing, Trarbach 72); Epitaph Graf Ludwig Casimir von Hohenlohe †1568, Öhringen, Auftrag 1568, Fertigstellung 1570 (vgl. DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 345); Epitaph für zwei wild- und rheingräfliche. Kinder †1571, St. Johannisberg (vgl. DI 34, Lkrs. Bad Kreuznach, Nr. 331); Epitaph für Markgraf Philibert von Baden und Frau †1565/1569, Baden-Baden, Auftrag 1568, Fertigstellung 1573 (vgl. DI 78, Stadt Baden-Baden und Lkrs. Rastatt, Nr. 356); Epitaph für Graf Eberhard von Hohenlohe †1570, Öhringen, Auftrag 1573/74? (vgl. DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 357); Epitaph für Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken †1569, Meisenheim, Auftrag 1571, Fertigstellung 1575 (vgl. DI 34, Lkrs. Bad Kreuznach, Nr. 340); Epitaph für Markgraf Bernhard III. von Baden, †1536, Baden-Baden, Fertigstellung um 1575 (vgl. DI 78, Stadt Baden-Baden und Lkrs. Rastatt, Nr. 356); Epitaph für Pfalzgräfin Anna von Pfalz-Zweibrücken †1576, Meisenheim, Auftrag 1576 Fertigstellung 1577 (vgl. DI 34, Lkrs. Bad Kreuznach, Nr. 341); Epitaph für Markgraf Albrecht d. J. von Baden-Durlach †1574, Pforzheim, Auftrag 1576, Fertigstellung 1577 (vgl. DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 183); Epitaph für Markgraf Karl II. von Baden-Durlach †1577, Pforzheim, Auftrag 1576/77, Fertigstellung 1579 (vgl. DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 192); Brunnen im pfalz-zweibrückischen Schloß zu Bergzabern, Fertigstellung 1579 (vgl. Brucker, Brunnen 6ff.); Epitaph für Wild-und Rheingraf Johann Christoph †1585, St. Johannisberg, Auftrag 1585, Fertigstellung 1586/87? (vgl. DI 34, Lkrs. Bad Kreuznach, Nr. 367). »
  89. Einige wenige Werke des kunsthistorisch noch nicht ausreichend gewürdigten Bildhauers (vgl. zu ihm zuletzt Meys, Memoria 870) lassen sich im Nahegebiet nachweisen, vgl. DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Nrn. 354, 363, 369 und 379. Mit dessen Tod im Jahre 1598 scheint die Werkstatt zu Simmern ihre Tätigkeit eingestellt zu haben. »
  90. Vgl. zum Folgenden Weiner, Trierer Bildhauer 304-307. »
  91. Vgl. zu ihm immer noch Brucker, Wohlgemuth pass. und DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Nr. 477, 478, 489 und 496»
  92. Vgl. dazu ausführlich DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) LVff. »
  93. Die folgende Analyse des insgesamt dünnen Bestandes wertet zum großen Teil Glocken aus und kann daher keine Entwicklungen aufzeigen, eher einzelne Stationen. »
  94. Vgl. dazu DI 38 (Lkrs. Bergstraße) Einleitung XLf. »
  95. Vgl. dazu Kloos, Epigraphik 123-128 und die knappe Charakterisierung in Terminologie 28. – Über den Weg von der romanischen zur gotischen Majuskel und die Benennung der Schriftarten wird seit längerem diskutiert; vgl. dazu grundsätzlich Koch, Weg pass. und Bayer, Versuch pass. sowie übergreifend und einen europäischen Zusammenhang herstellend Koch, Inschriftenpaläographie pass. »
  96. Die Buchstaben werden freihand aus Wachsfäden gerollt und auf dem Lehmmantel der Glocke entsprechend platziert. Im Gegensatz zu der später üblichen Buchstabenherstellung aus Modeln mit ihrem eher flachrechteckigen Querschnitt (vgl. Nr. 5) entsteht dadurch die für Wachsfadeninschriften typische gerundete Oberfläche. Zudem kann es auch zur ebenfalls charakteristischen uneinheitlichen Größe und Ausführung der Buchstaben bzw. zur spiegelverkehrten Anordnung auf der Glocke kommen; vgl. dazu Kloos, Epigraphik 81f., Schilling, Glocken 110ff. sowie Poettgen, Glockenguß 25f. »
