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0.Mainz und das frühmittelalterliche Königtum. Spuren – Erinnerungen – Fiktionen – und ihre Nutzanwendung

von Franz J. Felten

Wie der Titel bereits signalisiert und es in einem Band zu Ehren von Robert Folz [Anm. 1] erscheint, werden im Folgenden neben den sogenannten Ereignissen und Fakten Tradition und Kult [Anm. 2] renden Raum einnehmen. Zunächst sind die wichtigsten Beobachtungen zu den Beziehungen zwischen den Königen und Mainz bis ins 11. Jahrhundert kritisch zu sichten. Dabei bringt es die Quellenlage mit sich, dass von der Stadt Mainz, den Bürgern gar, kaum die Rede sein kann, sondern nur von dem Ort, den die Könige aufsuchten - und vor allem von den Bischöfen, die nach dunklen Anfängen seit der Karolingerzeit eine zunehmend bedeutsamere Rolle spielten. Danach ist zu zeigen, wie man sich in Mainz im Mittelalter, vom 11. bis zum 15. Jahrhundert, und dann wieder im 19. Jahrhundert des guten Königs Dagobert erinnerte [Anm. 3] weist Mainz durchaus bemerkenswertes Eigengut auf. Am Ende steht ein knapper Ausblick auf den Beginn des 21. Jahrhunderts.

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0.1.Mainz und das Königtum

Mainz, so weiß man, hatte engste Beziehungen zum mittelalterlichen Königtum im ostfränkisch-deutschen Reich. [Anm. 4] Seine Erzbischöfe standen schon unter Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen dem Herrscher sehr nahe, brachten es unter deren Nachfolgern zu einer führenden politischen Rolle, über ihre Ämter als Erzkaplan und Erzkanzler hinaus, die sie zeitweise schon im 9., dann kontinuierlich bis zum Ende des Alten Reiches zu Beginn des 19. Jahrhunderts bekleideten. [Anm. 5] Die Stadt war Jahrhunderte lang metropolis Germaniae. [Anm. 6] Bei der Wahl des ostfränkisch-deutschen Königs spielte der Erzbischof zunächst gelegentlich, dann regelmäßig eine führende Rolle, die schließlich in der Goldenen Bulle auch institutionell für Jahrhunderte festgeschrieben wurde. [Anm. 7] In Mainz wurde um 960 die liturgische Ordnung für die Königskrönung erarbeitet, [Anm. 8] zu einer Zeit, als es selbstverständlich erschien, dass der Mainzer Erzbischof allgemein einen Vorrang in der Reichskirche genießt. [Anm. 9] Bekanntlich konnten die Kölner Metropoliten seit 1036 ihr Krönungsrecht in Aachen durchsetzen [Anm. 10] – was die Mainzer nicht hinderte, bei günstiger Gelegenheit ihren Anspruch zu realisieren. Die civitatis magna fortis Mainz war eine der bedeutendsten Städte in einer der wichtigsten Landschaften des ostfränkisch-deutschen Reiches, [Anm. 11] wie Otto von Freising im 12. Jahrhundert beobachtete. [Anm. 12] Sein schwäbischer Zeitgenosse Hermann von Konstanz nannte Frankfurt noch, heute kaum vorstellbar, einen „viculus [...] in territorio Moguntinae urbis“. [Anm. 13] 

All diese gut bekannten Dinge passen, so scheint es, zur Bedeutung von Mainz in der Römerzeit: [Anm. 14] Die Stadt war Metropolis Germaniae Primae, hier residierte nach der Notitia dignitatum, die für die erste Hälfte des 5. Jahrhundert einen Überblick über die römische militärische und zivile Administration gibt, der dux Mogontiacensis, dem elf praefecti unterstanden. Mainz wurde mehrfach von römischen Kaisern besucht und selbst als das Castrum im 4. Jahrhundert aufgegeben wurde, umfasste die Zivilstadt zu seinen Füßen eine Fläche in der Größe von Köln. 

In fränkischer Zeit [Anm. 15] ergibt sich ein bemerkenswert differenzierter Befund. Die Stadt wurde zu Beginn des 5. Jahrhunderts schwer zerstört, wie selbst Salvian im fernen Marseille noch eine Generation später festhielt, [Anm. 16] doch dürften noch imposante Bauten, insbesondere eine mächtige Stadtmauer, aufrecht gestanden haben. Im Umland gingen die römischen villae unter, wie die Archäologen herausfanden, doch wurde das Land nicht von allen latein- bzw. romanischsprachigen Bewohnern verlassen. Drei von fünf Gräberfeldern der Stadt wurden offensichtlich kontinuierlich belegt, auch wenn die Nachrichten über Mainz seit der Mitte des 5. Jahrhunderts für ein Jahrhundert verstummen. [Anm. 17] Der Anonymus Ravennatis, aus dem 9. Jahrhundert, aber auf älteren Quellen fußend, nennt Mainz eine fränkische civitas – wobei der Akzent auf fränkisch liegt. [Anm. 18] Die Umgebung ist nach Ausweis der Ortsnamen und der Gräberfelder im 6. Jahrhundert dicht mit einer wohl ‚multiethnischen' Bevölkerung besiedelt. [Anm. 19]   

Umso erstaunlicher erscheint es, dass Mainz bei den wichtigsten Autoren der Zeit, insbesondere auch bei Gregor von Tours, der im letzten Viertel des 6. Jahrhunderts schrieb, nur sehr selten genannt wird. Der Dichter Venantius Fortunatus, der vermutlich um 566/67 selbst in Mainz war, feiert den um diese Zeit amtierenden Bischof Sidonius in seinen Gedichten als einen Vater, der in seine Stadt zurückkehrte („rediit“), den Verfall der verwüsteten Stadt stoppte, alte Gotteshäuser erneuerte und eine neue Kirche zu Ehren des Hl. Georg errichtete, sich aber auch um die Eindämmung des Rheins kümmerte. [Anm. 20] Ist diese Rückkehr des Bischofs ein Hinweis auf Abbruch des kirchlichen Lebens? [Anm. 21]   

Von einer Fürsorge der Könige, wie andernorts häufig bezeugt, ist für Mainz in zeitnahen Quellen nirgends die Rede. Erst eine viel spätere Randnotiz in einem Martyrologium des Doms aus dem 11. Jahrhundert und eine Passage in der 1060/62 in Mainz entstandenen „Passio Sancti Albani“ nennen Dagobert einen Wohltäter des Domes und der Stadt. [Anm. 22] 

Venantius Fortunatus erwähnt nur die Hilfe Bertoaras, der Tochter Theudeberts I. (533-548), bei der (Wieder-)Errichtung des Baptisteriums; [Anm. 23] dass die Prinzessin in Mainz residiert hätte, ist damit nicht belegt. Immerhin wissen wir von Dagobert I , dass er zumindest einmal in Mainz war, 630/31?, als er von hier aus gegen die Wenden marschierte. [Anm. 24] Vielleicht kam Sigibert 566 auf seiner Hochzeitsreise an Mosel und Rhein auch nach Mainz, nachgewiesen ist es nicht. 589 lud der Bischof Sigismund den König Childebert I. ein, Ostern in Mainz zu feiern [Anm. 25] – ob er kam, wissen wir nicht. Bischof Leudegasius von Mainz, der nur ungefähr in die Zeit um 610 gesetzt werden kann, optierte in den Bruderkämpfen zwischen Theuderich und Theudebert für den Gegner seines Königs Theudebert, weil er – so der unbekannte Autor der sogenannten Fredegar-Chronik aus dem 7. Jahrhundert – dessen Unfähigkeit („stulticia“) ebenso ablehnte wie er Theuderichs Tüchtigkeit („utiletatem“) herbeisehnte. [Anm. 26] Bei den Kämpfen der Franken gegen die Thüringer zu Beginn der vierziger Jahre des 7. Jahrhunderts erwiesen sich (die) Mainzer im Heer König Sigiberts, wiederum nach Fredegar, als „treulos“, [Anm. 27] handelten vielleicht in „geheimem Einverständnis“ [Anm. 28] mit dem Thüringerherzog Radulf. 

Der Ertrag unserer Umschau in den erzählenden Quellen ist also recht mager. 

Bei den Urkunden ist es nicht besser: Von keinem fränkischen König vor Karl dem Großen haben wir auch nur eine einzige echte Urkunde, die in oder für Mainz ausgestellt worden wäre; nicht einmal Fälschungen oder (angebliche) Deperdita wie für Worms und Speyer sind für Mainz überliefert. [Anm. 29] Von Urkunden Dagoberts, auf die sich Stadt und Erzbischof im 14./15. Jahrhundert beriefen – von ihnen wird noch die Rede sein – fehlt jede Spur. 

Umso bedeutsamer ist der Vermerk „actum in palatio nostro“ zu Mainz in einer der gefälschten Urkunden Dagoberts I.  für Worms, angeblich aus dem Jahre 628. [Anm. 30] Wäre die Formulierung aus einer echten Urkunde übernommen worden, so würde sie nicht nur einen der in der Zeit vor Karl dem Großen äußerst selten belegten Königsaufenthalte bezeugen, sondern sogar eine Pfalz in Mainz, deren Existenz und Lage in merowingischer wie in karolingischer Zeit in der Geschichtswissenschaft höchst umstritten ist. [Anm. 31]   

Ist diese Informationsarmut nur ein Quellenproblem? Sind wir, mit anderen Worten, ein Opfer einer durch die Ungunst der Verhältnisse drastisch geschrumpften Überlieferung einer ehemals viel reicheren Vergangenheit? – Oder spiegelt sich in dem mageren Befund eine tatsächlich bescheidene Bedeutung von Mainz in diesen Jahrhunderten wider? Lag die Stadt buchstäblich am Rande, wie bedeutende Autoren meinten? [Anm. 32] Trat sie nicht nur politisch, sondern sogar kirchlich hinter Worms zurück? Noch in karolingischer Zeit lag die civitas Mainz im Wormsgau, der bis zur Nahe reichte, im 10. Jahrhundert hatte sich dessen Grenze bis südlich der Stadt vorgeschoben. [Anm. 33] Trierer Autoren behaupteten im 11. Jahrhundert gar, Mainz sei zeitweise dem Bistum Worms unterstellt gewesen. [Anm. 34] Sie waren freilich eifrig bemüht, den Trierer Vorrang auch historisch zu beweisen – wie umgekehrt Mainzer Autoren der Zeit das Alter ihrer großen Metropole [Anm. 35] betonten – auch unter Berufung auf Dagobert, wie wir noch sehen werden. 

Die Reihe der frühen Bischöfe ist höchst umstritten, ihre Sukzession könnte vom 5. bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts, bis in die Zeit des schon genannten Bischofs Sidonius, unterbrochen gewesen sein. [Anm. 36]   

Umso bemerkenswerter ist der grandiose Aufstieg von Stadt und Bistum Mainz in der Zeit Karls des Großen. [Anm. 37] Noch von Karl Martell, Karlmann und Pippin sind keine Aufenthalte bezeugt, damit natürlich nicht ausgeschlossen; es sind von ihnen auch keine in oder für Mainz ausgestellten (echten) Urkunden bekannt. [Anm. 38] Noch wirkte sich anscheinend die häufig in diesem Zusammenhang erwähnte Schwerpunktverlagerung des Reiches nach Osten nicht entsprechend aus. Das änderte sich schlagartig unter Karl dem Großen. Von ihm sind mindestens vier Aufenthalte in Mainz belegt, eine Reihe weiterer sicher anzunehmen. 770 feierte er das Weihnachtsfest in „Mogontiam civitatem“ und blieb vielleicht länger dort. [Anm. 39] 790 stellte er in Mainz am 9. Juni eine Urkunde für das Kloster Prüm aus [Anm. 40] und war Ende August wieder [Anm. 41] in der Nähe. [Anm. 42] Für den Sommer 800 berief Karl seine fideles nach Mainz und sagte dort Anfang August auf einem conventus generalis den Feldzug nach Italien an. [Anm. 43] Im Jahre 803 brach Karl nach Ostern von Aachen auf und hielt im Sommer, vermutlich in der ersten Julihälfte, in Mainz „nach gewohnter Weise eine Reichsversammlung“. [Anm. 44]   

Neben diesen direkt durch die Ausstellung von Urkunden oder sporadische Nachrichten der erzählenden Quellen [Anm. 45] bezeugten Aufenthalten sind sicher viele andere anzunehmen, etwa anlässlich der feierlichen Beisetzung seiner Gemahlin Fastrada in der Abtei St. Alban (wahrscheinlich) am 11. August 794 [Anm. 46]. Und gewiss hat er die Stadt des öfteren auch besucht, wenn er in der Umgebung weilte, wo er sehr viel häufiger als in Mainz selbst bezeugt ist, insbesondere in Ingelheim [Anm. 47] und Worms, seit Pippins Zeiten ein „Zentrum fränkischer Politik“. [Anm. 48] In Worms sind von 764 bis 790 acht Reichsversammlungen bezeugt, mindestens 11 echte Urkunden wurden von Karl dort zwischen 771 und 791 ausgestellt, drei Winter verbrachte er hier zwischen 779 und 791, als die Pfalz abbrannte. [Anm. 49] Gut bezeugt sind auch Aufenthalte in Kostheim, dem Mainzer „Vorort“ am jenseitigen Ufer an der Mündung des Mains gelegen, [Anm. 50] und in Frankfurt, wo 794 eine große Synode und Reichsversammlung abgehalten wurden. [Anm. 51] Unter Ludwig dem Frommen schiebt sich Ingelheim kurze Zeit deutlich in den Vordergrund, um unter Ludwig dem Deutschen wieder stark zurückzutreten zugunsten von dem nun aufstrebenden Frankfurt, wie die Diagramme und Kartenskizzen Walter Schlesingers anschaulich demonstrieren; [Anm. 52] der Vorsprung von Worms vor Mainz würde sich noch vergrößern, trotz der Katastrophe von 790/791. 

Mainz war auch nicht Sitz eines Grafen oder Zentrum des Königsgutes der Region; politisch gehörte Mainz, wie wir sahen, zum Wormsgau, seit dem späten 10. Jahrhundert zum Nahegau; das Königsgut war organisatorisch auf Ingelheim und später auf Frankfurt ausgerichtet. [Anm. 53] 

Für Mainz ist zu verbuchen, dass Karl hier 794 seine in Frankfurt verstorbene Gemahlin Fastrada bestatten ließ, in der von Erzbischof Richulf (787-813) mit außerordentlich großen und prächtigen Bauten ausgestatteten Abtei St. Alban auf dem schönen Berg im Süden der Stadt. [Anm. 54] – Eine königliche Nekropole, wie etwa im berühmten Saint-Denis, freilich entwickelte sich daraus nicht, auch wenn im 10. Jahrhundert noch Mitglieder der ottonischen Familie hier bestattet wurden, doch dieses Schicksal teilt Mainz/St. Alban mit Aachen, wo Karl der Große, und mit Metz, wo Ludwig der Fromme ihr Grab gefunden hatten. 

Längerfristig bedeutsamer für die Bedeutung von Stadt und Bistum war die Erhebung zum Erzbistum, 780/82, wohl im Zusammenhang mit dem Romzug Karls 781, [Anm. 55] als erste und zunächst einzige Metropole im Osten des Reiches, was auch die riesige Ausdehnung der Kirchenprovinz von den Alpen bis zum Harz erklären könnte. Trotz dieser Beförderung Lulls (754-786), des Schülers und Nachfolgers des hl. Bonifatius, ist eine enge Kooperation zwischen den Königen und Lull nicht zu erkennen. Das ändert sich unter Erzbischof Richulf (787-813), [Anm. 56] der Karl dem Großen vermutlich schon 781 als Gesandter zu Tassilo von Bayern gedient und den König nach Rom begleitet hatte. Später gehörte er zum engeren Kreis um Karl, zu der Gruppe von Gelehrten und Dichtern um Alkuin, [Anm. 57] aber auch in militärischer und politischer Funktion. [Anm. 58] In St. Alban, wo er bedeutende Bauten aufführen ließ, [Anm. 59] hielt Richulf zusammen mit den (jüngeren) Metropoliten von Köln und Salzburg noch kurz vor seinem Tode 813 eine der fünf großen Reichssynoden ab, die Karl zur Reform der fränkischen Kirche angeordnet hatte. [Anm. 60] Seine Nähe zum König – und sein Rang im Kreise seiner Mitbischöfe – zeigt sich auch darin, dass er als einer der ersten Zeugen von Karls Testament (811) genannt wird. [Anm. 61] Seine hohe Stellung in der politischen Welt hebt auch seine „sonst inhaltsarme“ (Schieffer) Grabinschrift hervor, [Anm. 62] und sie spiegelt sich auch in den Geschichten, die Generationen später Notker von St. Gallen erzählt, wider. [Anm. 63]   

Über Richulfs Nachfolger Haistulf (813-825) wissen wir fast nichts, um so mehr über Erzbischof Otgar (826-47), der als „Mann Kaiser Ludwigs des Frommen“ [Anm. 64] eine bedeutende Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser und seinen Söhnen spielte. Obwohl er nach dem Tode des Kaisers, dem er in der letzten Stunde beistand, Lothar unterstützte und 843 erleben musste, dass seine Stadt mit ihrem Umland dem Reiche Ludwigs des Deutschen zugeschlagen wurde, verlor er seine kirchlichen Ämter nicht. [Anm. 65]   

Eine führende Rolle im neuen, ostfränkischen Reich spielten seine Nachfolger Hrabanus Maurus (847-56), Liutbert (863-889) und Hatto (891-913). [Anm. 66]   

Der „Hofbischof“ [Anm. 67] Liutbert war in sehr starkem Maß für die drei Könige seiner Zeit politisch, diplomatisch und militärisch aktiv, schon bevor er 870 Erzkaplan und Erzkanzler wurde. Sein Nachfolger Sunderold (889-891) fiel im Kampf gegen die Normannen in Niederlothringen. Hatto I. (891-913) erreichte schon unter Arnulf (von Kärnten) in Reich und (ostfränkischer) Kirche „eine einzigartige, sämtliche geistliche Große überragende Position“. [Anm. 68] Regino von Prüm widmete sein berühmt gewordenes Sendhandbuch dem „Sanctae sedis praesuli ac totius Germaniae primati“, [Anm. 69] heutigen Autoren gilt er als „Rettungsanker des Reiches“, [Anm. 70] wegen seiner Verdienste um die Thronfolge Ludwigs des Kindes und während der sogenannten Regentschaft. Zeitgenossen und Nachlebenden ist er als „tapferer und kluger Mann“, als „homo subtilis ingenii“, [Anm. 71] aber auch mit deutlich negativeren Ausprägungen eines Machtpolitikers in Erinnerung geblieben. Staab nimmt ihn ausdrücklich gegen „üble Nachrede“ insbesondere Widukinds im Zusammenhang mit dem Sturz der Babenberger in Schutz (Mainzer Kirche [wie Anm. 15], S. 177f., S. 179 mit Anm. 113 – von der bekanntesten Sage – Mäuseturm bei Bingen – ist keine Rede). Und Widukind ist ja nicht allein. Abgewogener das Kurzporträt bei Albert Hauck: Kirchengeschichte Deutschlands 3, Leipzig, 1911, ND Berlin, 1958, S. 10f.   

Es ist nicht nötig, die weitere Folge der Erzbischöfe und ihre mehr oder minder enge Verbindung mit dem Königtum hier im Detail weiter zu verfolgen. [Anm. 72] Es genüge der Hinweis auf Erzbischof Willigis (975-1011), der in seinem langen, wechselvollen, von Spannungen, ja Auseinandersetzungen nicht freien Pontifikat die Mainzer Kirche zu ihrem Höhepunkt im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche [Anm. 73] geführt hat, zum Nutzen des Königtums wie zum grenzüberschreitenden Ruhm der Mainzer Kirche. [Anm. 74]  

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0.2.Erinnerte und konstruierte Geschichte – oder die Bedeutung Dagoberts für Mainz

Die tatsächliche Bedeutung von Mainz in kirchlicher wie politischer Hinsicht wurde schon früh überboten von der imaginierten: Mainz galt und gilt als eine civitas regia, [Anm. 75] wiewohl die Kanzlei des Königs generell sehr sparsam mit der Formel umging und Mainz – im Unterschied zu Worms – nie so bezeichnete [Anm. 76] und der Erzbischof spätestens im 10. Jahrhundert die Stadtherrschaft ausübte. 

Auch im kirchlichen Bereich entsprach die Wirklichkeit nicht immer dem eigenen Anspruch. Schon zu Zeiten Lulls wurde dessen 782 erstmals urkundlich fassbarer [Anm. 77] Rang als Erzbischof mit Hilfe einer auf Mainz umgefälschten Papsturkunde, nach der Bonifatius zum Erzbischof in Köln ernannt wurde, um eine Generation vordatiert und zugleich der Geltungsraum sehr großzügig umschrieben. [Anm. 78] Im 11. Jahrhundert wird der Metropolitenrang noch erheblich weiter vorverlegt, in die Zeiten Dagoberts, so dass Bonifatius schon bei seiner ersten Rheinreise an einen Metropolitansitz kommt. [Anm. 79] Mit seiner Fälschung konnte Lull aber nicht nur eine ältere Rechtsgrundlage seines Rangs vorweisen und einen weiten Umfang seines territorialen Anspruchs festschreiben, ohne definitiven Erfolg, wie wir wissen. Vor allem konnte er direkten Anschluss an das Prestige seines als Märtyrer verehrten Vorgängers gewinnen. Zielstrebig förderte er als Schüler, Landsmann und Nachfolger im Amt das Ansehen des Heiligen und begründete durch die von ihm veranlasste Sammlung der Briefe und Abfassung einer Vita den Beginn der wirkmächtigen Mainzer Bonifatiustradition. [Anm. 80]   

In dieser wichtigen Quellengruppe, „von unschätzbarem Wert für unsere Kenntnis von seinen Erdentagen“, [Anm. 81] vermisst man freilich ein wichtiges Detail, das für die späteren Mainzer Ansprüche wichtig gewesen wäre: die maßgebliche Beteiligung des Heiligen an der Königserhebung Pippins! Die moderne Forschung hat daraus fast unisono den Schluss gezogen, dass Bonifatius an den weltpolitisch bedeutsamen Ereignissen von 751 nicht beteiligt gewesen sei. [Anm. 82]   

Die Hereinnahme des Bonifatius in die Ereignisse von 751 beginnt nicht direkt in Mainz, aber in Quellen, die der Metropole nicht ferne stehen: zunächst in den „Annales Regni Francorum ad a. 750“. [Anm. 83] Verfasser und Entstehung sind nicht gesichert; Einigkeit besteht darüber, dass dieses Quellenwerk für die hier angenommene Zeit am Hofe oder durch Menschen mit engsten Beziehungen zum Hof aus älterem Material, mündlicher und schriftlicher Natur, nach 787 erarbeitet wurde und deutlich die historiographisch-politischen Interessen der Leute um Karl den Großen erkennen lässt. [Anm. 84] Insofern wäre es im Mainzer Kontext sehr verlockend, hätte sich Friedrich Kurzes nicht belegte These durchgesetzt, Erzbischof Richulf selbst sei der Autor gewesen. [Anm. 85] Von den Reichsannalen ging die Nachricht über die Beteiligung des Bonifatius in die übrigen Werke der Hofhistoriographie ein, in die „Annales Mettenses priores“, ins „Chronicon Laurissense breve“ und die sogenannten „Einhardannalen“. Für Mainz besonders relevant ist die Übernahme in die sogenannten Fuldaer Annalen, die Reichsannalen des Ostfränkischen Reiches, die wir mit einigem Recht mit Mainz in Verbindung bringen können. [Anm. 86] Sie berichten nämlich nicht nur seit 847 zunehmend über lokale Mainzer Ereignisse, sondern stellen auch den Rang der Stadt gebührend heraus: 852 habe der König alle Bischöfe und Äbte seines Reiches, „Franciae, Baiorariae et Saxoniae“, in Mainz, der Metropole Germaniens, zu einer Synode unter Leitung des Mainzer Erzbischofs Hraban zusammengerufen. [Anm. 87] Bei der Königserhebung Pippins verschwindet in ihrer Darstellung die für die Reichsannalen konstitutive Beteiligung der Franken; allein die Salbung des Bonifatius macht Pippin zum König. [Anm. 88] Regino von Prüm kontinuiert die Version der Reichsannalen mit Wahl und Salbung durch Bonifatius, und fügt erläuternd hinzu: „Mogociacensis urbis“. [Anm. 89] 

Diese Nachricht der Chronik Reginos, aufgefasst als Gesta Francorum, [Anm. 90] nutzte man kurz nach der Mitte des 11. Jahrhunderts, d.h. mehr als 300 Jahre nach der Salbung Pippins, um den Anspruch des Mainzer Erzbischofs, den König zu krönen, historisch zu legitimieren – zu einem Zeitpunkt als dieses Recht schon verloren oder mindestens aufs höchste gefährdet war: Mitte des 10. Jahrhundert war es selbstverständlich, dass dem Mainzer diese Aufgabe zufiel; selbst in Aachen konnte er 936 dem räumlich an sich zuständigen Kölner Metropoliten eine nachgeordnete Funktion zuweisen. [Anm. 91] Die Norm folgte der Praxis: 975, d.h. sehr schnell nach seiner Erhebung zum Erzbischof von Mainz, ließ sich Willigis das Krönungsrecht als erstes seiner Privilegien in „tota Germania et Gallia“ von Papst Benedikt VII. ausdrücklich bestätigen. [Anm. 92] 983 salbte er zusammen mit Erzbischof Johannes von Ravenna – ohne Beteiligung des Kölners – Otto III. in Aachen. [Anm. 93] 1002 konnte er sogar Heinrich II. in seiner Bischofskirche in Mainz zum König krönen; [Anm. 94] vielleicht mag er gehofft haben, damit einen Präzedenzfall für die Zukunft geschaffen zu haben, nachdem Papst Gregor V. wenige Jahre zuvor, am 8. Februar 997, dem Aachener Marienstift ein Privileg erteilt hatte, das ein Krönungsrecht des Mainzers an diesem Ort wohl ausschloss. [Anm. 95] Wenige Wochen später krönte er Kunigunde in Paderborn. [Anm. 96] Auch Konrad II wurde 1024 vom Mainzer Erzbischof in seinem Dom gekrönt, am 8. September. [Anm. 97] – Die Königin aber krönte sein Kölner Amtsbruder und Rivale Pilgrim Tage später in seiner Kathedrale. [Anm. 98] Auch wenn die Forschung immer noch darüber rätselt, warum Aribo die Königin nicht krönte, [Anm. 99] der Kölner nutzte die Chance und signalisierte damit weitergehende Ansprüche. 

