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Personenschifffahrt auf der Mosel in alter Zeit - Die Eiljachten: Der erste öffentliche Personenverkehr auf der Mosel

von Karl-Heinz Zimmer


In der Römerzeit war Personenverkehr per Schiff auf der Mosel von untergeordneter Bedeutung. Auf dem gut ausgebauten Straßennetz wurde zügig zu Fuß, zu Pferd und zu Wagen gereist. Dieses Straßennetz bestand auch im Mittelalter und in der Neuzeit weitestgehend weiter und es wurde weiterhin so genutzt. Seit dem 17. Jahrhundert war auch Trier in das Liniennetz der regelmäßig verkehrenden Postkutschen -auch Diligencen genannt- der Kaiserlichen Reichspost eingebunden. Das Reisen per Postkutsche war oft beschwerlich und auch gefährlich. Zudem konnten die Kutschen nur eine kleine Zahl Reisende befördern. Um die großen Handelsstädte am Rhein zügig  und sicher zu verbinden, wurden dort bereits in 17. Jahrhundert regelmäßig verkehrende Jachten - „Wasser-Diligencen“- eingesetzt. Die wurden erst durch die ab dem 1. Mai 1827 von regelmäßig verkehrenden, komfortablen Dampfschiffe ersetzt.
Auf der Mosel gab es seit dem 14. Jahrhundert nur einen bedingten, zweckgebundenen Personenverkehr; das waren einerseits die kurfürstlichen Jachten und andererseits die Marktschiffe, die neben Handelswaren auch die Kaufleute zu den Messen, z. B. nach Frankfurt und gelegentlich auch andere Reisende beförderten. Seit dem Mittelalter gab es auch sporadisch größere Personentransporte von Pilgern, Soldaten oder Auswanderern auf Güterschiffen. Gelegentlich fuhren Einzelreisende oder kleine Gruppen -oft nur zu ihrem Vergnügen- in gemieteten Reisenachen zu Tal.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erforderten die auch an der Mosel erstarkende Wirtschaft und die reorganisierte Verwaltung ein leistungsfähiges Verkehrssystem. Das ehemalige Kurfürstentum Trier war auf dem Wiener Kongress Preußen zugeschlagen worden. Umgehend wurden in Koblenz und in Trier Bezirksregierungen, in Cochem, Zell, Bernkastel und Wittlich Landratsämter eingerichtet. Auch weckten begeisterte Reiseschilderungen früherer „Moselfahrer“ das Interesse an einer Flussfahrt auf dem malerischen Strom. Es war der Beginn einer schwärmerischen Moselromantik, die bald zahlreiche bedeutende Maler wie auch die Engländer William Clarkson Stanfield (1793-1867) und Joseph Mallord William Turner (1775-1851) anlockte. Allerdings waren die Voraussetzungen für eine regelmäßige Moseldampfschifffahrt noch nicht gegeben. Die für den Rhein gebauten Dampfer hatten zu viel Tiefgang; in Flussbett der Mosel mussten  noch Regulierungsarbeiten durchgeführt werden; zudem hatte sich an der Mosel noch keine Trägergesellschaft für die aufwendige Beschaffung und den Betrieb von geeigneten Dampfern gebildet.
Zwei angesehene Koblenzer Spediteure, Ch. Th. Steinebach und J. A. Leroy nutzten daher die Marktlücke, indem sie noch 1830 also angesichts der bereits auf dem Rhein fahrenden Liniendampfer, -deren Agenten sie auch waren-, zwischen Koblenz und Trier eine Eiljachtenlinie mit getreidelten, speziell für die Moselfahrt mit wenig Tiefgang gebauten, hölzernen Personenschiffen für jedermann eröffneten.
Am 22. März kündigte der "Coblenzer Anzeiger“ die Eröffnung des Linienbetriebes von Eiljachten für Passagiere "mittels Relais“ (Zwischenstationen mit Pferdewechsel) an. Durch den außergewöhnlichen Eisgang auf der Mosel am 10. Februar dieses Jahres war der Leinpfad wochenlang mit Eisschollen bedeckt. Die für den 14. März vorgesehenen Eröffnungsfahrt musste bis auf den 31. März verschoben werden. An diesem Tag, einem Mittwoch verfolgte eine fröhliche Menschenmenge in Koblenz die Abfahrt der beiden Schiffe "Mosella“ und "Stadt Trier“.
Dieses groß angelegte Unternehmen war war von Anfang an wohl durchdacht und durchorganisiert, sowohl was die Unternehmensphilosophie als auch die optimale Logistik angeht. Als Zielgruppen wurden anspruchsvolle Touristen aber auch einfache Reisende bedient. Daher waren die speziell gebauten Schiffe auch mit zwei Klassen, „Erstes und Zweites Zimmer“[Anm. 1] eingerichtet. Es wurden neben Personen auch Güter und Bargeld befördert. Mit mehreren Pferdehaltern (Halfen) waren feste Verträge wegen der planmäßigen und zügigen Treidelei geschlossen worden; ebenso gab es Verträgen mit Wirten bezüglich der Übernachtung und mit Händlern bezüglich der Versorgung der Schiffe mit Lebensmitteln und Getränken. Die Fahrten erfolgten nach festen Fahrplänen. Acht Stationen zwischen Koblenz und Trier wurden zu festen Zeiten angefahren; allerdings konnten an jedem Ort Reisende zu- bzw. aussteigen (weitere Einzelheiten zu Abfahrtszeiten, Preisen und Frachtkosten siehe Anhang I).
Auch in Trier stieß die Eröffnung der Eiljachtenlinie auf  breite Zustimmung, wie die " Trierische Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom Sonntag, den 4. April 1830 berichtet:

„Trier, den 3. April:
Die zwischen Coblenz und hier installierte Eil-Yacht hat Ihre erste Fahrt in der verheißenen Zeit von 3 Tagen pünktlich zurück gelegt. Sie traf gestern Abends um 7 Uhr von einem Musikchor begleitet, welches derselben bis Ruwer entgegen gefahren war, mit einer großen Anzahl von Passagieren besetzt, von Coblenz hier ein. Morgen frühe um 4 Uhr wird die Yacht ihre zweite Fahrt nach Coblenz machen.“

Diese Eiljachten fuhren regelmäßig an zwei Tagen in der Woche von Koblenz nach Trier und an zwei Tagen von Trier nach Koblenz. In Koblenz fuhren sie wahrscheinlich auf der Stadtseite an der alten Schiffslände unterhalb der Baduinsbbrücke ab. Für Trier wird angenommen, dass die Eiljachten in Zurlauben ihren Anleger hatten. Dafür spricht, dass, der Metzger und Wirt J. Anton Haag 1837 das ehemalige Fischerhaus -heute Zurlaubener Ufer 83- erworben und dort die Gastwirschaft „Zur Eiljacht“ eröffnet hat. Zu Berg wurde mit Pferden getreidelt. Die Bergfahrt dauerte nur drei Tagen, dabei wurde in Senhals im Cochemer Krampen und in Bernkastel übernachtet. Die schnellere Fahrzeit zu Berg -die normalen Güterschiffen bewältigten die Strecke Koblenz bis Trier in acht bis zehn Tagen- wurde durch häufiges Auswechseln der Pferde erzielt. Die Talfahrt dauerte nur zwei Tage, dann wurde in Zell übernachtet. Zu Tal wurde anfangs „gestievelt“-so nannten die Moselschiffer das Weiterdrücken der Schiffe mit den „Dei- oder Schorbäumen“ genannten Stakstangen-; bei ausreichendem Wind wurden auch zusätzlich Segel gesetzt. Wie aus dem Anhang II, einer Anzeige vom 28 Juni 1834 im „Wanderer am Rheine und an der Mosel“ hervorgeht, wurde zur Beschleunigung falls erforderlich ab diesem Zeitpunkt auch auf der Talfahrt mit Pferden getreidelt. In Alf war Wagenanschluss nach Bad Bertrich. Die  Eiljachten waren mit komfortablen Räumen ausgestattet. Die Fahrgäste wurden mit besten Speisen und Moselweinen bewirtet. Zu ihrer Unterhaltung wurden Lesestoff und Gesellschaftsspiele geboten. Bei schönem Wetter konnten sie auf den geräumigen Oberdecks die Mosellandschaft genießen.

