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Albrecht von Brandenburg (1490–1545) Erzbischof und Kurfürst in einer Epoche des Umbruchs

von Hermann-Josef Braun

Einleitung

Der spätere Kurfürst und Erzbischof wurde am 28. Juni 1490 im heutigen Stadtgebiet von Berlin geboren und starb am 24. September 1545 in Mainz. Seine Lebenszeit fällt in eine Zeitspanne, die üblicherweise als Übergang vom Spätmittelalter zur Frühneuzeit charakterisiert wird. Woran macht man nun die neu anbrechende Zeitepoche fest? Das gängigste Datum ist die Entdeckung Amerikas im Jahre 1492. Durch diese Entdeckung wurde die abendländische Beschränkung des Gesichtskreises der Menschen aufgehoben und die "Neue Welt" rückte in das Blickfeld. Die Hinwendung zu Amerika hatte für die "Alte Welt" weitreichende Auswirkungen, nicht zuletzt in wirtschaftlicher, sozialer und geistesgeschichtlicher Hinsicht. Somit steht das Jahr 1492 zu Recht für einen gewaltigen Wendepunkt in der allgemeinen Entwicklung des Abendlandes.
Mehr noch als die Entdeckung Amerikas, deren Folgen erst nach und nach spürbar wurden, empfanden bereits die Zeitgenossen die Einführung der Reformation und damit den Zerfall der Glaubenseinheit als gewaltigen Einschnitt der bisherigen Entwicklung und den Beginn einer neuen Epoche. Während die Entdeckung Amerikas von Albrecht nicht bewusst erlebt werden konnte, ist er im Ringen um die Glaubenseinheit bzw. um die Durchsetzung der Reformation einer der Protagonisten.
Wesentliche Veränderungen ergaben sich zu Lebzeiten von Albrecht auch im Hinblick auf die innere Organisation der Staaten und der Staatsauffassungen. Gleichermaßen veränderten sich die Rechtsnormen und das gesamte Rechtsgefüge. Nach unserer heutigen Auffassung übt ein Staat in einem bestimmten, eindeutig umschriebenen und abgegrenzten Gebiet seine Hoheitsrechte in exklusiver Weise aus. Dies ist nicht immer so gewesen.
Der mittelalterliche Staat definierte sich nicht durch seine Hoheitsrechte über ein festgelegtes Gebiet, sondern über Personen. Entscheidend für die Staatlichkeit war die Zugehörigkeit von Personen und Personengruppen zum jeweiligen Territorium. Mit dem Territorialprinzip haben wir heute ein völlig anderes Prinzip der Definition eines Staates. Früher war es durchaus nicht ungewöhnlich, wenn in einem einzigen Ort mehrere Territorialherren Hoheitsrechte ausübten. Reste dieser sogenannten Kondominien, also Mehrherrschaften, hielten sich insbesondere im hiesigen südwestdeutschen Raum bis zum Ende des Alten Reiches, also bis um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.
Die Verwaltung des Personenverbandsstaates gestaltete sich im Laufe der Zeit zunehmend schwierig und unübersichtlich. Daher versuchten die Landesherren schon seit dem Mittelalter ihre Gebiete zu arrondieren und zu geschlossenen Einheiten zu gelangen, in denen alle Einwohner Mitglieder des gleichen Staates waren. Der Personenverbandsstaat galt als schwerfällig und zurückgeblieben, als Relikt einer überkommenen Zeit. Der moderne Flächenstaat begann sich abzuzeichnen. Diese Entwicklung war seit dem 16. Jahrhundert in vollem Gange.
Vergleichbares kann auch für das Rechtswesen festgehalten werden. Dieses war geprägt durch die mündliche Tradition. Recht hatte der, der das ältere und damit erhabenere Recht nachweisen konnte. Daher benötigte man beispielsweise auch lange Zeugenreihen, die einen Rechtsakt bestätigen konnten. Ein weiteres Merkmal war die Vielfältigkeit der örtlichen Sonderrechte. Jeder Ort hielt sein Weistum hoch. Damit wurde das Rechtswesen sehr variantenreich, und es waren in den einzelnen Örtlichkeiten jeweils ganz unterschiedliche Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dies erschwerte die Rechtskultur eines einheitlich verwalteten Staates ungemein. Der frühneuzeitliche Staat versuchte zusammen mit der Verwaltungsmodernisierung zugleich auch die Schwerfälligkeit und Diffusheit des Rechtswesens zu beseitigen und setzte auf die römische Rechtstradition. Dabei handelte es sich um ein schriftlich fixiertes kodifiziertes Recht, das von gelehrten Juristen ausgeübt wurde und in der Gesamtheit des Territoriums Gültigkeit beanspruchte.
Damit wird ein Spannungsbogen deutlich, in dem sich grundlegende Veränderungen und Umbrüche vollzogen. Der spätmittelalterliche Personenverbandsstaat zeigte Ansätze der Transformation zum modernen Rechtsstaat, die tradierte, aus der germanisch-deutschen Rechtstradition stammende Jurisprudenz trat zunehmend in eine spannungsreiche Beziehung zur römischen Rechtstradition. Mitten in dieser Zeit des Umbruchs erleben wir nun Albrecht als Mainzer Kurfürsten und Erzbischof. Die vorliegenden Ausführungen nehmen gerade diese Phase in den Blick, in der widerstrebende Entwicklungen miteinander rangen. Vor diesem Hintergrund ist es in besonderer Weise möglich, die Gestalt des Erzbischofs und Kurfürsten in unterschiedlichen Facetten darzustellen und ein differenziertes Bild von ihm zu zeichnen.

