Bedingungsloses Grundeinkommen. Auswirkungen auf die Armutslage der Bevölkerung in Dortmund

Kann es die Lebenslage von Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfängern verbessern?


Hausarbeit, 2017

110 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe

1. Einleitung

2. Aktuelle Armutslage der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund

2.1 Relative Einkommensarmut der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund

2.2 Ausgewählte Lebenslagen der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund

3. Die vorrausichtliche Armutslage aktueller Dortmunder Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens

3.1 Zum Begriff des bedingungslosen Grundeinkommens

3.2 Relative Einkommensarmut der aktuellen Dortmunder Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens

3.3 Ausgewählte Lebenslagen der aktuellen Dortmunder Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens

4. Mögliche Effekte eines bedingungslosen Grundeinkommens auf die Armutslage der aktuellen Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund

4.1 Mögliche Effekte auf die relative Einkommensarmut

4.2 Mögliche Effekte auf ausgewählte Lebenslagen

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

Anhang

Anhang 1 – Relative Einkommensarmut derzeitiger Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund & erforderliches Bruttogehalt zur Überwindung relativer Einkommensarmut

Anhang 2 - Relative Einkommensarmut derzeitiger Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens

Anhang 3- Vergleich der aktuellen Nettoeinkommen und der Nettoeinkommen bei Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens


1. Einleitung

 

Ende Juni diesen Jahres vermeldeten verschiedene Medien, sowie der Vize-Ministerpräsident Robert Habeck (2017: o.S.) Schleswig-Holsteins, dass die Landesregierung die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Höhe von 1000€ für Erwachsene und 500€ für Kinder plane (Grimm 2017: o.S.; Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag 2017). Ein bedingungsloses Grundeinkommen dient in erster der Linie dazu, soziale Ungleichheiten durch Umverteilung zu minimieren (Straubhaar 2017: 8).

 

Aktuell stellen arbeitslose Menschen die Bevölkerungsgruppe dar, die am stärksten von Armut bedroht ist (Statistisches Bundesamt 2017a: 23). Da im Land Nordrhein-Westfalen die Arbeitslosenquote im Ruhrgebiet am höchsten ist, wird sich diese Arbeit damit beschäftigen, inwieweit sich die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in der in Schleswig-Holstein zu Debatte stehenden Höhe, auf die Armutslage der derzeitigen Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger/innen[1] in der größten Stadt des Ruhrgebiets, nämlich Dortmund, auswirken könnte (Problemanalyse zu: Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales 2016: II; Stadt Dortmund o.J.: o.S.).

 

Um diese Frage beantworten zu können, wird in Kapitel 2 zunächst die derzeitige Armutslage der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund untersucht. Im Rahmen dessen werden die relative Einkommensarmut (Kapitel 2.1) und ausgewählte Lebenslagen (Kapitel 2.2) dieser Personengruppe näher betrachtet. Anschließend wird in Kapitel 3 untersucht, wie die relative Einkommensarmut (Kapitel 3.2) und ausgewählte Lebenslagen (Kapitel 3.3) der derzeitigen Arbeitslosengeld II- Sozialgeldempfänger nach der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens zu beurteilen wären. Dazu wird in Kapitel 3.1 zunächst erarbeitet, was unter einem bedingungslosem Grundeinkommen zu verstehen ist. Nachdem die derzeitige Armutslage der Arbeitslosengeld II- Sozialgeldempfänger vor und nach einer möglichen Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens dargestellt wurden, wird in Kapitel 4 untersucht, welche Veränderungen sich daraus ergeben würden. Dazu werden in Kapitel 4.1 die Veränderungen im Bereich der relativen Einkommensarmut und in Kapitel 4.2 die Veränderungen in ausgewählten Lebenslagen dargelegt. Zum Schluss wird in Kapitel 5 die Fragestellung zusammenfassend beantwortet und ein Ausblick für weitere Arbeiten gegeben.