Gravierender noch für die Mainzer war, dass Konrad 1028 seinen Sohn Heinrich in Aachen zum König wählen und dort vom Kölner Erzbischof krönen ließ. [Anm. 100] Damit hatten die Mainzer Erzbischöfe , wie sich erweisen sollte, „ihr vornehmstes ‚politisches' Recht eingebüßt“. [Anm. 101] Wiederum folgte die Norm der Praxis auf dem Fuße: Das Palliumsprivileg vom Januar 1032 bestätigt Aribos Nachfolger Bardo (1031-1051) nur noch – im Vergleich zu früheren Privilegien – kümmerliche Sonderbefugnisse in seiner Kirchenprovinz und einige Ehrenrechte, vom Krönungsrecht des Willigisprivilegs von 975 aber ist keine Rede mehr. [Anm. 102] Der Mainzer Erzbischof hatte seine herausragende Stellung in der Kirche nördlich der Alpen verloren. [Anm. 103]   

Es blieb nicht bei diesem Verlust. Bardo konnte am Hof offenbar keine bedeutende Stellung einnehmen, obwohl er mit der Königin Gisela verwandt war. Ja, die Urkunden des Herrschers scheinen seinen Bedeutungsverlust widerzuspiegeln, bezeichnen sie ihn doch seit 1040 immer öfter (definitiv seit 1053) nur noch als Erzkanzler, nicht mehr als Erzkaplan. 1032 war der Kölner bereits zum Erzkanzler für Italien bestellt worden, Bardo blieb zwar Erzkanzler für das Reich nördlich der Alpen, ein wichtiges politisches Amt, aber mit dem Erzkapellanat ging die damit verbundene Stellung an der Spitze der Hofgeistlichkeit verloren. [Anm. 104]   

Bardos Nachfolger Liutpold (1051-1059) musste erleben, dass der Papst am 7. Mai 1052 dem Kölner Erzbischof das Recht bescheinigte, den König in seiner Kirchenprovinz weihen zu dürfen. [Anm. 105] Er selbst erhielt wenige Monate später zwar auch ein Palliumsprivileg, das ihm einige Ehrenrechte und Gerichtsbefugnisse verbriefte – von einem Krönungsrecht freilich war wie schon 1032 keine Rede mehr. [Anm. 106] 

Dennoch versuchte Erzbischof Liutpold 1054, wenn wir Lampert von Hersfeld glauben dürfen, bei der Königserhebung Heinrichs IV. dem Kölner das Krönungsrecht in Aachen streitig zu machen – freilich vergeblich, da sich der Kaiser für den Kölner einsetzte. [Anm. 107] 

In dieser für Mainz bedrohlichen Situation, so scheint es, griff man in Mainz zum Mittel der Historiographie, um Ansprüche, die politisch nicht mehr zu retten waren, im nachhinein zu legitimieren. Offenbar erstmals werden nun tatsächliche oder vermeintliche Verdienste des hl. Bonifatius in juristisch-historische Konstruktionen eingebaut. Schon Franz Staab hat darauf hingewiesen, dass die „Mainzer Bonifatiustradition und päpstliche Privilegierung“ der herausragenden Stellung der Mainzer Erzbischöfe „schon längere Zeit auseinandergeklafft“ hätten und gemeint, die Privilegien hätten „für die Begründung des Mainzer Führungsanspruchs nur eine subsidiäre Bedeutung“ gehabt. [Anm. 108] Die Überlieferung ist in der Tat lückenhaft. Dennoch ist unübersehbar, wie unterschiedlich man im 10. und im 11. Jahrhundert argumentierte: Erzbischof Friedrich berief sich 937/39 explizit auf ältere päpstliche Privilegien, die seinen Vorgängern die Stellung eines päpstlichen „vicarius et missus [...] totius Germaniae“ konzediert hätten. [Anm. 109] Die Bestätigungen für Erzbischof Wilhelm und Willigis beziehen sich wiederum auf die Privilegien der Vorgänger, erweitern deren Geltungsbereich, lassen aber keine Veränderung der Rechtsgrundlage erkennen. Bonifatius erscheint explizit als Empfänger päpstlicher Privilegien, nicht als Begründer eigenständiger Ansprüche. [Anm. 110]   

Ganz anders hingegen die in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts verfasste vierte, sogenannte MainzerVita des Heiligen: [Anm. 111] Ihre ganz eigene Version der Ereignisse und Kausalbeziehungen beginnt mit einer Schilderung der Verhältnisse im Frankenreich und in Mainz, bevor Gott selbst den zukünftigen Heiligen rheinaufwärts bis zur „magna metropolitana sancte Moguntie civitas“ führte. – D.h. Mainz war schon längst Metropole, wurde es also nicht erst durch Bonifatius oder dessen Ernennung zum Erzbischof. So ist es nur natürlich, dass Bonifatius von hier aus sein vom Heiligen Geist gelenktes Reformwerk unternahm, indem er sich an die politische Führung („caput regni“) und die Bischöfe der Provinz wandte. Mainz wird hier nicht, wie wenig später bei Gozwin, als Hort der Rechtgläubigkeit gerühmt, aber sein Ansehen wird auch nicht beschädigt durch einen Bischof, dessen Lebenswandel nicht ganz den Normen entsprach, die eine von Bonifatius maßgeblich geförderte Kirchenreform setzte. Nach der Vita brachte Gewilib angeblich „honestis moribus“ sein Leben zu, abgesehen davon, dass er allzugern zur Jagd ging und eigenhändig den Mörder seines Vaters durchbohrt hatte. Doch bereitwillig beugte er sich der Ermahnung des Heiligen und zog sich friedlich - und gegen eine Entschädigung – von seinem Amt zurück, machte auch später seinem Nachfolger keinen Ärger. Bonifatius wurde von den Fürsten aufs Höchste geehrt und mit einer Gesandtschaft zu Papst Gregor geschickt. Dieser weihte ihn zum Bischof, gab ihm die bischöfliche Inful und einen anderen Namen, bevor er ihn zu segensreichem Wirken „ad Franciam“ zurückschickte. – Seinen Mainzer Sitz aber hatte er nicht in Rom, sondern schon vorher bekommen – „electione cleri et populi“. 

Es bedarf keines detaillierten Nachweises, wie sehr diese Darstellung bis in die gröbsten Fakten hinein mit all dem kollidiert, was wir aus anderen Quellen über den Ablauf der Ereignisse im 8. Jahrhundert wissen. [Anm. 112] In unserem Kontext ist entscheidend, dass Mainz seinen Rang, Bonifatius seine herausragende Stellung im Frankenreich und seinen Bischofssitz nicht päpstlicher Privilegierung verdankt, sondern seiner eigenen Leistung in der Verkündigung des Evangeliums, die ihm das Ansehen der Fürsten, des Klerus und des Volkes einbrachte. [Anm. 113] Die Selbständigkeit des Heiligen wird wenig später noch unterstrichen durch die Schilderung, wie entschieden er dem Papst selbst „ins Angesicht widerstanden habe“, als Stephan II bei seinem Besuch im Frankenreich Chrodegang zum Bischof weihte und damit die Rechte des Ortsbischofs nicht respektierte. [Anm. 114] Damit wird nicht nur das Selbstbewusstsein und das Eintreten des Mainzer Erzbischofs für das Kirchenrecht gegen den tadelnswerten Papst unterstrichen, sondern zugleich die Rolle Chrodegangs von Metz, der den Mainzer de facto in der Reform der fränkischen Kirche ablöste, viele meinen auch: verdrängte, von Anfang an in ihrer Legitimation angezweifelt. Mehr noch: Bonifatius erscheint als ein dem Papst gleichrangiger Führer der Kirche, mahnt König Pippin die beiden vor ihm streitenden Männer doch, als Haupt der Kirche sollten sie den übrigen Gliedern kein schlechtes Beispiel geben. [Anm. 115]   

Obwohl der Autor Bonifatius mit dieser wiederum ahistorischen und im Detail fehlerhaften Anekdote [Anm. 116] weit nach Westen und in den Kern der politischen Geschehnisse der frühen 750er Jahre führt, ist von einer Beteiligung an der Königserhebung Pippins hier – wie in der gesamten bonifatianischen Tradition vorher – noch nicht die Rede, obwohl es sich förmlich angeboten hätte. 

Das ändert sich sehr rasch unter Erzbischof Siegfried I (1060-1084): Schon ganz zu Anfang des Pontifikats baut sie der Mainzer Domscholaster Gozwin in seine „Passio S. Albani“ ein. In diesem umfangreichen, auf älteren Legenden von Albans Lehrer Theonest und reichem historischen Material fußenden Werk [Anm. 117] kommt er in einem Exkurs über die Geschichte der Metropole Mainz und die Stellung der Mainzer Kirche auch auf den ‚großen Bonifatius' zu sprechen, und zwar im Kapitel 27: „Quomodo primatum tocius Galliae et Germaniae a Romana sede per sanctum Bonifacium accepit“: [Anm. 118] Als mit päpstlicher Autorität die Kirche nach den Wirren der arianischen Ketzerei neu geordnet und die Hierarchie wieder hergestellt wurde, erwarb sich der große Bonifatius von Mainz aus besonders große Verdienste in der Verbreitung des Lichts des rechten Glaubens in der Finsternis des Unglaubens in Gallien und Germanien. Daher entschieden die Päpste Gregor und Zacharias, unter Zustimmung aller(!), den großen Bonifatius und seinen Stuhl(!) für immer („perpetualiter“!) mit der Würde des Primats und der Ehre des Palliums auszuzeichnen und ihm das Recht zu geben, in ganz Gallien und Germanien bei allen Konzilien und kirchlichen Versammlungen als Vertreter des Papstes zu fungieren („apostolica vice fungi“). 

Die kirchenpolitische Aussage ist unverkennbar – und klingt wie eine direkte Reaktion auf Ereignisse des Jahres 1049: Zunächst hatte Papst Leo IX dem Trierer Erzbischof Theoderich, der zuvor Domprobst in Mainz gewesen war (!), in Rom in spektakulärer Weise seine auf apostolischer Tradition fußenden Primatsansprüche bestätigt. [Anm. 119] Wenige Monate später war dieser in Reims mit dem dortigen Metropoliten in Streit um den Vorsitz auf der Synode geraten. Der Streit war durch eine salomonische Sitzordnung kalmiert worden, doch präzisierte Trier (vermutlich) daraufhin seine Rechte im Sinne eines Primats „tocius Gallie ac Germanie“ bzw. eines päpstlichen Vikariats „totius Gallie et Germanie“. [Anm. 120] 

Die Mainzer standen also in den 1050er Jahren in einem doppelten Abwehrkampf: im politischen Ringen um das Krönungsrecht mit dem Kölner, im kirchlichen Gefüge gegen die Trierer Ansprüche auf Primat und Vikariat. Beiden setzt Gozwin die seit Bonifatius durch päpstliche Entscheidungen und Privilegien [Anm. 121] festgeschriebene Mainzer Spitzenstellung entgegen: Der Mainzer Erzbischof und niemand sonst ist für alle Zeiten kraft päpstlicher Privilegien zum Leiter der nordalpinen Kirche mit allen Konsequenzen („unde [...]“) bestellt. 

Von dieser anerkannten Rechtsposition aus findet er auch eine Antwort auf die schmerzliche politische Niederlage, die Erzbischof Liutpold 1054 in Aachen gegenüber dem durch Päpste und Könige sanktionierten Kölner Anspruch auf das Recht der Königskrönung erfahren hatte. Gozwin zog einfach eine politische Konsequenz aus der innerkirchlichen, aufgrund eigener Verdienste der Stadt und des Heiligen verdienten, mit apostolischer Autorität [Anm. 122] sanktionierten Vorrangstellung des Mainzer Erzbischofs: „Unde“ – aufgrund des ihm zugesprochenen Vorsitzes in allen kirchlichen Versammlungen hat Bonifatius, wie in den Taten der Franken zu lesen, [Anm. 123] mit Zustimmung des Papstes Zacharias Pippin, den Vater Karls des Großen, bei Soissons zum König gesalbt. – D.h. die Krönung Pippins ist eine logische Folge der dem Bonifatius verliehenen kirchlichen Rechte, die weit über die Kirchenprovinz Mainz hinausgehen. Da sie aber nicht nur ihm, sondern, wie schon in der Vita quarta Bonifatii, auch seiner Kirche und zwar für immer („perpetualiter“, „perpetua traditione“) mit höchster Autorität in feierlicher Form zugesichert sind („consecrarunt“, „firmarunt“), stehen diese Rechte mit allen Ableitungen auch allen Nachfolgern zu.  

Eine zweite Konsequenz des apostolischen Vikariats und Primats ist das Recht des Mainzers, die kirchliche Organisation zu verändern: Nach der Königssalbung, so fährt Gozwin fort, hat Bonifatius in Orten und Städten, wo es sich anbot, in Würzburg und Eichstätt nämlich, Bischofssitze eingerichtet, indem er (!) Bischöfe wählte und salbte. An anderen Orten setzte er (!) Bischöfe ab, wenn es ihre Schuld erforderte. – Offenbar, diesen Eindruck vermittelt der Text, handelte Bonifatius allein, aus eigener Macht, als Vertreter des Papstes und kraft seines Primats („apostolice vice et primatus potestate deposuit“ [Anm. 124]); von einer Synode, von einer Mitwirkung von Bischöfen oder gar des zuvor von ihm gesalbten Herrschers ist keine Rede. 

Nachdem Gozwin so an zentralen Beispielen die Konsequenzen der dem Bonifatius und allen Nachfolgern verbrieften Rechte deutlich gemacht hat, wiederholt er seine zentrale Aussage zum Mainzer Primat noch einmal ausdrücklich, bevor er ein allgemeines Lob der Stadt Mainz anstimmt, in dem er dann noch einmal auf die Spitzenstellung der Stadt in Kirche und Welt hinweist: Die Würde des Primats („primatus dignitatem“) haben die genannten Päpste dem Bonifatius und dem Mainzer Stuhl mit apostolischer Autorität befestigt („consecrarunt“) und durch Privilegien und schriftliche Zeugnisse auf ewig festgeschrieben („perpetua traditione firmarunt“). Die „nobilissima urbs“, in hervorragender Lage am Rhein, ist nicht nur reich an allen Gütern, Ehren und Menschen aus allen Völkern und Nationen, sondern nimmt dank der Gnade Gottes auch die Spitzenstellung in Kirche und Reich ein. [Anm. 125]   

Hier fällt in der Tat die legitimierende Kraft der bonifatianischen Tradition und der durch die Verdienste des Heiligen erworbenen päpstlichen Privilegien zusammen. Sie sind nicht voneinander zu trennen. Nicht die Verdienste des Bonifatius allein legitimieren seine auch für die Zukunft bedeutsamen Handlungen, Salbung Pippins, Kirchenorganisation, sondern erst die ihm und seiner Kirche verliehenen Privilegien. Insofern unterscheidet sich Gozwin deutlich von der Vita quarta, die gleichsam die Päpste aus der Begründung der Mainzer Stellung ausgeblendet hatte: Mainz war schon eine metropolitana civitas vor der Ankunft des Heiligen, der seine Stellung nicht dem Papst, sondern Klerus und Volk verdankte, ja zusätzliches Profil erlangte, weil er dem unrechtmäßig handelnden Papst mannhaft widersprach. Gozwin hingegen spricht vor der Verleihung der päpstlichen Privilegien an den Heiligen nur von „urbe Mogunciaca“. [Anm. 126] 

Wenige Jahre später, um 1073, ‚drehte' der ebenfalls in Mainz im Auftrag des Erzbischofs Siegfried schreibende Marianus Scotus in seiner Chronik die Argumentation des Gozwin geradezu um: Die von Bonifatius im Auftrag des Papstes vollzogene Salbung wurde mit der Stellung als Zweiter hinter dem Papst belohnt. Eine Handschrift der Annalen vom Disibodenberg, die Marians Werk und die Annalen von St. Alban im 12. Jahrhundert kombinierten, fügte im 14. Jahrhundert die bezeichnenden Worte hinzu: „usque in hodiernum diem“, [Anm. 127] und betonte damit den legitimatorischen Aspekt der historiographischen Notiz. 

Wir dürfen annehmen, dass Marianus damit zumindest nicht der Auffassung seines Herrn, des Erzbischofs Siegfried widersprach, hatte dieser doch den gelehrten Iren 1069 aus Würzburg nach Mainz geholt, wo er 1073 die Schlussredaktion seiner Chronik besorgte. Sie wurde weit verbreitet und in anderen Geschichtswerken verwertet – und trug so z.B. die Mainzer Ansprüche bis nach England, wo man in einer Überarbeitung im 13. Jahrhundert an dieser Stelle der nunmehr in papsttreuen Kreisen gültigen politischen Theorie der translatio imperii Rechnung trug. [Anm. 128] 

In diesem Kontext der historisch fundierten Verteidigung Mainzer Vorrechte erinnert Gozwin, anscheinend zum ersten Mal in Mainz, [Anm. 129] in seiner langen Digressio zur Geschichte und Gründung der Stadt, auch an die Verdienste des Königs Dagobert um Mainz: [Anm. 130] die „regia urbs“ (c.23), seit römischer Zeit „augustae nobilitatis civitas“, kann sich auf Caesar und Drusus als Gründer und Besitzer berufen; noch viele Überreste, insbesondere das Drusilatium auf dem schönen Berg und die vielen Steine mit Inschriften, die in der ganzen Stadt gefunden werden, sowie die Reste des Theaters – in dem nach Gozwin Zirkusspiele und Theateraufführungen stattfanden – zeugen noch davon. [Anm. 131] Im Zuge der Verheerungen, die der Hunnenkönig Attila nach göttlichem Willen über die Christenheit brachte, wurde auch Mainz, „wie man heute noch sehen kann“ zur Strafe für die Bosheit der Häresie zerstört und verbrannt [Anm. 132]. Später aber, als dank der Gnade Gottes und der katholischen Fürsten wieder Frieden herrschte, wurde die Stadt näher wieder aufgebaut und von fränkischen Königen, Dagobert vor allem, restauriert und zur ursprünglichen, ja zu viel größerer Würde berufen. Denn sie wurde – wann lässt er anscheinend bewusst offen – zum Haupt des Ostfränkischen Reiches und zur Metropole Galliens, Germaniens und aller Städte diesseits der Alpen gemacht. [Anm. 133]   

Diesen beiden sehr kurzen Kapiteln folgen die sehr viel ausführlicheren Passagen zu Bonifatius. Auch Erzbischof  Richulf bekommt ein längeres Kapitel wegen seiner Verdienste um Bau und Ausstattung von St. Alban, dessen Funktion als Königsgrablege hervorgehoben wird. [Anm. 134]   

Zu diesem Befund, dass man sich nach der Mitte des 11. Jahrhunderts in Mainz der Verdienste eines Königs Dagobert (man differenziert schon nicht mehr) erinnerte, passt eine leider nicht datierbare Randnotiz in einem Martyrologium, das dem Dom gehörte. Vermutlich wurde es unter den Erzbischöfen Aribo und Bardo angelegt, nach der Handschrift wird es in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts datiert, mit Nachträgen aus der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts. Zum 19. Januar findet sich ein Nachtrag am Rande zum Gedenken an König Dagobert, den Wohltäter der Mainzer Kirche. [Anm. 135] Daraus hat man geschlossen, dass es eine echte (oder auch gefälschte) Dagobert-Urkunde zugunsten des Domes bzw. des Erzstifts gegeben habe, doch findet sich davon keine Spur in früheren oder späteren Herrscherurkunden. [Anm. 136]   

In viel späteren Kalendarien wurde das für Dagobert I  korrekt datierte [Anm. 137] Gedenken auf den 29. Januar, ganz in die Nähe der Erinnerung an Karl den Großen verlegt; zusätzlich wurde am 23. Dez. „Sancti Dagobertis Regis constructoris Mog. Urbis“ gedacht. [Anm. 138] Offensichtlich ist hier das Verdienst Dagoberts I. mit der Person des 679 mit Frau und Sohn ermordeten Dagobert II. verknüpft, dessen Tod seit dem 9. Jahrhundert als Martyrium gedeutet wurde und dessen Kult man seit dem 11. Jahrhundert über den eng begrenzten Raum um seinen Bestattungsort hinaus zu verbreiten suchte. [Anm. 139] Von Beziehungen dieses Dagobert zu Mainz wissen wir nichts. 

Im ältesten Mainzer Frauenkloster Altmünster [Anm. 140] brachte man, nach dem 11. Jahrhundert, Gründerin und Frühgeschichte in engen Zusammenhang mit Dagobert: Dieser habe nicht nur eine Tochter Bilhildis, die das Kloster gründete, sondern auch eine Schwiegertochter Chimnechildis gehabt, die sich einige Zeit nach dem Tode ihres Gatten ins Kloster Altmünster zurückgezogen habe und dort zweite Äbtissin geworden sei. [Anm. 141] 

Im 13. Jahrhundert war die Bedeutung Dagoberts für Mainz über die Stadt hinaus bekannt, wie beispielsweise die Speyerer Annalen zeigen: „Hic etiam restauravit Moguntiam in meliorem situm“ … Die schon von Gozwin berichtete Wiederherstellung von Mainz nach den Zerstörungen der Hunnen an besserem Ort ist für den Annalisten eine der Großtaten Dagoberts, zu denen auch die Gründung von Erfurt und die des Erzbistums (!) Magdeburg gehören. [Anm. 142] – Mit Erfurt gerät endgültig Dagobert III. mit ins Spiel, soll er ja nach einem Zusatz zu den Annalen Lamperts von Hersfeld aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts und der wohl im späten 13. Jahrhundert entsprechend gefälschten Urkunde 706 das dortige Peterskloster gegründet haben. [Anm. 143] 1289 wurde dort seines Todes gedacht; der Mainzer Erzbischof verlieh sogar einen Ablass dafür. [Anm. 144]   

Auch in Mainz blieb die Erinnerung an Dagobert offensichtlich lebendig – auch wenn Wilhelm Diepenbach in seinem Kampf gegen die Dagobertlegende im frühen 20. Jahrhundert sehr bemüht war nachzuweisen, dass der Merowinger hier im Unterschied zum Elsass, der Pfalz und der Moselgegend nie verehrt, die Sagen um ihn nie bodenständig geworden, sondern stets nur „ein Erzeugnis der Gelehrtenwelt“ gewesen seien. [Anm. 145] Freilich musste er einräumen, dass dieses gelehrte Erzeugnis der Klosterstube „im Laufe des Mittelalters auch volkstümlich (wurde)“, [Anm. 146] ja so konkret mit bestimmten Orten und Gebäuden bzw. Ruinen in Verbindung gebracht wurde, dass in so prosaischen Zeugnissen wie einem Pachtvertrag von 1319 Dagoberts wyghus zur Lokalisation einer Häusergruppe angegeben werden konnte. [Anm. 147] Wyghus wurde später vielfach missverstanden, bis hin zu einem „vicus Dagoberti“. Diepenbach meinte, 1319 sei nur ein Turm in der Stadtmauer gemeint gewesen, der noch in einem Stadtplan von 1575 als „Königsturm“ bezeichnet werde, heute zu lokalisieren „in der Ecke zwischen Weißliliengasse und Eisgrube“. [Anm. 148] Geradezu erleichtert konstatierte er, dass damals die Erinnerung an Dagobert schon so verblasst gewesen sei, dass man den Namen des Königs vergessen habe. – Nur die Gelehrten hätten sie aus den alten Handschriften wieder ausgegraben. 

Aber im 14. Jahrhundert sah man in Dagoberts wyghus eindeutig eine Burg, die der Merowingerkönig angeblich am oder auf dem Jakobsberg gebaut haben sollte, wo damals noch kein Kloster stand. [Anm. 149] In einer Stadtaufnahme von 1568 heißt ein Haus in derselben Gegend, wo Dagoberts wyghus zu lokalisieren ist, „zur alten Burg“ [Anm. 150] – was doch gegen die Identifizierung von „Königsturm“ und Dagoberts wyghus spricht. 