Biographischer Überblick

Albrecht entstammte dem Hochadel. Er war der zweite Sohn des Kurfürsten Johann Cicero von Brandenburg und dessen Frau Margaretha. Diese war eine Tochter des Herzogs Wilhelm III. von Sachsen und Thüringen. Seine Familie, die Hohenzollern, bestimmten zusammen mit den Habsburgern über mehrere Jahrhunderte maßgeblich die deutschen und europäischen politischen Verhältnisse.
In der älteren Literatur liest man immer wieder, Albrecht habe in Frankfurt an der Oder an der von seinem Bruder neu gegründeten Universität studiert, was für einen Fürstensohn aus dem Hochadel nicht unbedingt selbstverständlich war. Diese Ausbildung könnte maßgeblich seine Hinwendung zum Humanismus mit bestimmt haben, eine Einstellung, die für seine Regentschaft von eminenter Bedeutung werden sollte. Nach neueren Forschungen ist aber wohl davon auszugehen, dass Albrecht keine Universität besucht hat.
Als zweitgeborener Sohn kam er für die Erbfolge nicht in Frage und wurde schon früh für eine geistliche Laufbahn bestimmt. So wurde er bereits 1508, also mit 18 Jahren, Domherr wahrscheinlich in Magdeburg und 1509 in Mainz. Vermutlich verfügte er zur gleichen Zeit auch über ein Kanonikat in Trier. Diese Ämterhäufung war in der Zeit nicht ungewöhnlich. In Mainz verbrachte er ab 1510 seine einjährige Residenzpflicht. Albrechts älterer Bruder, der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg, bemühte sich auch weiterhin um die Karriere seines Bruders und bot dem Bischof von Utrecht 6.000 Gulden, falls er zu Gunsten Albrechts zurücktreten würde. Die Verhandlungen scheiterten allerdings.
Albrecht wurde im August 1513, also im Alter von 23 Jahren, zum Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt gewählt. Das kanonische Mindestalter für die Wahl zum Erzbischof betrug 30 Jahre. Im Februar des gleichen Jahres war er zum Priester geweiht worden. Papst Leo X. erhob lediglich wegen der Ämterhäufung Einspruch. Die anschließenden Verhandlungen mit der Kurie und eine beachtliche Dispenszahlung führten schließlich zu folgendem Kompromiss. Albrecht durfte zwar formell nicht Bischof von Halberstadt werden, ihm wurde aber zugestanden, das Bistum als Administrator zu verwalten.
Fast ein Jahr später, am 9. März 1514, wurde er mit 24 Jahren zum Erzbischof von Mainz gewählt. Albrecht war einer der wenigen Mainzer Erzbischöfe , die nicht aus dem heimischen Adel der engeren oder weiteren Mittelrheinregion stammten.
Es stellt sich natürlich die Frage, warum das Domkapitel ausgerechnet bei Albrecht eine Ausnahme machte und eine Person aus dem Hochadel wählte. Dies hatte zum einen finanzielle Gründe. So musste das Domkapitel zum vierten Mal innerhalb eines Jahrzehntes die Palliengelder in Höhe von 20.000 Gulden aufbringen. Die Mainzer Domherren einigten sich darauf, nur einen Bewerber zu wählen, der sich zuvor bereiterklärte, die Palliengelder aus eigener Tasche zu zahlen. Da diese Bedingung auch von den anderen Bewerbern erfüllt wurde, war wohl eher die Zusage Joachims ausschlaggebend, im Falle der Wahl seines Bruders das Mainzer Erzstift auf eigene Kosten in seinen Rechten und insbesondere in seinem Territorialbestand zu schützen. Damit war vor allem die Integrität des Erfurter Staates gemeint, d.h. die Zugehörigkeit zu Kurmainz. Erfurt war eine wichtige Handelsstadt in Thüringen. Allerdings wurde die Stadt dem Erzstift durch den Kurfürsten von Sachsen aus dem Hause Wettin streitig gemacht, der behauptete, alte Rechte an Erfurt zu haben.
Das Domkapitel in Mainz machte sich aus Eigeninteresse die Rivalität zwischen Hohenzollern und Wettinern zunutze. Dem Erzbischof von Magdeburg und Mainz sowie dem Kurfürsten von Brandenburg musste daran gelegen sein, Erfurt nicht in die Hände der Wettiner gelangen zu lassen. Deswegen bestand das Domkapitel auch darauf, dass Albrecht Erzbischof von Magdeburg blieb, da man befürchtete, sein Interesse an Erfurt könne sonst nachlassen. Albrechts Ämterhäufung lag also nicht nur an seinem eigenen Ehrgeiz, sondern war auch Teil des politischen Kalküls des Mainzer Domkapitels.
Der Höhepunkt der Karriere Albrechts war die Ernennung zum Kardinal am 1. August 1518 während des Reichstages zu Augsburg. Albrecht war zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre alt und hatte eine regelrechte Blitzkarriere ohne Beispiel durchlaufen. Niemals zuvor oder danach hat ein deutscher Kleriker eine solche Fülle von hohen und höchsten Ämtern in derart jungen Jahren erreicht.
In der Zeit, als er seiner Präsenzpflicht als Domherr in Mainz nachkam, hatte Albrecht hier vermutlich die Bäckerstochter Ursula Riedinger kennengelernt. Mit ihr unterhielt er jahrelang eine Liebesbeziehung – auch als Erzbischof und Kardinal – und machte aus diesem Verhältnis nie ein Geheimnis. Die Beziehung ging so weit, dass er auf mehreren Altarbildern sich selbst als Heiligen und die Geliebte als Heilige malen ließ.
Eine schwere politische Niederlage musste Albrecht im Zusammenhang mit der Sickingen-Fehde hinnehmen. Der Reichsritter Franz von Sickingen, Gönner der Humanisten und Reformatoren, war ein Condottiere großen Stils. Im August des Jahres 1522 begann er einen Feldzug gegen den Kurfürsten von Trier, Richard von Greiffenklau, und belagerte dessen Hauptstadt. Am 14. September 1522 aber brach der Feldzug zusammen und Sickingen flüchtete auf seine Burg Landstuhl in der Pfalz, bei deren Eroberung durch die Trierer er am 7. Mai 1523 umkam. Die Bundesgenossen des Franz von Sickingen, zu denen auch der Mainzer Kurfürst zählte, wurden zur Rechenschaft gezogen.
Als prominentester "Angeklagter" wurde Albrecht nach Frankfurt vor ein Fürstengericht geladen, das sich aus dem Erzbischof von Trier, dem Landgrafen von Hessen und dem Kurfürsten von der Pfalz zusammensetzte. Am 18. Oktober 1522 wurde Albrecht der Komplizenschaft für schuldig befunden und zur Zahlung einer Kontribution in Höhe von 25.000 Gulden verurteilt, die nur der Form halber als Vertrag kaschiert war. Im Domkapitel kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, als Albrecht dessen Zustimmung zur Aufbringung der Strafsumme verlangte. Der Domdekan Lorenz Truchsess von Pommersfelden weigerte sich, den Vertrag namens des Kapitels zu unterzeichnen, und warf Albrecht das Amtssiegel zornig vor die Füße. Das Domkapitel konnte schließlich nur dadurch zur Mitunterzeichnung des "Vertrages" bewogen werden, dass Albrecht ihm das Amt Höchst verpfändete. Der Kardinal, auch wenn er Sickingen nicht offiziell mit Truppen unterstützt hatte, war damit an dessen Landfriedensbruch für mitschuldig erklärt und öffentlich gebrandmarkt worden.
Im Jahre 1541 wurde in Albrechts sächsischen Besitzungen auf dem Landtag in Calbe, einer Kleinstadt an der Saale, die Forderung erhoben, die Reformation im Erzbistum Magdeburg und im Bistum Halberstadt einzuführen. Nach langen Verhandlungen gewährte Albrecht die verlangten Privilegien und gestattete gegen Übernahme seiner Schulden die Religionsfreiheit im Magdeburgischen und Halberstädtischen. Er verließ daraufhin seine sächsische Lieblingsresidenz Halle und kehrte auch nie wieder dorthin zurück.
Eng verknüpft mit dem Rückzug aus Halle ist die Geschichte des Halle­schen Heiltums. Das Heiltum selbst war Albrechts Reliquiensammlung, die er von seinem Vorgänger in Magdeburg, Erzbischof Ernst, geerbt und später ausgebaut hatte. Die Reliquiensammlung vereinte Kleinkunstwerke der verschiedensten Provenienzen. Bei seinem Weggang aus Halle löste Albrecht das Stift auf und nahm alles, was nicht niet- und nagelfest war, mit nach Mainz oder in seine neue Residenz Aschaffenburg, darunter auch die noch verbliebenen Reliquiare des Heiltums. Nach seinem Tod verkaufte das Mainzer Domkapitel weitere Stücke des Heiltums, um so die ererbte Schuldenlast zu tilgen. Dennoch muss sich im Mainzer Domschatz immer noch ein beträchtlicher Teil des einstigen Halleschen Heiltums befunden haben, bis die Schweden im Dreißigjährigen Krieg daraus reiche Beute machen konnten. Was dann noch übrig war, ist in den Wirren der napoleonischen Zeit fast alles zugrunde gegangen. Speziell von den Edelmetall-Arbeiten scheint fast alles in Schmelztiegel gewandert zu sein. Es ist kein Zufall, dass die meisten nachzuweisenden Fragmente aus Materialien sind, die man nicht umarbeiten kann, also Schnitzereien in Elfenbein oder Perlmutt, Halbedelstein-Schnitte usw.
Über den Reichtum und die wertvollen Arbeiten des Halleschen Heiltums sind wir durch die Heiltumsbücher unterrichtet. Diese waren eine Art Katalog in Form von Handschriften oder Holzschnitten. Das handgeschriebene Hallesche Heiltumsbuch war Albrechts eigenes Exemplar und wurde von ihm vielfach benutzt und handschriftlich ergänzt. Es wird heute in der Aschaffenburger Hofbibliothek aufbewahrt.
Die letzten Jahre seiner langen Regierung verbrachte Albrecht – veranlasst durch den Verlust der sächsischen Sprengel – hauptsächlich in Aschaffenburg. Auch das Ende seines Lebens wurde – wie übrigens seine gesamte Regierungszeit – von finanziellen Engpässen bestimmt. Seit dem Jahr 1541 war Albrecht derart krank, dass er seine Pflichten nur noch eingeschränkt wahrnehmen konnte. Bei dem 1545 eröffneten Konzil von Trient beispielsweise musste er sich vertreten lassen.
Im Sommer 1545 siedelte er von Aschaffenburg nach Mainz über, wo ihm das Domkapitel die Weiterzahlung seiner Apanage verweigerte. Am 15. Juli 1545 mahnte er gegenüber dem Domkapitel 8.000 Gulden an, die er zur Weiterführung seiner Hofhaltung dringend benötige. Drei Tage später, am 18. Juli, schickte er seinen Vertrauten, Bischof von Tettleben, zum Domkapitel und ließ ihn um Geld bitten. Das Domkapitel antwortete, weitere Zahlungen könnten nur dann erfolgen, wenn der Kurfürst sein Testament ändere. Albrecht hatte bereits sämtliche Kleinodien und kirchlichen Gerätschaften, d.h. die Reste des Halleschen Heiltums, dem Domkapitel vermacht, jedoch mit der Klausel de non aliendo. Dies bedeutete, dass die Schätze nur für den liturgischen Gebrauch verwendet, aber auf keinen Fall verkauft oder verpfändet, d.h. zu Geld gemacht werden dürften. Die Domherren verlangten die Aufhebung dieser Beschränkung durch notarielle Urkunde. Albrecht willigte schließlich – von äußerster Not getrieben – widerstrebend ein. Am 23. September 1545, buchstäblich auf dem Totenbett, unterzeichnete er die Testamentsänderung.
Am folgenden Tag, dem 24. September 1545, verstarb Albrecht im Alter von 55 Jahren in der Martinsburg in Mainz. Die Todesursache ist offiziell nicht überliefert. Es ist aber nicht auszuschließen, dass Albrecht den Spätfolgen einer Syphiliserkrankung erlag. Er hinterließ 23.000 Gulden an Schulden sowie kirchliche Kleinodien, Paramente und Pretiosen im Werte von 31.000 Gulden. Aus dem Überschuss der Hinterlassenschaft konnten die Domherren sogar noch das Grabmal für Albrecht bezahlen.

