Inkrementalismus - Sind kleine Schritte mehr?

Zur Frage nach einer geeigneten Lösungsstrategie bei komplexen sozialen Problemen


Essay, 2007

10 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inkrementalismus

-

Sind kleine Schritte mehr?

Ein Essay zur Frage nach einer geeigneten Lösungsstrategie bei komplexen sozialen Problemen.

Gesetzt den Fall, "Strategie [sei] die Wissenschaft des Gebrauchs von Zeit und Raumu1. In Anbetracht dessen, dass der Faktor „Zeit" im politisch administrati-ven System zum einen durch eine hohe Aufgabendichte, aber auch durch feste Vorgaben, wie das jährliche Aufstellen eines Haushaltsplan oder die Dauer von Amtsperioden begrenzt ist, gewinnt der Aspekt „Raum" an Wichtigkeit. Doch wie wird nun mit diesem Gestaltungsspielraum besonders in komplexen Situati-onen umgegangen? Wird das politisch administrative Parkett geradlinig mit Siebenmeilenstiefeln durchquert oder etwa mit unkontrollierten Trippelschritten vorsichtig erkundet?

Inkrementalismus - die Strategie der kleinen Schritte

Mit dieser Art, wie das politisch-administrative System an komplexe Situationen herangeht, beschäftigte sich Charles Lindblom, Professor an der Yale Universi­ty, in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts. Seine in „The Science of Muddling through“ lancierte Strategie der kleinen Schritte, die jeweils von der gerade aktuellen Situation ausgeht, Obte nicht nur Kritik an der bisherigen rational-umfassenden Methode, nein, sie stellte sie sozusagen auf den Kopf. So legte Lindblom seiner Problemlösungsstrategie eben nicht die Annahme des umfas-send rational denkenden Menschen, der in den Wirtschaftswissenschaften oftmals „Homo Oeconomicus" genannt wird, zu Grunde. Ganz im Gegenteil: Er trug dem Mangel an vollständiger Information in der von Komplexität geprägten Realität und der beschränkten menschlichen Verarbeitungskapazität durch die Verwendung Herbert Simons' Konzepts der „Bounded Rationality" Rechnung.

Aus diesem komplementären Ausgangspunkt im Vergleich zur rational-umfassenden Methode resultiert ebenfalls eine andere Sichtweise auf den Zusammenhang von Zielwerten und das jeweilige politische Programm.

Im Gegensatz zum Denken nach völlig rationaler Manier haben mehrere Men-schen unterschiedliche Meinungen über Werte oder Ziele, und auch die eige-nen Wertvorstellungen können gegenläufige Prioritäten aufweisen. Somit gibt es laut Lindblom bei komplexen Problemen nur die Möglichkeit, Werte und politisches Programm als eng miteinander verknüpft anzusehen. Daher wird direkt aus Alternativen ausgewählt, die verschiedene Werte in unterschiedli-chem Mali berücksichtigen, bei denen sich die Gewichtung der Werte also nur inkremental unterscheidet.

Darüber hinaus argumentierte Lindblom, dass, selbst wenn es möglich wäre, rational eine abstrakte, stets konsistente Rangfolge der verschiedenen Werte und Ziele zu ermitteln, die Abhängigkeit der Prioritäten von ihrem realen Bezugsrahmen nicht berücksichtigt werden würde. Diese marginalen Ab-weichungen je nach Umfeld sind jedoch essentiell. So kann, ceteris paribus, die Analyse von verschiedenen Alternativstrategien eben auf diese marginalen Unterschiede begrenzt werden. Diese Methode des „nur" inkrementalen Ver-gleichens von Werten und Alternativen, sowie der oben beschriebene Verzicht auf eine Trennung von Werten und politischem Programm, tragen erheblich zur Komplexitätsreduktion bei.

Des Weiteren lancierte Lindblom die Methodik, dass die Auswirkungen eines Programms und die damit verbundenen Wertvorstellungen nicht berücksichtigt werden, wodurch eine weitere Reduktion erreicht werden könne. Dies mag zwar auf den ersten Blick als willkürlich erscheinen, jedoch ist diese Herangehens-weise im Gegensatz zur rational-umfassenden Methode auch mit den be-schränkten Mitteln, die einem zur Verfügung stehen, handhabbar und somit realistischer.

[...]


1 Schumacher, P. (o. D.). Aphorismen. In 1001 Aphorismen. Entnommen am 18.03.07 von http://www.aphorismen.de/display_aphorismen.php.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Inkrementalismus - Sind kleine Schritte mehr?
Untertitel
Zur Frage nach einer geeigneten Lösungsstrategie bei komplexen sozialen Problemen
Hochschule
Zeppelin University Friedrichshafen  (Department Public Management & Governance)
Veranstaltung
Öffentliche Verwaltung
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
10
Katalognummer
V146297
ISBN (eBook)
9783640549986
ISBN (Buch)
9783640552306
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Öffentliche Verwaltung, Inkrementalismus, komplexe soziale Probleme, Lindblom, "The Science of Muddling through"
Arbeit zitieren
Isabella Aberle (Autor:in), 2007, Inkrementalismus - Sind kleine Schritte mehr?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146297

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