Auch die erzbischöfliche Kanzlei arbeitete im 14. Jahrhundert mit dem Prestige des fernen Merowingers – sehr spät also und ganz unspektakulär, wenn man an die großen Fälschungen auf seinen Namen in Klingenmünster oder Weißenburg und zahlreichen anderen Klöstern in der Pfalz und im Elsass denkt, von Trier ganz zu schweigen, wo diese Art der Nutzung des Prestiges Dagoberts schon im 10. Jahrhundert offenbar begonnen hatte. [Anm. 151] Nach einem Brand in der erzbischöflichen Burg Eltville, dem auch Privilegien zum Opfer gefallen waren, andere waren verfault oder sonstwie verdorben, [Anm. 152] ließ sich Erzbischof Gerlach 1365 von Kaiser Karl IV. Ersatzdiplome ausstellen. Darunter war, nach einer Notiz in einem Kanzleiregister des 15. Jahrhundert auch „König Dagoberts Brief“. Wer nun meint, dieser Brief sei das schon aus der Randnotiz des Martyrologs erschlossene Privileg zugunsten der Domkirche oder dokumentiere gar die Schenkung der Stadt an die Erzbischöfe , von der im 15. Jahrhundert die Rede ist, wird schwer enttäuscht: Es geht nur um das Geleit und den Leinpfad am Rhein von der Nordgrenze des Rheingaus bis oberhalb Weisenaus. [Anm. 153] 

Dabei hätte der Erzbischof doch ein umfassendes Privileg spätestens im 15. Jahrhundert gut brauchen können, als Erzbischof Dietrich Schenk von Erbach (1434-59) [Anm. 154] dezidiert auf seiner Herrschaft über die Stadt bestand, während die Bürger der Meinung waren, Mainz sei eine freie Stadt, [Anm. 155] die bis auf einige wenige Gewohnheitsrechte des Erzbischofs ihnen gehöre. Hier ist auf diesen gut dokumentierten und schon 1882 von Hegel eingehend geschilderten Konflikt [Anm. 156] nicht näher einzugehen. Nur ein Aspekt sei herausgegriffen, der in unserem Kontext interessiert: die Berufung auf Dagobert. Auch nach Annahme eines Sühnevertrages, der vom Kaiser 1435 bestätigten „Pfaffenrachtung“ hörten die Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Erzbischof nicht auf. Schließlich wurde unter Vermittlung des Pfalzgrafen ein Schiedsgericht eingesetzt, dem der Erzbischof am 5. Nov. 1443 eine Klageschrift einreichte, in der wir wiederum Dagobert begegnen: Nach der Zerstörung durch die Hunnen habe er die Stadt wieder aufgebaut, das kennen wir schon seit dem 11. Jahrhundert, dann aber, und das ist neu, habe er sie um seines Seelenheils willen dem Erzstift übergeben. Seither seien die Bürger den Erzbischöfen dienstpflichtig, d.h.: Sie müssten Heerfolge auch außerhalb der Stadt leisten, Steuern und Zölle entrichten und vor dem erzbischöflichen Gericht erscheinen. Umgekehrt hätten sie kein Recht, einen Rat einzusetzen oder eigene Abgaben zu erheben. [Anm. 157] 

In seiner Gegenschrift vom 4. Dez. 1443 erklärte der Rat: Ihre Vorfahren besäßen seit jeher die Stadt mit all ihren Nutzungen, Ehren und Rechten, bis auf einige bestimmte Gewohnheitsrechte des Erzbischofs, nach „angeborenem freiem Recht“. Außerdem habe Dietrich selbst die ihnen von seinen Vorgängern freiwillig verliehenen Privilegien [Anm. 158] pflichtgemäß beschworen, wie auch das Domkapitel verpflichtet sei, keinen Kandidaten zu wählen, der nicht zuvor geschworen habe, der Stadt ihre Freiheiten zu bewahren. Wenn die Bürger dem neuen Erzbischof huldigten, so folge daraus nicht, dass sie „seine“ und „seines Stifts Bürger“ wären. Das zeigten Verträge, die sie mit Königen und Kaisern, Fürsten, Herren und freien Städten aus eigenem Recht geschlossen hätten „und was wir darin und damit vorgenommen und getan haben, haben wir Macht gehabt zu tun“. [Anm. 159]   

Der Erzbischof hatte für seinen Anspruch einen konkreten Rechtsgrund genannt - die Schenkung Dagoberts, diese aber offensichtlich nicht belegt; weder ist die Rede von einer Urkunde Dagoberts, die inzwischen, d.h. nach der Erneuerung der Privilegien von 1365, als von einer Übertragung der Stadtherrschaft noch keine Rede war, hätte gefälscht werden können, noch von einer formal echten Bestätigung eines entsprechenden Deperditums. 

Auch die Bürger legten keine Urkunden vor, obwohl sie im Einklang mit der ihnen gut bekannten „Geschichte der Gründung der Stadt Mainz“, vermutlich aus dem 14. Jahrhundert, [Anm. 160] der Überzeugung waren, dass der große Merowinger nicht nur ihre Stadt wiederaufgebaut, sondern ihr – wie schon seine römischen Vorgänger – auch solche Freiheit verliehen hatte, dass sie keinen Herrn über sich haben und von Steuern, Herrendienst etc. frei sein sollten. [Anm. 161] Angeblich hatte er ihnen darüber sogar „offene briefe mit eyner gulden bullen an eyner siedenen snure“ ausgestellt, [Anm. 162] die sie 1443 freilich ebenso wenig vorweisen konnten wie die zahlreichen Privilegien der Kaiser seit römischen Zeiten seit den Zeiten des „Kaisers Drusus“, dessen Grabmal die Freiheit der Stadt weit ins Land hinaus strahlte, der Kaiser Julius und Augustus, dessen „gulden bullen [...] wart versmelzet, do konig Etzel die stat gewann“ – doch der Inhalt war erhalten geblieben: „was darinne stunt, das ist gehowen in einen stein an der roten müren“. [Anm. 163] So konnten sie die Bedeutung des prestigeträchtigen Merowingers eher herunterspielen mit der Behauptung, schon „vor zwei, drei und vierhundert Jahren, ja selbst vor König Dagoberts Zeiten, [sei ihre] Stadt Mainz eine gefreite freie Stadt“ gewesen [Anm. 164] – für den Erzbischof eine unmögliche Vorstellung, da kein Gemeinwesen, kein Mensch ohne einen Herrn sein könne. Auf diese Grundsatzdiskussion ließen sich die Vertreter der Bürger am 31. Dezember 1443 nicht ein; ihnen kam es nur darauf an, dass ihre Stadt nicht dem Erzbischof gehöre. [Anm. 165]   

Der unbekannte Autor der bereits mehrfach zitierten volkssprachlichen Geschichte hätte ihnen ein geradezu revolutionäres Argument zur Begründung ihres Anspruchs liefern können. Daher verdient der Text mehr Aufmerksamkeit, als er bisher gefunden hat. Historiker des 19. Jahrhunderts sahen in ihm vor allem die romanhaften, fabelhaften Züge. [Anm. 166] Heute interessiert sie nicht nur, weil sie in Deutsch geschrieben ist und im ‚Spannungsfeld von Latein und Volkssprache von Mündlichkeit und Schriftlichkeit steht, [Anm. 167] sondern wegen ihres vielfältigen Inhalts an Fakten und Fiktionen, die historisch-antiquarisches Interesse mit aktueller, zielgerichteter politischer Aussage verbinden. [Anm. 168]   

Hier geht es nicht um die Stadtgründung, die schon von humanistischen Historikern kontrovers diskutiert wurde, [Anm. 169] sondern um das ambivalente Bild Dagoberts bzw. die Begründung der städtischen Freiheit. Der unbekannte Autor untermauert die Freiheit seiner Stadt und die Beteiligung der Bürger und Handwerker an ihrem Regiment eben nicht nur mit Privilegien der Herrscher seit den Zeiten eines Drusus, Cäsar und Augustus, dessen goldene Bulle im Hunnensturm verschmolzen sei, oder mit den Rechten, die Erzbischof Siegfried ihnen gegeben und Kaiser Friedrich II bestätigt habe. Nein, letztlich gründet die Freiheit der Bürger und ihre politische Mitsprache in einer befreienden und rechtsetzenden Tat der Bürger selbst – und das unterscheidet diese Variante der Mainzer Dagobert-Legende offensichtlich von allen anderen: [Anm. 170] Auch hier ist Dagobert Wiederbegründer der Stadt, Erbauer einer Burg (zum Jakobsberg hin, also dort, wo man im 14. Jahrhundert Dagoberts wyghus lokalisierte), Aussteller eines Privilegs. Aber hier wird eine doppelte Begründung gegeben. Einmal hat sich die Stadt diese Freiheit durch große Dienste auf einem Feldzug gegen den Böhmenherzog verdient. [Anm. 171] Zuvor hatten seine Burgritter den König vergeblich gebeten, ihnen die Stadt „zu geben“. Daraufhin waren sie in die Stadt gezogen und hatten einen Rat gehalten. Nach dem Feldzug befahl Dagobert seinen Burgrittern nach einer Variante des Textes die Stadt an, [Anm. 172] nach der anderen befahl er ihnen den Rat, [Anm. 173] bevor er, darin stimmen beide Fassungen überein, ihnen das Freiheitsprivileg mit einer „gulden bulle an einer siden snure“ gab. Beide Versionen stimmen auch darin überein, dass die „burger und die hantwerklute in der stat“ danach feststellten, dass die „Ritter sie verrieten“. Die Folgen werden wieder leicht unterschiedlich geschildert: Deshalb wollten sie, dass „die burger auch in den rat gingen von der stat wegen“ [Anm. 174] bzw. setzten den Rat zunächst ab, [Anm. 175] brachen Dagoberts „wighus“, damit die Ritter darin keinen Rückhalt fänden und befestigten ihre bis dahin unbefestigte Stadt, „mürten die stat an den enden zu“. D.h. sie schufen selbst den Mauerring, das wohl wichtigste Symbol städtischer Qualität, das in anderen durchaus selbstbewussten Städten, wie etwa Augsburg, einem Herrscher (Drusus) zugeschrieben wurde. [Anm. 176] Der symbolischen Handlung folgt die Gesetzgebung. Die Bürger – nicht ein Stadtherr oder König – „satztent und machten“, dass der Rat hinfort paritätisch zusammengesetzt sein sollte: Neben den 22 „rittern“ und „rittergenossen“ sollten ihm 22 Vertreter der „burger und hantwerklút“ auf Lebenszeit angehören. 

Dieser Darstellung nach verdankt die Stadt ihre vom König verliehene und feierlich verbriefte Freiheit ihrer eigenen Tüchtigkeit. Zunächst einem Rat von Rittern unterstellt setzten sich die Bürger und Handwerker mit militärischer Gewalt gegen die Ritter und die königliche Burg durch, erbauten selbst die ebenso nützliche wie rechtlich bedeutsame und symbolträchtige Mauer, erzwangen eine Neuordnung des Rats, die sie aus eigenem Recht „satztent und machten“ und bestätigten diese Ratsverfassung „mit offen briefen“. [Anm. 177] 

Hier ist nicht im einzelnen zu erörtern, welche realen Ereignisse des 14. und 15. Jahrhunderts sich in dieser phantastischen Projektion in eine sagenhafte Frühzeit spiegeln. In den Burgrittern Dagoberts erkennt man leicht die Geschlechter, gegen deren Herrschaft im Rat Bürger und Handwerker sich im Sommer 1332, in einer krisenhaften Situation, als die Stadt sich zu einer sehr hohen Entschädigung für die Zerstörungen geistlicher Einrichtungen in der Erzstiftsfehde verpflichten musste, aufgelehnt und zunächst einen Ausschuss von 22 Männern zur Kontrolle des bis dahin von den Geschlechtern (den Alten) beherrschten Rates erzwungen hatten. Als sich eine offenbar größere Gruppe nicht mit dieser Entmachtung abfinden wollte und zum bewaffneten Widerstand rüstete, wurde sie im November 1332 von der Gemeinde zur Kapitulation gezwungen: 129 zogen es vor, die Stadt zu verlassen, die übrigen akzeptierten den unter Vermittlung von Ratsvertretern der befreundeten Städte Worms, Speyer und Frankfurt ausgehandelten Kompromiss: Nunmehr sollte der „ganze Rat“ der Stadt 58 Mitglieder umfassen, 29 von den Geschlechtern, die auf Lebenszeit amtieren, und 29 aus der Gemeinde, die jährlich neu gewählt werden sollten. Auch alle Ratsämter sollten hinfort paritätisch besetzt werden. [Anm. 178] Mit diesem Kompromiss konnte man in Mainz offenbar bis ins frühe 15. Jahrhundert leben, als in Mainz (wie auch in anderen Städten) erneut Auseinandersetzungen um die Herrschaft des Rates, nunmehr auch innerhalb der Zünfte, und Konflikte mit dem Erzbischof aufbrachen. [Anm. 179]   

Auf Seiten der „burger und hantwerklút“, die seit 1428 eine tiefgreifende Verfassungsänderung erzwangen, fand sich Eberhard Windecke zeitweise in führender Funktion – und er hielt die Ereignisse seiner Zeit, wie er sie teils selbst erlebt, teils erfahren hatte, in einem umfänglichen Geschichtswerk detailliert fest. So finden sich in anscheinend bunter Mischung Ereignisse aus der zeitgenössischen Geschichte von Kaisern und Päpsten neben detaillierten Berichten über die Entwicklungen in Mainz, die zum Teil durch Abschriften wichtiger Akten untermauert und durch historische Exkurse ergänzt werden, darunter die Geschichte der Städte Trier und Mainz seit ihrer Gründung, mit der Erzählung von dem Aufstand der Bürger gegen die Ritter Dagoberts. Der Exkurs über die Geschichte der Stadt endet mit der Bestätigung der von Dagobert verliehenen „stat friheit zu Menz“ durch Kaiser Friedrich „und vil keiser und konige“, mit der Folge dass „ie kein bischof recht zü Menz hett“. [Anm. 180] 

Gewiss ist der nur wenige Seiten umfassende Text geradezu romanhaft, legendarisch, sagenhaft, wunderlich, und welche Epitheta positivistische Historiker noch dazu gefunden haben. [Anm. 181] Niemand käme auf die Idee, ihn als Quelle für Dagobert zu verwenden – sehr wohl aber für historisches Denken im 14. und im 15. Jahrhundert und die Bemühungen bürgerlicher Kreise, den Status ihrer Stadt, ihre – vergleichsweise jungen – Institutionen und den Anspruch auf Mitregierung historisch zu legitimieren – nicht nur durch die Verlagerung der Privilegierung in eine ferne Vorzeit, sondern vor allem durch die Betonung der Verdienste der Bürger und ihres eigenständigen politischen Handelns. 

Daher ist der kurze volksprachliche Text alles andere als ein „naiver Lügenbericht, der bisweilen an offenbare Schalkhaftigkeit streift“, [Anm. 182] wie Positivisten kritisierten. Heute hingegen betont man, wie Uta Goerlitz mit Blick auf die antike Geschichte, die „Aktualisierung und Funktionalisierung der weit zurückliegenden, in Überresten wie den römischen Steindenkmälern noch unmittelbar präsenten [Anm. 183] Vergangenheit von Mainz in der spätmittelalterlichen Gegenwart“. [Anm. 184] 

Die Aussagen zu Dagobert und dem Aufstand der Bürger gegen seine Ritter weichen nicht nur in einem für die historisch fundierte Identität der Bürger entscheidenden Detail von allen bekannten Dagobertlegenden ab, sondern weisen Mainz auch im Kreis der deutschen spätmittelalterlichen Städtechroniken einen besonderen Rang zu. Schon die „intensive Beschäftigung mit der Frühgeschichte ist nicht ganz gewöhnlich in der städtischen Chronistik des späteren Mittelalters, obwohl sie in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts häufiger wird“. [Anm. 185] Nicht erst im späten 15. Jahrhundert, als man sich in etlichen deutschen Städten auch gegen den Kaiser wandte, der zuvor noch legitimierende Instanz gegen den eigenen Stadtherrn gewesen war, [Anm. 186] sondern offensichtlich schon im 14. Jahrhundert legte der unbekannte Mainzer Chronist Wert darauf, dass Mainz eine freie Stadt war, nicht etwa eine Reichsstadt. Das waren, wie er unmissverständlich betont, Oppenheim, Kastel und das Umland in der Nachbarschaft. Selbst die Privilegierung schadet dem Selbstbild nicht wirklich: Kaiser und Könige hatten den Bürgern nicht nur konkrete Privilegien verliehen, wie die Befreiung von Bede, Geschoß und Herrendienst, sondern Freiheit in dem Sinn, dass sie „solten keinen herren han uber iren willen“. [Anm. 187] Dem König waren daher schon in grauer Vorzeit, wie dem Erzbischof im 14. Jahrhundert, nur ganz begrenzte Rechte in der Stadt geblieben – das Gericht, die Juden „und etlich zinse uf erbe“, d.h. auf Gut das zu Erbleihe besessen wurde, der Salhof, der Hof und der Marstall – und nur diese Rechte hatte er dem Bischof weitergeben können. [Anm. 188] Die Freiheit der Stadt ist davon nicht berührt, sie ist älter – „e danne ie kein bischof recht zü Menz hett“. [Anm. 189] 

Hinzu kommt die Eigeninitiative der Bürger, die sich die Gestaltung ihres Gemeinwesens erkämpfen und durch eigene Gesetze regeln. Diese Herleitung der eigenen Freiheit aus einer Mischung aus uralter Privilegierung und eigener Leistung findet sich auch in anderen deutschen Städten – aber im Allgemeinen viel später: Basel z.B. wehrte sich 1473 gegen den Anspruch Kaiser Friedrichs III., er sei „natürlicher Herr“ der Stadt. Der städtische Unterschreiber Johannes legte ihm im Auftrag des Rates eine historisch-juristische Abhandlung vor, aus der hervorging, dass Basel von einem freien römischen Bürger Basilius gegründet worden sei und von ihm die Freiheit der römischen Bürger, insbesondere die Steuerfreiheit gegenüber dem Kaiser, erhalten habe. [Anm. 190]   

Dem entspricht die – erheblich ältere – Erzählung unseres Autors, die Stadt Mainz gehe auf 12 Meister zurück, die aus der von einem Königssohn gegründeten Stadt Trier gekommen seien – „un die leitent ein stat uf noch irer kunste“. [Anm. 191] D.h. nicht mehr die Gründung durch einen Herrscher, und sei es Cäsar oder Augustus selbst, wie bei Worms, Speyer, Oppenheim, Ingelheim und vielen anderen Städten bis weit in den slawischen Osten hinein, [Anm. 192] wird zur Legitimation herangezogen. Den vielerorts angeführten Freiheitsprivilegien, die ja eine Verleihung und damit eine Unterordnung dokumentierten, auch wenn sie bis auf Augustus und Drusus, wie in Mainz, auf Agrippa und Trajan, wie in Köln, [Anm. 193] zurückgeführt wurden, wird die Tat freier Bürger als konstitutives Moment der städtischen Freiheit an die Seite gestellt, ja kann sie im 15. Jahrhundert bei passender politischer Gelegenheit sogar verdrängen. 

Damit löste der unbekannte Mainzer Autor schon im 14. Jahrhundert, früher also als anderwärts, zugleich das Problem, die auf offener oder schleichender Rebellion gegen den Stadtherrn beruhende Stellung der freien Stadt und ihrer Institutionen zu legitimieren [Anm. 194] – und vermied die Möglichkeit eines Widerrufs oder einer Ableitung stadtherrlicher Ansprüche aus einer alten Rechtsposition. [Anm. 195] Deutlicher noch als die in italienischen Kommunen seit dem 12. Jahrhundert aufkommende Parallelisierung der eigenen Institutionen mit denen der römischen Republik [Anm. 196] entsteht so ein demokratisches oder besser vielleicht republikanisches Geschichtsbild: Die neue Machtverteilung in der Stadt beruht auf einem legitimen Aufstand der Bürger gegen die Ritter; die Neugestaltung der Ratsverfassung erfolgt aus eigenem Recht. 

Freilich ist diese legitimatorische Geschichtserzählung ihm noch nicht ganz durchgängig gelungen, sein Text vereint widersprüchliche Bestandteile: Neben der Gründung der Stadt durch freie Meister und die verfassungsgebende Rebellion erwähnt er mehrfach Privilegien der Könige, Kaiser (seit Drusus, der die Stadt „frey gemacht“ habe), ja des Erzbischofs – Reste, wenn man so will, der faktischen Entwicklung, die durch die Fiktionen nicht völlig verdrängt werden. [Anm. 197] 

Aber der unbekannte Mainzer schrieb, das sei noch einmal unterstrichen, mehr als ein Jahrhundert vor dem Baseler Unterschreiber Johannes, lange vor der Kölner „Koelhoffschen Chronik“, die verächtlich auf Mainz herabblickte, nachdem und weil es seine Freiheit verloren hatte, [Anm. 198] lange vor Leonardo Bruni und Salutati, die für Florenz an die Stelle Cäsars den Republikaner Sulla als Stadtgründer setzten – und so einen republikanischen Ursprung ihrer Stadt postulierten, bevor die Pest der Caesaren die Republik ruiniert hatte. [Anm. 199]   

Vielleicht schrieb der Mainzer Chronist sogar, wenn die Datierung auf „nach ca. 1335“ [Anm. 200] stimmt, seine Legitimation bürgerlicher Rechte durch eigene befreiende Tat noch vor dem berühmten Matteo Villani aus Florenz, der zum Romzug Kaiser Karls IV.  1355 mit Blick auf seine Vaterstadt und andere Städte mit ähnlichem Anspruch notierte: Die Freiheit des römischen Volkes sei kein Geschenk des Kaisers, sondern ein Vermächtnis des Volkes, das die Kaiser gewählt habe, an seine Nachfahren. [Anm. 201] Freiheit bedeutet hier, wie in Mainz und später in Basel und Köln, vor allem Steuerfreiheit und Selbstverwaltung der Bürger. [Anm. 202]   

Wir wissen nicht, in welchem Maße die den eigenen Anspruch, ja konkretes politisches Handeln legitimierenden historischen Erzählungen in Mainz allgemein präsent waren, bewusst propagiert, offensiv in politischen Kämpfen eingesetzt wurden. Immerhin sehen wir, dass sie in den Konflikten der 1440er Jahre in amtliche Denkschriften eingeflossen sind, dass auch die Gegner der bürgerlichen Ansprüche, die Vertreter des Erzbischofs, die „wunderlichen Erzählungen“ ernst genommen – und mit ähnlichen Argumenten gekontert haben, [Anm. 203] dass schließlich ein auf Seiten der Stadt führender Politiker [Anm. 204] die sagenhafte Stadtgeschichte seit den mythischen Gründungstagen in sein historisches Werk aufgenommen hat, angeblich, weil der Kaiser etwas über die Ursprünge Triers wissen wollte. 

So wird man für alle Komponenten (Erinnerungen und diverse Dokumente aus dem politischen Geschehen von der Reichsebene bis zu den innerstädtischen Auseinandersetzungen, aber auch literarische und historische Texte [Anm. 205]) mehr als antiquarisches Interesse unterstellen dürfen. Windecke selbst betont mehrfach, nicht zuletzt bei der Schilderung der innerstädtischen Auseinandersetzungen, seine pragmatischen Absichten: Von dem Vielen, was über die üblen Zustände in Mainz zu berichten wäre, möchte er wenigstens einen Teil einfügen, „uf das, das die jungen lúte, die harnoch koment, doch es erfarn mögent, was geschach durch haß und nide und eigennutz“. [Anm. 206]   

Mit dieser pragmatischen Absicht wie mit dem so vielgestaltigen Inhalt seines Werkes steht Windecke bei allen seit jeher betonten Schwächen seines Werkes „am Beginn neuer Gebrauchsformen geschichtlichen Wissens in einer zunehmend von pragmatischer Schriftlichkeit geprägten Zeit“. [Anm. 207] Stärker als andere städtische Chronisten der Zeit verbindet er mit den Ereignissen der Gegenwart den Rückblick in eine ferne Vergangenheit, den er schon einem deutschsprachigen Text des 14. Jahrhunderts entnehmen konnte. 

Wie die Vergangenheit in Schrift und Bild präsent gemacht werden konnte, zeigt das bekannte Beispiel des Augsburger Patriziers und Bürgermeisters Peter Egen (Peter von Argun, um 1412-1452). [Anm. 208] Nach seiner Erhebung in den Adelsstand 1442 ließ er nicht nur überall in der Stadt die Wappen seiner Familie aktualisieren, sondern auch sein Haus mit Szenen aus der Gründungsgeschichte seiner Stadt bemalen und diese überdies in deutsche Reime fassen. Er trug damit in doppelter Weise zur Vulgarisierung eines Geschichtsbildes bei, das bis dahin in lateinischen Quellen nur wenigen zugänglich war, nun aber allgemein verbreitet wurde. [Anm. 209] Mit Recht hat Rudolf Hiestand betont, dass „dies alles andere als zweckfreies künstlerisches Mäzenatentum, sondern Geschichtsschreibung als politisches Programm, Bewußtmachen von Geschichte, Legitimation in anderer Form“ [Anm. 210] gewesen sei, nicht zuletzt zum Ruhm des Hauseigentümers, der sich damit in Bezug zu den glorreichen Anfängen Augsburgs setzte und seinen eigenen „Splendor und seine Geltung zu erhöhen [suchte]“ [Anm. 211] – und von seinen Gegnern so verstanden wurde. 

Eberhard Windecke spielte in Mainz keine auch nur annähernd vergleichbare Rolle, und wir wissen auch nicht, in welcher Weise sein Werk in die Mainzer Öffentlichkeit wirkte, [Anm. 212] nachdem ihm anscheinend 1440 der Tod die Feder aus der Hand genommen hatte. Soviel aber können wir sagen: Selbst so wunderliche Geschichten wie die von sagenhaften Stadtgründern oder auch Dagoberts Rittern und den Mainzer Bürgern, mögen sie uns auch weithin als „Konstruktion und Fabeleien erscheinen, (waren) für den mittelalterlichen Menschen nicht nur Realität, sondern machten oft Geschichte“. [Anm. 213]   

Ob es in Mainz dazu hätte kommen können, wie es 1443/44 schien, bleibt ungewiss, hat doch die Eroberung der Stadt durch die Truppen des Erzbischofs am 28. Oktober 1462 die Freiheit der Stadt beseitigt und damit der weiteren Ausgestaltung eines so selbstbewussten Geschichtsbildes jede reale Grundlage entzogen. Ein Aufstand gegen die Herrschaft des Erzbischofs bzw. des Domkapitels, dem der neue Erzbischof 1475 die Stadt überlassen hatte, als Preis für seine Wahl, wurde 1476 blutig niedergeschlagen. [Anm. 214]   

So wurden die Erzählungen um Dagobert ihrer pragmatischen Dimension entkleidet, weil sie nicht mehr unmittelbar in die Politik hineinwirken konnten, und wurden (wieder) „ein Erzeugnis der Gelehrtenwelt, (das sich) von einer zur anderen Klosterstube und Kanzlei durch die Jahrhunderte hindurch fortgeerbt und so auch schließlich im Volke verbreitet (hat)“. [Anm. 215] In der Tat tradiert zumindest die Mainzer Geschichtswissenschaft der frühen Neuzeit das Bild Dagoberts als restaurator urbis Moguntiae weiter, so dass es bei passender Gelegenheit auch wieder intensiviert und politisch instrumentalisiert werden konnte. 