  97. Vgl. zur Verbreitung dieser Schriftart in den angrenzenden Gebieten DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) XLVII und DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) LIXf. – Mit dem Halbnodus am Balken des H und den sehr kleinen, oben eingezogenenen Bögen bei P und R lassen sich allenfalls Reflexe dieser Schriftart bei den Initialen auf dem 1578 für die Herzogstochter Emilia von Württemberg angefertigten Goldarmband (Nr. 103) beobachten. »
  98. Vgl. dazu auch Kap. 4.5. »
  99. Diese Zierform scheint gern zur Hervorhebung bei Wörtern wie HER (Nr. 91) oder besonderen Namen wie HVNNO (Nr. 98) und IEHOVAE (Nr. 105) eingesetzt worden zu sein »
  100. Vgl. dazu ausführlich Fuchs, Schrift pass. sowie ders., Kapitalis-Inschriften 18ff. »
  101. Vgl. DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) XLIX mit erstem Nachweis 1608, DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) LXI mit erstem Nachweis 1631. »
  102. Vgl. zur Genese dieser Schriftform Neumüllers-Klauser, Schrift und Sprache 64ff., zu ihrer Entwicklung im Mittelrheingebiet DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) LXIf.sowie die einschränkenden Bemerkungen oben Anm. 91. »
  103. Vgl. DI 2 (Mainz) Nrn. 33 und 37, die Datierungsvorschläge bei Kessel, Sepulkralpolitik 16ff. sowie künftig Kern, Inschriften Mainzer Dom Nrn. 7 und 8. »
  104. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nrn. 56 und 66»
  105. DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) Nr. 40»
  106. Diese Unregelmäßigkeit kommt bei frühen Anwendungen dieser Schrift häufiger vor. »
  107. Vgl. dazu und zum Folgenden die ausführliche Beschreibung bei Köster, Tilman von Hachenburg 33 mit Nachzeichnung auf Abb. 7. »
  108. Vgl. zum Folgenden immer noch Kautzsch, Frakturschrift pass., Zahn, Beiträge pass., sowie Terminologie 48. »
  109. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass sie stärker als andere Schriften von Typographie und Schreibmeistern kultiviert wurde; so standen viele Vorlagen zur Verfügung. »
  110. Vgl. dazu und zum Folgenden Steinmann, Humanistische Schrift 382ff., Kloos, Epigraphik 143ff. sowie Terminologie 48. »
  111. Vgl. dazu DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) LXIV mit Anm. 212. »
  112. Vgl. dazu ausführlich unter Einbeziehung der benachbarten Landkreise DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) Einleitung LXVf. »
  113. Vgl. oben Kap. 1. »
  114. Vgl. dazu Boos, Narrenbildnis pass. »
  115. Vgl. dazu Wagner, Ravengiersburg und Nunkirche 18ff. »
  116. BAT Abt. 122, Nr. 15 fol. 320r»
  117. Vgl. dazu und zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 815. – Der Kelch wird bei erstmals im 1847 zusammengestellten Inventar erwähnt (BAT Abt. 122 Nr. 12 fol. 19v „Kelch mit silberner Kuppa von 1512“), nicht aber bei Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 671. »
  118. Vgl. dazu Ronig, Puricelli 78ff. »
  119. Laut Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 815 ist es eine „offenbar neugotische Inschrift, verderbt, wohl nach einem nicht mehr verstandenen alten Text kopiert“. In Wirklichkeit handelt es sich bei dem Kelch insgesamt „um ein ausgezeichnetes, in jedem Einzelteil für das frühe 16. Jahrhundert charakteristisches Werk“ (freundliche Mitteilung von Herrn Prof. Dr. Johann Michael Fritz, Brief vom 30. Oktober 1997), dessen in gotischer Minuskel eingravierte Inschrift ebenfalls völlig unverdächtig ist. Sie lautet: + tzů ◦ diese(m) ◦ kelch ◦ hat geheische(n) ◦ golt ◦ und ◦ silbe(r) ◦ suste(r) ◦ elsgi(n) die ◦ in ◦ grawen ◦ kleydern ◦ zu ◦ sant ◦iorgen ern»
  120. Vgl. dazu Czysz; Klarenthal pass. mit dem interessanten Hinweis S. 221f. (dem hier nicht weiter nachgegangen werden kann), dass der Heiligkreuzaltar der Pfarrkirche zu Rheinböllen seit 1356 diesem Kloster inkorporiert war. »
  121. So Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 297. »
  122. Vgl. dazu Pies, Dommershausen 23 und 109. »