Zitationshinweis:

Märker, Juliane: Die Geschichte der alten kurfürstlichen Universität Mainz, in: www.regionalgeschichte.net, 
URN: urn:nbn:de:0291-r0006-amm5

  • Geschichte der alten kurfürstlichen Universität

Die Geschichte der alten kurfürstlichen Universität Mainz

0.1.Gründungszeit

Diether von Isenburg

Mainz blickt auf eine lange Geschichte zurück. Der Stadtherr, der Erzbischof von Mainz, war zugleich Kurfürst und Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Die meist sieben Kurfürsten waren seit dem Mittelalter mit der Wahl des deutsch-römischen Kaisers betraut. Im 13. Jahrhundert erlangten die Bürger der Stadt umfangreiche Privilegien und nannten sich fortan eine Freie Stadt, die ihre Unabhängigkeit auch gegenüber dem Mainzer Erzbischof zu sichern suchte. Diesen Status verloren die Bürger in der Mainzer Stiftsfehde von 1462. Sie hatten beim Konkurrenzkampf der beiden Anwärter auf das Amt des Erzbischofs Diether von Isenburg unterstützt. Dieser wurde jedoch von seinem Gegner Adolf II. von Nassau besiegt und vertrieben. Mainz erlitt große Schäden, und alle Privilegien wurden vom neuen Erzbischof zurückgenommen.
Adolf II. von Nassau war zugleich der erste, der sich um die Gründung einer Mainzer Universität bemühte. Schon 1469 ersuchte er den Papst um Erlaubnis, eine Universität errichten zu dürfen. Im Mittelalter war für die Gründung einer Universität die Erlaubnis des Papstes notwendig. Universitäten waren eng an die katholische Kirche gebunden, da meist Geistliche als Lehrer engagiert wurden. Außerdem waren es üblicherweise umliegende Stifte und Klöster, welche die Finanzierung einer Universität zu übernehmen hatten. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kam es zu einer regelrechten Welle der Universitätsgründungen. Sie galten als Zeichen von Kultur und brachten dem Landesherrn Prestige.
Auch der Mainzer Erzbischof wollte im Rahmen des Wiederaufbaus von Mainz mit der Universitätsgründung den Ruf von Mainz verbessern und seinen Stand stärken, zumal die unmittelbaren Nachbarn, das Erzbistum Trier und die Kurpfalz, ebenfalls Universitäten besaßen. Adolf II. von Nassau erhielt die Erlaubnis, eine Universität zu gründen, sollte dafür jedoch eine Gebühr von 300 Gulden zahlen, eine für die Zeit beachtliche Summe. Die Finanzen des Mainzer Erzbistums waren jedoch in desolatem Zustand, und Adolf musste schließlich von seinem Plan Abstand nehmen.
Wenige Jahre später starb Adolf II. von Nassau, und sein einstiger Konkurrent Diether von Isenburg wurde 1476 sein Nachfolger. Auch er plante die Gründung einer Universität, und war auch in der Lage, die vom Papst geforderten Zahlungen zu leisten. Somit wurde am 23.11.1476 von Papst Sixtus IV. eine Bulle verfasst, in welcher die Gründung eines studium generale – so wurden damals die Universitäten bezeichnet – erlaubt und ihre Privilegien festgelegt wurden. Ein Jahr später, am 1.10.1477, erfolgte die offizielle Eröffnung der Mainzer kurfürstlichen Universität. Die Universität sollte offiziell bis 1798 bestehen.
Die Privilegien der Universität wurden zu einem Teil vom Papst und zum anderen Teil vom Landesherren, dem Erzbischof festgelegt. In der päpstlichen Bulle wurde festgelegt, dass die Mainzer Universität akademische Grade verleihen durfte, die international anerkannt wurden. Zur damaligen Zeit waren dies der Titel als Baccalaureus und Magister in der philosophischen Fakultät und der Doktor bei den höheren Fakultäten. Als Magister war man berechtigt, in allen europäischen Universitäten zu dozieren. Es wurden gewisse steuerliche Vergünstigungen festgelegt, ebenso wie ein eigener Gerichtsstand für die Angehörigen der Universität. Sollte ein Mitglied der Universität, ob Dozent oder Student, sich eines Vergehens schuldig machen, so wurde er von einem universitären, nicht von einem städtischen Gericht verurteilt. Auch die Finanzierung der Universität wurde festgelegt, indem ihr 14 Lektoralpräbende zugewiesen wurden. Dabei handelte es sich Pfründe umliegender Stifte und Klöster. Der Erzbischof erteilte als Landesherr weitere Privilegien, meist weitere steuerliche Vergünstigungen sowie eine bevorzugte Einstellung der eigenen Absolventen im Staatsdienst.
Die Universität war in vier Fakultäten gegliedert. Die philosophische Fakultät, auch Artistenfakultät genannt, war die größte. Jeder Student begann hier seine akademische Laufbahn, da die Artistenfakultät als Grundstudium diente. Erst nach erfolgreichem Abschluss konnte man zu einer der drei höheren Fakultäten wechseln, um eine spezialisierte Ausbildung zu erlangen. Diese drei Fakultäten befassten sich mit Theologie, Jura und Medizin. Erst mit Abschluss in einer der drei höheren Fakultäten konnte man sich Magister nennen. Studenten und die anfänglich 14 Dozenten lebten in Bursen zusammen.