Ein Beispiel liefert ein großformatiger Stadtplan aus den Jahren 1807/09, der sog. Brühl'sche Plan, genauer die Stadtansicht im unteren rechten Eck im Format von etwa 36 x 23 cm: [Anm. 216] Im Hintergrund sieht man links die Silhouette der Stadt mit dem Rhein, im Vordergrund rechts Vater Rhein, mit Füllhorn und Anker im Arm, auf einen Felsen im Rhein gelehnt. Links steht ein dem Titusbogen ähnelndes Bauwerk mit einem Reiter auf schreitendem Pferd und zwei flankierenden Fußsoldaten. Im Feld über dem von der Sonne durchfluteten Rundbogen kann man lesen: „In memoriam Drusi Germanici Fundatoris castri Magontiaci“. Daneben und über der Stadt im Hintergrund schweben, von Engeln/ Genien gehalten, drei mit Girlanden verbundene Medaillons: Das untere ist zwei berühmten Bürgern gewidmet: Johannes Gutenberg, „Civi Moguntino artis typographicae Inventori“ und dem – weniger bekannten – Walpod, „Civi Moguntino Unionis Rhenannacae auctori“. Darüber schwebt die Huldigung für Dagobert: „Dagoberto I. Regi Francorum Restauratori civitatis Moguntinae“, und schließlich, ausgezeichnet durch einen darüber schwebenden Kranz und dem Triumphbogen am nächsten, das Medaillon für den aktuellen Herrscher: „Napoleoni Magno fundatori commercii verae prosperitatis Moguntiaci“. 

Hier ist, wie bei dem Anonymus des 14. Jahrhunderts, die politische Aussage der Darstellung offensichtlich, der historische Kontext aber viel leichter zu eruieren. Der undatierte Plan kann aufgrund verschiedener topographischer Angaben etwa ins Jahr 1808 gesetzt werden. Napoleon hat sich häufiger als die frühmittelalterlichen Könige in Mainz, seiner deutschen Lieblingsstadt, aufgehalten, allein zwei Mal im Jahre 1808. [Anm. 217] Wenn er hier in exakter Parallele zu dem römischen Gründer und dem fränkischen Restaurator der Stadt als neuer Gründer gefeiert wird, so ist der realpolitische Bezug besser zu belegen als die Wohltaten Dagoberts für Stadt und Stift: Napoleon hat sich in der Tat um Mainz verdient gemacht, nicht nur durch eine große Schenkung von Beutekunst, die zum Grundstock für das Museum geworden ist und daher im Jahre 2003 mit einer Sonderausstellung gefeiert wird. [Anm. 218] Die Initiatoren der Ehrung von 1808 dachten, wie der explizite Bezug auf den Handel in der Inschrift und der Anker im Arm von Vater Rhein zeigen, an die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, an das Privileg, das Mainz das Stapelrecht wieder gewährte, trotz Gewerbefreiheit und freier Rheinschiffahrt, an den Freihafen an der Stelle der alten Martinsburg und das Zollager im Schloss der Erzbischöfe . [Anm. 219] Wenn die Huldigungen Napoleon als Stifter des wirtschaftlichen Wohlstandes feiern, verweisen sie auf die Quelle des Wohlstandes der Stadt – und, wie der Augsburger Bürgermeister mit seiner Darstellung der Antike an seinem Haus, zugleich auf die mutmaßlichen Initiatoren, das wirtschaftlich und politisch dominierende Bürgertum, die „citoyens notables“, die teilweise sogar zu „barons d'Empire“ ernannt wurden – und später, nach dem Sturz des großen Korsen und dem Übergang unter die Herrschaft des Großherzogs von Hessen zu Geheimen oder einfachen Kommerzienräten [Anm. 220]

Aber auch die anderen Widmungen, für Drusus, der als Gründer des Castrum gefeiert wird, ja selbst die Repräsentanten der stolzen Bürger, Gutenberg und Walpodkönnen auf den Kaiser der Franzosen bezogen werden: Drusus und das castrum verweisen auf die Erneuerung und Erweiterung der Festung Mainz, [Anm. 221] Walpods rheinische Union, der berühmte Rheinische Städtebund von 1254, erinnert an den Rheinbund Napoleons. Bei Gutenberg dachte jeder politische bewusste Zeitgenosse – und gewiss Napoleon selbst – auch an die von ihm 1804 per Dekret befohlene Ehrung durch einen an prominenter Stelle in die kleinteilige Altstadt geschlagenen großen Gutenberg-Platz. [Anm. 222]   

Der Stadtplan selbst stellt den unmittelbaren Bezug her: Der Platz erweitert eine in dieser Dimension in Mainz bis dahin unbekannte Prachtstraße, die ebenfalls in die alte Substanz gebrochen und nach Napoleon selbst benannt werden sollte. Nach der Angliederung an Hessen wurde sie fertiggestellt und erhielt den Namen des Großherzogs: Ludwigsstraße, bis heute die repräsentative und identitätsstiftende Straße der Mainzer. 

Kurzum: In politisch bewegter Zeit waren sich Kaiser, Administration und führende Bürger einig im Streben nach politischer Repräsentation und Demonstration ihrer Gesinnung, die mühelos den Bogen schlug von den römischen und merowingischen Anfängen bis zu den jüngsten Umwälzungen.

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0.3.Epilog in drei Bemerkungen

1. In den 1830er Jahren wurde das seit 1816 offiziell gebrauchte Wappen der Stadt Mainz, das wieder das alte Mainzer Doppelrad aufgenommen hatte, durch ein prächtigeres ersetzt, das fast exakt dem entspricht, das Napoleon seiner bonne ville de l'Empire 1811 verliehen hatte und das 1814 nach Abzug der Franzosen verboten worden war. [Anm. 223] Nur der bekrönende Adler und die merowingischen Bienen im Schildhaupt, um deren Bedeutung für Napoleon man weiß, sind verschwunden. [Anm. 224]   

Ging es hier nur um Repräsentation, größere Prächtigkeit in der Selbstdarstellung, auf Kosten heraldischen Sachverstandes und am Rande der Legalität wie der Heraldiker Erich Strecker am Vorabend des 1. Weltkrieges auf der Suche nach einer unverdächtigen Erklärung vermuten wollte? [Anm. 225] Oder konnte oder wollte der ebenso national wie esetzestreu denkende Mann nicht daran erinnern, dass just in der Zeit, als das neu-alte Wappen wieder auftauchte, auch in Mainz das Andenken Napoleons wieder sehr in Ehren gehalten wurde: Die Veteranen seiner Armeen gründeten 1833 einen Verein, der den unter Napoleons Fahnen gefallenen Kameraden ein bis heute auf dem Hauptfriedhof erhaltenes großes Denkmal setzte [Anm. 226] und auf der ersten Seite seines Mitgliedsbuchs in französischer Sprache den großen Helden und seine Soldaten feierte. [Anm. 227] – Einer der Gründer, Stephan Metz, war freiwillig zum Heer Napoleons gegangen; 1833 wurde er zum Bürgermeister gewählt und wurde auch Präsident des Veteranenvereins. [Anm. 228] So liegt es nahe, in dem Rückgriff auf das kaum abgewandelte napoleonische Wappen just in seiner Zeit mehr zu sehen als Strecker 1912 vermutete: „möglicherweise ehrende Erinnerung“. [Anm. 229] 1915 – mitten im Weltkrieg war es wiederum Zeit für einen Wappenwechsel. Man kehrte zum alten, bis heute gültigen Wappen zurück. 

2. Dagoberts Ansehen war ohnehin unbelastet, sehen wir von Eiferern wie Wilhelm Diepenbach ab, der gegen die Legenden ankämpfte. Es überstand auch das Erscheinen der ersten kritischen Edition der Merowingerurkunden und anderer Quellen in den Monumenta Germaniae Historica, wo schon deutlich wurde, wie wenig echte Urkunden überliefert waren und wie selten Mainz in den frühmittelalterlichen Quellen erwähnt wurde. Mainzer Historiker ließen sich davon nicht stören und suchten weiterhin die in der als Fälschung erkannten Urkunde von 628 genannte Pfalz in Mainz. [Anm. 230] Als 1884 beim Bau der Eisenbahn, am heutigen Südbahnhof, große Ruinen an den Tag kamen, war bald klar, dass es sich nicht nur um die Reste des römischen Theaters handelte, von dem schon Gozwin in Kontamination mit dem Amphitheater gesprochen hatte, sondern auch um die Dagobertsburg. „Man hat der Legende geglaubt […]“ und 1890 mit der Benennung der darauf zulaufenden Straße als Dagobertstraße ihr „geradezu den amtlichen Stempel der Echtheit und Wahrheit als historische Tatsache verliehen“, klagte später Diepenbach, [Anm. 231] sicher nicht nur, weil er über palatium promoviert hatte und daher die unzureichende Quellengrundlage in Mainz kannte. 

3. Die Legende, oder sagen wir: die bewusst gestalte Erinnerung oder Rekonstruktion der Geschichte war stärker – und sie ist es noch immer: Mit dem Satz „Dagobert Ier, roi des Francs, réside à Mayence“ beginnt in der neuesten offiziellen Stadtgeschichte eine sogar ins Französische übersetzte Zusammenstellung von Fakten zu „Mayence et la France“. [Anm. 232] Als man 2002 ein drei Zentimeter langes Bronzeplättchen bei St. Ignaz, im Stadtteil Selenhofen fand, kam sofort wieder Dagobert I. ins Spiel. Selbst der fachlich zuständige Archäologe soll, nach dem Zeitungsbericht, gejubelt haben, der unscheinbare Fund, das Ende eines Schuhriemens einer Frau, stelle „einen ersten Beleg für die bislang stets nur vermuteten frühen Anfänge dieses Viertels“ dar: „Sie dürften zumindest also in die Regierungszeit von König Dagobert I. zurückreichen“. [Anm. 233] 

Am Beispiel der Spuren, Erinnerungen, Fiktionen zu Dagobert in Mainz sollte hier angedeutet werden, was wir von einer Geschichtsbetrachtung jenseits positivistischer Feststellung des Richtigen und Falschen, der Fakten und Fiktionen haben. Für einen Historiker, der die Quellen nur als Steinbruch für ‚Fakten' auswertet, müssen alle Erinnerungen an Dagobert in Mainz – wie fast überall - als Quelle ausscheiden. Aber im Blick auf die (spätere) Wirklichkeit, in der die Fälschungen oder Legenden entstehen, geht es eben nicht darum, sie kritisch zu „zerpflücken“, [Anm. 234] sie allenfalls als „Zeugnis einer vagen historischen Erinnerung“ [Anm. 235] zu verwerten. Als Bild, das ihre Urheber und Anhänger von der eigenen Vergangenheit entwerfen, auch in Konkurrenz zu anderen Geschichtsbildern, zur Selbstvergewisserung, zur Stärkung oder Neudefinition der eigenen Identität – auch zur Erreichung (politischer) Ziele sind sie für sich interessant, weitgehend unabhängig von der vergangenen Realität, die sie zu schildern vorgeben. 

Natürlich fragen wir Historiker auch weiterhin nach dieser historischen Wirklichkeit, analysieren wir, wo der Erzähler die Realität nicht respektiert, wie Robert Folz formulierte. [Anm. 236] Aber der Befund, dass ein mittelalterlicher Autor Episoden verfälscht oder fabriziert hat, tritt zurück hinter der Interpretation dessen, was er gemacht hat und seinen evidenten oder mutmaßlichen Motiven. [Anm. 237] Nicht die Destillation von Fakten aus einer fernen Frühzeit, für die wir meist bessere Quellen haben, sondern die „Verortung (der Autoren) in der Lebenswelt ihrer eigenen Zeit, ihre Zuwendung zur Gegenwart“, das von ihnen entworfene Geschichtsbild und „die häufig feststellbare Einbindung dieser Geschichtsschreibung“ in politische Entscheidungsprozesse, [Anm. 238] offensiv gestaltend oder defensiv hinhaltend, fasziniert uns an Leuten wie dem Domscholaster Gozwin im 11. Jahrhundert oder dem anonymen Mainzer Chronisten des 14. und seiner Wiederverwendung im 15. Jahrhundert. [Anm. 239]

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0.4.Zusammenfassung

Die hohe Bedeutung von Mainz, insbesondere seines Erzbischofs, für das Königtum im Mittelalter sind bekannt. Freilich liegen aus der Zeit vor dem 9. Jahrhundert kaum Nachrichten über Beziehungen der Könige zur Stadt vor; Mainz tritt deutlich gegenüber Worms oder auch Ingelheim zurück. Eine Königspfalz ist nicht belegt, auch wenn sie seit dem späten Mittelalter am Jakobsberg lokalisiert wird. Die tatsächliche Bedeutung von Mainz in kirchlicher wie politischer Hinsicht wurde schon früh überboten durch die imaginierte, nicht zuletzt im Bemühen, den bedrohten oder verlorenen Rang zu sichern oder wiederzugewinnen. So wurden seit dem 11. Jahrundert auch die Verdienste Dagoberts als Erneuerer der Stadt mit nachhaltigem Erfolg gefeiert und im späten Mittelalter politisch instrumentalisiert. Führte der Erzbischof (nicht nachweisbare und nicht vorgelegte) Urkunden des großen Merowingers zur Festigung seiner Herrschaft über die Stadt an, so konterten die Bürger mit ebenso unbekannten Privilegien, während eine volkssprachliche Geschichte der Stadt aus dem 14. Jahrhundert die Freiheit der Bürger in einem Akt der Rebellion gegen „Dagoberts Ritter“ wurzeln ließ. In der gelehrten Historiographie der Frühen Neuzeit lebte Dagobert als „restaurator urbis Moguntinae“ fort, so dass er in napoleonischer Zeit politisch wieder genutzt werden konnte. Die wissenschaftliche, positivistisch gesinnte Historiographie des 19. Jahrunderts verwarf solche Geschichten als naive Lügenberichte, während in unserer Zeit gerade die Schaffung und Funktionalisierung (pseudo)historischer Traditionen zur Selbstvergewisserung, zur Stärkung oder Neudefinition der eigenen Identität interessiert.  

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0.5.Résumé

L'importance insigne de Mayence, en particulier de son archevêque, pour la royauté au Moyen Age, est un fait bien connu. Pour autant, on ne possède quasiment aucun témoignage sur les relations entre Mayence et les rois avant le IXe siècle, et Mayence s'efface sans ambiguïté derrière Worms ou Ingelheim. On ne garde pas plus la trace d'un palais royal, quand bien même celui-ci est localisé sur la colline Saint-Jacques depuis la fin du Moyen Age. La place effective de Mayence tant sur le plan ecclésiastique que politique a été précocement recouverte et surévaluée par sa dimension imaginaire, en premier lieu par l'effort déployé pour assurer ou retrouver son rang menacé ou perdu. C'est ainsi que furent célébrés avec un succès durable depuis le XIe siècle les mérites de Dagobert élevé en figure de rénovateur de la ville, avant d'être politiquement instrumentalisés à la fin du Moyen Age. L'archevêque s'appuyait-il sur des diplômes (non fondés et non produits) émanant du grand Mérovingien pour renforcer son pouvoir sur la cité, que les bourgeois répliquaient aussitôt par des privilèges tout aussi inconnus, tandis que l'histoire de la ville rédigée au XIVe siècle en langue vernaculaire enracinait la liberté des citadins dans un acte de rébellion contre «les chevaliers de Dagobert». Dans l'historiographie érudite des Temps Modernes, Dagobert poursuivait sa carrière de «restaurator urbis Moguntinae», au point de pouvoir continuer à servir politiquement à l'époque napoléonienne. Au cours du XIXe siècle, la science historique positive répudia ces histoires comme autant de naïves sornettes alors que de nos jours, au contraire, la production et l'instrumentalisation de telles traditions (pseudo)-historiques se révèlent des indicateurs du plus grand intérêt pour l'étude des processus de consolidation, de renforcement et de redéfinition de sa propre identité.

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Anmerkungen:

  1. Es sei gestattet, meine Vorbemerkung zu dem Vortrag in Dijon auch hier zu dokumentieren: „Tout d'abord je voudrais exprimer ma profonde reconnaissance d'être invité à participer à ce colloque en l'honneur de M. Robert Folz, qui avait des relations intenses avec notre Université de Mayence. Et, comme Doyen du département des sciences historiques j'ai l'honneur de vous transmettre les amitiés de mes collègues et de notre président d'Université, M. le professeur Joseph Reiter. Par respect pour l'oeuvre si important du défunt j'ai choisi un sujet qui n'est pas de mes domaines de recherches mais qui aurait pu intéresser M. Folz: ‚Mainz und das Königtum im frühen Mittelalter', en mettant l'accent sur le souvenir d'un roi qui a été particulièrement inspirant en ce qui concerne le souvenir historique et la légende.“ Zurück
  2. Aus der Reihe der einschlägigen Arbeiten des Geehrten seien hier nur herausgegriffen: Robert Folz: Tradition hagiographique et culte de Saint Dagobert, roi des Francs. In: Le Moyen Age 69 (1963), S. 17-35; vgl. Id.: Zur Frage der heiligen Könige: Heiligkeit und Nachleben in der Geschichte des burgundischen Königtums. In: Deutsches Archiv 14 (1958), S. 317-44 und die große Monographie, Id.: Les Saints rois du moyen âge en Occident (VIe-XIIIe siècle), Bruxelles 1984, wo zu Dagobert weitere Zeugnisse behandelt werden (S. 191, ohne Mainzer Belege). Zurück
  3. Dazu die umfassende, aber nicht vollständige Übersicht von Christoph Wehrli: Mittelalterliche Überlieferungen von Dagobert I, Bern/Frankfurtam Main 1982. Zu Mainz nach Wilhelm Diepenbach: Die Dagobertlegende in Mainz. In: Wandern und Schauen. Mittelrheinische Heimatblätter, 14, Nr. 8, August 1934, S. 1-5, Nr. 9, September 1934, S. 1-7; hier wird die Fassung aus der Festschrift für Heinrich Schrohe: Stadt und Stift. Beiträge zur Mainzer Geschichte, Mainz 1934, S. 18-36 benutzt.  Zurück
  4. Klassischer Überblick Heinrich Schrohe: Mainz in seinen Beziehungen zu den deutschen Königen und den Erzbischöfen der Stadt bis zum Untergang der Stadtfreiheit (1462), Mainz 1915 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz 4). Zurück
  5. Zu den Anfängen: Harry Bresslau: Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, 1, Leipzig 21912, S. 296ff.; Josef Fleckenstein: Die Hofkapelle der deutschen Könige, 2 Bde., Stuttgart, 1959-1966; siehe zu Liutbert: Bd.1, Grundlegung: Die karolingische Hofkapelle, Stuttgart, 1959 und zu Wilhelm: Bd.2, Die Hofkapelle im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche, Stuttgart, 1966; Johannes Bärmann: Zur Entstehung des Mainzer Erzkanzleramtes. In: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germanische Abt. 75 (1958), S. 1-92; zur Spätphase jetzt die Arbeiten des interdisziplinären Arbeitskreises Mainzer Reichserzkanzler, zuletzt insbesondere Peter-Claus Hartmann (Hrsg.): Der Mainzer Kurfürst als Reichserzkanzler. Funktionen, Aktivitäten, Ansprüche und Bedeutung des zweiten Mannes im Alten Reich, Stuttgart 1997. Zu den Entwicklungen im 11. Jahrhundert unten mit Anm. 95. Zurück
  6. So schon in der Antike; vgl. die Belege bei Carlrichard Brühl: Palatium und Civitas. Studien zur Profantopographie spätantiker Civitates vom 3. bis zum 13. Jahrhundert, II: Belgica I, beide Germanien und Raetia II, Köln/Wien 1990, S. 90, Anm. 5; entsprechend dann die Annales Fuldenses, die vermutlich in Mainz geschrieben wurden, ad. a. 852, Friedrich Kurze (ed.): MGH SS rer Germ 7, Hannover 1891, S. 42. „Metropolis Franciae" in der Fortsetzung Reginos: Reginonis abbatis Prumiensis chronicon cum continuatione Treverensi, ad a. 953, Friedrich Kurze (ed.): MGH SS rer Germ 50, Hannover 1890, S. 167 hat m.E. eine andere Bedeutung als sie das Ausrufezeichen bei Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 93 suggeriert; vgl. den Überblick bei Johannes Bärmann, Moguntia metropolis Germaniae, Mainz 1965 (Mainzer Universitätsreden 24) und unten Anm. 98, S. 127, 134 und 137. Zurück
  7. Erstmals ist der feierliche Kürruf für die Wahl Konrads II. 1024 belegt, die Erzbischof Aribomaßgeblich bestimmt hatte; Wipo c.2 geht von einem schon bestehenden Brauch/Vorrecht des Mainzers aus, als erster gehört zu werden; vgl. Johann Friedrich Böhmer (ed.): Regesta Imperii III, Salisches Haus: 1024-1125, Abt.1, Die Regesten des Kaiserreiches unter Konrad II. 1024-1039, überarb. von Norbert von Bischoff und Heinrich Appelt, Graz 1951, Nr.m, 9; dazu jetzt Franz-Reiner Erkens: Konrad II. (um 990-1039). Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers, Regensburg 1998, S. 37-50; Herwig Wolfram: Konrad II. (990-1039). Kaiser dreier Reiche, München 2000, S. 60-68. Zurück
  8. Cyrille Vogel, Reinhard Elze: Le Pontifical romano-germanique du dixième siècle, 1, Le texte, Città del Vaticano, 1963 (Studi e testi 226); zur Entstehung Carl Erdmann: Forschungen zur politischen Ideenwelt des frühen Mittelalters, Berlin 1951; Cyrille Vogel: Précisions sur la date et l'ordonnance primitive du Pontifical-romano-germanique. In: Ephemerides liturgicae 74 (1960), S. 145-162.  Zurück
  9. Hartmann, Mainzer Kurfürst (wie Anm. 5). Zurück
  10. Grundlegend Ulrich Stutz: Der Erzbischof von Mainz und die deutsche Königswahl. Ein Beitrag zur deutschen Rechts- und Verfassungsgeschichte, Weimar 1910; Franz-Reiner Erkens: Der Erzbischof von Köln und die deutsche Königswahl. Studien zur Kölner Kirchengeschichte, zum Krönungsrecht und zur Verfassung des Reiches (Mitte 12. Jahrhundert bis 1806), Siegburg 1987. Zurück
  11. Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 93. Zurück
  12. Otto beschreibt aus der Kenntnis des Augenzeugen, dass die Stadt auf der Rheinseite „spissa et populosa“, auf der Landseite hingegen nur locker bebaut gewesen sei (rarum habitatorem latens). Er betont ausdrücklich die Stärke der Mauer und die große Zahl der Türme; Gesta Friderici imperatoris, I.13, Georg Waitz (ed.): MGH SS rer Germ 46, Hannover-Leipzig 1912, hier S. 28; in dem Gebiet zwischen Basel und Mainz lag nach Otto die „maxima vis regni“ (ebd. I.12), in Erzbischof Adalbert I. von Mainz (1110-1137) sah er den listigsten und reichsten der Fürsten des gesamten Reiches. Aus der reichen Literatur, die diese Einschätzung bestätigte, siehe nur Theodor Mayer: Die Stellung Rheinfrankens in der deutschen Geschichte. In: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichtsvereine 82 (1934), S. 9-20; Ders.: Das deutsche Königtum und sein Wirkungsbereich. In: Das Reich und Europa, Leipzig ²1941, S. 52-74, wieder in Ders.: Mittelalterliche Studien. Gesammelte Aufsätze, Lindau 1955, S. 28-44.  Zurück
  13. Hermann von Konstanz: Historia miraculorum in itinere Germanico patratorum. Prooemium, Georg Waitz (ed.): MGH SS 26, Hannover, 1882, ND Stuttgart, 1964, hier S. 122; vgl. Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 106. Man sollte dann freilich auch Regino zitieren, der zum Jahre 876 Frankfurt „principalis sedes orientalis regni“ nennt ([wie Anm. 6], 111). Freilich sollten auch derartige Aussagen nicht ohne genauere Untersuchung des Sprachgebrauchs bewertet werden, nennt Regino doch z.B. zum Jahre 869 Trier „nur“ urbs, wie Metz (98) und Mainz  (99). Zurück
  14. Karl Schumacher: Die merowingische und karolingische Zeit, 3 Bd.e, Mainz 1921-1925 (Siedelungs- und Kulturgeschichte der Rheinlande von der Urzeit bis in das Mittelalter 3); Gustav Behrens: Verschwundene Mainzer Römerbauten. In: Mainzer Zeitschrift 48/49 (1943-1954), S. 70-88; Konrad Weidemann: Die Topographie von Mainz in der Römerzeit und im frühen Mittelalter. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 15 (1968), S. 146-199 mit sehr informativen Plänen; Hans Jacobi: Antike Eurovisionen – Commentarien, Mogontiacum – das römische Mainz, Mainz 2000 (Geschichte der Stadt Mainz und der Regio Mogontiacensis 1); Gabriele Ziethen: Mogontiacum. Vom Legionslager zur Provinzhauptstadt. In: Franz Dumont/Ferdinand Scherf/Friedrich Schütz (Hrsg.): Mainz. Die Geschichte der Stadt, Mainz 1998, S. 39-67. Zurück
  15. Ludwig Falck: Mainz im frühen und hohen Mittelalter (Mitte 5. Jahrhundert bis 1244), Düsseldorf 1972 (Geschichte der Stadt Mainz 2), S. 1-55, mit sorgfältigen Angaben von Quellen und Literatur, auf die man in der neuen Stadtgeschichte 1998 leider verzichtet hat; Franz Staab: Mainz vom 5. Jahrhundert bis zum Tod des Erzbischofs Willigis (407-1011). In: Mainz. Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 71-107. Besser unter diesem Aspekt daher die Beiträge in Friedhelm Jürgensmeier (Hrsg.): Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte 1, Christliche Antike und Mittelalter, Würzburg 2000 (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6), von Ernst Dassmann (Das Bistum in römischer und fränkischer Zeit, S. 19-86) und Franz Staab (Die Mainzer Kirche im Frühmittelalter, S. 87-194). Zurück
  16. „Mogontiacensium civitate [...] excisa atque deleta est“, De gubernatione Dei, VI.39, Karl Halm (ed.): MGH AA 1.1, Berlin, 1877, ND 1961, S. 74. Vgl. auch das sehr zeitnahe Zeugnis des Hieronymus, der sich ja längere Zeit in Trier aufgehalten hatte, über den Ansturm der Germanen 406/407: „Moguntiacus, nobilis quondam civitas, capta atque subversa est“ (Hieronymus: Sophronius Eusebius, Sancti Eusebii Hieronymi epistulae III, ep. 125, 15, Isidorus Hilberg (ed.): CSEL 56, S. 91f.). Bei der Interpretation ist bei ihm wie bei Salvian die paränetische Absicht zu bedenken. Zurück
  17.               Weidemann, Topographie (wie Anm. 14), bes. S. 154ff., neigt eher zu einer Unterbrechung der  Siedlungen (siehe besonders S. 181); viel günstiger beurteilt die Kontinuität der römischen Bevölkerung Staab, Mainz (wie Anm. 15), besonders S. 72-74; Ders.: Die Mainzer Kirche. Konzeption und Verwirklichung in der Bonifatius- und Theonesttradition. In: Stefan Weinfurter/Frank Martin Siefahrt (Hrsg.): Die Salier und das Reich, 2. Die Reichskirche in der Salierzeit, Sigmaringen 1991, S. 90f. Leider ist Mainz in dem Werk: Alfred Wieczorek u.a. (Hrsg.): Die Franken. Wegbereiter Europas. Vor 1500 Jahren: König Chlodwig und seine Erben, Mainz 1996 stiefmütterlich behandelt worden. Zurück
  18. Ravennatis anonymi Cosmographia, 4. 24 und 26, in Itineraria Romana 2, Joseph Schnetz (ed.): Leipzig, 1940, ND Stuttgart 1990, S. 60f.; er leitet die von Mainz eröffnete Liste der „civitates iuxta fluvium Renum“ (danach folgen u.a. Bingen, Koblenz, Remagen, Bonn) mit den Worten ein: „in qua patria (i.e. Francorum) plurimas fuisse legimus, ex quibus aliquantas nominare volumus“; danach fährt er fort: „sunt et alie multe civitates ante praefatam Maguntiam iuxta ipsum fluvium Renum site“; d.h. Mainz genießt hier keinen auf der Bezeichnung civitas gründenden Vorrang. Die übrigen (stromaufwärts) gelegenen civitates nennt er nicht, weil sie nicht in der fränkischen patria lagen: „cum ipse Renus per Almanorum venit terram, ideo non Francorum patriam nominavi“.  Zurück
  19. Die Kontinuität der römischen Bevölkerung neben den vor allem erst seit dem 6. Jahrhundert eingewanderten Germanen unterschiedlicher Herkunft betont Staab, Mainz (wie Anm. 15), S. 71, 73; vgl. schon die erste Hälfte seiner Dissertation: Ders.: Untersuchungen zur Gesellschaft am Mittelrhein in der Karolingerzeit, Wiesbaden 1975 (Geschichtliche Landeskunde 11) unter dem Titel: Das Fortleben galloromanischer Bevölkerung und ihrer Kultur, S. 1-175 bzw. auch S. 176-197 zur Bedeutung der Galloromanen für die merowingische Verwaltung und Kirchenorganisation.  Zurück
  20. Venantius Fortunatus, Opera Poetica, Friedrich Leo (ed.): MGH AA 4,1,2, Carm. 2, S. 11, 12: 40, Carmen 9.9: S. 215f. Zurück
  21. Die Frage wurde und wird in der Mainzer Historiographie sehr kontrovers diskutiert. Siehe dazu Eugen Ewig: Der Mittelrhein im Merowingerreich. Eine historische Skizze. In: Nassauische Annalen 82 (1971), S. 49-60, wieder in: Ders., Spätantikes und fränkisches Gallien, 3 Bde., Bd.1, München 1976, S. 435-449; ähnlich Ders.: Die ältesten Mainzer Patrozinien und die Frühgeschichte des Bistums Mainz. In: Victor H. Elbern (Hrsg.): Das erste Jahrtausend. Textband 1, Düsseldorf 21963, S. 114-127, wieder in: Ders.: Gallien, 2, München 1979, S. 154-170 und Ders.: Die Merowinger und das Frankenreich, Stuttgart u.a. 1988; vgl. die Zusammenstellung bei Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 102 mit reichen Anmerkungen; Jetzt unterschiedlich im Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte: Dassmann, Bistum (wie Anm. 15), S. 27f.: „Ob es im Verlauf der Ablösung der römischen durch die fränkische Herrschaft Unterbrechungen in der Kontinuität einer christlichen Gemeinde unter bischöflicher Führung gegeben hat, läßt sich darum [wegen des Schweigens der Chronisten] nicht mehr beantworten“. Er betont aber, dass „weiterhin Christen in Mainz gelebt haben“, aufgrund von Grabsteinen, die in das ansonsten stumm bleibende späte 5. und frühe 6. Jahrhundert datiert werden können. Für Staab „beweist aber die Fortdauer der lokalen Heiligenkulte (Alban, Aureus, Justinus, Ferrutius) und der repräsentativen christlichen Begräbnisse die ununterbrochene Existenz des Mainzer Christentums im Übergang von der Antike zum Mittelalter“ (Mainz [wie Anm. 15], S. 76). Weiterhin unterstreicht er „die Überschattung der früheren Mainzer Überlieferung durch die überragende Gestalt des heiligen Bonifatius“ bzw. der Darstellung seiner Bedeutung für die Mainzer Kirche im „bonifatianischen Corpus“ (Briefe und Vita) und hat mehr Vertrauen in die seit dem 11. Jahrhundert überlieferten Bischofslisten (S. 87-90, 92f. mit der langen Anm. 38). Zurück
  22. Daraus hat man auf eine verlorene Urkunde Dagoberts geschlossen; vgl. unten Anm. 131. Zurück
  23. Berthoarae voto conplente, Carmen 2.11 (wie Anm.20). Zurück
  24. Fredegar IV.74, Bruno Krusch (ed.): MGH SS rer Mer 2, Hannover, 1888, 178, bzw. J.M. Wallace-Hadrill (ed.): The fourth book of the chronicle of Fredegar with its continuations, London 1960. Zurück
  25. Gregor von Tours IX.29, Bruno Krusch/Wilhelm Levison (ed.): MGH SS rer Mer 1,1, Hannover, 1951, S. 447. Zurück
  26. Fredegar IV.38 (wie Anm. 24), S. 139. Über das Schicksal des Bischofs nach dem Tode Theuderichs 613 ist nichts bekannt; wir können nur feststellen, dass er unter den Teilnehmern der Pariser Synode 614 – im Unterschied zu den Nachbarbischöfen – nicht genannt ist, wissen aber nicht warum; zusammenfassend Dassmann, Bistum (wie Anm. 15), S. 3. Zurück
  27. Fredegar IV.87 (wie Anm. 24), S. 165. Zur Deutung der Macacinsis, die in diesem Kampf nicht treu waren (hoc prilio nun fuerunt fedeles) Wilhelm Niemeyer: Der Pagus des frühen Mittelalters in Hessen, Marburg 1968, S. 87 („wenig wahrscheinlich, daß es sich dabei lediglich um das aus dem Stadtbezirk von Mainz stammende Truppenkontingent gehandelt hat. Vermutlich ist es die Bezeichnung für die Bevölkerung des nördlichen Rheinhessen, zu dessen Adelskreisen Herzog Radulf offenbar recht bedeutsame Beziehungen unterhielt“), mit Hinweis auf Heinrich Büttner: Das fränkische Mainz. Ein Beitrag zum Kontinuitätsproblem und zur fränkischen und mittelalterlichen Geschichte. In: Aus Verfassungs- und Landesgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Theodor Mayer, 2, Lindau/Konstanz 1955, S. 231-243, wieder in Alfons Gerlich (Hrsg.): Zur frühmittelalterlichen Reichsgeschichte an Rhein, Main und Neckar, Lindau/Konstanz, 1975, S. 145-157; Walter Schlesinger: Pfalzen und Königshöfe in Württembergisch Franken und angrenzenden Gebieten. In: Württembergisch Franken: Jahrbuch des historischen Vereins für Württembergisch Franken 53 (1969), S. 3-22. Schmitz sieht in ihnen die „Mainzer“ bzw. „städtische Führungsschicht“ (Hans Schmitz: Pfalz und Fiskus Ingelheim, Marburg 1974, S. 426), mit Hinweis auf Michael Gockel: Karolingische Königshöfe am Mittelrhein, Göttingen 1970, S. 309: „Macacinsis, das sind die Mainzer Großen“.  Zurück
  28. Ewig, Merowinger (wie Anm. 21), S. 143 und öfter, vgl. Anm.21. Zurück
  29. Die im 11. Jahrhundert erwähnte Schenkung (Mainzer Urkundenbuch, Bd.1, Die Urkunden bis zum Tode Erzbischofs Adalberts I. [1137], bearb. von Manfred Stimming, Darmstadt 1972, Nr. 327, folgend MzUB), ist von Pippinus filius Angisi, d.h. Pippin dem Mittleren, nicht König Pippin wie im Register der UB. Zurück
  30. Karl A. Pertz (Hg.): Diplomata regum Francorum e stirpe Merowingica, Stuttgart 1872 (ND 1980) (MGH DD in folio 1), spur. 21; Neuausgabe: Die Urkunden der Merowinger. Nach Vorarbeiten von Carlrichard Brühl, herausgegeben von Theo Kölzer unter Mitwirkung von Martina Hartmann und Andrea Stieldorf (MGH Diplomata Regum Francorum e stirpe Merowingica 2001), D 30. Zurück
  31. Lokalhistoriker sind von ihrer Existenz überzeugt, suchen sie aber, in Anknüpfung an Bemerkungen bei spätmittelalterlichen Autoren oder aus freier Phantasie, an verschiedenen Orten in oder vor der Stadt. Auch für den überaus kritischen Carlrichard Brühl „muß“ schon in merowingischer Zeit „eine Pfalz vorhanden gewesen sein“. Dagobert freilich habe „selbstverständlich“ nicht selbst die Pfalz errichten lassen, wie manche Mainzer Autoren annahmen, „sondern im Zweifel im spätrömischen Praetorium residiert, dessen Lage nur leider in Mainz nicht bekannt ist, das aber doch wohl an der Stelle der späteren Martinsburg vermutet werden darf“; Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 101; vgl. ebd., S. 109 mit ausführlicher Diskussion der Quellen und der reichen lokalhistorischen Literatur. Für keine der vielen Vermutungen gibt es einen archäologischen oder sonstigen Hinweis. Zurück
  32. So etwa Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 91 mit ausdrücklichem Bezug auf Heinrich Büttner: Frühes Fränkisches Christentum am Mittelrhein. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 3 (1951), S. 9-55, hier S. 20; wieder in Alois Gerlich (Hrsg.): Zur frühmittelalterlichen Reichsgeschichte an Rhein, Main und Neckar, Lindau/Konstanz 1975, S. 207-236. Zurück
  33. Vgl. nur die zahlreichen Belege im MzUB (wie Anm. 29), beginnend mit Nr. 24 von 763, in der Graf Leidrat seinen Besitz in und um das castrum Bingen in pago Uuormacinse verkauft; MzUB 32, Schenkung eines Grundstücks in „pago Wormat. in Moguntia civitate“ an Lorsch (wie auch noch in MzUB 154 von 870). Zu Größe und Ausdehnung, auch zum Wandel im 10. Jahrhundert (zugunsten eines nach Süden vergrößerten Nahegaus) Niemeyer, Pagus (wie Anm. 27), S. 83-88; Helmut Gensicke: Worms-, Speyer- und Nahegau, in Friedrich Knöpp (Hrsg.): Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken an ihre Stiftung 764, 1, Darmstadt 1973, S. 437-506; von Bedeutung von pagus und comitatus und der bewegten Geschichte ihrer Erforschung, die hier nicht zu diskutieren sind, knappe Zusammenfassung bei Ulrich Nonn: Probleme der frühmittelalterlichen Grafschaftsverfassung am Beispiel des Rhein-Mosel Raumes. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 17 (1991), S. 29-50; dazu jüngst die Kritik von Matthew Innes: State and Society in the Early Middle Ages. The Middle Rhine Valley, 400-1000, Cambridge 2000, S. 8f., der Nonn und Hans K. Schulze: Vom Reich der Franken zum Reich der Deutschen, Berlin 1987 „constitutionalist assumptions“ (S. 8) vorwirft, selbst aber – trotz des Begriffes state im Titel – den institutionellen Aspekt allzu sehr vernachlässigt. Dort noch nicht berücksichtigt die gründliche, sprachwissenschaftliche und historische Methoden verbindende Arbeit von Roland W.L. Puhl: Die Gaue und Grafschaften des frühen Mittelalters im Saar-Mosel-Raum. Philologisch-onomastische Studien zur frühmittelalterlichen Raumorganisation anhand der Raumnamen und der mit ihnen spezifizierten Ortsnamen, Saarbrücken 1999, hier bes. S. 53-59 (mit profunder Kritik der vorliegenden Kartenwerke); Puhl bezieht auch die an sein Untersuchungsgebiet grenzenden Teile von Nahe- und Worms(feld)gau mit ein (S. 224-241, 455f); ebenso Thomas Bauer: Die mittelalterlichen Gaue, Köln 2000 zum Wormsgau und seinem „Schrumpfungsprozeß gewaltigen Ausmaßes ... im Nordwesten“, S. 23f. Zurück
  34. Gesta Treverorum, Georg Waitz (ed.): MGH SS 8, Hannover 1848, ND Leipzig 1925, hier S. 162; De rebus Trevirensibus saec. XIII-X libellus, Georg Waitz (ed.): MGH SS 14, Hannover 1883, ND Stuttgart/New York 1963, hier S. 101, doch ist hier die spezifische Konkurrenzsituation zwischen den Metropolen und ihren Historiographen im 11. Jahrhundert in Rechnung zu stellen. Auf Mainzer Seite, in Gozwins „Passio S. Albani“, ist davon natürlich nicht die Rede (Oswald Holder-Egger (ed.): MGH SS 15, Hannover 1888, ND Stuttgart/New York 1963, S. 984-90, bes. S. 989). Vgl. nur Heinz Thomas: Studien zur Trierer Geschichtsschreibung des 11. Jahrhunderts insbesondere zu den Gesta Treverorum, Bonn 1968 und, teilweise kritisch dazu: Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), bes. S. 60 mit Anm. 110. S. auch unten mit Anm. 118ff. Zurück
  35. Die „Vita quarta Bonifatii“, geschrieben in Mainz nach 1011 und vor 1066, läßt den Missionar rheinaufwärts an allen civitates vorbei „ad magnam metropolitanam sancte Monguntie civitatem“ gelangen (c. 1, ed. Wilhelem Levison (ed.): MGH SS rer Germ 57, Hannover/Leipzig 1905, S. 92). Auch die politische Bedeutungslosigkeit wird im 14. Jahrhundert dahingehend korrigiert, dass der Graf vom Rheingau in Mainz residierte – bevor die Bürger ihre Freiheit erkämpften; vgl. unten mit Anm. 185. Zurück
  36. Ewig, Mittelrhein (wie Anm. 21), S. 54 bzw. S. 442 sprach sogar davon, „daß Mainz als Bischofsstadt unter Sidonius neu gegründet wurde“. Zurück
  37. Nach Brühl eine Folge der Schwerpunktverlagerung des Reiches vom Pariser Becken an den Rhein (Palatium [wie Anm. 6], S. 92). Zurück
  38. Außer der in der Urkundenforschung lange übersehenen Schenkung des Hausmeiers Pippin (des Mittleren) (MzUB [wie Anm. 29], 327), kennen wir nur eine Fälschung auf den Namen Pippins aus dem 11. Jahrhundert und ein plump gefälschtes Fragment einer angeblichen Urkunde Karlmanns (MGH DKar +39 = Johann Friedrich Böhmer (ed.): Regesta Imperii I, Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner, Hildesheim 21908, ND Hildesheim, 1966, folgend BM, BM +100), Fälschung für St. Maximin, angeblich 765 in Magontiae publ.pal. ausgestellt (MzUB 5 = BM +52); vgl. Brühl: Palatium (wie Anm. 6), S. 109, Anm. 223; Theo Kölzer: Studien zu den Urkundenfälschungen des Klosters St. Maximin vor Trier (10.-12. Jahrhundert), Sigmaringen, 1989, S. 29-116; knapper Ders.: Merowingerstudien 2, Hannover 1999, S. 127-35. Zurück
  39. Annales Regni Francorum, ad. a. 770, Friedrich Kurze (ed.): MGH SS rer Germ 6, Hannover 1895, S. 30. Zurück
  40. MGH DKar 165, BM (wie Anm. 38), 307; BM 303b-306. Weitere in Mainz angeblich ausgestellte Urkunden sind sämtlich gefälscht. Zurück
  41. Nach Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 92, Anm. 24 verbrachte Karl die Zeit von Anfang Juni bis Anfang September im Mainzer Raum; BM (wie Anm. 38), 307a setzt die in den sogenannten Einhardannalen berichtete Reise auf dem Main zur neuen Pfalz an der fränkischen Saale zwischen Reichsversammlung und den durch Urkunden für den 31. August belegten Kostheimer Aufenthalt (BM 308 und 309). Für den Rest des Jahres ist Karl nur noch in Worms bezeugt.  Zurück
  42. MGH DD Kar 166 und 167 in Kostheim, gegenüber Mainz, ausgestellt. Zurück
  43. Annales Regni Francorum, ad. a. 800 (wie Anm. 39), S. 110; „conventus generalis“ fügen die sogenannten Einhardannalen hinzu (ebd. 111). Zurück
  44. „ad Magonciam venit ibique solito more conventum Francorum habuit"; Annales Mettenses ad a. 803, Bernhard von Simson (ed.): MGH SS rer Germ 10, Hannover 1905, 102. Die Versammlung war für den 24. Juni geplant (MGH Cap. I, 116, c. 29), doch sind zwei Fuldaer Urkunden, ausgestellt „in conventu regali in urbe Megontia“, auf den 7. und 11. Juli datiert; Edmund E. Stengel (ed.): Urkundenbuch des Klosters Fulda, Marburg 1958, S. 97, 98.  Zurück
  45. In den wichtigsten zeitgenössischen Annalenwerken (Annales Regni Francorum, später Annales Bertiniani, Annales Fuldenses) tritt Mainz wenig hervor. Dasselbe gilt für Einhards Vita Karls des Großen und die beiden Viten Ludwigs des Frommen. Am häufigsten wird die Stadt – ohne ein besonderes Epitheton, sie wird allenfalls urbs oder civitas genannt – im Zusammenhang mit den Bruderkämpfen als Treffpunkt oder als bloße Ortsangabe erwähnt. Zurück
