Handschriften der Staatsbibliothek Berlin - Beschreibung der Handschrift MsGermQuart 730


Forschungsarbeit, 2003

27 Seiten, Note: "-"


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Äußere Beschreibung

3 Beschreibung der einzelnen Handschriften
3.1. Kalender
3.2. „Büchlein von der Liebe Gottes“
3.3. Vaterunser – Auslegung
3.4. Abendmahl
3.5. Gespräch zwischen einem Meister und seinem Jünger über Eucharistie
3.6. Leben und Offenbarung einer Dominikanerin im Kloster Kirchberg
3.7. Christliche Sprichwörter „Anweisung zum gottseligen Leben“ und Adventshymnus

4 Zusammenfassung

Literatur

1 Einleitung

Diese Arbeit ist eine detaillierte Beschreibung der Handschrift Ms.germ.quart 730, ein Schwäbisches Andachtsbuch. Sie enthält einen Kalender, fünf Bücher, eine kleine Sammlung von christlichen Sprichwörtern[1] und einen Liedtext.

Ich beziehe mich auf die im Anhang vorliegende Beschreibung von Kurt Vogtherr.

Ich beginne mit der äußeren Beschreibung, die gemeinsame Gesichtspunkte der einzelnen Handschriften dieses Codex zusammenfasst. Dann folgt eine Beschreibung jedes einzelnen Teils getrennt. Hier untersuche ich unter anderem die Schrift und Schreibweise der einzelnen Schreiberhände. Zur Übersichtlichkeit habe ich eine Tabelle erstellt. So werden Beschreibungen der einzelnen Buchstaben und Abweichungen der verschiedenen Schreiberhände sichtbar und sind gut miteinander zu vergleichen. Zur Rechtschreibung sage ich nur wenig. Es geht mir hier nicht um eine orthographische Analyse der einzelnen Schreiber. Zum Vergleich mit den anderen Handschriften in diesem Codex, habe ich mir wenige prägnante Unterschiede notiert. Diese befinden sich ebenfalls in der Tabelle.

Inhaltlich gehe ich nur auf die Texte ein, wenn ich Vergleiche mit anderen Handschriften anstelle, um eventuelle Verwandtschaftsbeziehungen festzustellen. Es geht nicht um Textanalysen.

Zitate habe ich durch kursive Schrift gekennzeichnet. Die Initien und Textschlüsse dagegen habe ich in einer anderen Schriftgröße dargestellt, um sie vom restlichen Text abzuheben und einen raschen Vergleich mit denen anderer Handschriften zu ermöglichen.

Immer wieder komme ich auf eine Überschneidung von gesprochenem und geschriebenem Wort zu sprechen. Teilweise scheinen mir die Texte zum Vortrag bestimmt, auch wenn es keine direkten Regieanweisungen gibt. Norbert H. Ott schreibt in seinem Aufsatz „Mündlichkeit, Schriftlichkeit, Illustration“: Gelesen wurde denn auch bis weit in die Neuzeit hinein nicht stumm, sondern mit Stimme: die Schrift wurde im Vorgang des Lesens in mündliche Sprache überführt, um über die Tür des Ohres den Weg ins Gedächtnis zu finden. Der schriftliche Teil des Überlieferungsträgers vermittelt somit das Element der Mündlichkeit[2].

2 Äußere Beschreibung

Bei der Handschrift Ms.germ.quart 730 handelt es sich um eine Sammelhandschrift. Das heißt, sie besteht aus mehreren Einzelhandschriften, die zu einem Codex gebunden wurden.

Der Beschreibstoff ist Papier mit unterschiedlicher Beschaffenheit[3].