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0.2.Anfangsjahre im Einfluss des Humanismus

Gründungsurkunde

Die Mainzer Universität wurde anfangs stark vom Humanismus beeinflusst, was unter anderem an der frühen Einrichtung eines Lehrstuhls für Geschichte zu sehen ist, welcher bereits 1504 eingerichtet wird. Es war der erste seiner Art im Reich. Das Studium und die Übersetzung antiker Autoren wie Livius und Aristoteles wurden ebenso gefördert. In der juristischen Fakultät wurde zudem hauptsächlich das römische Zivilrecht unterrichtet, während eigentlich das kanonische, also kirchliche Recht die Norm war. Auch die Anwesenheit von Anhängern Luthers und Zwinglis in Mainz verstärkten den Einfluss des Humanismus in der katholischen Universität. Bald erlangte die Mainzer Alma Mater den Ruf einer spezialisierten Universität für Juristen und Humanisten.
Trotzdem blieb das Lehrprogramm eng an die katholische Kirche gebunden. 1501 wurde beschlossen, die Lehre der Unbefleckten Empfängnis Maria aufzunehmen und zu verteidigen. Theologie-Studenten wurden beim Studienantritt dafür eingeschworen. Zu solch einem Schritt war es bis dahin nur an der Pariser Universität gekommen. 1517 waren auch Mainzer Dozenten an einem Gutachten beteiligt, in welchem die Thesen Luthers verworfen wurden, die endgültige Entscheidung über eine Verurteilung Luthers gaben sie allerdings an die römische Kurie ab. Um 1520 kommt es schließlich zu einer Abkehr vom Humanismus und zur Hinwendung zu den altkirchlichen Lehren und Methoden. Gründe dafür sind in der Auseinandersetzung der katholischen Kirche mit der Reformation zu suchen, der persönlichen Einstellung des damaligen Erzbischofs Albrecht von Brandenburg. Dieser verurteilte Luthers Lehren scharf und schottete die Universität von allen nicht-katholischen Einflüssen so gut es ging ab. Es kam zugleich jedoch zu einem Niedergang der Universität. Die Zahl der Studenten nahm ab, und viele Dozenten hatten Mühe, mit der geringen Bezahlung über die Runden zu kommen, weswegen sie sich auf ihre Arbeit außerhalb der Universität, meist als Pfarrer oder in anderen kirchlichen Positionen, konzentrierten und ihren Unterricht vernachlässigten.
Insgesamt war das 16. Jahrhundert für Mainz und die kurfürstliche Universität eine schwere Zeit, Pest, Krieg und Geldnot störten den Universitätsbetrieb und führten zu einem langsamen Niedergang der Lehrtätigkeit und Studentenzahl. 1546 bis 1548 war Mainz in den Schmalkaldischen Krieg verwickelt, bei dem sich sowohl der Erzbischof als auch viele Stiftskirchen hoch verschulden, darunter auch diese, welche die Lektoralpräbenden finanzierten. Daraufhin sanken die Zahlungen der Stifte an die Universität rapide. Kurz darauf im Markgräflerkrieg wurde Mainz erobert und schwer beschädigt, drei Stiftskirchen mit Lektoralpräbende wurden niedergebrannt, woraufhin die nächsten Jahre gar keine Zahlungen stattfanden, bis die Stifte sich wieder aufbauen und erholen konnten. 1539 und 1554 wütete die Pest in Mainz. Im Rahmen der Gegenreformation und um den negativen Entwicklungen entgegenzuwirken wurden schließlich 1561 die Jesuiten nach Mainz geholt, von denen man sich auch neue Impulse erhoffte, um die Universität zu erneuern und zu stärken.