 

2. Aktuelle Armutslage der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund

 

Zur Messung von Armut werden in der Literatur vor allem zwei Konzepte vorgestellt. Dabei handelt es sich zum einen um die Messung der relativen Einkommensarmut und zum anderen um den Lebenslagenansatz. Im Folgenden wird die Armutssituation der Dortmunder Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger anhand dieser beiden Ansätze dargelegt.

 

2.1 Relative Einkommensarmut der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund

 

Laut der Bundeszentrale für Politische Bildung (o.J.a: o.S.) gilt in entwickelten Staaten eine Person als arm, wenn sie von relativer Armut betroffen ist. In Deutschland ist jemand von relativer Armut betroffen, wenn sein Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Äquivalenzeinkommens beträgt (Bundeszentrale für Politische Bildung o.J.a: o.S.). Das Äquivalenzeinkommen berücksichtigt die Struktur des Haushaltes, da durch das Zusammenleben beispielsweise bei Anschaffungen oder Energieverbrauch Einsparungen entstehen. Zunächst werden alle Einnahmen des Haushaltes addiert, um dann durch einen Gewichtungsschlüssel dividiert zu werden. Der Gewichtungsschlüssel setzt sich aus den kumulierten Gewichtungen aller Haushaltsmitglieder zusammen. Der ersten erwachsenen Person kommt eine Gewichtung von 1 zu, jeder weiteren Person ab 14 Jahren eine Gewichtung von 0,5 und Kindern unter 14 Jahren eine Gewichtung von 0,3 (Bundeszentrale für Politische Bildung o.J.b: o.S.). Von relativer Einkommensarmut waren im Jahr 2015 Personen betroffen, deren Nettoäquivalenzeinkommen unter der Armutsschwelle von 12.401€ jährlich, beziehungsweise 1033,42€ monatlich lag (Statistisches Bundesamt o.J.: o.S.). Da es sich um die aktuellste Statistik handelt, wird im Folgenden relative Einkommensarmut an diesen Werten gemessen.

 

Das Einkommen durch Transferleistungen des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes setzt sich aus verschiedenen Werten zusammen. Zum einen übernimmt das Jobcenter die Bruttokaltmiete seiner Kunden (§ 22 Abs. 1 sozialgesetzbuch II[2]). Die maximal erlaubte Bruttokaltmiete in Dortmund hängt zum einen davon ab, ob das Haus einen Energieausweis mit maximal 60 kWh/qm aufweist und ob es sich um eine öffentlich geförderte Wohnung handelt. Zum anderen hängt sie, genau wie die maximal erlaubte Wohnungsfläche, von der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen ab (Jobcenter Dortmund o.J.a: o.S.). Tabelle 1 können die maximale Bruttokaltmiete sowie die maximal zugelassene Größe der Wohnung in Dortmund entnommen werden.

 

 

Tabelle 1 Maximale Quadratmeterzahl und Bruttokaltmiete nach Haushaltsgröße (Jobcenter Dortmund o.J.a: o.S.)

 

Zusätzlich werden die tatsächlich anfallenden Heizkosten vom Jobcenter übernommen (Jobcenter Dortmund o.J.a: o.S.). Diese hängen sicherlich individuell von den Heizgewohnheiten und des vorhandenen Heizsystems ab. Um die Heizkosten der Haushalte zu ermitteln, wird in dieser Arbeit von den mittleren monatlichen Heizkosten einer Mietwohnung pro Quadratmeter in Höhe von 1,10€ im Jahr 2014 ausgegangen und diese auf die maximal erlaubte Quadratmeterzahl bezogen (Statista GmbH 2017a: o.S.).

 

 

Tabelle 2 Wohnungskosten gesamt (Jobcenter Dortmund o.J.a: o.S ; eigene Darstellung)

 

Neben den Transferleistungen für Miet- und Heizkosten, erhalten Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger einen festen Regelsatz, der der Tabelle 3 zu entnehmen ist.