Reformation

Die Bewertung der Persönlichkeit und des Wirkens von Albrecht ist bis heute umstritten. Dies hängt nicht zuletzt mit der Reformation zusammen, in die Albrecht als Protagonist verwickelt war.
Die Evangelischen feiern den 31. Oktober als Reformationsfest. Dem liegt der angebliche Thesenanschlag zugrunde. An diesem Tag soll Martin Luther seine 95 Thesen wider den Ablass an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt haben. Obgleich dieser Thesenanschlag an der Schlosskirche tatsächlich in der überlieferten Form nie stattgefunden hat, waren die schriftlich formulierten Thesen als solche der Ausgangspunkt einer der gewaltigsten Erschütterungen in der Geschichte des Abendlandes. Die größte Glaubensspaltung der Alten Welt wurde letztlich nicht durch einen religiösen Vorgang ausgelöst, sondern durch ein Finanzierungsgeschäft allergrößten Ausmaßes.
Durch die Wahl zum Erzbischof war Albrecht Verbindlichkeiten in Höhe von 30.000 Gulden eingegangen, die er selbst nicht einlösen konnte. Daher schloss er ein Finanzierungsgeschäft mit dem Bankhaus Fugger ab. Am 15. April 1514 unterschrieb Albrecht die Schuldverschreibung, worauf die 30.000 Gulden unmittelbar an den Papst ausbezahlt wurden. Das Darlehen war innerhalb von acht Jahren in Jahresraten plus Zinsen zurückzuzahlen. Da Albrecht nicht über die notwendigen Eigenmittel verfügte, sollte die Rückzahlung des Darlehens aus Ablassgeldern getätigt werden, was auch vom Papst genehmigt wurde. Dabei machte der Papst, in dessen Kompetenz der Ablasshandel lag, die Gewährung von einer Verdoppelung der Summe abhängig. Der Ablass wurde Albrecht für seine Gebiete nur unter der Bedingung gewährt, dass statt der 30.000 Gulden dem Papst 60.000 Gulden als sogenannter Peterspfennig zufließen sollten. Wegen des Neubaues von St. Peter hatte der Papst zum damaligen Zeitpunkt einen geradezu unersättlichen Finanzbedarf.
Da jedoch die Organisation des Ablasses stets mit erheblichen Unkosten verbunden war und auch die Zinsen zu tilgen waren, musste in Wirklichkeit ein noch weit höherer Betrag als 60.000 Gulden eingesammelt werden, um das Geschäft vollständig abzuwickeln.
Für die Magdeburger Kirchenprovinz wurde der Dominikanerprior Johann Tetzel als Generalsubkommissar zur Durchführung des Ablassgeschäftes ernannt. Tetzel war im Ablassgeschäft sehr erfahren und hatte schon 1507 in Preußen eine große Ablassaktion zugunsten des Deutschen Ordens durchgeführt. Auch in Sachsen und Schlesien war er bereits vorher als Ablassprediger tätig gewesen. Auch dieses Mal konnte die Angelegenheit, vom Geschäftlichen her gesehen, erfolgreich abgeschlossen werden. Der Kredit über 60.000 Gulden zuzüglich der Zinsen und anderer Unkosten wurde vollständig zurückgezahlt. Genau dagegen, gegen den Ablass als Geschäftemacherei, wandte sich der Theologe Luther in seiner Aktion vom 31. Oktober 1517. Am gleichen Tag, an dem Luther seine 95 Thesen formuliert hatte, wandte er sich in einem Schreiben an Bischof Hieronymus Schultz in Brandenburg als den für ihn unmittelbar zuständigen Bischof sowie an Albrecht als seinen vorgesetzten Erzbischof. (Wittenberg gehörte politisch zu Kursachsen, kirchlich zur Diözese Brandenburg, die wiederum zur Erzdiözese Magdeburg.) Dem Schreiben fügte er seine Thesen bei. Albrecht ließ die Thesen der Universität Mainz zur Begutachtung vorlegen. Die Mainzer Professoren waren der Meinung, einige der Thesen seien falsch, doch das Werk sei im Ganzen nicht zu verdammen. Daraufhin sandte Albrecht den kompletten Vorgang nebst Gutachten nach Rom an den Papst mit der Bitte um Kenntnis- und Stellungnahme.
In der Kurie in Rom selbst wurde die Angelegenheit nicht weiter ernst genommen und als Mönchsgezänk abgetan. Allerdings lief die Angelegenheit weiter. Die Dominikaner beschuldigten Luther der Ketzerei und übersandten Beweismaterial. Kaiser Maximilian I. ersuchte den Papst, den Bann über Luther auszusprechen. Der Papst eröffnete schließlich einen Ketzerprozess. Zu diesem Zweck sollte Luther von Kardinal Cajetan in Deutschland verhört werden, was 1518 auf dem Reichstag in Augsburg geschah. Es handelte sich hierbei um den Reichstag, an dem Albrecht zum Kardinal erhoben wurde. Luther weigerte sich, seine Thesen zu widerrufen, und floh schließlich von dem Reichstag, um einer Verhaftung zu entgehen. Der Fall Luther lag jetzt ganz in den Händen des Papstes und des Reichstages.
Nach dem Misserfolg auf dem Reichstag und dem Scheitern der Leipziger Disputation zwischen Luther und Karlstadt einerseits sowie Johannes Eck andererseits Ende Juni/Anfang Juli 1519 unterzeichnete der Papst am 15. Juni 1520 die Bannandrohungsbulle gegen Luther und beauftragte Aleander und Eck als päpstliche Nuntien, die Bulle in Deutschland bekannt zu machen. Die Universitäten wiesen sie ab. Im kurmainzischen Erfurt wurde die Bulle in die Gera geworfen. Eck flüchtete nach Süddeutschland. In Mainz wollte der eigens angereiste päpstliche Nuntius Aleander im Einklang mit den in der Bannandrohungsbulle gegen Luther vorgesehenen Maßnahmen dessen Schriften am 28. November 1520 öffentlich verbrennen lassen. Doch am festgesetzten Termin kam alles anders. Der vorangehende Gottesdienst im Dom wurde massiv gestört, Aleander verhöhnt. Als der Henker auf dem Marktplatz den Scheiterhaufen mit den Publikationen Luthers anzünden sollte, kam es zum Eklat. Unter dem Jubel der Menge weigerte sich der Henker seine Arbeit zu verrichten. In seinem Zorn bedrohte Aleander alle mit dem päpstlichen Bann und wäre von der aufgebrachten Volksmasse beinahe gesteinigt worden. Nur mit Mühe entkam der Nuntius dem Tumult. Erst am folgenden Tag konnte in Mainz die Verbrennung dann in aller Stille durchgeführt werden.
Am 15. Dezember 1520 versammelte Luther die Wittenberger Studenten vor dem Stadttor, ließ einen Scheiterhaufen errichten und verbrannte die Bannandrohungsbulle des Papstes. So nahmen die Dinge ihren Lauf. Auf dem Reichstag, der 1521 nach Worms einberufen worden war, sollte die Angelegenheit der Ketzerei endgültig geklärt werden. Luther wurde auf den Reichstag geladen, um dort seine Thesen zu widerrufen. Trotz eingehender Warnungen seiner Freunde begab sich Luther nach Worms. Dort fiel dann der berühmte Satz: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen", den Luther formulierte, als man ihn statt zu disputieren lediglich aufforderte, seine Thesen zu widerrufen. Es kam zu tumultartigen Szenen. Luther und Albrecht begegneten sich auf diesem Reichstag mit Sicherheit persönlich. Möglicherweise imponierten dem Kardinal das Auftreten und die Persönlichkeit Luthers. Kaiser Karl V. wollte Luther sofort durch die vorbereitete Reichsachterklärung strafen und damit der Inquisition ausliefern, während Albrecht für hinhaltende Maßnahmen eintrat und so Luther die Gelegenheit verschaffte, den Reichstag unbehelligt zu verlassen und sich dem Zugriff des Kaisers zu entziehen. Nach dem inszenierten Scheinüberfall seines Landesherren, des Kurfürsten von Sachsen, der ihn auf die Wartburg bringen ließ, lebte Luther dort zehn Monate lang unter falschem Namen und in Verkleidung als Junker Jörg.
Man darf wohl mit Recht davon ausgehen, dass das Eintreten des Kardinals Luther schützte, so dass die Reformation weitergeführt werden konnte. Reformatorische Neigungen können dem Kardinal nicht abgesprochen werden. Dies zeigt sich u.a. auch an dem Personenkreis, mit dem Albrecht eng zusammenarbeitete.
1517 ernannte Albrecht beispielsweise Ulrich von Hutten zu seinem Hofrat. Hutten selbst ergriff im Laufe der Zeit immer mehr die Partei der Protestanten. Am 12. Juli 1520 kam es zu einem päpstlichen Monitum, das Albrecht veranlasste, Hutten vom Mainzer Hof zu entfernen und auf Dauer aus seinem weltlichen Territorium zu verbannen. Nach Huttens Verbannung behielt Albrecht den Domprediger Dr. Wolfgang Capito in seiner Nähe und ernannte ihn als Hofrat zu Huttens Nachfolger. Capito war ein Gegner des Papsttums und gehörte eindeutig zu den Anhängern Luthers. Albrecht blieb ihm bis zuletzt gewogen. Er sorgte dafür, dass Capito auf dem Reichstag zu Nürnberg in den Adelsstand erhoben wurde und im Jahr 1523 die sehr einträgliche Propstei zu St. Thomas in Straßburg erhielt. Capito verließ daraufhin Mainz und betrieb die Reformation von Straßburg aus in aller Offenheit. Dort starb er auch 1541.
Als Nachfolger von Capito nach dessen Weggang nach Straßburg ernannte Albrecht Dr. Johann Caspar Hedio zum Mainzer Domprediger. Hedio war mit Capito nach Mainz gekommen und machte keinerlei Hehl aus seiner lutherischen Gesinnung. Im Jahre 1523 bahnte sich jedoch ein Wandel in Albrechts religiöser Einstellung an. Während er bis dahin als reformationsfreundlich interpretiert werden kann, kam es im September 1523 zu einer ausdrücklichen Weisung an den Mainzer Klerus wegen der lutherischen Lehre. Entsprechend den Beschlüssen des Nürnberger Reichsabschieds und des Reichsmandats vom 6. März ordnete Albrecht am 10. September 1523 für seine Stifte an, "daß das heilig evangelium und die heiligen apostel nach auslegung der schriften von der heiligen cristlichen kirchen approbirten und angenomen lerer gepredigt und gelernt werden sollen".
Endgültig zog sich Albrecht dann 1525 unter dem Eindruck der Bauernkriege von der Reformation zurück. Dabei waren es allerdings weniger die religiösen Forderungen der Bauern, die Albrecht zurück in das katholische Lager führten, als das antifeudalistische, also das politische Programm der aufständischen Bauern.