Der Codex enthält eine neuzeitliche Foliierung. Die Blattzahl gilt für beide Seiten eines Blattes und befindet sich rechts oben auf jeder Rectoseite[4]. Daraus wird ersichtlich, dass es in diesem Fall insgesamt 244 Blätter sind. Bei der Überprüfung auf Vollständigkeit fällt auf, dass bei der Erstellung der Foliozahl Fehler aufgetreten sind. So „fehlen“ die Blätter 56 und 141 in der Seitenzählung. Bei einem Blick auf den Inhalt der jeweiligen Seiten stellt man schnell fest, dass inhaltlich nichts fehlt. Praktischerweise sind gerade diese Blätter mit Hinweisen auf die nächste Seite[5] und einer mittelalterlichen Foliierung[6] versehen. Die Zählung ab Blatt 223 ist wiederum fehlerhaft. So gibt es ein Blatt 223, ein Blatt 223a und dann erst das Blatt 224. Blatt 232 ist ein lose eingefügtes kleineres Blatt, das aber offenbar als dem gesamten Codex zugehörig mitgezählt wurde. Nach dem letzten gezählten Blatt 244 folgt noch ein auf Vorder- und Rückseite leeres Blatt, das fest mit eingebunden wurde. Es wurde nicht mitgezählt. Da es sich um eine neuzeitliche Foliierung handelt, sollte es aber doch gezählt werden. Dann kommt man auf 244 Blätter insgesamt.

Das Format des Buchblocks ist ein Quartformat mit den Maßen 21,5 x 15,4cm. Der Schriftspiegel variiert leicht. Er beträgt circa 16 x 10 cm.

Das Entstehungsland der Handschriften ist Deutschland. Man kann eingrenzend sagen, dass die Schriften im süddeutschen Raum entstanden sind. Zwei Entstehungsorte wurden genau angegeben. Es sind die Klöster Kirchberg und Sankt Katharina.

Die Entstehungszeit ist das 15.Jahrhundert. In einzelnen Büchern findet man genaue Datierungen[7].

Eine ausführliche Lagenformel konnte ich nicht erstellen. Der Codex wurde restauriert und teilweise so verklebt, dass keine Bindenähte mehr sichtbar sind. Da es sich um eine Sammelhandschrift handelt, kann man davon ausgehen, dass es sich in den einzelnen Handschriften um unterschiedliche Lagenstärken handelt. An einer einzigen Stelle, zwischen Blatt 3 und 4, ist die Bindenaht zu sehen. Für die Blätter 1 bis 7 lässt sich also die Lagenstruktur beschreiben. Es ist eine schmale Lage, ein Ternio, mit einer zusätzlich angehefteten Seite.

Die Chroust’sche Lagenformel bietet Übersicht, wenn es mehrere Lagen gibt, die gezählt wurden. Ich kann in diesem Fall keine wirkliche Formel aufstellen. Die Lage würde wie folgt dargestellt: III + 1.

Bei der Schrift handelt es sich um Kursiven der Mitte des 15. Jahrhunderts, vermutlich Bastarda, von unterschiedlichen Händen. Auch innerhalb eines Textes derselben Hand bestehen leichte Abweichungen, in Schriftgröße und Zeilenabstand, die wohl auf eine Unterbrechung der Arbeit zurückzuführen sind.

Die Texte sind fortlaufend und einspaltig geschrieben. Die Zeilenzahl variiert zwischen den unterschiedlichen Händen erheblich zwischen 23 bis 31 Zeilen pro Blatt.

Kurt Vogherr von der Staatsbibliothek Berlin schrieb 1935 bei seiner Bestandsaufnahme[8], in der Handschrift gäbe es eine „Haupthand“. So habe ein Schreiber mehrere Texte (auf den Blättern 8r bis 205r) verfasst. Danach gibt es fünf verschiedene Schreiber dieser Sammelhandschrift. Nach meinen Untersuchungen gleicht sich nur die Schrift der Blätter 91r bis 138r und 139r bis 205r. Ich gehe deshalb von mindestens[9] sechs verschiedenen Schreiberhänden aus.

Die Überschriften sind teilweise rubriziert. Es besteht auch Rubrizierung einzelner Anfangsbuchstaben und Initialen.