 

 

Tabelle 3 Regelsatz (JOBCENTER DORTMUND o.J.b: o.S.)

 

Der Regelsatz berücksichtigt die Lebenssituation der Empfänger. Es wird unterstellt, dass Alleinstehende oder Alleinerziehende Erwachsene einen Mehraufwand gegenüber einem Erwachsenen in einer Bedarfsgemeinschaft haben. Bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gelten zwei besondere Regelungen. Leben sie bei den Eltern oder ziehen dort ohne Zustimmung des Jobcenters aus, erhalten sie einen geringeren Regelsatz als andere Leistungsempfänger im gleichen Alter. Der Regelsatz für Kinder und Jugendliche hängt vom Alter der Kinder ab und steigt mit zunehmendem Alter.

 

Der Erhalt des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes ist an den Grundsatz des Forderns gebunden. Dieser besagt, dass sich eine erwerbsfähige, leistungsberechtigte Person aktiv an Maßnahmen zur Eingliederung am Arbeitsmarkt beteiligen muss (§ 2 SGB II). Dabei ist diese verpflichtet, jede zumutbare Arbeit anzunehmen, auch wenn es sich im Hinblick auf ihre Qualifikation um geringwertigere Arbeit handelt oder die Arbeit nicht mit der bisher ausgeübten Tätigkeit übereinstimmt (§ 10 SGB II).

 

Die Regelleistungen können gekürzt werden, sollten die Arbeitslosengeld II-Empfänger dieser Pflicht nicht nachkommen. Bei der ersten Pflichtverletzung kann die Regelleistung um 30 Prozent, bei der zweiten um 60 Prozent und bei der dritten vollständig gekürzt werden (§ 31a Abs. 3 SGB II). Als Pflichtverletzung gelten die nicht ausreichende Bemühung sich in den Arbeitsmarkt einzugliedern, die Verweigerung oder beabsichtigte Verhinderung zumutbarer Arbeit, Arbeitsgelegenheit oder Ausbildung und die Verweigerung oder der selbst verschuldete Abbruch einer zumutbaren Maßnahme zu Eingliederung (§ 31 Abs. 1 SGB II ). Zudem ist der gesetzliche Träger berechtigt, Leistungsempfänger aufzufordern, sich bei ihm oder zu einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung zu melden. Versäumt der Leistungsempfänger diese Termine, kann der Regelsatz um 10% gekürzt werden (§ 32 SGB II).

 

Einnahmen, die die Leistungsempfänger daneben erzielen und vorhandenes Vermögen werden bei der Ermittlung des Regelsatzes berücksichtigt (§ 11 SGB II; § 12 SGB II). Ebenso werden das Einkommen und das Vermögen der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Partner berücksichtigt. Bei Feststellung der Hilfsbedürftigkeit von Kindern, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, werden sowohl die Einkommen und das Vermögen der Eltern beziehungsweise des Elternteils und deren Partner berücksichtigt (§ 9 Abs. 2 SGB II). Erst, wenn die von allen zu berücksichtigenden Einnahmen und Vermögenswerte den Gesamtbedarf aller unterschreiten, besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Zudem wird davon ausgegangen, dass Hilfsbedürftige, von in der Hausgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten, Leistungen erhalten, wenn deren Einkommen und Vermögen hoch genug sind (§ 9 Abs. 5 SGB II).