Bauernkrieg

Auch das Kurfürstentum Mainz wurde vom Bauernkrieg oder besser den Bauernaufständen erfasst. Der Bauernkrieg begann im Herbst 1524. Der eigentliche große Aufruhr blieb auf die relativ kurze Zeitspanne vom Frühjahr bis Sommer 1525 beschränkt. Hauptkampfgebiete waren die Regionen vom Bodensee und Schwarzwald bis nach Franken; dazu kamen isolierte Kriegsschauplätze am Rhein und in Thüringen. Dabei gab es keine zentrale Steuerung, stattdessen aber eine Unzahl von weitverstreuten Einzelaktionen.
In Kurmainz kam es im März 1525 zu Aufständen im Odenwald. Im April 1525 stieß Götz von Berlichingen mit seinen Mannen zu den Bauern. Die Aufstandsbewegung weitete sich mit großer Dynamik ständig weiter aus. Man bildete ein gemeinsames Heer und belagerte Aschaffenburg. Albrechts dortiger Statthalter, der Straßburger Bischof Wilhelm von Hohenstein, kapitulierte. Er musste die zwölf Artikel, das ideologische Programm der Bauern, anerkennen, 15.000 Gulden an die Aufständischen zahlen, alle Klöster öffnen und den Befehlshabern des Bauernheeres Gehorsam leisten. Die entsprechende Urkunde, der sogenannte Miltenberger Vertrag, wurde am 7. Mai 1525 in Miltenberg unterzeichnet und in den kurmainzischen Besitzungen bekannt gemacht. Die Bauern konnten sich aber nicht lange halten und wurden am 2. Juni 1525 in der Schlacht bei Gerolzhofen größtenteils aufgerieben. Die Überlebenden wurden streng abgeurteilt, Hunderte hingerichtet. Damit war der Odenwälder Aufstand zusammengebrochen.
Auch im Rheingau kam es zur Revolte, wobei der Aufstand aber von eher lokaler Bedeutung blieb. Der bereits erwähnte Domprediger Kaspar Hedio hatte die Rheingauer Bauern schon vor 1525 zur Zehntverweigerung aufgefordert. Später unterstützte er von Straßburg aus die Aufständischen durch Druckschriften. Der eigentliche Aufstand brach am 23. April 1525 in Eltville los. Die Einwohner bewaffneten sich und mobilisierten alle Ortschaften des Rheingaues. Auf der Wacholderheide, dem traditionellen Versammlungsort der Rheingauer in der Nähe des Klosters Eberbach, traf man sich zu Verhandlungen mit Vertretern des Domkapitels. Die Hauptforderungen der Bauern waren: Reduzierung der Steuern und Zölle, freie Pfarrerwahl, Aufhebung der Klöster, Wegfall des Beitrages von 1.000 Gulden zur Finanzierung der Palliengelder, Vertreibung der Juden, freie Jagd und Fischerei. Da es zu keiner Einigung kam, brachen die Gewalttaten los. Das Kloster Eberbach wurde gestürmt, und die Plünderer berauschten sich dergestalt an den Weinvorräten, dass die Mönche die Betrunkenen wie Säcke nach außerhalb tragen und die Klosterpforten verschließen konnten. Wenn auch gewisse burleske Umstände den Geschehnissen nicht abzusprechen sind, wurde die ganze Angelegenheit doch wieder ernst. Die Bauern kehrten zurück, und der Abt musste eine Urkunde unterzeichnen, worin er zusicherte, dass das Kloster keine Novizen mehr aufnehmen würde. Der gesamte Grundbesitz des Klosters sollte der Rheingauer Landschaft zufallen. Vergleichbare Urkunden mussten auch die anderen Klöster des Rheingaues unterzeichnen.
Der Eindruck der Gewalttaten führte dann beim Domkapitel und auch beim Statthalter, Bischof Wilhelm von Hohenstein zu einer Kompromissbereitschaft. Am 18. Mai 1525 begaben sich Vertreter der kurfürstlichen mainzischen Regierung zur Wacholderheide und wurden dort von den Bauern gezwungen, die Forderungen der Aufständischen anzunehmen. Am folgenden Tag, dem 19. Mai 1525, wurde die Urkunde mit den sogenannten Rheingauer Artikeln ausgefertigt, die die oben erwähnten Forderungen enthielt. Die neuen Freiheiten der Aufständischen dauerten allerdings nur kurze Zeit. Bereits Anfang Juni kam es zum Gegenschlag. Nachdem der Feldherr des Schwäbischen Bundes, Georg Truchsess von Waldburg, genannt der "Bauernjörg", die Aufstände in Schwaben und Franken niedergeschlagen hatte, wollte er auch in den Rheingau einrücken und den dortigen Aufstand beenden.
Dagegen wandte sich allerdings Albrecht, der wohl nicht zu Unrecht eine Schwächung seiner Souveränitätsrechte befürchtete. Er beauftragte seinen Statthalter, Verhandlungen mit Truchsess von Waldburg zu führen mit dem Ziel, bewaffnete Auseinandersetzungen zu verhindern. Bischof Wilhelm und Truchsess von Waldburg trafen sich in Würzburg und handelten einen Kompromiss aus. Truchsess von Waldburg verzichtete darauf, mit seinem Heer im Rheingau einzufallen, unter der Bedingung, dass Kurmainz einen Beauftragten bestallte, der in der Lage war, den Bauernaufstand im Namen des Schwäbischen Bundes zu beenden. Der Mainzer Hofmeister Frowin von Hutten wurde mit dieser Aufgabe betraut. Er ließ im Rheingau bekannt machen, man könne den Einmarsch des Schwäbischen Bundes im Rheingau verhindern, wenn sich Deputierte ihm gegenüber unterwürfen. So kam es am 27. Juni 1525 zu den Unterwerfungserklärungen. Die entsprechenden Urkunden wurden am 13. und 14. Juli 1525 ausgefertigt. Darin wurde der Vertrag vom 18. Mai 1525 für null und nichtig erklärt. Zudem wurden mehrere frühere Privilegien und Rechte der Rheingauer aufgehoben. Die Einwohner mussten alle Waffen abliefern und eine Strafe von 15.000 Gulden zahlen. Neun der Anführer wurden in Eltville hingerichtet. Damit war der Aufstand im Rheingau zu Ende.
Einige Einwohner des Rheingaues hatten sich dem großen Bauernheer von 9.000 Mann angeschlossen, das sich um diese Zeit bei Worms gesammelt hatte. Am 23. und 24. Juni 1525 kam es bei Pfeddersheim zur Schlacht mit den kurpfälzischen Landsknechten, die mit einer vernichtenden Niederlage der Bauern endete. Etwa 4.000 fielen im Kampf, weitere 800 wurden auf der Flucht erschlagen.
Auch in der Stadt Mainz selbst gab es Unruhen. Nach der Markusprozession am 25. April 1525, bei der die Bürger traditionell vor die Tore der Stadt zum Stift Heiligkreuz zogen, kam es zu einer Zusammenrottung einer bewaffneten Bürgerschaft auf dem Tiermarkt, dem heutigen Schillerplatz. Die Bürger zwangen den Magistrat, ihnen die Schlüssel der Stadt zu übergeben. Es gelang dem Klerus und dem Magistrat jedoch durch die Annahme einer Reihe von Forderungen, der sogenannten 31 Artikel, die im Wesentlichen den üblichen Forderungen der Bauern entsprachen, am 27. April 1525 die Aufständischen zu beschwichtigen. Insgesamt wurde die Erhebung von der Bürgerschaft nicht dazu instrumentalisiert, die städtische Autonomie wiederzuerlangen. Im letzten Artikel betonten die Bürger ausdrücklich, dass sie die Herrschaft des Kurfürsten, ja selbst die Rechte des Domkapitels nicht antasten wollten.
In Mainz brach der Aufstand etwas früher als im Rheingau zusammen. Auf die Nachricht von der militärischen Niederlage der Bauern und dem Herannahen des Heeres des Schwäbischen Bundes machte sich bei den Aufständischen Ernüchterung breit. Die politische Führung in der Stadt übernahmen nun wiederum die früheren Honoratioren. Am 22. Juni ernannte die Stadt ihre Bevollmächtigten für die Friedensverhandlungen. Am 1. Juli erschien Frowin von Hutten mit 400 Bewaffneten in Mainz und zwang die Bürger, sich erneut auf dem Tiermarkt zu versammeln. Das Kompromissabkommen vom 27. April wurde in der Öffentlichkeit zerschnitten und durch Abschneiden der Siegel das Dokument ungültig gemacht. Die Mainzer Bürgerschaft wurde gezwungen, ihre vollständige Unterwerfung zu deklarieren. Ebenso wie die Rheingauer mussten sie 15.000 Gulden Strafe bezahlen. Die Rädelsführer wurden der Stadt verwiesen.
Auch in der Stadt Bingen, die seit 1438 dem Domkapitel gehörte, war es zu Aufständen gekommen, die am 23. Juni 1525 zusammenbrachen. Der Unterwerfungsakt fand am 15. Juli 1525 auf dem Platz vor der Burg Klopp statt. Die Stadt verlor viele Rechte und wurde zu Schadensersatz verpflichtet. Drei der Anführer der Aufständischen wurden hingerichtet.
In der Zeit des Aufstandes verblieb Albrecht in Halle. Möglicherweise schätzte er seine dortige Anwesenheit dringender ein als im Rheinland. Immerhin war Thüringen eines der Zentren des Aufstandes. Die aufständischen Bauern wurden allerdings schon am 15. Mai 1525 bei Frankenhausen von den Soldaten der benachbarten Fürsten vernichtend geschlagen, noch ehe sie mainzisches Territorium betreten hatten. Zwei Wochen später wurde Thomas Müntzer hingerichtet, einer der zentralen Leitfiguren des Aufstandes in Thüringen.
Zum Gedenken an den Bauernkrieg, d.h. die Niederschlagung der Aufstände sowie an die siegreiche Schlacht bei Pavia, und den für ihn insgesamt günstigen Ausgang der Revolte von 1525 ließ Albrecht im Jahr 1526 den noch heute erhaltenen Marktbrunnen errichten.
Der Bauernkrieg von 1525 bildete die entscheidende Wende in Albrechts Haltung zur Reformation. Er entfernte sich in der Folge von allen reformatorischen Neigungen und stellte sich eindeutig auf die altgläubige, also katholische und päpstliche Seite. Im Dessauer Bund von 1525 vereinigte er sich mit den Herzögen von Braunschweig und des albertinischen Sachsens zur Verteidigung des katholischen Glaubens. Albrecht konzentrierte sich in der Folge auf seine religiösen und administrativen Aufgaben sowie auf die Unterstützung der Gegenreformation.
Er ging streng und mit harten Strafen gegen alle Geistlichen vor, die sich nicht nach seiner Anweisung vom September 1523 richteten und der neuen Lehre weiterhin anhingen. Luther war diese Hinwendung zum alten Glauben nicht unbemerkt geblieben, und die Fronten versteiften sich. Luther gab vermutlich jede Hoffnung auf, den Kardinal noch auf seine Seite ziehen zu können, und publizierte 1526 in Wittenberg die Schrift "Wider den rechten aufrührerischen, verräterischen und morderischen Ratschlag der ganzen mainzischen Pfafferei; Unterricht und Warnung Martin Luthers".