Es gibt unterschiedliche Wasserzeichen im gesamten Codex. Diese sind ebenfalls in der Beschreibung von Kurt Vogtherr aufgeführt. Nach seinen Angaben befinden sich auf den Blättern 1 bis 82 drei verschiedene Formen des Zeichens Ochsenkopf, auf den Blättern 83 bis 129 das Zeichen Turm und auf den Blättern 130 bis 244 Dreiberg- Zeichen. Da es sich in dieser Handschrift um ein Quartformat handelt, sind die Wasserzeichen in der Falz geteilt und schwer zu erkennen. Die Mitarbeiter der Staatsbibliothek haben mir eine Quarzlampe und eine Wasserzeichensuchlampe zur Verfügung gestellt. Gemeinsam kamen wir zu der Erkenntnis, dass die recht schwachen Wasserzeichen dieser Handschrift trotz Hilfsmittel nur sehr schlecht bis gar nicht zu sehen sind. Daher ist weder die Bestimmung der Herkunft des Papiers, noch seine genaue Datierung anhand der Wasserzeichen möglich. Ich durfte mir ausnahmsweise[10] eines dieser Zeichen abpausen. Hier handelt es sich um den Typ Ochsenkopf[11], der auf den Blättern 3v und 4r zu sehen ist. Friedrich Keinz schreibt dazu: Ochsenkopf: dieses Zeichen ist bekanntlich das weitaus häufigste von allen Wasserzeichen. Es ist schon sehr früh nachgewiesen […] In Deutschland erscheint es vom letzten Drittel des XIV. Jahrhunderts an in solcher Ausbreitung und Mannigfaltigkeit der Formen, daß es auch hier als Zeichen verschiedener Mühlen anzunehmen ist.[12] In seinem Werk fand ich am ehesten eine Übereinstimmung mit dem mir vorliegenden Wasserzeichen. Es handelt sich um einen Ochsenkopf mit Blume auf doppelter Stange. Keinz fand diesen Typen (bei ihm Nr.: 256) in: C.lat.27090v.J. 1398; so noch in 3 HSS.

Im hinteren Einband des Codex befindet sich eine Miniatur. Es ist eine Federzeichnung, die mehrfarbig ausgemalt wurde. Hierbei handelt es sich vermutlich um ein Meditationsbildchen. Es sind die Marterwerkzeuge Christi abgebildet. Die Illustrationsart der eingeklebten Bilder war laut Karin Schneider[13] in Andachtsbüchern im Privatbesitz von Klosterfrauen gegen Ende des 15. Jahrhunderts und Anfang des 16. Jahrhunderts beliebt.

An zwei weiteren Stellen fehlen Miniaturen. Sie wurden irgendwann aus dem Codex entfernt oder sind heraus gefallen. Auf den Blättern 7r, 90v und 205v sind Klebespuren in Form des Umrisses eines kleineren Blattes zu sehen. Zudem gibt es auf Blatt 205v so etwas wie eine Bildunterschrift. Diese nimmt Bezug auf das folgende Buch und wird im späteren Verlauf dieser Arbeit näher beschrieben.

Der Codex ist mit einem Holzdeckel versehen, der mit rotem Leder bezogen ist. Ursprünglich war er mit einer Schließe versehen, von der heute nur noch Reste vorhanden sind. Außerdem wurde der Codex auf der vorderen Außenseite beschriftet. Leider ist diese Beschriftung nicht mehr lesbar. Das vordere Einbandblatt wurde entfernt. Aus dem Versteigerungskatalog der Brüder Brentano geht hervor, dass hier ein werthvoller kolorirter Holzschnitt der ältesten Zeit eingeklebt war. Dieser bildete Christus mit einer Dornenkrone ab[14].