Offensichtlich wurden die Eiljachten von Anfang an mit Begeisterung angenommen. Dazu schreibt bereits 1831 der Koblenzer Professor Johann August Klein (1778-1831):
„Die neuen Eiljachten, lobenswerte Unternehmung der Herren Steinebach &Leroy zu Coblenz, zeigen schon ein volles Jahr hindurch, mit welcher Schnelligkeit man, auch bei geringem Wasserstande, die weite Strecke bis Trier durchschiffen kann. Noch niemals war so begründete Hoffnung vorhanden, dass der Verkehr, bisherigen unnatürlichen Gang zu Lande verlassend, den alten Flussweg wieder einschlagen wird, und bei vermehrten Frachten die ganze Segelschiffahrt sich neu beleben [wird].“[Anm. 2]

Mit schwärmerischem Überschwang fährt er weiter unten fort:
„Vom frischen Oste geschwellt, mit vollen Segeln und flatternden Wimpeln, durchschneiden die beiden Steinebach-Leroy'schen Eiljachten, den hellen Flußspiegel. ihr lichtes Grün, die weißrothen Wappenschilde der Städte Koblenz und Trier an den Seiten, das schwarze Borussische Kreuz auf den wehenden Hinterflaggen malen sich in den reinen, klaren Wellen. Der Gesang der Reisenden, welche das Verdeck füllen, übertönend, hallt der Befehlsruf der Capitaine unter der alten Brücke (Balduinsbrücke) zurück“[Anm. 3]

In das gleiche Horn bläst V. J. J. v. Zuccalmaglio:
„Die Reise zu Wasser ist, seit der Einrichtung der Steinebach und Leroy'schen Eiljachtfahrt die bequemste, und gewährt dabei noch den Vortheil, daß beide Flußufer gleich gut zu überblicken sind, während dem Fußreisenden sich nur das jenseitige in seiner ganzen Schönheit entfaltet, und der Reisende bei jeder Fahrstation auf Verlangen durch zu der Jachtfahreinrichtung gehörige Kähne ein- und aussteigen kann, so hat er auch Gelegenheit, die von Flußufer entlegenen schönen Punkte zu berühren, oder interessante Bauwerke in der Nähe zu betrachten. Zwei neue Eiljachten, die Mosella und die Stadt Trier, welche an Bequemlichkeit ihrer Einrichtung den rheinischen Dampfschiffen wenig nachstehen, gehen wöchentlich Sonntags und Mittwochs nach Trier und von dort Donnerstags und Samstags nach Coblenz“[Anm. 4]

Ein anderer, der bekanntere "Zeitzeuge“, der Königlich Preußische Regierungsrat Georg Bärsch berichtet in seinem 1841 in Trier erschienenen Werk über die Mosel von den Fahrten der Eiljachten ebenso interessante Einzelheiten:
„Die Eiljacht geht Sonntags und Mittwochs Morgens um vier Uhr, von Trier nach Coblenz. Am ersten Tag wird in Zell übernachtet, von da am anderen Tage, Morgens vier Uhr, die Reise fortgesetzt  und Coblenz gegen Abend erreicht. Von Coblenz fährt die Eiljacht Samstags und Mittwochs, Morgens um fünf Uhr ab. Den ersten Tag wird in Senhals übernachtet, den zweiten in Bernkastel und am dritten Tag gegen Abend erfolgt die Ankunft in Trier. Von den Orten, wo übernachtet wird, erfolgt die Abfahrt am folgenden Morgen um vier Uhr.
Die Preise der Plätze sind von Trier nach Coblenz:
    im 1. Zimmer 3 Thaler
    im 2. Zimmer 2 Thaler
Für Kinder unter 10 Jahren wird die Hälfte der bemerkten Preise bezahlt.
Unternehmer der Eiljacht ist Herr Th. Steinebach in Coblenz. Agenten derselben in Trier sind die Herren Savoye & Comp., Fleischstraße Nr. 773.“
[Anm. 5]
Zur Übernachtung in Senhals schreibt er:
„Senhals ist jetzt ein Weiler in der Bürgermeisterei Senheim, zählt etwa 100 Einwohner, bildet eine Gemeinde mit dem gegenüber liegenden Dorfe Senheim und ist auch dort eingepfarrt. Die von Trier nach Coblenz fahrende Eiljacht pflegt bei der Bergfahrt zu Senhals zu übernachten, wo die Reisenden im Gasthof des Herrn Heinrichs eine gute Aufnahme finden.“[Anm. 6]