  46. Annales Regni Francorum, ad. a. 794 (wie Anm. 39), 94; die Quellen zum Todestag BM (wie Anm. 38), 327a. Staab plädiert mit guten Gründen für den 11. als Beisetzungstag und die Beteiligung Karls und seines Gefolges (Die Königin Fastrada, in: Rainer Berndt (Hg.): Das Frankfurter Konzil von 794. Kristallisationspunkt karolingischer Kultur 1, Mainz 1997, S. 202f.). Zurück
  47.        Aus der reichen Literatur insbesondere Peter Classen: Die Geschichte der Königspfalz Ingelheim bis zur Verpfändung an Kurpfalz. In: Kurt Böhner u.a.(Hrsg.): Ingelheim am Rhein. Forschungen und Studien zur Geschichte Ingelheims, Ingelheim, 1964, S. 87-146; zu den Vorzügen Ingelheims und den Aufenthalten Karls und Ludwigs (der mindestens zehn Mal in Ingelheim weilte) S. 91-100. Vgl. auch Schmitz, Pfalz und Fiskus (wie Anm. 27); Ders., Die Pfalz Ingelheim und die rhein-mainische Pfalzenlandschaft. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 2 (1976), S. 77-107. Seit einigen Jahren sind Ausgrabungen im Gang, die unsere Kenntnisse erheblich erweitern (und z.T. korrigieren); vgl. bis zum Erscheinen der großen Untersuchung von Holger Grewe: Die Königspfalz in Ingelheim am Rhein nach den Ausgrabungen seit 1909. I: Vorbesiedlung und karolingische Pfalz; Ders.: Die Königspfalz zu Ingelheim am Rhein. In: Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff (Hrsg.): 799. Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn. Beiträge zum Katalog der Ausstellung Paderborn 1999, Mainz 1999, S. 142-51. Ausdrücklich hingewiesen sei auf die ungemein reiche lokalgeschichtliche Literatur; aus jüngster Zeit insbesondere: Karl Heinz Henn/Stadt Ingelheim am Rhein (Hrsg.): Karl der Große in Ingelheim. Bauherr der Pfalz und europäischer Staatsmann. Katalog zur Ausstellung zum Ingelheimer Karlsjahr 1998 anlässlich des 1250. Geburtstags Karls des Grossen im Alten Rathaus Nieder-Ingelheim 29. August bis 27. September 1998, Ingelheim 1998. Zurück
  48. Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 115 – „in Parallele zur Entwicklung in Mainz“. Zurück
  49. Ebd. mit allen Belegen.  Zurück
  50. BM (wie Anm. 38), 309, 327c; vgl. Gockel, Königshöfe (wie Anm. 27), S. 128-30, der einen Beleg zu 807 „ad Confflem“ ebenfalls auf Kostheim bezieht. Zur Formulierung der sogenannten Einhardannalen H. Schmitz, Pfalz und Fiskus (wie Anm. 27), S. 427f. Zurück
  51. BM (wie Anm. 38), 324-27a, Aufenthalt vom 1. Juni bis zum 10. August, dem Todestag Fastradas; zur berühmten Synode s. neben Wilfried Hartmann: Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, Paderborn u.a. 1989, S. 105-115 den Sammelband Berndt, Frankfurter Konzil (wie Anm. 46). Zurück
  52. Schlesinger, Pfalzen (wie Anm. 27), S. 492-93. Sie beruhen, das sei noch einmal betont, nur auf der Zahl der sicher bezeugten Aufenthalte, deren Gewicht noch durch die Qualität des Aufenthaltes (Dauer, Feste, große Versammlungen) zu differenzieren wäre, wie Schlesinger selbst betonte. Dazu auch Peter Classen: Bemerkungen zur Pfalzenforschung am Mittelrhein, in Deutsche Königspfalzen 1, Göttingen 1963, S. 75-96, wieder in Ders.: Ausgewählte Aufsätze, Sigmaringen 1983, S. 475-500 mit Blick auf die „Winterpfalzen“ (S. 475f); jetzt Thomas Zotz: Pfalzen zur Karolingerzeit. Neue Aspekte aus historischer Sicht. In: Lutz Fenske/Jörg Jarnut/Matthias Wemhoff (Hrsg.): Splendor palatii. Neue Forschungen zu Paderborn und anderen Pfalzen der Karolingerzeit, Göttingen 2001, S. 13-23. Zurück
  53. Schmitz, Pfalz und Fiskus (wie Anm. 27), S. 326-393; Gockel, Königshöfe (wie Anm. 27); Marianne Schalles-Fischer, Pfalz und Fiskus Frankfurt. Eine Untersuchung zur Verfassungsgeschichte des fränkisch-deutschen Königtums, Göttingen 1969. Zurück
  54. Vgl. oben Anm. 46; Reinhard Schmid: Die Abtei St. Alban vor Mainz im hohen und späten Mittelalter. Geschichte, Verfassung und Besitz eines Klosters im Spannungsfeld zwischen Erzbischof, Stadt, Kurie und Reich, Mainz 1996, S. 5-11, nach Ernst Neeb: Zur Baugeschichte der St. Albanskirche bei Mainz. In: Mainzer Zeitschrift 3 (1908), S. 69-91, hier S. 84ff.; Ders.: St. Alban vor Mainz. Ein Beitrag zur Stadttopographie. In: Archiv für Hessische Geschichte 55 (1997), S. 1-55. Zurück
  55. Eine päpstliche Urkunde über die Erhebung von Mainz zur Metropole ist nicht erhalten; Stefan Schipperges: Bonifatius ac socii eius. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung des Winfrid-Bonifatius und seines Umfeldes, Mainz 1996, S. 113 gibt als Grenzdaten den 8. 3. 780, MGH D Kar 129, wo Lull zum letzten Mal als Bischof, und D Kar 142, wo er erstmals als Erzbischof bezeichnet werde. Vgl. Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 138f. und unten Anm. 131. Zurück
  56. Theodor Schieffer: Erzbischof Richulf (787-813). In: Aus Kirche – Kunst – Leben. Festgabe für Albert Stohr I, Mainz 1950, S. 329-42; jetzt Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 146-150. Zurück
  57. Von ihm sind fünf Briefe an Richulf erhalten (MGH Epp 4, Ernst Dümmler (ed.): Berlin, 1895, 21974, Epp. 4, 25, 26, 35, 212). Theodulf von Orléans rühmt ihn, dass er nie mit leeren Händen aus fernen Gegenden zurückgekehrt sei (Ad Carolum regem Z. 143f, Ernst Dümmler (ed.): MGH Poetae Latini 1, S. 487). Zurück
  58. Alcuini ep. 121 (Eintreten Richulfs für den Papst). Vgl. Sigurd Abel/Bernhard Simson (ed.), Jahrbücher des Fränkischen Reichs unter Karl dem Großen 2 (Jahrbücher der Deutschen Geschichte 5), Leipzig 1883, ND 1969, S. 217ff. Zurück
  59. Gefeiert in einem Gedicht „De conditore Ecclesiae Santi Albani“, Ernst Dümmler (ed.): MGH Poetae Latini 1, S. 431, wo auch das Weihedatum der Kirche, 1. Dez. 805, genannt wird; vgl. Schmid, St. Alban (wie Anm. 54), S. 7f.  Zurück
  60. MGH Conc II.2, 254-58; zu der Synodenserie „Super statu ecclesiarum corrigendo“ (Annales Regni Francorum [wie Anm. 39], 137) Hartmann, Synoden (wie Anm. 51), S. 129-140. Zurück
  61. Einhard, Vita Karoli, c. 33, Oswald Holder-Egger (ed.): MGH SS rer Germ 25, Hannover 1911, S. 41. Zurück
  62. „inclitus officio regis in aede fui“ (MGH Poetae latini 1, Nr. II, 432); Th. Schieffer: Erzbischof Richulf (wie Anm. 56). Zurück
  63. Notker, Gesta Karoli, I.16 (Maus), 17 (goldenes Szepter), Hans F. Haefele (ed.): MGH SS rer Germ NS 13, Berlin 1959, S. 21f.  Zurück
  64. Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 153-62, Zit. 153. Zurück
  65. Nicht einmal die Abtei Weißenburg, die er 839 noch von Ludwig dem Frommen erhalten hatte, wurde ihm entzogen; Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 155f. mit Anm. 49. Zurück
  66. Von Staab zusammengefaßt unter der Kapitelüberschrift: „Das zentrale Erzbistum im Ostfränkischen Reich“; Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 163. Zurück
  67. Ibid., S. 169 (Zitat); S. 176  Zurück
  68. Johannes Fried: Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024, Berlin 1994, S. 434 mit Hinweis auf die Charakterisierung Hattos als „cor regis“ (Arnulfs) durch Ekkehard von St. Gallen (MGH SS 2, 83) und der Warnung: „Allerdings darf der geistliche Einfluß auf den König (Arnulf) nicht überschätzt werden“. Ernst-Dieter Hehl betont auch die strukturellen Bedingungen, die zur „Mainzer Sonderstellung in der Zeit der Könige Konrad I. und Heinrich II. führten: Der Mainzer Erzbischof war vorübergehend ohne kirchenpolitische Konkurrenz“, weil Köln und Trier zum westfränkischen Reich gehörten (Die Mainzer Kirche in ottonisch-salischer Zeit, 911-1122. In: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte 1 (wie Anm. 15), S. 195-281, Zit. S. 198f). Zurück
  69. F(ridericus) G(uillelmus) A(rminius) Wasserschleben (ed.): Libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis, Lipsiae 1840, ND Graz 1964, 1. Zur Bedeutung und zum Kontext Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), S. 197f. Zurück
  70. Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 177. Zurück
  71. Annales Fuldenses (Regensburger Fortsetzung), ad a. 891 (wie Anm. 6), S. 119 zu seiner Erhebung. Vgl. Widukind, Res Gestae Saxonicae, I.22, bezeichnenderweise in zwei Fassungen überliefert: „Hic obscuro genere natus (was nicht stimmt, aber geeignet ist, Hatto herabzusetzen) ingenioque acutus, et qui difficile discerneretur, melior consilio foret an peior“ – es folgt die bekannte Geschichte mit der List Hattos im Kampf gegen die Babenberger. In der Fassung C ist dieser Text ersetzt durch die Worte: „[...] Hattho, acutus consilio, acer ingenio et qui varietate sibi consueta multos mortales praecederet" (MGH SS rer Germ 60, Paul Hirsch, H.-E. Lohmann (ed.), Hannover, 1935, S. 30-35) Zurück
  72. Zum gesamten 10. und frühen 11. Jahrhundert siehe vor allem die kenntnisreichen und differenzierten Darlegungen von Ernst-Dieter Hehl, der auch die Risiken einer solchen Zusammenarbeit deutlich macht und zurecht darauf hinweist, dass es „für das kirchliche Leben auch Regelsysteme gab, die nur zu einem geringen Maß vom Herrscher zu beeinflussen waren“ und dass die Mainzer Erzbischöfe als „Wahrer und Garant kirchlicher Tradition im ottonischen Reich [...] ein Eigengewicht (besaßen), das ihnen auch Eigenständigkeit gegenüber dem Herrscher verlieh“ (Mainzer Kirche [wie Anm. 68], S. 196; S. 198). Zurück
  73. Vgl. nur Odilo Engels: Der Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert). In: Peter Berglar/Odilo Engels (Hrsg.): Der Bischof in seiner Zeit. Bischofstypus und Bischofsideal im Spiegel der Kölner Kirche. Festgabe für Joseph Kardinal Höffner, Köln 1987, S. 41-94; Rudolf Schieffer: Der geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, Opladen 1998. Zurück
  74. Die breite Literatur zu dieser herausragenden Gestalt, deren langes Episkopat Höhepunkt und Abstieg des Mainzer Einflusses im Reich – und darüber hinaus – sah, und eigene, quellengesättigte Forschungen verarbeitete jüngst Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), Kapitel: „Erzbischof Willigis (975-1011). Höhepunkt und Selbstbehauptung“, S. 223-256; das anschließende Kapitel trägt den bezeichnenden Titel „Zwischen Anspruch und Verlust“ – insbesondere des Krönungsrechts, das fortan der Kölner Erzbischof behauptete; vgl. unten mit Anm. 89ff. Zurück
  75. Mainz wird von Brühl u.a. so selbstverständlich als civitas regia angesehen, dass auf Belege für die karolingische Zeit verzichtet wird. Bei der von Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 93 mit Anm. 39 angeführten Stelle der Fortsetzung Reginos ad a. 953: „Mogontiam metropolim Franciae regiamque civitatem inimicis suis deditam“ ist der Kontext zu bedenken: Im Aufstand Liudolfs hatte Erzbischof Friedrich Mainz verlassen und den Schutz der Stadt den Feinden des Königs überlassen; als der König erfuhr, dass Mainz seinen Feinden übergeben sei, rückte er schnellstmöglich gegen sie (Brühl, Palatium [wie Anm. 6], S. 167). Zurück
  76. Classen, Bemerkungen zur Pfalzenforschung (wie Anm. 52), S. 482f. Zurück
  77. Erstmals wird Lull am 4. Juli 782 in einer Urkunde Karls für Fritzlar als Erzbischof bezeichnet; BM (wie Anm. 38), 251; Hans Weirich (ed.): Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld, 1.1, Marburg, 1936, Nr. 16.  Zurück
  78. MzUB (wie Anm. 29), 11; Hermann Jakobs (ed.): Germania Pontificia 4.4, Provincia Maguntinensis, nach Vorarbeiten von Heinrich Büttner, Göttingen 1978, +90. Der Verdacht liegt nahe, dass Lull die Gelegenheit nutzte, den Mainzer Geltungsanspruch zu erweitern, vor allem auf Kosten von Köln; anders Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 139. Ob mit der Erhebung Lulls zum Erzbischof schon eine Kirchenprovinz Mainz im institutionellen Sinne eingerichtet wurde, ist nicht sicher, wie überhaupt die Neuorganisation der Erzbistümer im Frankenreich noch zahlreiche ungelöste Fragen bietet. Zurück
  79. Passio S. Albani (wie Anm. 34), 989. Zurück
  80. Dazu insbesondere Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), bes. S. 40ff.; Petra Kehl: Kult und Nachleben des hl. Bonifatius im Mittelalter (754-1200), Fulda 1993.  Zurück
  81. Rudolf Schieffer: Der heilige Bonifatius. In: Säulen der Mainzer Kirche im ersten Jahrtausend. Martinus, Bonifatius, Hrabanus Maurus, Willigis, mit Beiträgen von Friedrich Prinz, Rudolf Schieffer, Hans Maier und Werner Goez, Mainz 1998, S. 25-44, Zitat 40. Zurück
  82. Zuletzt mit intensiver Diskussion der Quellen und der Literatur Josef Semmler: Zeitgeschichtsschreibung und Hofhistoriographie unter den frühen Karolingern. In: Johannes Laudage (Hrsg.): Von Fakten und Fiktionen. Mittelalterliche Geschichtsdarstellungen und ihre kritische Aufarbeitung, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 135-164, bes. S. 157ff. – Zu den Ereignissen von 751 demnächst die Akten des Kongresses „Der Dynastiewechsel von 751“ (Bonn 10.-13. April 2002) von Matthias Becher und Jörg Jarnut (Hrsg.), mit Beiträgen u.a. von Arnold Angenendt zur Krönungsliturgie, Rudolf Schieffer zu Aspekten des wissenschaftlichen Urteils über den Dynastiewechsel, sowie Olaf Schneider und Helmut Reimitz zu den Quellen; eine neue Untersuchung ist von Stefanie Dick, Paderborn, zum Bonifatius-Kongreß 2004 in Mainz zu erwarten. Zurück
  83. „Pippinus secundum morem Francorum electus est ad regem et unctus per manum sanctae memoriae Bonefacii archiepiscopi et elevatus a Francis in regno in Suessionis civitate“ ([wie Anm. 39], S. 9f.). Zurück
  84. Grundlegende Zusammenfassung der älteren Literatur: Heinz Löwe: Die Karolinger vom Anfang des 8. Jahrhunderts bis zum Tode Karls des Grossen. In: Wilhelm Wattenbach/Wilhelm Levison: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Vorzeit und Karolinger, Heft 2, Weimar 1953, S. 245-56; Ulrich Nonn: Reichsannalen. In: Lexikon des Mittelalters 7, 1994, Sp. 616f; aus der jüngeren Diskussion, mit bezeichnendem Titel: Rosamond McKitterick: Constructing the Past in the Early Middle Ages. The Case of the Royal Frankish Annals. In: Transactions of the Royal Historical Society, sixth series, 7 (1997), S. 101-29; Dies.: L'idéologie politique dans l'historiographie carolingienne. In: Régine Le Jan (sous la dir. de): La royauté et les élites dans l'Europe carolingienne (du début du IXe aux environs de 920), Villeneuve d'Ascq 1998, p. 59-70; Dies.: Political ideology in Carolingian historiography. In: Yitzhak Hen/Matthew Innes (Hrsg.): The Uses of the Past in the Early Middle Ages, Cambridge 2000, S. 162-74; Dies.: The Illusion of Royal Power in the Carolingian Annals. In: English Historical Review 115 (2000), S. 1-20; zuletzt Semmler, Zeitgeschichtsschreibung (wie Anm. 83), bes. S. 144f., S. 157f. Zurück
  85. Vgl. nur Löwe, Karolinger (wie Anm. 85), S. 250 mit Anm. 288 und Ders.: Die Karolinger vom Vertrag von Verdun bis zum Herrschaftsantritt der Herrscher aus dem Sächsischen Hause. Das ostfränkische Reich. In: Wilhelm Wattenbach/Wilhelm Levison: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Vorzeit und Karolinger, Heft 6, Weimar, 1990, S. 722 mit Anm. 220. In einem eher kritisch-verwunderten Überblick über das mutmaßlich nicht eben blühende geistige Leben in Mainz findet sich die kryptische Bemerkung: „Immerhin machte sich der Einfluß des Königtums geltend, auch wenn das bei dem Stift St. Mauritius gelegene Haus ‚zum Lateran' nicht auf eine Königspfalz nach Aachener Vorbild hindeuten sollte, sind die Reichsannalen wenigstens für eine gewisse Zeit in Mainz zu lokalisieren“, ebd. S. 720f. Eine nicht auf Mainzer Interessen gründende Erklärung für das Auftauchen des Bonifatius in den Reichsannalen gibt jüngst Rosamond McKitterick zu bedenken: „The Annales Regni Francorum's implausible allusion may have been intended to corroborate the Zacharias' connection“ (Illusion [wie Anm. 85], S. 15).   Zurück
  86. Ausführliche Darlegung der komplizierten Handschriften- und Forschungslage bei Löwe, Karolinger, Heft 6 (wie Anm. 86), S. 671-87; zu Mainz insbes. S. 678 und 681, vor allem für den zweiten Abschnitt, da sich seit 847 die Berichte über Mainzer Ereignisse häufen. Franz Staab nimmt die Quelle dezidiert „für die mainzische Historiographie in Anspruch“ (Mainzer Kirche [wie Anm. 15], S. 46 – anscheinend noch ohne Kenntnis von Löwe). In der Einleitung zu seiner kommentierten Übersetzung (The Annals of Fulda, Manchester 1992) folgte Timothy Reuter weitgehend Löwe.  Zurück
  87. Annales Fuldenses, ad. a. 852 (wie Anm. 6), S. 42; sie führen damit „für Mainz den Begriff metropolis Germaniae ein“; Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 46. Vgl. Hartmann, Synoden (wie Anm. 51), S. 228-232. Zurück
  88. „Pippinus vero in civitate Suessionum a sancto Bonifatio archiepiscopo in regem unctus regni honore sublimatus est“ (Annales Fuldenses [wie Anm. 6], S. 6).  Zurück
  89. Ad a. 750 (wie Anm. 6), S. 44. Zurück
  90. Passio S. Albani (wie Anm. 34), 989 mit Anm. 2. Reginos Liber II hat in einigen Handschriften als Titel: „Incipit Liber de Gestis Regum Francorum“ (wie Anm. 6), S. 40. Zurück
  91. Besonders deutlich wird das Mainzer ‚Krönungsrecht' in der Erzählung Widukinds über die Salbung, die Erzbischof Heriger Heinrich I. angeboten, dieser aber aus Demut zurückgewiesen habe: Res Gestae Saxonicae (wie Anm. 71), S. 37-39; für unsere Frage ist nicht entscheidend, ob der seit jeher viel erörterte Bericht so stimmt, wie er uns überliefert ist, was von der modernen Forschung (insbesondere von Johannes Fried) massiv bezweifelt wird. Entscheidend ist, dass für Widukind um 968 selbstverständlich der Mainzer das Angebot machte, wie er ihm auch 936 bei der – ebenfalls viel diskutierten – Aachener Krönung Ottos die führende Rolle zuweist (MGH SS rer Germ 60 [wie Anm. 71], S. 63-67); vgl. Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), S. 202, S. 205f. Zurück
  92. MzUB (wie Anm. 29), S. 217; Germania Pontificia 4.4 (wie Anm. 79), Nr. 77; dazu Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), S. 224f. Zurück
  93. Karl Uhlirz/Mathilde Uhlirz: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III., 2, Otto III. (983-1002), Berlin 1954, S. 9. Zurück
  94. Johann Friedrich Böhmer (ed.): Regesta Imperii II.4, Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich II. 1002-1024, neubearb. von Theodor Graff, Wien/Köln/Graz 1971, Nr. 1483yy. Zurück
  95. Johann Friedrich Böhmer (ed.): Regesta Imperii II.5, Papstregesten 911-1024, bearb. von Harald Zimmermann, Wien/Köln/Weimar 2., verbesserte und ergänzte Aufl. 1998, Nr. 788; Harald Zimmermann: Papsturkunden, 2, Wien, 1985, S. 663f., Nr. 340. Es sei denn, es wäre denkbar, dass ein Erzbischof den König krönte, dem die Feier der Krönungsmesse nach dem Privileg nicht möglich war; vgl. Hehl, Mainzer Kirche, S. 235f., 244, 249 und passim.  Zurück
  96. Reg. Imp. II.4 (wie Anm. 95), Nr.1496a. Zurück
  97. Reg. Imp. III.1. (wie Anm. 7), Nr. n. Zurück
  98. Reg. Imp. III.1. (wie Anm. 7), Nr. 4a. Zurück
  99. Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), S. 268f. Heinz Thomas hatte noch 1970 harsch geurteilt, „durch die starre Haltung Aribos in der Frage der Krönung Königin Giselas“ sei das Krönungsrecht des Mainzers „verspielt“ worden (Erzbischof Siegfried on Mainz und die Tradition seiner Kirche. Ein Beitrag zur Wahl Rudolfs von Rheinfelden. In: Deutsches Archiv 26 [1970], S. 368-99, Zitat 381). Vgl. das Urteil Staabs, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 49.  Zurück
  100. Reg. Imp. III.1 (wie Anm. 7), Nr. 117a. Zurück
  101. So Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), im Kapitel: „Zwischen Anspruch und Verlust (1011-1060)“, S. 275. Es ist sogar vermutet worden, der Kölner habe schon 1023 in einem Palliumsprivileg das Krönungsrecht vom Papst bestätigt erhalten; vgl. Thomas, Erzbischof Siegfried (wie Anm. 100), S. 381: „Wahrscheinlich“ (mit Hinweis auf Stutz, Erzbischof [wie Anm. 10], S. 29f., Anm. 1) und Theodor Schieffer: Germania Pontificia 7.1, Provincia Coloniensis, Archidiocesis Coloniensis, Göttingen 1986, Nr *132.  Zurück
  102. MzUB (wie Anm. 29), Nr. 278; Germania Pontificia 4.4 (wie Anm. 79), S. 89, Nr. 110.  Zurück
  103. Einen Überblick über die Entwicklung in Trier, Köln und Mainz gibt Egon Boshof: Köln, Mainz und Trier. Die Auseinandersetzungen um die Spitzenstellung im deutschen Episkopat in ottonisch-salischer Zeit. In: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 49 (1978), S. 19-48; Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), S. 257ff.: Zwischen Anspruch und Verlust. Zurück
  104. Und damit, wie Hehl mit seinem kirchenrechtlichen Interesse vermerkt, die Funktion als geistlicher Vorgesetzter der Hofkapläne, das „letzte ‚überregionale' Recht“ der Mainzer Kirche (Mainzer Kirche [wie Anm. 68], S. 275); er zeigt aber auch, wie die Erzbischöfe , auch Bardo, um ihre Ansprüche kämpften; so gelang es Bardo 1043, Agnes, die zweite Gemahlin Heinrichs III, in Mainz zu krönen (Cornelius Will (Hrsg.): Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe 1. Von Bonifatius bis Arnold von Selehofen 742?-1160, Innsbruck, 1877, ND Aalen, 1966, S. 172 Nr. 42). Zurück
  105. Germania Pontificia 7.1 (wie Anm. 102), Nr. 157; dazu Hans Wolter: Das Privileg Leos IX. für die Kölner Kirche vom 7. Mai 1052 (JL. 4271). In: Egon Boshof/Heinz Wolter (Hrsg.): Rechtsgeschichtlich-diplomatische Studien zu frühmittelalterlichen Papsturkunden, Köln u.a., 1976, S. 101-151, mit kritischer Edition. Hehl betont, dass dies kein rechtsetzendes Privileg war, sondern nur den Anspruch des Diözesans auf die Zuständigkeit in seinem Bistums bestätigte (Mainzer Kirche [wie Anm. 68], S. 278) – und, so kann man ergänzen, gegen die 1054 wieder vorgebrachten Ansprüche des Mainzers stärkte; siehe unten Anm. 108. Zurück
  106. MzUB (wie Anm. 29), 293; Germania Pontificia 4.4 (wie Anm. 79), S. 90, Nr. 114. Zurück
  107. Lamperti Hersfeldensis Annales, Oswald Holder-Egger (ed.): MGH SS rer Germ 38, Hannover, 1894, S. 66 – mit der Rechtsauffassung des Mainzers „ad quem propter primatum Mogontiae sedis consecratio regis et cetera negociorum regni dispositio potissimum pertinebat“. Aus persönlichen – und kirchenrechtlichen – Gründen habe der Kaiser Hermann vorgezogen, wegen der Vornehmheit seines Geschlechts – aber auch, weil die Krönung in seiner Diözese stattfinden sollte. Vgl. Boshof, Köln, Mainz und Trier (wie Anm. 104), S. 40f.; Hehl, Mainzer Kirche (wie Anm. 68), S. 277f. Zurück
  108. Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 46f.; vgl. ebd. 40. Die Frage des Verhältnisses von Bonifatius-Tradition und päpstlicher Privilegierung verdient eine ausführlichere Untersuchung, der durch die folgenden skizzenhaften Bemerkungen nicht vorgegriffen sei. Zurück
  109. Deren Bedeutung wird noch unterstrichen durch die Bemerkung Papst Leos VII., dass man im päpstlichen Archiv trotz eifrigen Suchens nur eins der von Friedrich angegebenen Privilegien habe finden können; MzUB (wie Anm. 29), Nr. 193; Germania Pontificia 4.4 (wie Anm. 79), S. 73, Nr. 58. Zurück
  110. MzUB (wie Anm. 29), Nr. 199; Germania Pontificia 4.4 (wie Anm. 79), S. 75, Nr. 65. Zurück
  111. Vita quarta Bonifatii (wie Anm. 35), c. 1, 90-93. Levisons Datierung – nach 1011, vor 1062, möchte Staab ohne Begründung auf „näher zum Jahre 1011 hin“ einschränken (Mainzer Kirche [wie Anm. 15], S. 41). Zurück
  112. Es beginnt schon im ersten Satz mit den Hausmeiern, „Karolus senior“ und seinem Bruder Pippin; Bonifatius war längst Bischof, bevor er die Reform der fränkischen Kirche im Zusammenwirken mit der Reichsspitze und den Bischöfen unternahm; Papst Zacharias wies ihm die Diözese Mainz zu etc. Der Kampf gegen die unwürdigen Bischöfe wird zu einem freiwilligen Rückzug, so dass von dem zurückgetretenen (nicht etwa abgesetzten oder verurteilten) Altbischof nur das Beste zu berichten ist: „quatuordecim annos honeste in sua domo erat“. Folglich war auch das weitere Verhältnis zum neuen Amtsinhaber völlig harmonisch (Vita quarta [wie Anm. 35], 92f.); vgl. dagegen die Antwort des Papstes auf die Klage des Bonifatius, die allgemein auf Gewilib bezogen wird: „episcopus autem condempnatus [...] qui pugnator et fornicator existit atque res ecclesiae post degradationem sibi vindicare nitetur, hic omnino ac detestabiliter respuendus est“; Bonifatii ep. 87. In: Michael Tangl (ed.): MGH Epp selectae 1, Berlin, 1916, S. 199. Sehr viel positiver erscheinen Gewilib und die Darstellung der Vita bei Franz Staab: Rudi populo rudis adhuc presul. Zu den wehrhaften Bischöfen der Zeit Karl Martells. In: Jörg Jarnut/Ulrich Nonn u.a. (Hrsg.): Karl Martell in seiner Zeit, Sigmaringen 1994, S. 249-275, bes. S. 262ff.; knapp Ders.: Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 114f. Zurück