Das Muster auf dem Einband ist ein Rechteck mit doppeltem Streifenrahmen. Das Mittelfeld ist durch Rauten, Diagonalen und Horizontalen getrennt. Es ähnelt dem der Handschrift Ms.germ.quart.599. Auch hier handelt es sich um eine Papierhandschrift aus dem 15. Jahrhundert. Sie enthält Predigten von Johannes Tauler. Die Art der Bindung ist ähnlich. Am Buchrücken finden sich drei dicke Bünde. An einer defekten Stelle sind grüne Bindenähte zu sehen. Diese haben starke Ähnlichkeit mit denen der Handschrift Ms.germ.quart 730. Der Codex 599 hat allerdings andere Schließen und zusätzlich Messingbeschläge vorne und hinten. Hermann Degering[15] gibt an, dass die Handschrift in einem Zusammenhang steht mit einem dominikanischen Kloster Kirchberg. Aus diesem Kloster stammt nachweislich das Kapitel 6 der Handschrift Ms.germ.quart 730: „Leben und Offenbarung einer Dominikanerin im Kloster Kirchberg“.

Diese Gemeinsamkeit kann ein Indiz für die Annahme sein, dass die beiden Handschriften sich auch äußerlich ähneln. Es kann aber auch purer Zufall sein, denn man weiß nicht, wann, wo und von wem die beiden Codices gebunden wurden.

Außerdem befinden sich auf dem Einband der Handschrift Ms.germ.quart 730 Stempel in der Form eines Vierblattes.

Der Codex gehörte einmal in eine (Kloster-) Bibliothek. Auf Blatt 7v befindet sich der Eintrag: das buch gehört ins das buch ampt. Dieser Eintrag ist typisch für das Kloster Sankt Katharina. Der Kalender am Anfang der Handschrift lässt sich ebenfalls Sankt Katharina zuordnen.

Irgendwann kam der Codex in den Besitz von Clemens und Christian Brentano. Wann und wie sie dazu kamen, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, auch nicht, welchem der beiden Brüder er gehörte[16].

Im April 1935 wurde der Codex dann von Kurt Vogtherr in Besitz der Preußischen Staatsbibliothek Berlin aufgenommen. Er gibt an, dass er 1854 auf der Auktion Schmitz in Köln erworben wurde. Seine Herkunft war ihm unbekannt. Wenn die Angaben in der Bestandsaufnahme Kurt Vogtherrs stimmen, gehörte der Codex ein Jahr lang einem unbekannten Käufer[17].

[...]


[1] Die H. Degering „Anweisungen zum gottseligen Leben“ nennt

[2] Ott, a.a.O.S.38

[3] Die Blätter 1 bis 7 sind beispielsweise deutlich dünner als die restlichen.

[4] Ich kürze nach der allgemein gültigen Regelung ab: r für „recto“ und v für „verso“.

[5] Blatt 55v unten: Das ist vil besser; Blatt 56r Zeile 1: das ist vil besser

[6] Diese befindet sich auf den Blättern 139r bis 145r rechts unten.

[7] Siehe folgende Kapitel.

[8] In: Ms.cat.A556; zu lesen im Anhang dieser Arbeit.

[9] Mindestens, da manchmal nicht ganz zu klären ist, wie viele Schreiber/innen an einem Buch beteiligt waren.

[10] Meine gesamte Wasserzeichenforschung war abhängig von dem, was mir als Lesesaalbenutzerin erlaubt wurde.

[11] Die entstandene Abbildung befindet sich im Anhang zu dieser Arbeit.

[12] Keinz, a.a.O., S.514.

[13] Schneider, a.a.O., S.156.

[14] Versteigerungskatalog vom 5.April 1853, J.M. Haeberle in Köln, a.a.O., S.145.

[15] Degering, a.a.O., S.109.

[16] Gajek, a.a.O., S.19.

[17] Da sich Datum und Auktionator unterscheiden, scheint es so gewesen zu sein. Eventuell ist während dieser Zeit der Holzschnitt abhanden gekommen.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Handschriften der Staatsbibliothek Berlin - Beschreibung der Handschrift MsGermQuart 730
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
"-"
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V76527
ISBN (eBook)
9783638801355
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Handschriften, Staatsbibliothek, Berlin, Beschreibung, Handschrift, MsGermQuart
Arbeit zitieren
Yvonne Stingel (Autor:in), 2003, Handschriften der Staatsbibliothek Berlin - Beschreibung der Handschrift MsGermQuart 730, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76527

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