Albrecht und das Domkapitel

Wie bereits dargestellt, war Albrecht bei der Wahl zum Erzbischof der Wunschkandidat des Domkapitels. Dieser natürliche Gleichklang der Interessenlage zerbrach jedoch sehr schnell und wich einer stetig sich steigernden Abneigung. Das Beispiel der Sickingen-Fehde von 1522 sowie das Lebensende von Albrecht wurden bereits erwähnt.
In der Wahlkapitulation hatte sich Albrecht verpflichtet, keine Darlehen über 2.000 Gulden ohne Genehmigung des Kapitels aufzunehmen. Daher mussten Albrechts Räte und Vertraute immer wieder vor dem Domdekan und dem Kapitel erscheinen, um in Verhandlungen einen Konsens für neue Anleihen herzustellen. Dabei stießen zwei gegensätzliche Welten aufeinander. Auf der einen Seite der weltmännisch und finanziell großzügige Erzbischof, der daher auch permanent in Geldnöten war, auf der anderen Seite ein Kapitel, das die eher kritische Haushaltssituation des Erzstiftes und des Erzbistums nie aus den Augen verlor und den Erzbischof in seinem Finanzgebaren immer wieder auszubremsen versuchte. Aus diesem ständigen Kleinkrieg entwickelte sich mit der Zeit eine unverhohlene Feindschaft, wie sie dann an Albrechts Sterbelager deutlich zum Ausdruck kam.
Die Leitung des Kapitels lag beim Domdekan. Dieser war dadurch sozusagen der Wortführer des Kapitels und wurde in dieser Funktion mehr oder weniger automatisch der Hauptgegner des Erzbischofs. Bei Albrechts Wahl war Lorenz Truchsess von Pommersfelden Domdekan. Er übte diese Funktion seit 1513 aus. Der Höhepunkt der Gegnerschaft zwischen Erzbischof und Domdekan wurde 1528 erreicht. Der Landgraf von Hessen, das gesamte Mittelalter hindurch ein natürlicher Gegner des Erzstiftes Mainz, hatte wieder einmal zu einem Krieg gegen Mainz gerüstet, der mit viel Mühe im Vertrag von Hitzkirchen am 11. Juni 1528 abgewandt werden konnte. Albrecht, der sich unschuldig einer militärischen Aggression ausgesetzt fühlte, hatte sich lange geweigert, die für ihn ungünstigen und nach seinem Empfinden unrechtmäßigen Bedingungen zu akzeptieren. Danach verzichtete Mainz auf seine geistliche Jurisdiktion in Hessen und Sachsen und verpflichtete sich, 40.000 Gulden „Sühnegeld“ an Hessen zu zahlen. Zur Sicherung der Zahlungen musste die Stadt Gernsheim an Hessen verpfändet werden. Wegen der Bewilligung der Gelder kam es am 12. Juni 1528 zum Eklat, als sich der Domdekan vehement gegen den Vertrag und seine Bedingungen aussprach und die Sitzung verließ. Bei der nächsten Kapitelsitzung am 1. Juli 1528, bei der der Domdekan anwesend war, nahm ihn Albrecht persönlich gefangen und ließ ihn durch seine Bediensteten abführen. In der anschließenden Sitzung rechtfertigte Albrecht sein Vorgehen. Der Domdekan habe ihn mit Pontius Pilatus verglichen, ihn einen Narren genannt, wegen seiner Kleidung als Nonne verspottet, seine Befehle sabotiert, das Domkapitel gegen ihn aufgebracht, Reformen abgelehnt und anlässlich der Unterzeichnung des Sühnevertrages nach dem Sickingen-Feldzug seine Zustimmung verweigert. Obgleich das Kapitel in den folgenden Tagen für den Domdekan eintrat, ließ sich Albrecht nicht erweichen. Der Domdekan wurde in verschärfter Haft und in Ketten gehalten. Nach einer Woche gab Truchsess von Pommersfelden auf, unterzeichnete eine Unterwerfungsurkunde, worin er das Amt des Dekans zur Verfügung stellte und sich verpflichtete, den Kurstaat sofort zu verlassen. Als Garantie für die Einhaltung der Bedingungen musste er drei Mainzer Domherren als Bürgen stellen. Nachdem er freigekommen war, versuchte er wieder in seine früheren Rechte eingesetzt zu werden. Nach zwei Jahren ständiger Auseinandersetzungen wurde die Angelegenheit schließlich auf dem Augsburger Reichstag von 1530 endgültig in einem Vergleich beigelegt und geregelt. Danach erhielt Lorenz Truchsess von Pommersfelden eine lebenslängliche Rente von 300 Gulden im Gegenzug für sein Schweigen. Truchsess starb 1543 in Würzburg, wo er als einfacher Domherr lebte, und wurde im dortigen Dom beerdigt.
Dieser Konflikt kann stellvertretend für viele weitere zwischen Domkapitel und Erzbischof stehen. So hatte das Kapitel beispielsweise 1518, als die Nachricht durchsickerte, Albrecht solle zum Kardinal ernannt werden, den Kandidaten schriftlich zur Verzichterklärung auf die Kardinalsernennung aufgefordert. Im Hintergrund stand die Furcht, die neue Würde könnte die eigenen Rechte tangieren oder schmälern.
Nachdem 1524 auf dem zweiten Reichstag von Nürnberg beschlossen worden war, die Türkenhilfe tatsächlich praktisch umzusetzen und Truppenkontingente zu finanzieren, versuchten – wohl unter Anstiftung der Mainzer – die Domkapitel der geistlichen Kurfürsten diesen Beschluss mit dem Hinweis zu unterlaufen, die Kurfürsten hätten ihm nicht ohne vorherige Einwilligung der Kapitel zustimmen dürfen. Immerhin wurde Albrecht gezwungen, die fraglichen 25.000 Gulden, mit denen er beim Reichstag im Wort war, über eine verzinsliche Kreditaufnahme zu finanzieren.
Die Differenzen zum Domkapitel blieben aber nicht auf den finanziellen Sektor beschränkt. Auch umfassende Reformvorhaben in Justiz und Verwaltung stießen im Domkapitel auf entschiedene Ablehnung.

Rechtswesen / Justiz

Die Rezeption des römischen Rechtes im Hochmittelalter ist ein gemeineuropäischer Vorgang. Sie erfolgte für das Reich durch die in Italien ausgebildeten fürstlichen und städtischen Räte sowie durch die Verankerung des Römischen Rechtes an den jungen deutschen Universitäten. Der Gedanke eines relativ königsfreien und zugleich die modernen Prinzipien von Schriftlichkeit und vom Abbau lokaler und regionaler Sonderrechte umsetzenden Zentralgerichtes für alle Belange der inneren Friedenswahrung gewann mehr und mehr an Gewicht. Das 1495 von den Ständen unter Führung Bertholds von Henneberg schließlich durchgesetzte Reichskammergericht verdankte seine Struktur dem Durchsetzungsvermögen der Fürsten. Das Reichskammergericht war zugleich aber auch eine Antwort auf die aktuellen Bedürfnisse, das zunehmend um sich greifende Fehdewesen als traditionelles Rechtsmittel zu disqualifizieren. Das römische Recht kannte nur das Gewaltmonopol des Staates und nicht mehr das Selbsthilferecht des adligen Privatmannes. Der parallel zum Reichskammergericht aufgerichtete „Ewige Landfriede“ statuierte das absolute Fehdeverbot für jeden einzelnen Reichsbewohner. Es