  113. Staab verweist zu Recht auf das Zitat aus dem Buch der Weisheit: „iustum deduxit Dominus per vias rectas“ (Sap. 10.10) wo es weiter heißt: „et ostendit illi regnum Dei et dedit illi scientiam sanctorum honestavit illum in laboribus et complevit labores illius“ (Mainzer Kirche [wie Anm. 15], S. 41). Zurück
  114. Vita quarta (wie Anm. 35), c. 8, 100; Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 15), S. 43 verweist wiederum mit Recht auf die Bedeutung des in der Ausgabe nicht gekennzeichneten Bibelzitats in dieser Geschichte „de disceptatione viri Dei cum Stephano papa“, deren spezifischer Sinn dadurch unterstrichen wird. Denn mit den Worten „in faciem ei restitit“ setzt der Autor seinen Heiligen unausgesprochen aber deutlich mit dem Apostel Paulus gleich, der nach seinen eigenen Worten Petrus selbst so widerstand – „in facie ei restiti, quia reprehensilis erat“ (Gal. 2.11).  Zurück
  115. Non oportet ut, qui caput ecclesiae estis, ceteris membris exempla contentionis prebeatis; sed, me inter vos mediante, reconciliari convenit.“ Da beide im Kirchenrecht gebildet waren, stimmten sie zu und versöhnten sich in Frieden (ed. Wilhelm Levison, 100 – letzte Episode vor dem Martyrium!). Vgl. die kirchenpolitisch akzentuierte Interpretation Staabs, Mainzer Kirche (wie Anm. 17), S. 44. Zurück
  116. Levison sah in ihr denn auch schlicht eine fabula (Vita quarta [wie Anm. 35], S. 99, Anm. 1, wo er die Fehler im Detail auflistet und die mögliche Verknüpfung mit realen Begebenheiten erörtert). Zurück
  117. In Auszügen, insbesondere zu Mainz, ediert von Holder-Egger (wie Anm. 34). Zu Gozwin, seinem Werk und seinen Absichten, die er in zwei Prologen darlegt, Oswald Holder-Egger: Gozwin und Gozechin, Domscholaster zu Mainz. In: Neues Archiv 13 (1888), S. 11-21; Thomas, Studien (wie Anm. 34), S. 39-63; Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 17), S. 54-57, mit Edition eines Fragments vom Beginn der Passio mit instruktiver Einleitung und reichen Anmerkungen, S. 64-77; vgl. auch, insbesondere zur Verwendung in späteren Mainzer Geschichtswerken (auch des Mittelalters) Uta Goerlitz: Humanismus und Geschichtsschreibung am Mittelrhein. Das ‚Chronicon urbis et ecclesiae Maguntinensis' des Hermannus Piscator OSB, Tübingen 1999, S. 285-88; Dies.: Mainzer Antiquitas und Deutsche Nation. Der Briefwechsel der Benediktinerhumanisten Hermannus Piscator und Petrus Sorbillo aus dem Jahr 1517. In: Peter Johanek (Hrsg.): Städtische Geschichtsschreibung im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2000, S. 157-180, bes. S. 170f. Zurück
  118. Passio S. Albani (wie Anm. 34), S. 989. Zurück
  119. Leo IX., der ehemalige Trierer Suffragan, hatte in der Peterskirche die Trierer Privilegien verlesen, dem Erzbischof eine römische Mitra aufgesetzt und eine Urkunde ausgestellt, die den Trierer Primat in der Gallia Belgica bestätigte; Egon Boshof (Hrsg.): Germania Pontificia 10.1, Provincia Treverensis, Archidiocesis Treverensis, Göttingen 1992, S. 57, Nr. 97; Heinrich Beyer u.a. (Hrsg.): Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien 1, Koblenz 1860, ND Aalen, 1974, folgend MrhUB, Nr. 329 (gelegentlich als Fälschung angesehen); dazu Egon Boshof: Das Erzstift Trier und seine Stellung zum Königtum und Papsttum im ausgehenden 10. Jahrhundert. Das Pontifikat des Theoderich, Köln 1971, bes. S. 92f.; Ders., Köln, Mainz und Trier (wie Anm. 104), S. 38f.  Zurück
  120. Germania Pontificia 10.1 (wie Anm. 120), S. 48f., Nr. +49 vom 18. Januar 975 für Erzbischof Theoderich und textidentische Bestätigung für Eberhard vom 17. April 1049, Germania Pontificia 10.1 (wie Anm. 120), S. 58f., Nr. +99; MrhUB (wie Anm. 120), Nr. 247 bzw. 331 (teilweise). Boshof hält (gegen: Reg. Imp. II.5 [wie Anm. 96], S. 165f, Nr. 535, vgl. aber A. Zimmermann: Papsturkunden 1, Wien, 1984, S. 461ff., Nr. +232) beide Urkunden für Fälschungen, „nicht zuletzt wegen der ungewöhnlichen Fassung der Primatformel“ (Köln, Mainz und Trier [wie Anm. 104], S. 40f.; vgl. ausführlicher Ders., Erzstift [wie Anm. 120], S. 80ff., bes. S. 90-93, 96f.). Zurück
  121. Anders als in der Vita spielt hier die apostolicae sedis auctoritas eine entscheidende Rolle: „a quibusdam locis et archiepiscopatus apicem et pallii reverentiam, a quibusdam vero primatus dignitatem censuit transferendam, a nonnullis etiam cathedras iudicavit esse mutandas [...] Romanae sedis indixit censura illis in locis cathedras institui, ubi et catholicae fidei integra esset veritas“; und in diesem Punkt zeichnet sich Mainz vor allen anderen aus: „Quia vero ab urbe Mogunciaca eo tempore primus veri solis radius per magnum illum Bonifacium Galliae Germaniaeque illuxit et perfidiae tenebras luce veridicae predicationis exclusit, cunctorum assensu adiudicavit apostolicus pontifex Gregorius, deinde Zacharias, magnum Bonifacium et sedem illi credita [hier wird nicht gesagt von wem!] dignitati et pallii honore perpetualiter insigniri et pre totam Galliam Germaniamque in omnibus conciliis et ecclesiasticis conventibus apostolica vice fungi“ (Passio S. Albani [wie Anm. 34], c. 27, 989).  Zurück
  122. Drei Mal findet sich die entsprechende Formulierung in dem c. 27: „apostolicae sedis auctoritas“, Z. 18, „apostolicus pontifex“, Z. 27, „apostolica auctoritate“, Z. 35.  Zurück
  123. Damit ist das zweite Buch der Chronik Reginos von Prüm als Quelle dieser Notiz gesichert.  Zurück
  124. Immer im Singular. Gozwin vermeidet absichtlich, bei derartig beschämenden Ereignissen Namen zu nennen („quarum nomina propter sublatrantem invidiam hic inserere fas non est“, Z. 20f.); so erspart er sich das schlechte Licht, das auf den Hort des reinen Glaubens fallen würde, wenn er hier Gewilib nennen würde, wie auch dessen Ehrenrettung – gegen den Befund der Bonifatiusbriefe.  Zurück
  125. „tam per pontificalem primatum diviono apice quam per regni fastigium mundiali culmine gloriosa … omnique prorsus coronata dignitate“ (Passio S. Albani [wie Anm. 34], 989). Gozwin läßt keine Zweifel daran, dass der Mainzer Vorrang sich durchaus auf verbriefte Rechte und auf die wirtschaftliche Potenz der Stadt stützt; anders Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 17), S. 40; 47f. Zurück
  126. Passio S. Albani [wie Anm. 34], 989 in c. 27, Z. 25. Dem widerspricht c. 26 trotz des ersten Anscheins nicht, auch wenn dort schon von „metropolis“ die Rede ist. Hier rafft Gozwin ganz offensichtlich die Entwicklung während mehrerer Jahrhunderte; s. unten Anm. 130. Zurück
  127. „Pippinus decreto Zachariae Pape a Bonifatio Mogontino archiepiscopo ungitur in imperatorem“ – ein klarer Anachronismus – „et deinde ob id post papam secundus habetur episcopus Mogontinus“; Mariani Scotti Chronicon a. 772 (750), Georg Waitz (ed.), MGH SS 5, Hannover, 1844, ND Leipzig, 1925, S. 547 mit Anm. 6; vgl. Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 17), S. 46. Zurück
  128. Wilhelm Wattenbach/Robert Holtzmann: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier, 2. Teil, Das Zeitalter des Investiturstreits, Neuausgabe besorgt von Franz-Josef Schmale, Darmstadt 1976, S. 446f. Weitere Literatur bei Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 17), S. 46f., Anm. 60. Zurück
  129. So auch Kölzer, Studien (wie Anm. 38), S. 8; vgl. auch seine jüngste knappe Übersicht über die Ausbreitung des Dagobert-Kults: Dagobert in Trier. In: Franz-Reiner Erkens/Hartmut Wolff (Hrsg.): Von Sacerdotium und Regnum. Geistliche und weltliche Gewalt im frühen und hohen Mittelalter. Festschrift für Egon Boshof zum 65. Geburtstag, Köln/Weimar/Wien 2002, S. 627-635, hier S. 635. Zurück
  130. Vgl. den analogen Einsatz Dagoberts in den Trierer Fälschungen des 10. bis 12. Jahrhunderts, bei denen Kölzer zeigen konnte, wie die Gegner einander mit gefälschten Urkunden auszustechen versuchten; das Pseudooriginal DMer +29 – angeblich in Mainz ausgestellt – sollte z.B. die Maximiner Frühgeschichte seit Konstantin gegen die Ansprüche der Erzbischöfe sichern, die diese ihrerseits (vorher) mit Fälschungen – Dagobert bestätigte u.a. den Besitz von St. Maximin, St. Paulin etc. – hatten belegen wollen (DMer +32); Kölzer, Studien (wie Anm. 38), S. 13ff.; knapp auch Ders., Merowingerstudien 2 (wie Anm. 38), S. 127-135. Noch im 15.-17. Jahrhundert spielten die Fälschungen in den berühmten Prozessen zwischen den Erzbischöfen und St. Maximin eine Rolle (Kölzer, Studien, wie Anm. 38, S. 242f).  Zurück
  131. Passio S. Albani (wie Anm. 34), S. 988, c. 24. (15 Zeilen). Gozwin liefert hier eines der interessanten Zeugnisse, die Auskunft darüber geben, wie Zeitgenossen im Mittelalter die noch sichtbare römische Vergangenheit wahrgenommen haben. Dazu die Mainzer Habilitationsschrift von Lukas Clemens: Tempore Romanorum constructa. Zur Nutzung und Wahrnehmung antiker Überreste nördlich der Alpen während des Mittelalters, Stuttgart 2003, S. 58; 632f.; 104f. Zurück
  132. Passio S. Albani (wie Anm. 34), S. 989, c. 25 – nur 6 Zeilen, mit Verweis auf das Zeugnis des Hieronymus über die Zerstörung durch die Germanen, fast 50 Jahre früher; vgl. oben Anm. 16. Zurück
  133. „mutato loco, super litus Hreni, a quo prius ducentis plus minus passibus disparabatur, est restaurata et a Francorum regibus maximeque a Dagoberto in pristinam, immo multo ampliorem dignitatem est revocata, caput scilicet effecta regni Orientalium Francorum ac metropolis Galliae Germaniaeque cunctarumque urbium cisalpinarum“; Passio S. Albani (wie Anm. 34), S. 989, c. 26 – ebenfalls nur 6 Zeilen. Zurück
  134. Passio S. Albani (wie Anm. 34), S. 989f., c. 36; im folgenden c. 37 wird das Lob der Stadt, der „aurea, felix Moguntia“, zu deren Verehrung Gallien sich erhebt, der das edle Germanien applaudiert, wieder zurückgeführt auf die Schätze ihrer Märtyrer (c. 37, S. 990). Die cc. 28-35 fehlen in der MGH Edition.  Zurück
  135. Franz Falk: Die ehemalige Dombliothek zu Mainz. Ihre Entstehung, Verschleppung und Vernichtung, Leipzig 1897, S. 121-124. Nach Wilhelm Diepenbach wurde die Handschrift am Ende des Jahrhunderts geschrieben, vermutlich in der Domschule unter Leitung der Nachfolger Gozwins; er setzte die Randnotiz zu Dagobert in dieselbe Zeit (Dagobertlegende [wie Anm. 3], S. 25 bzw. Anm. 13 – mit Verweis auf Falk und Ernst Dümmler: Das Martyrologium Notkers und seine Verwandten. In: Forschungen zur Deutschen Geschichte 25 (1885), S. 197-220, der knapp auf die Handschrift „aus dem Ende des 11. Jahrhundert“ ohne weiteren Kommentar hinweist). Staab, Mainz (wie Anm. 15), S. 77: „um 1100“.  Zurück
  136. Nach Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 27 „muß auch für Mainz selbst eine gefälschte Dagoberturkunde bestanden haben, welche das Erzstift Mainz mit besonderen Gnaden bedachte“; vgl. auch Wehrli, Überlieferungen (wie Anm. 3), S. 280f. Eine großzügige Schenkung freilich dürfte auch ausgereicht haben, um als Wohltäter zu gelten; vgl. zu Speyer Caspar Ehlers: Metropolis Germaniae. Studien zur Bedeutung Speyers für das Königtum (751-1250), Göttingen 1996, S. 35f, 42, 185. Es ist zu bezweifeln, dass im 11. Jahrhundert der 1365 erneuerte „brief Dagoberts“ Grundlage für den Nekrologeintrag war, wurde der Rheingau doch erst im 10. Jahrhundert an Mainz geschenkt. Gewiß aber war er nicht identisch mit dem (angeblichen?) Privileg, auf das sich der Erzbischof zur Begründung seiner Stadtherrschaft 1443 berief: Die erzbischöfliche Kanzlei ließ 1365 nach dem Verlust der Urkunden infolge eines Brandes in Eltville anscheinend nur eine Urkunde auf den Namen Dagoberts erneuern, heißt es im Kanzleiregister des 15. Jahrhunderts, das die Katastrophe und die Neuanfertigung der Urkunden 1365 festhielt, doch ausdrücklich: „dabei König Dagoberts brief auch gewest ist [Singular], und mit namen über das geleyt und leinpfat“, zit. nach Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 26; vgl. unten Anm. 139. Zurück
  137. Vgl. SS rer Mer 2, 396. Zurück
  138. Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), Anm. 13 unter Hinweis auf ein Calendarium aus dem 17. Jahrhundert; vgl. ebd., Anm. 8 die Auflistung der Mainzer liturgischen Bücher, in denen sich kein Eintrag für Dagobert findet. Zurück
  139. Folz, Tradition (wie Anm. 2) hat sehr schön gezeigt, wie die Legende seit dem späten 9. Jahrhundert in engem Raum um den Bestattungsort Stenay an der Maas entstand, der Kult in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts gefördert wurde, nachdem der Herzog von Lothringen dort Mönche aus Gorze angesiedelt hatte und wie der unbekannte Autor wohl Ende des 11. Jahrhunderts aus freier Phantasie und Versatzstücken auch historiographischer Natur die Vita konstruierte. Die Mainzer Zeugnisse werden in der Untersuchung (wie auch in der Monographie von 1984) nicht behandelt.  Zurück
  140. Zur intensiven Diskussion um die Verwertbarkeit der sogenannten Gründungsurkunde von Altmünster von angeblich 635 (MzUB [wie Anm. 29], 2a und b), aus der trotz evidenter Unechtheit des angeblichen Originals aus dem 12. Jahrhundert teils weitreichende Schlüsse für das beginnende 8. Jahrhundert gezogen wurden, jetzt Margarete Weidemann: Urkunde und Vita der hl. Bilhildis aus Mainz. In: Francia 21.1 (1994), S. 17-84; Brigitte Flug: Mainz, Altmünster. In: Friedhelm Jürgensmeier (Hrsg.): Germania Benedictina 9. Die Männer- und Frauenklöster der Benediktiner in Rheinland-Pfalz und Saarland, St. Ottilien 1999, S. 398-425, bes. S. 398-406 und Dies.: Äußere Bindung und innere Ordnung. Das Altmünsterkloster in Mainz in seiner Geschichte und Verfassung von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts. Mit Urkundenbuch, phil. Diss. ms. Mainz 2000, bes. S. 28-63.  Zurück
  141. Flug, Äußere Bindung (wie Anm. 141), S. 46. Zurück
  142. Annales Spirenses, Georg Heinrich Pertz (ed.), MGH SS 17, Hannover, 1841, ND Leipzig, 1925, hier S. 81. Zurück
  143. Lamperti Hersfeldensis Annales (wie Anm. 108), S. 10; MzUB (wie Anm. 29), S. 3 = MGH DMer +83. Dazu Matthias Werner: Die Gründungstradition des Erfurter Petersklosters, Sigmaringen 1973, bes. S. 13-30, S. 43-61; für einen echten Kern der Gründungslegenden Franz Staab: Noch einmal zur Gründungstradition des Erfurter Petersklosters. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 54 = NF 1 (1993), S. 19-53. Auf die umfangreiche Diskussion ist hier nicht einzugehen; vgl. zuletzt knapp Kölzer, Merowingerstudien 2 (wie Anm. 38), S. 124 und 150 im Kontext des Fälschungskomplexes Weißenburg – Klingenmünster – Haslach, mit Zitat aus einer neuzeitlichen Quelle: „Item construxit monasterium sancti Petri in monte iuxta Eufordiam et alias ecclesias multas in diversis partibus, qui deposito carnis onere foeliciter adivit Regem gloriae, cui laus sit per aevum. Amen.“; Staab, Mainzer Kirche (wie Anm. 17), S. 112; Kölzer, Dagobert in Trier, S. 635. Zurück
  144. Ernst Vogt (Hrsg.), Regesten der Erzbischöfe von MainzI.1, Leipzig 1913, ND Berlin, 1970, S. 18, Nr. 113. Zurück
  145. Dieser Nachweis ist neben der Destruktion der ahistorischen Legenden und Sagen überhaupt offensichtlich ein Hauptanliegen seines Aufsatzes (Dagobertlegende [wie Anm. 3], S. 24); vgl. unten Anm. 231; vgl. dagegen das Motto, das Richard Dertsch in unmittelbarem Anschluß an Diepenbachs Aufsatz seinem Beitrag zur Festschrift Schrohe vorangestellt hat: „Höchst reizend ist für den Geschichtsforscher der Punkt, wo Geschichte und Sage zusammenstoßen. Es ist meistens der schönste der ganzen Überlieferung“ (Goethe: Geschichte der Farbenlehre 2.1), Richard Dertsch: Zur Frühgeschichte von Altmünster. In: Festschrift für Heinrich Schrohe (wie Anm. 3), hier S. 37.  Zurück
  146. Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 32. Zurück
  147. „domos sitas in curia dicta zum swerte in vico troncatorum aput Dagobertis wighus“; zit. aus dem Copialbuch des Johannisstifts, bei Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 27; vgl. schon Karl Anton Schaab: Geschichte der Stadt Mainz 1, Mainz, 1841, S. 168f. Zurück
  148. Sogenannter Maskopp-Plan, nach einer Reproduktion von 1724 bei Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 112; hier geht es um die Planquadrate H4/5; Vgl. Fritz Herrmann: Quellen zur Topographie und Statistik der Stadt Mainz. Häuser und Steuerlisten aus der Zeit von 1497-1541. Mit einer Wiedergabe des Maskoppschen Stadtplans aus dem Jahre 1575, Mainz, 1914. Zurück
  149. „der hatte eyne borg gemacht an dem orte geyn sanct Jacobsberge und enwas noch nit eyn cloester da“; Carl Hegel (Hrsg.): Verfassungsgeschichte von Mainz im Mittelalter, Leipzig 1882 (Separatdruck aus den Chroniken der deutschen Städte, Bd. 18, II, Abt. 2), S. 242.  Zurück
  150. Heinrich Schrohe (Hrsg.): Die Mainzer Stadtaufnahmen des 16.-18. Jahrhunderts 1, Mainz 1930, S. 16, Nr. 157. Zurück
  151. Theo Kölzer konnte in seinen minutiösen Untersuchungen zu den Fälschungen von St. Maximin von 1989 (wie Anm. 38) zeigen, wie die Fälscher in diesem Trierer Klosters 963 erstmals Dagobert als Urheber ihrer angeblich uralten Privilegien ins Feld führten, mehr als 100 Jahre nachdem in Saint-Denis die Gesta Dagoberti geschrieben worden waren, wie andere Trierer Klöster und Stifte, auch das Erzstift bald nachzogen bis im 12. Jahrhundert an vielen Orten ein Höhepunkt dieser Fälschungsaktionen erreicht wurde; ein bequemer Überblick über die einschlägigen Produkte der Fälschungszentren im deutschsprachigen Raum jetzt in seinen: Merowingerstudien 2 (wie Anm. 38). Zurück
  152. Fritz Vigener (Hrsg.): Regesten der Erzbischöfe von Mainz II.1, Leipzig 1913, ND Berlin 1970, S. 459, Nr. 2039 vom 29. Dez. 1365. Zurück
  153. „Keyser Karles confirmation und erneuerung aller brief und privilegien, die zu Eltvil verbrant und verloren seind, dabei König Dagoberts brief auch gewest ist, und mit namen über das geleyt und leinpfad“; Zit. nach Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 26. Zurück
  154.   Eine Biographie fehlt; vgl. Alois Gerlich, in: Lexikon des Mittelalters 3, Stuttgart 1986, Sp. 1029f., Paul-Joachim Heinig: Die Mainzer Geschichte im Spätmittelalter (1305-1484). In: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte 1 (wie Anm. 15), S. 517-531, der aber die hier behandelte Problematik kaum anspricht. Zurück
  155. Nach Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 160. Vgl. Gisela Möncke: Zur Problematik des Terminus „freie Stadt“ im 14. und 15. Jahrhundert. In: Franz Petri (Hrsg.): Bischofs- und Kathedralstädte des Mittelalters und der frühen Neuzeit, Wien/Köln 1976, S. 84-94; Paul-Joachim Heinig: Reichstädte, Freie Städte und Königtum 1389-1450. Ein Beitrag zur deutschen Verfassungsgeschichte, Wiesbaden 1983, S. 48-54 mit weiterer Literatur in Anm. 182. Zurück
  156.            Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), bes. S. 157-169, zu den Konflikten um Rat und Gemeinde S. 72-91; aus der neueren Literatur insbesondere Joachim Fischer: Frankfurt und die Bürgerunruhen in Mainz (1332-1462), Mainz 1958, bes. S. 8-10; Ludwig Falck: Das Mainzer Zunftwesen im Mittelalter. In: Alfons Schäfer (Hrsg.): Festschrift für Günther Haselier aus Anlaß seines 60. Geburtstages am 19. April 1974, Karlsruhe 1975, S. 267-288, bes. S. 274-277; Ders.: Das spätmittelalterliche Mainz – Erzbischofsmetropole und freie Bürgerstadt. In: Blätter für Deutsche Landesgeschichte 112 (1976), S. 106-222, bes. S. 199ff.; Michael Matheus: Vom Bistumsstreit zur Mainzer Stiftsfehde: Zur Geschichte der Stadt Mainz 1328-1459. In: Mainz. Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 171-204, bes. S. 181f., leider, wie der Autor zu Recht bedauert, ohne Fußnoten, aber mit Hinweis auf Forschungsdesiderata (bes. S. 178). Zurück
  157. Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 159.  Zurück
  158. Recht präzise wird in der volkssprachigen Geschichte der Stadt bei Windecke der Inhalt des grundlegenden Privilegs Erzbischof Siegfrieds III. vom 13. November 1244 wiedergegeben; Wilhelm Altmann (Hrsg.): Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Zeitalters Sigismunds, Berlin 1893, S. 465; vgl. Richard Dertsch: Die Urkunden des Stadtarchivs Mainz 1, Regesten, Mainz 1962, S. 102; dazu Falck, Mainz im frühen und hohen Mittelalter (wie Anm. 15), S. 186-194. Zurück
  159. Ebd. S. 160. Zurück
  160. Ed. bei Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 241-243, als Beilage „Ursprung der Stadt Mainz“, S. 241-243; zu dieser, von ihm als „romanhaft“ aus den Chroniken ausgesonderten Erzählung Klaus Graf: „Ursprung der Stadt Mainz“. In: Verfasserlexikon 10, 1996, Sp. 130f; jetzt aber insbesondere Goerlitz, Humanismus (wie Anm. 118), bes. S. 258-269 mit Anm. 325; Dies.: Facetten literarischen Lebens in Mainz zwischen 1250 und 1500. Mittelalterliche Erzählungen über das (ur)alte Mainz im Spannungsfeld von Latein und Volkssprache, Mündlichkeit und Schriftlichkeit. In: Michael Matheus (Hrsg.): Lebenswelten Gutenbergs (Mainzer Vorträge 7), Stuttgart 2005, S. 59-87. Zurück
  161. „gap yn friheid waz daz sij wolden und sij solden frie sin vor bede, vor geschuße, vor herrendynst, und sulden keynen herren han uber iren willen“; Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 243; fast identisch die Fassung in dem großen historischen Sammelwerk Eberhard Windeckes, der selbst auf seiten der Bürger aktiv Politik gemacht hatte; Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 461; zum Autor und zu den Mängeln der Edition Peter Johanek, Windeck (Windecke). In: Verfasserlexikon 10, 1998, Sp. 1197-1206 mit Literatur; knapp Matheus, Bistumsstreit (wie Anm. 157), S. 179. Zurück
  162. Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 243. Zurück
  163. Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 457-459. In der sogenannten Gheverdis-Fassung (einer Sammelhandschrift aus dem frühen 16. Jahrhundert) ist die Rede von „gar vil fryheitten“, die den Mainzern von Kaiser Julius „vnd von vil anderen, die nach Jm qwamen“ verliehen worden seien: zit. nach Goerlitz, Facetten (wie Anm. 161), S. 81; in Anm. 19 wird eine kritische Edition durch die Verfasserin angekündigt. Zurück
  164. Zit. nach Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 160; ebd. S. 161 die Gegenrede des Erzbischofs, wonach Mainz nur in Bezug auf die Dinge eine freie Stadt sei, als die Erzbischöfe ihr bestimmte Rechte konzediert hätten, in anderen Dingen aber Rat und Bürger ihm zu Huldigung und Dienst verpflichtet und ihre Handelsfreiheit durch erzbischöfliche Konzessionsrechte eingeschränkt seien. Zurück
  165. Zitat bei Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 161 mit negativem Kommentar. Zurück
  166. Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 239. Altmann sprach von einer „Sage“ (Windecke [wie Anm. 159], S. 456, Anm. 2). Zurück
  167. So der Untertitel von Goerlitz, Facetten (wie Anm. 161). Zurück
  168. Das hat Uta Goerlitz für die Gründungsgeschichte von Mainz in der humanistischen, ins Lateinische rückübersetzten Fassung des „libellus quidam teutonicus“ gezeigt: Humanismus (wie Anm. 118), S. 187ff., zu den mittelalterlichen Quellen, insbesondere zu unserer „Chronik“, 258ff.; vgl. Dies., Facetten (wie Anm. 161), wo sie den „bürgerlich-antiespiskopalen Wahrnehmungshorizont“ in den Passagen über die Gründung der Stadt (durch „xij meyster“) und deren Entstehung im Kontext des Konflikts zwischen Erzbischöfen und städtischer Oberschicht herausstellt, aber auch „die Möglichkeit einer gegen die Bürgerschaft gewandten Interpretation“ dieser Erzählung bedenkt. Auf die Dagobert-Passage geht sie in ihren bisher publizierten Arbeiten nicht ein, wohl aber in einem Vortrag in Utrecht 1999, den sie nicht zum Druck gab, sondern im größeren Zusammenhang ihrer Münchener Habilitationsschrift auszubauen gedenkt. Vgl. das Abstract: ‚Romanhafte Erzählung' vs. ‚deutschsprachige Chronik'? Fiktion und Historie in der volkssprachlichen „Historia Teutonica“ (Mainz, ca. 2. Hälfte d. 14. Jahrhunderts) am Beispiel der Passagen zu Etzel und Dagebrecht, in: Second conference ‚The Medieval chronicle – Die mittelalterliche Chronik – La chronique médiévale', Utrecht 16-21 July 1999, Abstracts, Typoskript, Utrecht 1999, 29f. – Ich danke Frau Goerlitz auch hier herzlich für ihre freundlich gewährten Auskünfte (mündlich, telefonisch, per E-Mail), für die Zusendung von Sonderdrucken und vor allem für die großzügige Überlassung des hier zitierten, im Druck befindlichen, Manuskripts: Facetten (wie Anm. 161). Zurück