Der genannte Gasthof des "Herrn Heinrichs" richtig muss es Henrichs heißen- ist heute wahrscheinlich das von der Famile Klinge geführte Hotel-Weinhaus „Halfenstube“, Moselweinstrasse 30 im Ortsteils Senhals der Ortsgemeinde Sehnheim. Die Halfen mit ihren Pferden übernachteten im heutigen Wohnanwesen der Familie Esch, Moselweinstraße 19 in Senhals.
Zur Übernachtung in Berkastel führt V.J.J. v. Zuccamaglio aus:
„Bei der Bergfahrt übernachtet die Eiljacht in Berncastel, wo der Reisende in der Traube bei Gassen, zu den drei Königen und bei Niederehe zur Post recht gute Gasthäuser findet.“[Anm. 7]
Zur Übernachtung auf der Talfahrt in Zell schreibt Bärsch:
„Die von Trier nach Coblenz fahrende Eiljacht übernachtet zu Zell, wo recht gute Gasthöfe bei Koch und bei Gräff sind.“[Anm. 8]

Das malerische Zell -früher Sitz eines kurtrierischen Oberamtmanns nunmehr preußische Kreisstadt- muss es den Reisenden besonders angetan haben, denn auch Johann August Klein schreibt in seinem eingangs erwähnten Buch voll des Lobes:
„Der gesellschaftliche Abendverein geachteter Beamten und Bürger im Philipp, vormals Franz Koch'schen Gasthause, zugleich Agentur der Koblenzer Eiljacht sieht den anspruchslosen Reisenden von Bildung gern in seiner Mitte. Keine steife Förmlichkeit, niemals im Wesen des Moselländers liegend, kein übel angebrachtes Vornehmthun, das bei Fremden, welche mit so vielerlei Menschen in Berührung treten, immer verkehrten Eindruck hervorbringt, empfängt denselben, wohl aber höflicher Anstand, der auch von ihm verlangt wird. Der gefällige Besitzer des Gasthauses, eines der besten und empfehlenswerthesten längs der Mosel, in mannigfacher Verbindung mit der Umgebung stehend, ist stets bereit, Einkehrenden Nachrichten, Erläuterungen und Notizen zu geben, auch sie bei Forschungen zu unterstützen.“[Anm. 9]
Wie die Chronisten also übereinstimmend berichten, war den Reisenden nicht nur am Erlebnis der Mosellandschaft während der Fahrt auf den komfortablen Eiljachten gelegen, sondern ebenso an vorzüglicher Bewirtung in gepflegten Gasthäusern. Selbst den Hinweis auf die Möglichkeit zur Weiterfahrt nach Bad Bertrich nimmt Bärsch zum Anlass die Gastronomie in Alf lobend zu erwähnen:
„Alf ist ein freundlicher und nahrhafter Ort, mit guten Gasthöfen. Im grünen Baum bei Mentges, bei Theissen auf der Post und bei Maas. Diese Gasthöfe werden von den Badegästen des nahen Bertrich's häufig besucht. Die Eiljacht kommt auf der Bergfahrt Sonntags und Donnerstags Morgens gegen neun Uhr, auf der Thalfahrt Montags und Donnerstags gegen acht Uhr hier an, wo man immer Fuhrwerk zu Fahrt nach Bertrich findet."[Anm. 10]
Eine weitere rühmende Erwähnung der Eiljachten darf hier nicht fehlen, der folgende Auszug aus einem Bericht vom November 1834 über eine „Herbstreise“. Der nicht weiter bekannte Reisenden namens Brandenbusch schreibt bezüglich der Rückreise von Moselkern nach Koblenz: „Nach Tisch ging die Reise zu Wasser weiter, aber leider nicht mit der Eiljacht, dieser freundlichen Tochter der Mosella. Unsere Reise konnte keinen weiteren Aufschub leiden, sonst hätten wir gewiß deren Ankunft erwartet; denn wir wußten alle zu gut, wie behaglich aufgenommen man sich auf dem eleganten Schiffe fühlt. Die Unternehmer der Eiljachten, die Herren Steinebach und Leroy, haben alles aufgeboten, um dem Reisende die Fahrt auf derselben so angenehm als unterhaltend zu machen. Nicht allein für ein wohleingerichtetes Zimmer, bequemen Raum auf dem Verdecke, recht gute Küche ist gesorgt, der Reisende findet auch eine passende Bibliothek, politische und belehrende Blätter auch geistige Nahrung, wenn ungünstige Witterung ihm den Aufenthalt auf dem Verdecke nicht erlaubt. Wer eine genußreiche Moselreise machen will, dem kann man nur die Fahrt mit der Eiljacht anrathen.“[Anm. 11]
Die präzise kalkulierten Fahrpläne mit den knappen Fahrzeiten musste unter allen Umständen auch bei schlechtem Wetter und höherer Wasserführung der Mosel eingehalten werden. Dann leisteten die Halfen mit ihren Pferden und auch die Schiffer Schwerstarbeit.