lässt sich daher konstatieren, dass das römische Recht, das die Fürsten und freien Städte für den Ausbau ihrer jeweiligen Landesherrschaft bereits mit viel Erfolg instrumentalisiert hatten, durch die Etablierung des Reichskammergerichtes einen weiteren nachhaltigen Schub erhielt. Das Reichskammergericht setzte als letztinstanzliches Appellationsgericht für Untertanenprozesse den Aufbau eines entsprechenden, auf denselben juristischen Grundlagen beruhenden territorialstaatlichen Instanzenzuges mit einem Hof- oder Stadtgericht als absoluter Instanz voraus, von dem aus Appellationen an das Reichsgericht statthaft waren. Die Einrichtung der modernen territorialen Zentralgerichte mit der typischen Schriftlichkeit des Verfahrens und dem studierten gelehrten Richter ging in den meisten Territorien deswegen ganz folgerichtig einher mit Rechtsreformationen, also mit Kodifikationen von Rechtserneuerungen, die das römische Recht – allenfalls mit vorsichtiger Beibehaltung einiger vorzugswürdiger Elemente des alten heimischen Rechtes – adaptierten. Die Rezeption des römischen Rechtes kam der Tendenz der Fürsten nach Verdichtung und Straffung des Territorialstaates entgegen.
Kommen wir zu Albrecht von Brandenburg zurück. Albrecht stand zu Beginn seiner Regierungszeit vor dem Problem, dass die Modernisierungen auf der Reichsebene kompatibel sein mussten mit dem Ausbau seines Kurstaates bzw. ihn nicht behindern durften. Was also hat er unternommen?
Seit seinem Regierungsantritt bemühte sich der neue Kurfürst um das Gerichtswesen. Im Jahre 1516 wurde das Hofgericht eingerichtet, und zwar auf der Grundlage der am 19. Januar 1516 publizierten Hofgerichtsordnung, die jedoch erst fünf Jahre später, am 21. Mai 1521, von Kaiser Karl V. konfirmiert wurde.
Das Hofgericht setzte sich aus einem Vorsitzenden und zehn Richtern zusammen. Diese waren teils Doktoren der Rechte, teils Angehörige des Adels. Damit wurde erstmals eine Zentralinstanz geschaffen und außerdem ein Appellationsgericht, das bisher völlig gefehlt hatte. Der Name weist darauf hin, dass das Gericht aus einem ursprünglich höfischen Gericht hervorging, das der Fürst persönlich abhielt. Trotz dieses Namens wurde die Behörde bewusst vom Hofstaat getrennt. Das Hofgericht sollte nicht der Residenz des Fürsten folgen, sondern erhielt einen festen Sitz in der Stadt Mainz. Es tagte zunächst im Rathaus. Um die Unabhängigkeit des Gerichtswesens zu garantieren, wurde vermieden, die Beamten mit dem Hof in Berührung zu bringen. Allerdings musste dieser Grundsatz gegen Widerstände verteidigt werden. Insbesondere das Domkapitel machte immer wieder Vorbehalte geltend, das Gericht sei zu teuer und müsse reformiert werden. Um die Ausgaben für die Justiz nicht noch zu vergrößern, verzichtete Kurmainz darauf, ein Gericht dritter Instanz zu schaffen, dessen Etablierung dem Kurstaat durch das Privilegium de non appellando der Goldenen Bulle gestattet war. Die Berufungen gegen Hofgerichtsurteile gingen deshalb unter stetem Vorbehalt der kurfürstlichen Rechte an das Reichskammergericht.
Das Hofgericht konnte Gericht erster oder zweiter Instanz sein. In erster Instanz konnte jede weltliche Streitsache entschieden werden; vor allem gehörten hierzu die Prozesse, bei denen der Kurfürst interessiert war, die des Adels und des Beamtentums sowie aller weltlichen Personen, die einen eximierten Gerichtsstand hatten. Dem Kurfürsten stand es frei, Rechtsfälle an das Hofgericht zu verweisen.
In zweiter Instanz war das Hofgericht für alle Berufungen zuständig, die gegen Urteile der Untergerichte in einer Frist von zehn Tagen nach erfolgtem Rechtsspruch eingelegt wurden. Voraussetzung für die Appellation war, dass der Streitwert mehr als 25 rheinische Gulden betrug. Alle Geistlichen waren der Gerichtsbarkeit des Hofgerichtes entzogen. Sie unterstanden in erster Instanz dem Vikariat bzw. dem Offizialat.
Das Hauptverfahren war schriftlich. Die Klagen oder Berufungen waren dem Hofgericht ohne Vermittlung der Lokalbeamten, und zwar durch einen Advokaten oder Prokurator, einzureichen. Nur klagende Doktoren oder Lizentiaten durften sie selbst anfertigen. Die Advokaten mussten Graduierte einer juristischen Fakultät sein. Die Prokuratoren waren Subalternbeamte, die ihre Tätigkeit nur im Nebenberuf ausübten. Sie durften keine Schriftsätze anfertigen wie die Advokaten, sondern nur den mündlichen Sachvortrag vor Gericht halten. Die Gebühren der Advokaten und Prokuratoren konnten auf Antrag der Parteien durch das Hofgericht festgesetzt werden.
Die Hofgerichtsordnung gilt als das erste Landesgesetz. Zuvor hatte es im Mainzer Territorium weltliche Gesetze nur in geringer Zahl und auch nur für einzelne Städte und Landesteile gegeben. Die Hofgerichtsordnung leitete die Staats- und Verwaltungsreformen von Kurfürst Albrecht von Brandenburg ein und war Ausgangspunkt für seine Verwaltungs- und Justizreform im Erzstift Mainz. Sie gewann bestimmenden Einfluss auf die Justizpflege im Territorium. Der Geltungsbereich umfasste grundsätzlich das gesamte Erzstift, allerdings mit Modifikationen für das Eichsfeld und für die Stadt Erfurt. Im Ganzen sind in die Hofgerichtsordnung sowohl Elemente des Reichsrechtes als auch des partikularen Rechtes eingegangen.
Die Rolle der Mainzer Hofgerichtsordnung als Mustersatzung kann hier nur angedeutet werden. Sie wirkte einmal auf das Reichsrecht, gewann zum anderen auch modellhaften Charakter für eine Reihe von territorialen Hofgerichtsordnungen.
Den zweiten Markstein kurmainzischer Justizreform setzte Albrecht durch die Untergerichtsordnung von 1534. Ihr Anliegen war es, im gesamten Erzstift ein einheitliches Recht zu schaffen. Ein gewisser Zwang zu einer Neugestaltung des Untergerichtswesens ging vor allem auch von den als Appellationsinstanz ausgestalteten oberen Gerichten aus, besonders dem Hofgericht. Bei der Untergerichtsordnung handelte es sich im Wesentlichen um eine Prozessordnung, der eides- und andere prozessrelevante Formulare beigefügt waren. Darüber hinaus befasste sich die Untergerichtsordnung noch mit Einkindschaften (d.h. der vermögensrechtlichen Gleichstellung von Stiefgeschwistern) und Vormundschaftsangelegenheiten. Die Mainzer Untergerichtsordnung gilt als eine der wichtigsten Rechtsquellen der Zeit und diente anderen zeitgenössischen Ordnungen als Vorbild.