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0.3.Die alte Universität unter Leitung des Jesuitenordens

Domus Universitatis

Der Jesuitenorden war erst 1540 vom Papst anerkannt worden, wuchs jedoch in kürzester Zeit zu einer enormen, weltweit operierenden Organisation heran. Sie widmeten sich vor allem drei Betätigungsfeldern, der Seelsorge, der Mission und der Bildung. In wenigen Jahrzehnten erlangte der Jesuitenorden eine führende Rolle in der höheren Bildung. Jesuitenschulen hatten einen enorm guten Ruf, sodass selbst protestantische Fürsten und Könige ihre Kinder zu ihnen sandten. Sie begannen ihre Arbeit im Pädagogium, wo Studienanfänger die grundlegenden Kenntnisse und Fähigkeiten für ihr weiteres Studium zu erlernen hatten. Dann begannen die Jesuiten mit der Umgestaltung des Philosophiestudiums, wobei sie die Naturwissenschaften und die Mathematik förderten und stärker in den Lehrplan einbrachten. Die Jesuiten übernahmen in den folgenden Jahrzehnten die meisten Lehrstühle der theologischen und philosophischen Fakultäten und wurden zu den Leitern der Lehre. Sie führten die kirchliche Scholastik wieder ein und stellten sie in den Mittelpunkt, die Lehrpläne wurden radikal geändert. Untergebracht wurden die Jesuiten in der Burse Zum Algesheimer, die vormaligen Bewohner wurden in die Burse Zum Schenkenberg umgesiedelt. Dies führte zu Protesten von Studenten wie Dozenten, die ihre Privilegien nur ungern an die Neuankömmlinge abtraten, es kam zu Spannungen zwischen den Jesuiten und den anderen Universitätsmitgliedern. Die Jesuiten gründeten ein eigenes Gymnasium, deren Schülerzahl rasch stieg und bald die der Universität überholte, welche in dieser Zeit kaum die 100 erreichte, während 1590 bereits 900 Schüler das Jesuitengymnasium besuchten. 1615 bis 1618 wurde ein neues Universitätsgebäude errichtet, in welchem der Unterricht stattfand. Das Haus ist noch heute zu sehen, es steht nahe dem Dom in der Alten Universitätsstraße und beherbergt unter anderem das Institut für Europäische Geschichte.
Die neuen Impulse der Jesuiten führten zwar zu einem Anstieg der Studentenzahl, jedoch wurden Kritiken zur Qualität des Unterrichts und zum Lehrplan laut. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Mainz von schwedischen Truppen eingenommen und schwer beschädigt, auch Gebäude der Universität wurden zerstört, zwischen 1631 und 1635 kam der Unterricht komplett zum erliegen, als viele Menschen aus der Stadt flohen. Der Unterricht wurde bald wieder aufgenommen, und trotz der sich mehrenden Kritik blieben die Jesuiten bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts die bestimmende Fraktion der Universität. Sie konzentrierten sich vor allem auf die philosophische und theologische Fakultät, während Jura und Medizin vernachlässigt wurden und die Zahl der Studenten und Dozenten in den beiden Fakultäten zurückging. In einigen Jahren gab es gar keine neuen Studenten der Medizin. Der Unterricht wurde hauptsächlich so gestaltet, dass der Dozent vorne am Pult diktierte und die Studenten die Worte abschrieben. Bücher wurden den Studenten kaum zur Verfügung gestellt. Die Stagnation der Lehre und die Beharrung auf einen streng altkirchlichen Lehrplan führten auch zu einem schlechten Ruf der Mainzer Universität. Sie war in dieser Zeit bekannt dafür, Beamte für den Staatsdienst, Lehrer und Pfarrer zu produzieren, aber keine herausstehenden Gelehrten.

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0.4.Reform und Blüte im Zeichen der Aufklärung

Friedrich Karl Joseph von Erthal[Bild: Stadtarchiv Mainz]