Es blieb daher nicht aus, dass es auch zu schlimmen Unglücksfällen kam. So berichtet die "Trierische Zeitung“ vom 7. Mai 1840:
„Letzverflossene Nacht um 11 Uhr ereignete sich in der Nähe der hiesigen Stadt der traurige Vorfall, dass die Pferde, welche die von Coblenz kommende Eiljacht zogen, in der Nähe von Pallien in eine Untiefe geriethen und mit ihren Führer, dem Halffer, Jacob Franzen von hier, ertranken. Alle Versuche, den Verunglückten, der gleich darauf aus dem Wasser gezogen wurde, ins Leben zurückzurufen, sind vergebens gewesen. Der Franzen hinterläßt eine kranke Frau nebst drei Kindern ohne alles Vermögen.“
Dazu ist zu bemerken, dass der bewusste Hinweis auf die Hilfsbedürftigkeit der Hinterbliebenen auf ein positives Echo gestoßen ist. Bereits in derselben Ausgabe schreibt die Zeitung: „Für die Familie des verunglückten Jacob Franzen ist bei der Expedition dieser Zeitung eingegangen: 1) 1 Thlr. (Taler) von einem Ungenannten.“ An den folgenden beiden Tagen gingen von drei weiteren Spendern noch zusammen 4 Taler und 35 Silbergroschen bei der Redaktion ein.