Allgemeine Verwaltung des Landes

Mit den Reformen im Justiz- und Gerichtswesen war ein Modernisierungsschub verbunden. Eine vergleichbare Tendenz versuchte Albrecht auch in der allgemeinen Verwaltung des Staates umzusetzen. Die zentrale Landesverwaltung bewegte sich in Kurmainz zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch vollständig im Rahmen des Hoflebens. Eine geordnete und festgefügte Zentralbehörde existierte noch nicht. Hier setzten die Neuerungen Albrechts zur Schaffung neuer Strukturen ein. Durch die Trennung des Hofgerichts von der allgemeinen Verwaltung und seiner Umgestaltung zu einem permanenten Gerichtshof wurde den am Hof befindlichen Räten ermöglicht, sich vorzugsweise den Regierungsgeschäften zu widmen. Aufgrund des Besitzes der beiden geistlichen Fürstentümer Magdeburg und Halberstadt war Albrecht sehr häufig vom Erzstift Mainz abwesend, so dass es wünschenswert erschien, die Landesverwaltung vom Hofstaat unabhängig zu machen. Albrecht versuchte zunächst mit Hilfe des Domkapitels, die Zentralverwaltung des Erzstiftes in geordnete Bahnen zu leiten. Dabei fand er aber keine Unterstützung. Vielmehr verweigerte sich das Kapitel mit dem Hinweis, es sei unerfahren im Regierungshandeln. Tatsächlich aber dürfte der Grund wohl der gewesen sein, dass man zwar einen möglichst großen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte ausüben, dabei jedoch keine Verantwortung übernehmen wollte.
Die Misshelligkeiten der Jahre 1521 und 1522 mit dem Domkapitel dürften die unmittelbare Veranlassung gewesen sein, dass Albrecht ohne Hilfe des Kapitels zu einer grundlegenden Reform schritt. Er richtete anstelle des ungeordneten Rates ohne bestimmte Mitglieder eine dauerhafte und feste Behörde ein, den beständigen oder geordneten Rat, dem auf Dauer die Landesverwaltung übertragen wurde. Die neue Behörde trug später den Namen Hofrat. Eine Errichtungsurkunde ist nicht erhalten, der Hofrat ist aber vermutlich im Juni oder Juli des Jahres 1522 entstanden. Ein fast gleichzeitiges Dokument gibt ein Bild von der Organisation und von der ersten Tätigkeit des Rates. Vor einer Reise nach Nürnberg erließ Albrecht am 6. November 1522 eine Verordnung, wodurch er die geordneten Räte als „Regiment“ einsetzte, d.h. als Vertretung des Kurfürsten für die Dauer seiner Abwesenheit.
Eine zentrale Aufgabe des „Regiments“ bzw. Hofrats war es, die nach Meinung Albrechts große Unordnung in den Ämtern und Kellereien zu beheben. Der neuen Behörde wurde also vom Kurfürsten der Auftrag erteilt, die Lokalverwaltung zu reformieren. Damit wurde der Hofrat gleichermaßen zur obersten Verwaltungs- und zugleich Aufsichtsbehörde für die Lokalverwaltungen. Der Hofrat bestand im Ganzen aus 13 Mitgliedern. Neun Räte wurden vom Kurfürsten ernannt, die restlichen vier Räte deputierten jeweils die Körperschaften der Prälaten, des Adels sowie des Unter- und des Oberstifts. Somit wurde den Ständen eine Teilnahme an der Landesverwaltung zugebilligt. Die neun vom Landesherrn ernannten Räte waren der Hofmeister, der Kanzler, der Marschall, zwei Domherren, zwei gelehrte Rechtsdoktoren sowie zwei Adlige. Damit wurde erstmals eine feste zentrale Verwaltungsinstanz geschaffen. Der Bauernkrieg führte dazu, dass die ständischen Vertreter von Unter- und Oberstift ihren Sitz im Hofrat verloren.
Mit Hilfe des Hofrates erließ Albrecht in den Jahren zwischen 1526 bis 1528 insgesamt 15 Städteverordnungen sowie zwei Landesordnungen für das Oberstift und den Rheingau. Der Inhalt aller Ordnungen war im Wesentlichen derselbe. Den wichtigsten Unterschied gegenüber dem früheren Zustand bildete die Einschränkung der Selbstverwaltung. Danach durften die Ortschaften nicht einmal die Schöffen zu den Untergerichten selbst wählen, sie hatten nur noch das Vorschlagsrecht.
Im Jahr 1541 erließ Albrecht eine neue Ordnung für Rat und Kanzlei. In ihr wurde das Verhältnis des Hofrates zu den Ortsbehörden genau bestimmt und der Geschäftsgang entsprechend den seit dem Jahr 1522 gemachten Erfahrungen möglichst einfach gestaltet. Damit wurde erstmals eine genaue Abgrenzung der Zuständigkeiten des Hofrates zu den Lokalbehörden vorgenommen, während er die Lokalverwaltungen in der überkommenen Form bestehen ließ.
Im Spätmittelalter hatten sich die Ämter als unterste Verwaltungsbezirke des Erzstiftes herausgebildet, analog der Situation in anderen Territorien. Die Verwaltung der Ämter lag in den Händen der Amtleute. Sie sprachen in Zivilstreitigkeiten Recht und führten die Untersuchung in Kriminalprozessen. Eine Einmischung in die Finanzverwaltung war ihnen verboten. Diese lag bei den Kellnern oder Kellern. Jedes Amt war in einen oder mehrere Finanzverwaltungsbezirke gegliedert, die sog. Kellereien. Die Amtleute in den Bezirken mit mehreren Kellereien trugen gewöhnlich den Titel Oberamtmann.
Als vornehmste lokale Beamte galten die Vizedome in den drei Hauptstädten Mainz, Aschaffenburg und Eltville. Der Vizedom war als Vertreter des Landesherren in der Provinz gedacht. Die tatsächlichen Befugnisse des Vizedoms glichen jedoch nur denen des Oberamtmannes.
Diese Gliederung der Verwaltung auf der untersten Ebene galt für das Unter- und das Oberstift. Eine besondere Verfassung und Verwaltung besaßen Erfurt und das Eichsfeld. Sie hatten ihre eigenen Statthalter und auch eigene Landstände und unterstanden im Allgemeinen nicht der mainzischen Zentralverwaltung.
Als Albrecht den Rat 1522 einsetzte, ließ er ihm zunächst im Interesse seiner Reformtätigkeit einen sehr weiten Spielraum. Dies änderte sich mit dem Abschluss der Verwaltungsreformvorhaben um die Mitte der 1530er Jahre. Nun hörte die unumschränkte Vollmacht des Hofrates gegenüber den anderen Behörden auf. Seine Tätigkeit wurde durch die Ordnung des Jahres 1541 entsprechend den neuen Bestimmungen für die Lokalverwaltung abgegrenzt. Seine Geschäfte zerfielen in zwei große Bereiche: 1. In Angelegenheiten, die den Landesherrn oder das Erzstift unmittelbar betrafen und 2. in die Sachen der Untertanen. Darunter verstand man die Streitigkeiten der Landesbewohner untereinander, mit den Lokalbehörden oder mit den Angehörigen anderer Territorien.
Insgesamt stand dem Hofrat die Gerichtsbarkeit in Verwaltungs- und Finanzsachen zu. Ansonsten durfte er als Gerichtshof nur unter besonderen Umständen fungieren. Dies war der Fall, wenn die Beamten und Bedienten des Hofes, die in erster Instanz nicht den gewöhnlichen Gerichten, sondern dem Burggericht unterstanden, gegen dessen Urteil appellierten. Dann war der Hofrat zuständig und nicht das Hofgericht. Ferner durften die Untergerichte dem Hofrat in schwierigen Streitfragen die Akten einsenden, um das Urteil durch ihn fällen zu lassen. Die Untergerichtsordnung von 1534 ge­stattete den Lokalgerichten ausdrücklich ein solches Verfahren. Auch war es den Räten erlaubt, ihre eigenen Streitigkeiten vor den Hofrat zu ziehen, wenn die Gegenpartei einwilligte. Schließlich konnte der Kurfürst selbst alles, was er für geeignet hielt, dem Rat zur rechtlichen Erledigung überweisen.
Die Befugnisse des Rates in Kriminalsachen sind nicht genau zu ermitteln. Ebenfalls schwer festzustellen ist es, bis zu welchem Grad der Hofrat Entscheidungsgewalt besaß und in welchem Maße er nur beratende Behörde war.
Einen festen Sitz hatte der Hofrat nicht. Vielmehr folgte er dem Fürsten in seine jeweilige Residenz. Die Ratssitzungen wurden abwechselnd in der alten Ratsstube zu Aschaffenburg und der Ratsstube zu Mainz abgehalten.