 

Als auf den Regelsatz anzurechnende Einkommen gelten „Einnahmen aus Arbeit [,] […] Lohnnachzahlungen [,] […] Weihnachts- und Urlaubsgeld [,] […] Arbeitslosengeld oder Krankengeld [,] […] Steuererstattungen [,] […] Unterhaltsleistungen [,] […] Kindergeld, Kapital- und Zinserträge [,] […] Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung [,] […] Eigenheimzulage [und] […] Lottogewinne (Bundesagentur für Arbeit 2016a: o.S.)“. Vor der Anrechnung von Einnahmen sind Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen, bestimmte Beiträge zur Altersvorsorge, gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen, bei der Berechnung zur Ausbildungsförderung berücksichtigtes Einkommen sowie Werbungskosten, absetzbar (§ 11b Abs. 1 SGB II; Bundesagentur für Arbeit 2016b: o.S.). Einkommen, die keine Einnahmen aus Arbeit darstellen, werden also ungefähr in Höhe der Nettoeinkommen auf den Regelsatz angerechnet. Dies führt dazu, dass die Leistungsempfänger im Endeffekt durch dieses Einkommen nicht mehr Geld zur Verfügung haben. Bei Einkommen aus Arbeit gibt es zusätzliche Freibeträge. Für Werbungskosten, Kranken- und Pflegeversicherung und Altersvorsorge ist bei dem Einkommen aus Arbeit ein pauschaler Freibetrag von 100€ angesetzt. Kann bei einem Einkommen höher als 400€ nachgewiesen werden, dass diese Kosten den pauschalen Freibetrag übersteigen, können auch höhere Kosten veranschlagt werden (§ 11b Abs. 2 SGB II). Zusätzlich sind 20% des Teils des Einkommens, das 100€, aber nicht 1000€ übersteigt, und 10% des Teils des Einkommens, das 1000€, aber nicht 1200€, bei mindestens einem minderjährigen Kind, nicht 1500€ übersteigt, absetzbar (§ 11b Abs. 3 SGB II). Dies bedeutet, dass die ersten 100€, die ein Leistungsempfänger zusätzlich brutto verdient, nicht auf den Regelsatz angerechnet werden. Von den nächsten 900€ werden 80% auf den Regelsatz angerechnet und von den nächsten 200€ beziehungsweise 500€ 90%. Alles, was ein Leistungsempfänger darüber hinaus einnimmt, wird zu 100% von dem Regelsatz abgezogen. Zwar bleibt erwerbstätigen Leistungsempfängern so mehr Geld zum Leben, jedoch nur in geringem Maße.

 

Anhand dieser Werte wurde berechnet, über wie viel Nettoeinkommen ein Haushalt verfügen muss, um nicht von relativer Einkommensarmut betroffen zu sein und wie hoch das Einkommen der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger ohne Erwerbstätigkeit ist. Anhand dessen wird ermittelt, welche Haushalte von relativer Einkommensarmut betroffen sind. Zudem wird ermittelt, wie viel ein Alleinverdiener eines jeden betroffenen Haushaltes hinzuverdienen müsste, um nicht von relativer Einkommensarmut betroffen zu sein (vgl. Anhang 1).

 

Auffällig ist, dass nur sehr wenige Haushaltskonstellationen[3] ohne zusätzliche Erwerbstätigkeit, nicht von relativer Einkommensarmut betroffen sind. Von 467 untersuchten Haushaltskonstellationen liegen 33 nicht unter der relativen Einkommensarmutsgrenze. Bei rund einem Drittel der Haushaltskonstellationen ist es einem Alleinverdiener nur dann möglich, die relative Einkommensarmut zu überwinden, wenn er ohne den Erhalt der Transferleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II ein Einkommen erwirtschaftet, das über der Armutsschwelle liegt.

 

Bei der Bewertung dieser Zahlen muss berücksichtigt werden, dass Leistungen aus dem

 

sogenannten Bildungs-und-Teilhabepaket nicht berücksichtigt wurden. Das Bildungs-und-Teilhabepaket sieht vor, jungen Menschen die Kosten für Schulausflüge und Klassenfahrten, Nachhilfe, nicht im Regelsatz berücksichtigte Kosten für Schulbeförderung und Mittagessen in Schule oder Kita gezahlt werden. Außerdem erhält jeder Schüler jährlich 100€ für Schulbedarf. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene können monatlich für 10€ beispielsweise in Vereinen tätig werden, künstlerischen Unterricht besuchen oder an Freizeiten teilnehmen (§ 28 SGB II). Ausnahmen bilden Schüler, die eine Ausbildungsvergütung erhalten. Da diese Leistungen gesondert beantragt werden müssen und keine Quellen vorliegen, wie viele Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund diese Leistungen beanspruchen, werden diese nicht dem Einkommen zugerechnet.