Wie sahen diese Eiljachten wohl aus?
Bisher war allgemein nur eine Abbildungen bekannt.  Das ist der nachfolgende Stahlstich -mit einer vor Pünderich zu Berg fahrenden Eiljacht- aus dem 1838 von J. B. Schumacher, Köln herausgegebenen Buch von Karl von Damitz: „Die Mosel mit ihren Ufern und Umgebungen von Koblenz aufwärts bis Trier“.[Anm. 12] Dieser Stich ist mehrfach in Trierer Publikationen übernommen worden, so auch von J. B. Keune in seiner „Moselschiffahrt in alter und neuer Zeit“ Trier 1924. Keune hat das Schiff  dort ausdrücklich mit Eiljacht bezeichnet. Eine weitere Darstellung einer Eiljacht in demselben Buch auf dem Stahlstich von Trier wird dagegen nicht sonderlich erwähnt. Diese Darstellungen der Eiljachten waren allerdings kein Zufall, denn Damitz stattet im Vorwort den „HH Steinebach und Leroy (Besitzer der Eiljacht auf der Mosel) die dem mit der Aufnahme der verschiedenen Punkte beauftragten Maler die freie Fahrt auf der ganzen Strecke ihrer Wirksamkeit (also von Koblenz bis Trier) unaufgefordert zusagten..“ seinen herzlichsten Dank ab. Aus fachlicher Sicht muss allerdings festgestellt werden, dass diese beiden Darstellungen nicht präzise sind und somit nur als Information angesehen werden können.


2006 hat der RHEIN-MOSEL-VERLAG, Zell/Mosel den schönen Band „MIT CARL BODMER VON TRIER NACH KOBLENZ -Eine Moselreise um 1830-“ mit den genialen Aquatinten -„nach der Natur“- des Schweizer Zeichners Carl Bodmer heraus gegeben.
Darin fiel dem Verfasser auf dem Blatt Gondorf das auf der folgenden Seite  abgebildete, detailliert dargestellte Personenschiff auf, das von der Bauweise her an die kleine Leibjacht des letzten Trierer Kurfürsten Clemens Wenceslaus erinnert. Da die kurfürstlichen Jachten zur Zeit der Moselreise Bodmers bereits verrottet waren, lag die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Schiff um eine der beiden genannten Eiljachten Mosella und Stadt Trier handelt.


Das Schiff fährt oberhalb der ehemaligen Wasserburg -dem Stammsitz der Herren von der Leyen- zu Tal. Die Segel an den beiden Masten sind eingeholt. Es wird gestievelt, d. h. die Schifferknechte auf den Vorschiff drücken es mit Deibäumen weiter, wie insbesondere an der Haltung des mit dem Rücken zur Fahrtrichtung stehenden Mannes erkennbar ist. Der Schiffer führt den Ruderbaum. Den mittleren Teil nimmt die ausgedehnte Kabine ein. Die Fahrgäste genießen auf dem Oberdeck die gemächlich vorbei ziehende Mosellandschaft. Die mittlere Person der hinteren Gruppe spielt auf einer Gitarre.Treffend zu dieser Situation schreibt schreibt Johann August Klein:
„Mit zahlreichen Fremden besetzt, welche die Schönheit der Landschaft auf dem Verdecke sammelt, durchfliegt die Koblenzer Eiljacht des Flusses Mitte.“[Anm. 13]
Durch den Hinweis eines befreundeten Heimatkundlers wurde diese Vermutung kurze Zeit später zur Gewissheit. Der Hinweis betraf den Nachlass des Trierer Sanitätsrates Heinrich Rosbach (1814-1879). Rosbach war ein universal gebildeter, vielseitig forschender Mediziner, der sich um das Geistes- und Kulturleben seiner Heimatstadt sehr verdient gemacht hat.[Anm. 14] Jahrelang war er Vorsitzender der "Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier“. Er hat auch von jungen Jahren an sein Leben lang gezeichnet und gemalt. Neben anderen Schiffen hat er wahrscheinlich um 1832 auch die beiden Eiljachten aquarelliert und -was für uns besonders wertvoll ist- auf den jeweiligen Blättern die Namen der beiden Schiffe, Mosella und Stadt Trier vermerkt. Rosbach studierte von 1832 bis 1838 in Bonn Medizin. Es kann angenommen werden, dass er für seine Reisen von Trier nach Bonn bis Koblenz die Eiljachten benutzt hat. Somit kann jetzt die Jacht vor Gondorf als die Eiljacht  Stadt Trier bestimmt werden.