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts schwand der Einfluss der Jesuiten, bis sie schließlich 1776 die Universität ganz verlassen mussten und ihr Orden aufgelöst wurde. Daraufhin folgten mehrere Reformversuche verschiedener Rektoren und Erzbischöfe. Erzbischof Lothar Franz von Schönborn bemühte sich seit 1704, die juristische und medizinische Fakultät zu beleben. Zu dieser Zeit gab es gar keine Medizinstudenten und gerade mal acht Juristen an der kurfürstlichen Universität. Schönborns primäres Ziel war eine bessere Finanzierung, doch die Kirche, und vor allem die Stifte und Klöster, von denen das Geld gefordert wurde, sträubten sich gegen diese Pläne. Trotzdem gelang es dem Erzbischof, die Lektoralpräbenden zu erhöhen und das Gehalt der Dozenten aufzubessern. Zu dem von ihm geplanten Ausbau der Universität kommt es jedoch nicht mehr, und sein Nachfolger Ludwig von der Pfalz machte auch die Erhöhung der Lektoralpräbenden wieder rückgängig.
1708 hob der Papst die Lektoralpräbenden auf und legte fest, dass Einkünfte und Besitz der Pfründe an die Universität gehen sollten. Wieder wehrte sich der Klerus und erreicht bei Erzbischof Franz Ludwig von der Pfalz, dass es stattdessen Zahlungen geben sollte, die sich auf jährlich 14.000 Gulden beliefen. Dies war jedoch keine ausreichende Summe, um Reformen an der Universität zu finanzieren, zumal die Zahlungen nicht zuverlässig ausgeführt wurden. Erzbischof Ostein bemühte sich durch die Bestätigung und Vermehrung der universitären Privilegien 1746 die prekäre finanzielle Lage zu bessern, jedoch ohne langfristigen Erfolg, zumal er sich bei seinen Maßnahmen auf die einzelnen Fakultäten konzentrierte, anstatt übergreifende Maßnahmen in Betracht zu ziehen.
Erst Erzbischof Friedrich Karl Joseph von Erthal erreichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine erfolgreiche Reform der kurfürstlichen Universität, welche daraufhin eine kurze Blüte erfuhr. Erthal plante, die Reform zur 300-Jahr-Feier umzusetzen, konnte jedoch seinen Zeitplan nicht einhalten. Schließlich wurden die Maßnahmen 1784 umgesetzt. Leiter der Reformen war Anselm Franz von Bentzel-Sternau, welcher zuerst als Hofkanzler und später als Kurator an der Universität wirkte und die Reorganisation der Universität durchführte.
Man kehrte sich von der Kanonik, der mittelalterlichen Scholastik und dem Mönchswesen ab und öffnete sich der Aufklärung. Sowohl Protestanten als auch Juden wurden an der Universität als Studenten eingelassen, einzige Voraussetzung für den Studienantritt waren neben den Gebühren die Beherrschung der deutschen Sprache und lateinische Grammatik sowie die Fähigkeit, zwischen beiden Sprachen zu übersetzen. Im Unterricht wurden den Studenten Bücher zur Verfügung gestellt. Examina wurden häufiger durchgeführt, die Lehrpläne geändert und die Aufgabe der Universität auf die Lehre anstatt auf die Forschung gesetzt. Die Lehrstühle wurden in allen Fakultäten vermehrt und zwei neue Fakultäten eingerichtet: Die Kameralwissenschaften behandelten Fachgebiete wie Chemie, Botanik und Landwirtschaft, während sich die Historische Statistik mit Archäologie, Weltgeschichte und Rechtsgeschichte und ähnlichem befasste. Es wurden neue Professorenhäuser gebaut und renommierte Dozenten und Gelehrte aus dem ganzen Reich nach Mainz berufen. Finanziert wurde die Reform durch die Aufhebung dreier sehr reicher Klöster innerhalb des Mainzer Hochstifts. Die Liquidierung ihres Besitzes und Übernahme der Einnahmen führte zur Gründung des Mainzer Universitätsfonds 1782, welcher noch bis heute existiert. Außerdem wurde dem Rektor, Kanzler und allen ordentlichen Professoren die Stellung eines wirklichen kurfürstlichen Rates verliehen, mit alle Vergünstigungen und Absicherungen. Studenten genossen zollfreie Ein- und Ausfuhr ihrer Bücher und Gerätschaften und für arme Studenten wurde ein Unterstützungsfonds von jährlich 1000 Gulden angelegt.
Die Reform war äußerst erfolgreich, 1784 wurde die „neue“ Universität feierlich eröffnet. Rasch erlangte die Mainzer Universität den Ruf als eine der fortschrittlichsten katholischen Universitäten im Land. Die Zahl der Studenten stieg von 300 auf 600 binnen weniger Jahre. Es wurden jedoch bei weitem nicht alle Änderungen vorgenommen, die geplant waren, da der Anselm Franz von Bentzel schon 1786 starb. Zudem brach kurz darauf die Französische Revolution aus, welche weitreichende Folgen für Mainz und seine Universität hatte.