 

Zusätzlich gibt es Mehrbedarfe für beispielsweise Schwangere, Alleinerziehende oder behinderte Leistungsberechtigte (vgl. § 12 SGB II). Da die Berücksichtigung dieser Einzelfälle den Umfang der vorliegenden Arbeit überschreiten würde, werden die Mehrbedarfe an dieser Stelle der Vollständigkeit halber lediglich erwähnt und nicht weiter ausgeführt.

 

Die relative Einkommensarmut orientiert sich bei der Messung von Armut ausschließlich auf das monatliche Einkommen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2013: 23) misst im vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung Armut anhand des Lebenslagenansatzes. Mit Hilfe dieses Ansatzes werden im Folgenden ausgewählte Lebenslagen der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund herausgearbeitet.

 

2.2 Ausgewählte Lebenslagen der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund

 

Die Aussagekraft der eindimensionalen Messung von Armut durch den Ansatz der relativen Einkommensarmut, ist nur sehr gering. Die punktuelle Messung der Haushaltsnettoeinkommen, kann nur wenig über die tatsächlichen finanziellen Mittel aussagen, da beispielsweise vorhandenes Vermögen oder verwandtschaftliche Unterstützung genutzt werden können (Groh-Samberg 2010: 11; Hradil 2010: 3). Der Lebenslagenansatz hingegen berücksichtigt sämtliche Lebensbereiche (Butterwegge 2009: 42). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2013: 23) berücksichtigt bei der Messung von Armut neben dem Einkommen, auch das Vermögen und die Bereiche Gesundheit, Erwerbstätigkeit, Wohnen und Bildung, soziale Netzwerke, familiäre Beziehungen und politische Partizipation und Chancen. Im Gegensatz zur Einkommensarmut ist es mit großen Schwierigkeiten verbunden, die Lebenslagen zu erfassen (Butterwegge 2009: 42). Deshalb werden in diesem Kapitel lediglich Aspekte angesprochen, die die Lebenslagen der Dortmunder Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger beeinflussen können und anhand zuverlässiger Quellen zu belegen sind. Dabei handelt es sich um das Einkommen, das Vermögen und den Wohnraum, den Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund im Vergleich zum Bundesdurchschnitt zur Verfügung haben.

Einkommen

 

Die Einkommenssituation wurde bereits in Kapitel 2.1 dargelegt. Es ist festzuhalten, dass beinahe allen Haushaltskonstellationen ohne Erwerbstätigkeit weniger als 60% des bundesweiten Medians des Nettoäquivalenseinkommens zur Verfügung stehen. Der Anspruch und die Höhe der Leistungen nach dem SGB II werden daran gemessen, ob das Haushaltseinkommen einen bestimmten Wert überschreitet (§ 9 SGB II). Menschen, die dem eigenen Einkommen und Vermögen zufolge Anspruch auf Leistungen hätten, bleiben diese also verwehrt, wenn möglicherweise der Partner oder Verwandte und Verschwägerte, die über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, im Haushalt leben. Sie sind dann von dem Partner, verwandten oder verschwägerten Personen abhängig. Es kann somit nicht garantiert werden, ob sie tatsächlich über genug finanzielle Mittel verfügen. Bei Pflichtverletzungen können die Regelsätze der Leistungsempfänger zudem gekürzt werden, wodurch die Höhe des Einkommens weiter sinken kann (§ 31 Abs. 1 SGB II; § 32 SGB).