Die Eiljachten fuhren gut elf Jahre lang bis April 1841. Dann wurden sie von den Dampfer der "Mosel-Dampf-Schiffahrtsgesellschaft zu Trier“ abgelöst, die, nachdem der preußische Staat an der Mosel seit 1839 aufwändige Ausbaumaßnahmen zur Fahrwasservertiefung durchgeführt hatte, am 19. April 1841 den Liniendienst zwischen Trier und Koblenz aufnahmen. Die beiden erfolgreichen Unternehmer der Eiljachten Ch. Th. Steinebach und J. A. Leroy waren bedeutende Aktionäre dieser Gesellschaft und auch deren Koblenzer Agenten. Die Eiljachten hatten den Grundstein für den Moseltourismus gelegt, der in der Folge durch die schnelleren komfortablen Dampfer zum Nutzen der Gasthäuser, Hotels und des Weinbaus an der Mosel großartig auf blühte. Viele Pferdehalter (Halfen) verloren durch diesen technischen Fortschritt ihr Einkommen.


Nachweise

Verfasser: Karl-Heinz Zimmer

red. Bearb.: Paul Sebastian Moos

erstellt: 23.07.2010

Anhang I

Die hier rechts aufgeführten drei Seiten (S. 37-39) sind ein Auszug aus dem "Geschäfts- und Adreß-Kalender des Regierungsbezirks Koblenz für das Schaltjahr 1836, Koblenz bei Johann Friedrich Kehr

(Quelle: [Online-Ausg.] Koblenz Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz 2008)

 

(Anm. d. Red.: Zur Ansicht der drei Seiten ist auf das Bild zu klicken. Es erscheint die erste Seite vergrößert. Um die anderen beiden Seiten zu betrachten, in der vergrößerten Ansicht links und rechts oben auf die Pfeile klicken.)


Anhang II

Anzeigen im "Wanderer am Rheine und der Mosel" vom 28. Juni 1834 betreffend: Treideln der Eiljachten auf der Talfahrt und eine "Charte des Moselthales und der Umgebung" (darin der Hinweis, dass "durch das Etablissement der Eil-Jachten" die herrlichen Moselgegenden vermehrt bereist werden)

(Quelle: [Online-Ausg.] Koblenz Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz 2010)

Anhang III

Das Bild der Eiljacht "Mosella voll unter Segeln"

Anmerkungen:

  1. 1806 war von französischen Verwaltung bzgl. der Wasser-Diligencen verordnet worden, dass auch das zweite (gemeine) Zimmer Tische, Bänke und Stühle aufweisen, im Sommer gut gelüftet und im Winter geheizt werden musste. Zurück
  2. Johann August KLEIN: Das Moselthal zwischen Coblenz und Konz, Koblenz 1831, S.XII. Zurück
  3. Ebd., S. 35. Zurück
  4. V. J. J. ZUCCMAGLIO: Die Mosel und ihre nächsten Umgebungen, von Coblenz bis Trier: ein Leitfaden für Reisende Koblenz, Hölcher 1833, S. 10 und 11. Zurück
  5. Georg BAERSCH: Der Moselstrom von Metz bis Coblenz, Trier 1841 S. 530. Zurück
  6. Ebd., S. 405. Zurück
  7. V. J. J. ZUCCAMAGLIO: Die Mosel und ..., S. 73 Zurück
  8. Georg BAERSCH: Der Moselstrom ..., S. 376. Zurück
  9. Johann August KLEIN: Das Moselthal..., S. 280. Zurück
  10. Georg BAERSCH: Der Moselstrom ..., S. 385. Zurück
  11. Der Wanderer am Rheine und an der Mosel, Hölscher, Koblenz 1834. Zurück
  12. Auch in Kur-Trier, 6. Jahrgang, Nr. 1, Januar 1922, S. 1und in Trierer Heimatbuch 1925. Zurück
  13. Johann August KLEIN: Das Moselthal..., S.271. Zurück
  14. Peter H. Köhl, Heinrich Rosbach ein Trierer Zeichner der Romantik, Saarbrücken 1985, siehe auch Trierer Biographisches Lexikon, Trier 2000, S. 378. Zurück