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0.5.Untergang der alten Universität

Sitzung des Jakobinerclubs in Mainz 1792
Sitzung des Jakobinerklubs 1792[Bild: © Landesmuseum Mainz]

In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts besuchten auch viele französische Adelige die Universität. Sie brachten unter anderem auch die Ideen der Revolution nach Mainz. Als 1792 die französische Armee Mainz eroberte, hatten sich zahlreiche Studenten und Dozenten im Jakobinerklub und ähnlichen Organisationen zusammengeschlossen, um mit anderen revolutionsbereiten Bürgern die Mainzer Republik auszurufen. Sie existierte nur kurz, und schon bald folgte unter der französischen Besatzung der Kollaps der Universität. Viele Bürger wanderten aus Mainz ab, 1796 flüchtete auch der kurfürstliche Hof nach Aschaffenburg. Ein Teil der Dozenten und Studenten folgten, und in Aschaffenburg wurde die kurzlebige Karls-Universität gegründet, in welcher noch mehrere Jahre unterrichtet wurde, bevor es zur Auflösung kam.
Die französischen Besatzer beendeten jegliche Förderung der kurfürstlichen Universität, sie sahen sie als ein Relikt der feudalistischen bischöflichen Herrschaft. Es kam nie zu einer offiziellen Auflösung der Universität, stattdessen ging sie graduell über Jahre ein, während die Franzosen ihr eigenes Bildungssystem etablierten. Ein Dekret hob die Universität formal am 28.4.1798 auf, es wurden jedoch keine Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen. Es ist bis heute umstritten, ob die Auflösung durch die Besatzungsmacht als endgültiges Ende der Universität gelten soll, da sie ja wenige Jahre später abgezogen wurden, und zumindest die medizinische Fakultät für kurze Zeit das Privileg wiedererlangte, akademische Grade zu verleihen. Die medizinische Fakultät existierte noch bis 1817, bevor auch hier der letzte Student abging. 1816 nach dem Wiener Kongress fiel Mainz an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Dieses entschied sich gegen eine Wiederbelebung der Universität, da man bereits eine eigene Universität in Gießen besaß und es zudem die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stellen konnte, die Universität im stark zerstörten, entvölkerten und verarmten Mainz wiederaufzubauen. Der Mainzer Universitätsfonds existierte zwar noch, aber auch sein Kapital reichte bei weitem nicht aus, den Wiederaufbau der Universität zu finanzieren.
Es gab einige weitere universitäre Einrichtungen, die in Mainz weiter bestehen blieben, so etwa die Entbindungsanstalt. Diese Einrichtung, in der Studenten auch in Geburtshilfe ausgebildet wurden, ist seit der Universitätsreform 1784 nachgewiesen. Sie kam während der französischen Besatzung kurzzeitig zum Erliegen, wurde dann aber wieder aufgebaut und diente sowohl als Lehrstätte als auch als Entbindungsklinik. Nach mehreren Wandlungen ist sie nach Eröffnung der Johannes Gutenberg-Universität in die Klinik für Geburtshilfe eingegangen. Auch die Universitätsbibliothek blieb weiter bestehen und verband sich schließlich mit der wissenschaftlichen Stadtbibliothek, wo die Altbestände noch bis heute aufbewahrt werden.
Jedoch gab es  seit Beginn des 19. Jahrhundert die nächsten 150 Jahre keine aktive Universität mehr in Mainz. Dies änderte sich 1946 mit der Gründung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, welche heute zu den größten Universitäten Deutschlands zählt.

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0.6.Nachweise

Verfasserin: Juliane Märker 

Literatur:

  • Böcher, Otto u.a. (Hrsg.): Stadt-Land-Universität. Aus den Werken des Mainzer Historikers Helmut Mathy. Stuttgart 2012.
  • Falck, Richard: Zur Frage des rechtlichen und tatsächlichen Endes der alten Universität. Sonderdruck aus dem Jahrbuch der Vereinigung „Freunde der Universität Mainz“ 1958. Mainz 1958.
  • Krayer, Albert: Mathematik im Stundenplan der Jesuiten. Die Vorlesung von Otto Cattenius an der Universität Mainz (1610/11). Stuttgart 1991.
  • Just, Leo: Die alte Universität Mainz von 1477 bis 1798. Ein Überblick. Wiesbaden 1957.
  • Just, Leo; Mathy, Helmut: Die Universität Mainz. Grundzüge ihrer Geschichte. Mainz 1965.
  • Metzner, Heinrich: Die alte Universität Mainz. In: Die Alte Mainzer Universität. Gedenkschrift anlässlich der Wiedereröffnung der Universität in Mainz als Johannes-Gutenberg-Universität. Mainz 1946.
  • Steiner, Jürgen: Die Artistenfakultät der Universität Mainz 1477-1562. Stuttgart 1988.

Datum: 20.08.2012

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