  169. Vgl. dazu auch Goerlitz, Mainzer Antiquitas (wie Anm. 118), S. 157-180. Zurück
  170. Vgl. Wehrli, Überlieferungen (wie Anm. 3), S. 278. Zurück
  171. In deutlichem Gegensatz zur Nachricht Fredegars, der den Mainzern Treulosigkeit bei einem Feldzug gegen die Thüringer nachgesagt hatte; vgl. oben Anm. 27. Zurück
  172. So die Fassung bei Windecke, ed. Altmann (wie Anm. 159), S. 461: „do det ihm die stat Menz einen großen dinst, das er den rittern die stat bevalch und gap in freiheit wie sie wollten; und sie sollten fri sin vor bede vor geschücze vor herrn dinst und sollten keinen herren han über iren willen“. Zurück
  173. So die Variante bei Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 242: „daz er den rittern den rad beval, und gap yn friheit“; vgl. oben Anm. 163. Zurück
  174. Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 461. Zurück
  175. Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 243. Zurück
  176. Hector Mülich leitet seine von 1348-1487 reichende Chronik mit einer ganz kurzen Aussage zur „Stadtwerdung“ (so betont Johanek, statt Gründung) ein: „Item Drusus, ain Römer, was Kaiser Octavianus stifsun, der ließ use stat Augspurg umbmauern und gab ir das wappen, per oder pir“ (Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis 16. Jahrhundert 22, Leipzig 1892, ND Göttingen 1965, 1). Zur berühmten Augsburger stadtpir und zur symbolischen Bedeutung der Mauer: Peter Johanek: Geschichtsschreibung und Geschichtsüberlieferung in Augsburg am Ausgang des Mittelalters. In: Johannes Janota/Werner Williams-Krapp (Hrsg.): Literarisches Leben in Augsburg während des 15. Jahrhunderts, Tübingen 1995, S. 160-182, hier S. 164. Zurück
  177. Hier stimmen Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 461 und Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 243 überein. Zurück
  178. Ein Jahr später konnten die Exilanten zurückkehren. Die Ereignisse sind ausführlich in der von Hegel edierten Chronik geschildert (1, 9-12); vgl. dazu Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 72-75; Fischer, Frankfurt und die Bürgerunruhen (wie Anm. 157), S. 8-10; Falck, Zunftwesen (wie Anm. 157), S. 274-277; Ders., Spätmittelalterliche Mainz (wie Anm. 157), S. 116-118; Matheus, Bistumsstreit (wie Anm. 157), S. 172-174 mit Hinweisen auf ähnliche Entwicklungen in Speyer und Straßburg (ebenfalls 1332). Zurück
  179. Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 75-90; Fischer, Frankfurt und die Bürgerunruhen (wie Anm. 157), S. 10-12; Falck, Spätmittelalterliche Mainz (wie Anm. 157), S. 121; Matheus, Bistumsstreit (wie Anm. 157), S. 178-181 mit Hinweis auf Forschungsbedarf! Zurück
  180. Der Exkurs beginnt in der Edition Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 456, die Dagobert-Passage findet sich 461; es folgen Ausführungen über die verbleibenden Rechte des Königs und des Bischofs in der Stadt (461f.), die bewegten Ereignisse um die Bischöfe Konrad von Wittelsbach (1161-65, 1183-1200) und Arnold von Selenhofen (1153-1160), teils mit Rückgriffen (462-465), eine zwiepältige Bischofswahl, nach der der von den Laien Gewählte dem Kandidaten der Geistlichen unterlag, weil der „bobest sprach, der pfaffen bischof“ sollte bleiben (465). Schließlich gewährt Erzbischof Siegfried „den burgern zü Menz ein sunderlich friheit“, mit genaueren Angaben zu den Rechten der Gewandschneider und Zünfte. Mit der oben im Text zitierten Bestätigung der Freiheiten durch Könige und Kaiser und einer Bemerkung zum Grafen des Rheingaus, der als Burggraf in Mainz auf Dagoberts „wickhus“ gesessen habe, endet der Abriß der Stadtgeschichte (465). Damit endet wohl die letzte noch von Windecke verantwortete Fassung (Johanek, Windeck [wie Anm. 162], 1201). Eine spätere Überarbeitung mit Streichungen und Erweiterung setzt die Geschichte Kaiser Friedrichs III. mit der Krönung in Aachen fort (466). Zurück
  181. Vgl. oben Anm. 175; dazu die angekündigte Studie von Uta Goerlitz, ‚Romanhafte Erzählung' (wie Anm. 169). Zurück
  182. Arthur Wyss: Eberhard Windeck und sein Sigmundbuch. In: Centralblatt für das Bibliothekswesen 11 (1894), S. 433-483 (eine scharfe Kritik an Altmanns Ausgabe), Zitat 473. Zurück
  183. Oder eben, wie bei Dagoberts „wyghus“, in lebendiger Erinnerung gebliebenen! Zurück
  184. Goerlitz, Facetten (wie Anm. 161), zu den Erzählungen um Drusus und den Eichelstein, mit Literaturhinweisen in Anm. 85.  Zurück
  185. Dies., Mainzer Antiquitas (wie Anm. 118), S. 172; vgl. ebd. S. 177. Aus der Fülle der Literatur zu dieser Thematik, die eine eigene Forschungsrichtung geworden ist, neben Johanek (Hrsg.), Städtische Geschichtschreibung (wie Anm. 118), aus jüngster Zeit Werner Rösener (Hrsg.): Adelige und bürgerliche Erinnerungskulturen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit, Göttingen 2000, insbesondere der Aufsatz von Thomas Zotz: Der Stadtadel im spätmittelalterlichen Deutschland und seine Erinnerungskultur, S. 145-162; Gudrun Gleba (Hrsg.): Instrumentalisierung von Historiographie im Mittelalter. In: Das Mittelalter 5 (2000), S. 3-138, insbesondere die Aufsätze von Sylvia Weigelt: Die Rezeption der ‚thüringischen Landeschronik' des Johannes Rothe in differenten Bedarfskonstellationen des 15. und 16. Jh., S. 71-86 und Regula Schmid: Die Chronik im Archiv. Amtliche Geschichtsschreibung und ihr Gebrauchspotential im Sptätmittelalter und in der frühen Neuzeit, S. 115-138.  Zurück
  186. Vgl. Rudolf Hiestand: Civis Romanus sum: Zum Selbstverständnis bürgerlicher Führungsschichten in den spätmittelalterlichen Städten. In: Peter Wunderli (Hrsg.): Herkunft und Ursprung: Historische und mythische Formen der Legitimation. Akten des Gerda Henkel Kolloquiums veranstaltet vom Forschungsinstitut für Mittelalter und Renaissance der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 13. bis 15. Oktober 1991, Sigmaringen 1994, S. 91-109, hier S. 97f., 101f. mit den real- und geistesgeschichtlichen Hintergründen.  Zurück
  187. Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 461; Hegel, Verfassungsgeschichte (wie Anm. 150), S. 243. Vgl. die Koelhoffsche Chronik, wonach Kaiser Trajan die 15 nach Agrippina geschickten Familien für frei von des römischen Reichs Tributen erklärt, ihnen das Stadtregiment überträgt, „so dat si gantz vri geheischen ind gehalden sulden werden“, zit. nach Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 104, Anm. 60. Zurück
  188. Der Text bei Hegel bricht ab mit den Worten: „daz hatte der konig“ (Verfassungsgeschichte [wie Anm. 150], S. 163); bei Windecke heißt es weiter: „[...] alles dem bischof geben al sir harnoch sullent vnden geschriben und hören“. Nach einem Exkurs über die Zerstörung der Mauern von Kastel, die Mainzer bauten damit ihre eigenen Mauern, nachdem sie dem Bischof den „Grinturm“ abgekauft und die dort gelegene Burg abgebrochen hatten, wiederholt der Text noch einmal, in Variation: „und der sal und der hof und die Juden sint geben eim bischof von Menz von eim keiser; das vindet man in eim büch des stiftz“ (S. 462).  Zurück
  189. Schlußworte des Exkurses zur Stadtgeschichte; Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 465. Zurück
  190. Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 91.  Zurück
  191. Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 457; vgl. Goerlitz, Humanismus (wie Anm. 117), S. 187f; Dies., Facetten (wie Anm. 161). Zurück
  192. Beispiele mit Belegen bei Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 97. Zurück
  193. Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 102. Zurück
  194. Vgl. ebd. S. 95. Zurück
  195. „Um die angestrebte Selbständigkeit, die nicht abgeleiteten Charakter haben sollte, nicht verliehen und damit widerrufbar sein sollte, rechtlich und historisch zu untermauern, mußte die eigene Geschichte möglichst so einsetzen, daß diese Rechte, die sich im Begriff ‚Freiheit' bündelten, von Anfang an bestanden hatten, höchstens bestätigt worden waren“ (Hiestand, Civis Romanus [wie Anm. 187]), S. 96; vgl. ebd. S. 95 und 104ff.). Zurück
  196. Beispiele gibt Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 94; 98. Zurück
  197. „‚Fakten' und ‚Fiktionen' schmolzen [...] in dem spätmittelalterlichen Erzählkomplex über das alte Mainz im Sinne einer von den vorausliegenden sinnstiftenden Prinzipien her zu fassenden ‚Verstehensidentität' aus wechselnden Perspektiven und Kontexten zusammen“ (Goerlitz, Facetten [wie Anm. 161], vor Anm. 85). Zurück
  198. Zit. bei Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 103. Vgl. jetzt Georg Mölich/Uwe Neddermeyer/Wolfgang Schmitz (Hrsg.): Spätmittelalterliche städtische Geschichtsschreibung in Köln und im Reich. Die ‚Koelhoffsche' Chronik und ihr historisches Umfeld, Köln 2001. Zurück
  199. „nondum Caesares, Antonii, Tiberii, Nerones pestes et exitia rei  public“ ; „Leonardo Bruni, Historiae Florentini populi“ und : „oratio de laudibus Florentinae civitatis“, zit. bei Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 98f., Anm. 37. Auch bei Eberhard Windecke wird Drusus in Abweichung von seiner Vorlage vordatiert in die römische Frühzeit; vgl. Goerlitz, Facetten (wie Anm. 161). Zurück
  200. So Goerlitz, Facetten (wie Anm. 161); vgl. Dies., ‚Romanhafte Erzählung' (wie Anm. 169): 2. Hälfte 14. Jahrhundert. Zurück
  201. Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 103 mit Zitat in Anm. 53. Zurück
  202. Beispiele ebd. S. 103f. Zurück
  203. Schon die Klageschrift des Erzbischofs vom 5. November 1443 beruft sich auf Dagobert, der die Stadt nach der Zerstörung durch die Hunnen um seiner Seligkeit willen dem Erzstift übergeben habe - mit der Folge, dass die Bürger seit jeher dem Erzbischof dienstpflichtig seien, d.h. insbesondere: Heerfolge- und Steuerpflicht, Unterwerfung unter das Gericht des Erzbischofs, keine Befugnis einen Rat einzusetzen. Er räumt ein, dass Mainz eine freie Stadt sei, in dem Sinne, dass ihr bestimmte Rechte gegeben worden seien, andere aber seien ihm verblieben („dann es mocht wol sin, das eß eine frihe und begnadigte stat hieße in den dingen des sie gefriet weren, aber in andern dingen des sie nit gefriet sin“) und will daher für Recht erkannt wissen, „das sie sich daran dheiner frihunge angenemen noch vermeßen noch auch furgenemen mogen das eß eine frie stat gesin oder geheißen moge von rechts wegen“ (Hegel, Verfassungsgeschichte [wie Anm. 150], S. 159-161 mit Zitaten aus den Denkschriften. Vgl. oben Anm. 133). Zurück
  204. Johann Gustav Droysen: Eberhard Windeck. In: Abhandlungen der Königlich Sächsichen Gesellschaft der Wissenschaften II,2, Leipzig 1853, S. 148-229, hier S. 184-218, mit deutlicher Sympathie für Windecke und die Gemeinde und entsprechend kritischer Sicht der Geschlechter und des Erzbischofs Dietrich (bes. S. 217); vgl. dagegen den Abriß der Aktivitäten bei Altmann, Windecke (wie Anm. 159), XXV-XXIX, bes. XXXIVff., mit deutlich negativer Tendenz. Zurück
  205. Zu dem von der älteren Forschung kritisierten Aufbau vgl. Johanek, Windeck (wie Anm. 162), S. 1202f. Zurück
  206. Altmann, Windecke (wie Anm. 159), S. 341, c. 372.  Zurück
  207. Johanek, Windeck (wie Anm. 162), S. 1205. Vgl. auch Ders., Geschichtsschreibung (wie Anm. 177), bes. S. 173f.; Volker Henn, „Dye hystorie is ouch als eyn spiegell zo underwijsen dye mynschen ...“. Zum Welt- und Geschichtsbild des unbekannten Verfassers der Koehlhoffschen Chronik. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 51 (1987), S. 224-249. Zurück
  208. Zu dieser dominierenden Figur in der Augsburger Politik in der ersten Hälfte des Jahrhunderts: Hartmut Boockmann: Spätmittelalterliche deutsche Stadt-Tyrannen. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte 119 (1983), S. 75-87, bes. S. 79ff.; zum politischen Kontext und zur Bewertung politischen Handelns in den zeitgenössischen Chroniken: Jörg Rogge: Für den Gemeinen Nutzen. Politisches Handeln und Politikverständnis von Rat und Bürgerschaft in Augsburg im Spätmittelalter, Tübingen 1996. Zurück
  209. Die kurze Verschronik des Priester Küchlin (zu ihm Clarissa Altschäffel: Küchlin. In: Verfasserlexikon 5, Sp. 407-409) über das Herkommen der Stadt Augsburg war schon in den achtziger Jahren nach dem Zeugnis des Chronisten Sigismund Meisterlin ubique vulgata; vgl. Johanek, Geschichtsschreibung (wie Anm. 177), S. 167f. Zurück
  210. Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 99f. Zurück
  211. Johanek, Geschichtsschreibung (wie Anm. 177), S. 168. Zurück
  212. Nach Johanek zeigt „die Rezeptionsgeschichte des Werks, daß sich offenbar besonders jene politische und gesellschaftliche Gruppe angesprochen fühlte, der E.W. selbst angehörte“. Er zählt es wegen seiner Verbreitung, u.a. in einer illustrierten Fassung, „zu den bedeutenden historiographischen Werken des 15. Jahrhunderts“; Windeck (wie Anm. 162), Sp. 1205. Zurück
  213. Hiestand, Civis Romanus (wie Anm. 187), S. 109 als Fazit seiner Untersuchung. Zurück
  214. Eine ausführliche Darstellung der Eroberung der Stadt und des vorausgehenden Konflikts zwischen Adolf von Nassau und Diether von Isenburg bei Schrohe, Mainz in seinen Beziehungen (wie Anm. 4), S. 184-208 unter der Kapitelüberschrift: „Der Untergang der Stadtfreiheit im Jahre 1462“; vgl. jetzt: Kai Sprenger: Die Mainzer Stiftsfehde 1459-1463. In: Mainz. Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 205-225 und Wolfgang Dobras: Die kurfürstliche Stadt bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1462-1648), ebd., S. 227-263. Zurück
  215. Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 24; ähnlich mehrfach.  Zurück
  216. Handgezeichneter Plan der Stadt und Festung Mainz mit Stadtansicht und Umgebung aus der Feder des damaligen Lehrers an der Artillerieschule Heinrich Brühl im Stadtarchiv Mainz (BPS 392 D); auch hier sei Herrn Direktor Dr. Wolfgang Dobras für seine stets bewiesene Hilfsbereitschaft, mit der er mir Abbildungen und Dias zur Verfügung stellte, herzlich gedankt. Zu Brühls bewegter Karriere, seit 1794 im Dienste der Franzosen, das Nachwort von Friedrich Schütz zum Neudruck von: Heinrich Brühl: Mainz geschichtlich, topographisch und malerisch, Mainz 1829, ND Neustadt, 1997. „Eine vorzügliche Herzensangelegenheit war es mir [so Brühls Vorrede, VIII] das Andenken an diejenigen aufzufrischen, die sich als Freunde des Mainzer Bürgerwesens in den verflossenen Dezennien gezeigt haben. Nur wenn eine Stadt ihre Wohlthäter ehrt, wenn ihr Gedächtniß von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt, dauernder lebt, als wären ihre Namen in Platten von Erz und Stein eingegraben, nur dann kann sie auch wieder auf ähnliche Freunde und Wohltäter rechnen, deren sie doch immer bedarf“. Es folgt ein Lob des regierenden Großherzogs. Im historischen Teil hebt die Dankbarkeit aus dem Dunkel, das die Geschichte von Mainz deckt, den König Dagobert I. heraus, der von 622 bis 638 regierte, und als der eigentliche Hersteller der jetzigen Stadt genannt wird. Vgl. das Porträt des Präfekten Jeanbon St. André und die positiven Wirkungen seiner Regierung (Erweiterung der Festungsbauten, Freihafen etc. S. 146-149; vgl. auch S. 164ff.). Zurück
  217. Franz Dumont: Mayence. Das französische Mainz (1792/98 – 1814). In: Mainz. Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 319-374; Liste der Aufenthalte 369, Wirtschaftsförderung, 367 – mit der kritischen Anmerkung: „Doch aus dem Wirtschaftaufschwung wurde nichts“. Zurück
  218. Beutekunst unter Napoleon. Die französische Schenkung an Mainz 1803, Ausstellung des Landesmuseums Mainz 15. Okt. 2003 - 14. März 2004. Zurück
  219. Dumont, Mayence (wie Anm. 218), S. 367f. Zurück
  220. Zu denken wäre etwa an den ersten geschäftsführenden Vizepräsidenten der Mainzer Handelskammer (1798-1819) Heinrich von Mappes, der selbst wegen des Freihafens interveniert hatte, 1808 in die Ehrenlegion aufgenommen und 1812 zum ‚baron de l'Empire' ernannt wurde; zu ihm Friedrich Schütz: Heinrich von Mappes (1757-1845), der erste geschäftsführende Vizepräsident der Mainzer Handelskammer 1798-1819. In: Ders. (Hrsg.): Von Blau-Weiß-Rot zu Schwarz-Rot-Gold. Mainz vom Beginn der Napoleonischen Herrschaft 1798 bis zur Revolution von 1848, Mainz 1998, S. 63-72, oder auch an den Bürgermeister Franz Konrad Macké – just 1808 Trauzeuge bei der Hochzeit Brühls (Fr. Schütz, Nachwort zu H. Brühl, Mainz [wie Anm. 217], S. 3); allgemein Dumont, Mayence (wie Anm. 218), S. 366-368. – Vgl. im übrigen schon die ironisch-kritische Interpretation der Vignette bei Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 19f. Zurück
  221. Brühl erinnert noch 1829 dankbar an die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen und die glänzenden Perspektiven der Stadt - vor dem Rußlandfeldzug (H. Brühl, Mainz (wie Anm. 217), S. 148f). Zurück
  222. Schon 1804 hatte der Präfekt Jeanbon Saint-André, „der in seiner Mainzer Zeit keine Gelegenheit versäumt[e], um als ehemaliger Republikaner das Lob Napoleons zum Ausdruck zu bringen“ (Helmut Mathy: Revolutionär und populär. Der napoleonische Präfekt Jeanbon St. André [1802-1813]. In: Schütz, Blau-Weiß-Rot [wie Anm. 221], S. 39-50, hier S. 40f.), schon ein großes Denkmal für Gutenberg gefordert; zum Gutenbergplatz im Zusammenhang mit der napoleonischen Stadtplanung unter dem Chefarchitekten Eustache Saint-Far, ebd. S. 214f; Joachim Glatz: Stadtplanung, Architektur und Kunst im 19. und 20. Jahrhundert. In: Mainz. Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 1137-1172, hier S. 1137-1139, mit Abbildung eines Ausschnitts. Gut zu erkennen ist die riesige Anlage auch auf der Gesamtdarstellung des Plans bei Dumont, Mayence (wie Anm. 218), S. 371 und auf der CD-Rom: 2000 Jahre Mainz. Geschichte der Stadt digital, hg. vom Institut für Geschichtliche Landeskunde. Ausführlicher, ebenfalls mit Abb.: Luzie Bratner (Hrsg.): Das Mainzer Gutenbergdenkmal: von St. Far bis Thorvaldsen ; zu Entstehung und Geschichte des Gutenbergplatzes und des Gutenbergdenkmals. Begleitheft zur Ausstellung des Landesamtes für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz in Mainz im Auftrag des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz vom 4. August bis 30. September 2000, Alzey 2000, S. 7-14. Zurück
  223. Schütz, Blau-Weiß-Rot (wie Anm. 221), S. 225f.; Abb. auch in: Mainz Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 367. Zurück
  224. Schütz, Blau-Weiß-Rot (wie Anm. 221), S. 256f. Zurück
  225. Kurt Strecker: Geschichte des Mainzer Wappens. In: Mainzer Zeitschrift 7-10 (1912/15), S. 115-123, hier S. 120 mit Abb. Zurück
  226. Abb. 168 in: Mainz. Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 373. Zurück
  227. „Grand Livre établi à la réception des noms et des états de service de tous les bourgeois de Mayence alors encore existants qui ont servi SANS REPROCHE ET AVEC HONNEUR sous les drapeaux de NAPOLÉON [im Strahlenkranz] […] dédié à la mémoire du grand héros […] La période de l'an 1792 à 1814 occupera […]“ (Stadtarchiv Mainz, Nachlaß Veteranenverein, Nr. 5). Zurück
  228. Er amtierte von 1834-1836 (Rücktritt aus Protest gegen die beabsichtigte Übertragung der kommunalen Polizeihoheit auf staatliche Stellen) und wieder 1839-1841 (Rücktritt wegen Krankheit); Schütz, Blau-Weiß-Rot (wie Anm. 221), S. 264. Zurück
  229. Schütz, Blau-Weiß-Rot (wie Anm. 221), S. 256f.; Vgl. auch ebd. 16 zur „Erinnerung an die französische Revolution und an die napeoleonische Herrschaft [...], wie immer, wenn man sich schlecht behandelt fühlte“ mit dem Hinweis auf Treitschkes Bemerkung: „Man dachte nur noch an die Verdienste des trefflichen Präfekten Jeanbon St. André, an die mannigfache Gunst, welche der Imperator seiner deutschen Lieblingsstadt erwiesen und betrachtete den code Napoléon als das Bollwerk rheinhessischer Freiheit“. Zurück
  230. Vgl. schon die kritische Zusammenstellung bei Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 29-31. Spätere bei Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 108-110 mit Bezug auf die Königspfalz.  Zurück
  231. Diepenbach, Dagobertlegende (wie Anm. 3), S. 20. Zurück
  232. Mainz. Die Geschichte der Stadt (wie Anm. 14), S. 265; die deutsche Version von Franz Dumont spricht von Dagoberts Mainzer Pfalz (S. 264). Zurück
  233. Er verwies auch auf den Namen Selenhofen, der sich von Saalhof ableiten lasse „und damit sei ein königlicher Hof, eine fränkische Königspfalz gemeint. Und daß Dagobert, der letzte große Merowinger-König (nach ihm wurde die Dagobertstraße benannt) tatsächlich in Mainz war und sich sogar um den Dom verdient gemacht hat, das belegen alte Aufzeichnungen“ (Mainzer Allgemeine Zeitung vom 9. Nov. 2002, S. 17). Zu dem südlich der Stadtmauer gelegenen Selenhofen, in dessen Nähe ein fränkischer Friedhof aufgedeckt wurde: Weidemann, Topographie (wie Anm. 14), S. 186; mit Heinrich Büttner kann man hier allenfalls einen Herrenhof, vielleicht des Königs oder des Bischofs vermuten; Heinrich Büttner: Das fränkische Mainz. Ein Beitrag zum Kontinuitätsproblem und zur fränkischen und mittelalterlichen Geschichte. In: Aus Verfassungs- und Landesgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Theodor Mayer, 2, Lindau/Konstanz 1955, S. 231-243, hier S. 239; wieder in Alois Gerlich (Hrsg.): Zur frühmittelalterlichen Reichsgeschichte an Rhein, Main und Neckar, Lindau/Konstanz 1975, S. 145-157. Zurück
  234. Diepenbach beginnt seine Abhandlung, die er unter das Motto der MGH gestellt hat (Sanctus amor patriae dat animum) mit den Worten: „Die geschichtlichen Tatsachen sind meist viel nüchterner als die sagenbildende Phantasie des Volkes im Laufe der Zeiten sie werden läßt. Der Forscher muß leider oft den romantischen Kranz von Legenden, die sich um geringfügige Ereignisse gerankt hat, zerpflücken, will er in kritischer Würdigung der Quellen die geschichtliche Wahrheit erkennen und feststellen“ (Dagobertlegende [wie Anm. 3], S. 18). Vgl. oben Anm. 146. Zurück
  235. Brühl, Palatium (wie Anm. 6), S. 109 Anm. 228. Seit längerem interessieren wir Historiker uns freilich gerade für diese historischen Erinnerungen, die Wahrnehmung der Vergangenheit wie der Gegenwart und den Gebrauch der Vergangenheit – oder der Vorstellungen davon! – für aktuelle Zwecke. Gerade in den letzten Jahren sind dazu eine ganze Reihe von Arbeiten erschienen, jüngst etwa der in Anm. 83 zit. Sammelband von Laudage, in dem sich (S. 225-257) Hans-Werner Goetz auch in theoretischer Reflexion mit der Problematik auseinandersetzt: „Konstruktion der Vergangenheit“. Geschichtsbewusstsein und „Fiktionalität“ in der hochmittelalterlichen Chronistik, dargestellt am Beispiel der Annales Palidenses.  Zurück
  236. Folz, Tradition (wie Anm. 2), hier S. 24 zur Vita Dagoberts III. Zu den ebenfalls unter Fälschungsverdacht stehenden Gesta Dagoberti auch Max Buchner: Zur Entstehung und zur Tendenz der „Gesta Dagoberti“. Zugleich ein Beitrag zum Eigenkirchenwesen in Frankreich. In: Historisches Jahrbuch 47 (1927), S. 252-274. Zurück
  237. Auch dafür sei wiederum Robert Folz zitiert, um nicht den Eindruck zu erwecken, er sollte hier auf eine positivistische Kritik reduziert werden: „Une ou diverse, créée ou réelle, vigoureuse ou fragile, l'image du saint roi s'inscrit dans les multiples besoins de la société et de la mentalité médiévales“; Les saints rois du moyen âge en Occident (wie Anm. 2), S. 223. Zurück
  238. Johanek, Geschichtsschreibung (wie Anm. 177), S. 173. Zurück
  239. Zu diesem doppelten Interesse des modernen Historikers s. auch die Schlußbemerkung von Gilbert Dagron: Empereur et prêtre, Paris, 1996, p. 328: „Sur ce sujet comme sur tous les autres – est-il besoin de le dire?-, l'histoire ne donne raison à personne. Elle permet tout au plus de comprendre les justifications passées, et, pour le présent, de mesurer la part de fausseté de chacun, la dérive, puis le ‚mensonge' – pour reprendre l'expression des Frères Karamazov citée en commençant – qu'engendrent toute histoire devenue tradition, puis toute tradition devenue idéologie“. Zurück