Resümee

Die Beurteilung der Gestalt des Mainzer Erzbischofs und Kurfürsten Albrecht von Brandenburg ist immer sehr eng mit der Einführung der Reformation verbunden. Es wäre aber eine unzulässige Einseitigkeit, wenn man ihn ausschließlich auf dieses Ereignisfeld festnageln wollte. Wenn man seine Regierungszeit insgesamt betrachtet, stellt man fest, dass er zu unterschiedlichen Zeiten sehr unterschiedlich beurteilt wurde. Dies hängt nicht zuletzt auch vom jeweiligen Standpunkt des Betrachters ab. Vor allem in der konfessionell katholisch geprägten älteren Literatur wird über Albrecht der Stab gebrochen und mit ihm regelrecht abgerechnet. Als eifriger Gönner der Humanisten habe er bei Beginn der lutherischen Neuerungen eine ziemlich schwächliche Haltung eingenommen. Außerdem habe ihm wegen seines wenig erbaulichen Lebenswandels darüber hinaus auch die sittliche Kraft gefehlt, entschieden gegen die neue Irrlehre aufzutreten. Immerhin wird zugestanden, dass er in späteren Jahren sich mit großem Ernst der katholischen Sache angenommen und gegenreformatorisch gewirkt habe.
Man muss wohl berücksichtigen, dass Albrecht Fürstensohn war und kein Theologe. Als Fürstensohn wurde er zum Regieren erzogen und nicht theologisch ausgebildet. Auf dem Feld des Regierungshandelns hat er Herausragendes geleistet, auch gegen Widerstände. Albrecht verstand es durch Reformen auf fast allen Gebieten, der Mainzer Verwaltung ihren ungeordneten mittelalterlichen Charakter zu nehmen und sie durchaus zeitgemäß zu gestalten. Seine Grundsätze waren: den Einfluss des Domkapitels und der lokalen Gewalten zu verringern, die Zentralgewalt straffer zusammenzufassen und die gesamte Administration vom Wechsel des Hoflebens unabhängig zu machen. Seine Ordnungen für die Mainzer Untergerichte, Städte und Ämter bestanden, nur wenig verändert, bis zum Untergang des Kurstaates fort und dienten noch im 18. Jahrhundert anderen Fürsten zum Vorbild. Auch für Rat und Kanzlei blieben die durch die Ordnung des Jahres 1541 aufgestellten Prinzipien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im Wesentlichen dieselben.
Zusammenfassend bedeutet dies, dass er das legislative und das administrative Handeln des Staates auf ein neues Gleis gesetzt hat, das nicht nur mittelfristig richtungsweisend blieb, sondern sogar über Jahrhunderte seinen Stellenwert erhalten konnte. Es darf nicht vergessen werden, dass die von Albrecht vorgenommenen diesbezüglichen Weichenstellungen bis zum Ende des Alten Reiches Gültigkeit behielten. Die Tatsache, dass der weltlich nicht gerade mit Machtfülle gesegnete Mainzer Kurstaat die Jahrhunderte ohne existentielle Krisen überstand, ist auch ein Verdienst Albrechts. Die bahnbrechende Leistung Albrechts für die Neuorganisation des Territoriums wie auch die Straffung der landesherrlichen Leitungsgewalt ist unumstritten – dies gilt für die zentrale wie auch die lokale Ebene. Dies schließt nicht aus, sein Wirken im Kontext zeitgenössischer Bestrebungen zu sehen.
Außer in der Rolle als aktiv handelnder Staatslenker ist er aber auch als Kirchenmann zu sehen. Das schnelle Umsichgreifen der Reformation scheint gegen ihn zu sprechen, da er für die überkommene alte Ordnung steht. Wäre also die Reformation ohne ihn anders verlaufen, bzw. wäre es ohne ihn nicht zum Bruch in der Kirche gekommen? Diese Frage ist zu spekulativ, als dass sie von einem Historiker seriös beantwortet werden könnte. Tatsächlich waren die Gegebenheiten so, dass nicht nur sein Handeln zur Reformation führte, d.h. es gab Missstände, die unabhängig von seiner Person gegeben waren und Anlass zur Kritik boten. Damit soll Albrecht aber nicht in Schutz genommen werden. In seinem Handeln ist durchaus auch individuelle Schuld zu erkennen.
Im höchsten Maße problematisch und fragwürdig war, dass der Erzbischof moralische Integrität von seinem Klerus forderte, namentlich von den sogenannten Konkubinariern – dieser Forderung auch mit harten Strafen Nachdruck verlieh – und dabei selbst in einer stadtbekannten Liaison lebte. Dieser für uns heute nicht auflösbare Widerspruch lässt sich möglicherweise nur dadurch erklären, wenn man in Albrecht bereits den Vorboten einer neuen Zeit sieht, in der sich der Monarch als von Gottes Gnaden eingesetzt fühlt und ab legibus solutus handeln kann. Der Herrscher steht außerhalb der Ordnung, deren strikte Einhaltung er von seinen Untergebenen fordern kann. Auch darin wäre Albrecht dann wiederum seiner Zeit einen Schritt voraus.

Auswahlbibliographie

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  • Jürgensmeier, Friedhelm (Hg.): Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte. Zweiter Teil: Erzstift und Erzbistum Mainz. Territoriale und kirchliche Strukturen (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6), Würzburg 1997.
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  • Tacke, Andreas (Hg.): Der Kardinal Albrecht von Brandenburg. Renaissancefürst und Mäzen. Bd. 2: Essays, Regensburg 2006.