 

Vermögen

 

Neben dem Einkommen, wird auch vorhandenes Vermögen zu bestimmten Teilen dahingehend berücksichtigt, ob und in welchem Umfang eine Person leistungsberechtigt ist (§ 12 SGB). Dies bedeutet, dass vor dem Erhalt von Transferleistungen das angesparte Vermögen bis zu einer bestimmten Grenze zum Lebensunterhalt dienen muss. Grundsätzlich ist jede Person berechtigt über ein Vermögen in Höhe von 150€ je Lebensjahr und mindestens 3.100€ zu verfügen. Für die Altersvorsorge können zusätzlich maximal 750€ je Lebensjahr angespart werden (§ 12 SGB I). Das Pro-Kopf-Geldvermögen belief sich in Deutschland im Jahr 2015 auf 47.681€ (Statista GmbH 2017b: o.S.). Ein langfristiger Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger unter 53 Jahren[4] hat somit grundsätzlich nicht die Möglichkeit, das durchschnittliche Geld-Vermögen anzusparen. Mit Hinblick darauf, dass Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in den meisten Haushaltskonstellationen ohne zusätzliche Erwerbstätigkeit über ein Einkommen unter der relativen Einkommensarmutsgrenze verfügen und Großteile eines möglichen Einkommens durch Arbeit auf den Regelsatz angerechnet werden, ist es jedoch fraglich, inwieweit Vermögensbildung überhaupt möglich ist.

Wohnraum

 

Haus- und Wohnungseigentum darf in angemessener Größe, weiterhin genutzt werden. Die angemessene Größe misst sich an der Wohnungsgröße, die anderen Leistungsempfängern gewährt wird und Tabelle 2 zu entnehmen ist (§ 12 SGB II). Die durchschnittliche äquivalenzgewichtete Wohnfläche betrug im Jahr 2015 63,5 Quadratmeter. Die Bedarfsgewichtung bezieht sich dabei auf eine Skala nach Meyer-Ehlers und ist Tabelle 4 zu entnehmen (Bundesministerium für Arbeit und Soziales o.J.: o.S.).

 

 

Tabelle 4 Gewichtungsschlüssel Wohnraum (SOEP GROUP 2013: 4; Gewichtung eigene Berechnung)

 

In folgender Tabelle sind die maximal erlaubte Wohnungsgröße von Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfängern die Größe einer Wohnung, die dem bundesweiten äquivalenzgewichteten Durchschnitt von 63,5 Quadratmetern entspricht, aufgeführt.

 

 

Tabelle 5 Wohnungsgrößen Leistungsempfänger & durchschnittliche äquivalenzgewichtete Wohnfläche (Jobcenter Dortmund o.J.a: o.S.; SOEP GROUP 2013: 4; eigene Berechnung)

 

Es fällt auf, dass die äquivalenzgewichtete Größe des Wohnraums der Dortmunder Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger zwischen 21% und 35% unter dem bundesweiten Durchschnitt liegt.

 

Um in Kapitel 4 die möglichen Effekte der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens auf die derzeitige Armutslage der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfänger in Dortmund herausarbeiten zu können, wird im folgenden Kapitel herausgearbeitet, die die Armutslage nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens zu beurteilen wäre.

 

Ende der Leseprobe aus 110 Seiten

Details

Titel
Bedingungsloses Grundeinkommen. Auswirkungen auf die Armutslage der Bevölkerung in Dortmund
Untertitel
Kann es die Lebenslage von Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfängern verbessern?
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Veranstaltung
Armut in der Stadt
Note
2.0
Autor
Jahr
2017
Seiten
110
Katalognummer
V383018
ISBN (eBook)
9783668621862
ISBN (Buch)
9783668621879
Dateigröße
2309 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Armut, bedingungsloses Grundeinkommen
Arbeit zitieren
Christina Hemling (Autor:in), 2017, Bedingungsloses Grundeinkommen. Auswirkungen auf die Armutslage der Bevölkerung in Dortmund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383018

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