Das moderne Drama


Skript, 2000

58 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhalt

Dietrich Schwanitz: „Der Campus“

ZEITDRAMA / BEWUSSTSEINSDRAMA
Bodo Kirchhoff: „Die verdammte Marie“
Henrik Ibsen: „Rosmerholm“
David Mamet: „Oleanna“

MODERNES DRAMA
Henrik Ibsen: „John Gabriel Borkman“
Henrik Ibsen: „Rosmerholm“
Ibsen: „Klein Eyolf“
Ibsen: „Hedda Gabler“
Hauptmann: „Vor Sonnenaufgang“
Maurice Maeterlinck: „Die Blinden“
Hugo v. Hoffmannsthal: „Gestern“
August Strindberg: „Fräulein Julie“
Samuel Beckett: „Quadrat I und II“
Jean Paul Sartre: „Hinter geschlossenen Türen“
Samuel Beckett: „Nacht und Träume“
Hugo von Hofmannsthal: „Der Tor und der Tod“
August Strindberg: „Das Traumspiel“
Reinhold Grimm: „Karusselldrama“ (Theorie)
Arthur Schnitzler: „Der Reigen“

DAS EXPRESSIONISTISCHE DRAMA
Georg Kaiser: „von morgens bis mitternachts“
Ernst Toller: „Hinckemann“
Ödön von Horváth: „Kasimir und Karoline“
Oskar Kokoschka: „Mörder Hoffnung der Frauen“ (1912)
Gombrowicz: „Die Trauung“
Kandinsky: „Der gelbe Klang“
Bertold Brecht
B. Brecht: „Die Maßnahme“ 1929/30
Brecht: „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ 1929-31

Das absurde Drama / Theater
Jean Paul Sartre: „Huis clos / Bei geschlossenen Türen“ 1944
Thomas Bernhard: „Die Macht der Gewohnheit“
Samuel Beckett: „Quadrat I + II“
Samuel Beckett: „was wo“
Samuel Beckett: „Nacht und Träume“
Samuel Beckett: „Endspiel“
Strindberg: „Der Vater“ 1887
Strindberg: „Das Traumspiel“ 1900
Strindberg: „Frl. Julie“
Genet: „Die Zofen“
Harold Pinter: „Landscape / Landschaft“ 1968
Harold Pinter: „Silence / Schweigen“ 1969
Samuel Beckett: „Play“ 1964
Samuel Beckett: „Quadrat“
Samuel Beckett: „was wo“
Thomas Bernhard: „Fest für Boris“
Thomas Bernhard: „Die Macht der Gewohnheit“ 1974
Ödön von Horvath: „Kasimir und Karoline“ 1932

ZUSAMMENFASSUNG

DAS MODERNE DRAMA

(VO bei Hiebel – SS 2000)

15.3

Dietrich Schwanitz: „Der Campus“

Kern der Geschichte:

Prof. Hackmann hat ein Verhältnis mit einer Studentin namens Babsi. Er will sie los werden, doch sie verführt ihn wieder. Dabei werden sie gesehen und es spricht sich herum. Der Professor wird wegen Vergewaltigung angezeigt und von der Uni entlassen. Die Studentin sagt vorerst nicht die Wahrheit. Dann jedoch glaubt ihr keiner mehr. Die Psychologen sagen, sie verleugne den Wahn, Identifikation mit dem Aggressor (= Hackmann).

[ Stoff von David Mamet: „ Oleanna

Gleicher Fall: dort: Prof. John und Studentin namens Carol ]

Carol bittet um Nachhilfe. Professor legt den Arm um sie. Carol, die von einer politisch-feministischen Gruppe beeinflusst ist, erkennt etwas Patriarchisches. Sie wird von der Gruppe angehetzt und sie ihn als Patriarchen an.

Schuld und Unschuld liegen auf beiden Seiten (Prof. u. Studentin). Kritik wird an beiden Seiten geübt: an Männern und an der feminist.-polit. Gruppe.

Carol legt den Professor rein. Das Buch, aus dem der Professor vorträgt, wird von der Gruppe gehasst. In Sprechstunde sagt sie ihm, dass dieses Buch auf dem Index steht und deshalb darf es nicht gelesen werden. Er lässt sie nicht aus der Tür. Carol droht mit einer Klage wegen Vergewaltigung. Prof. unterschreibt Erklärung (von der Gruppe aufgesetzt). Dadurch wird er Professor auf Zeit. (zuerst war er ordentlicher Prof.)

ZEITDRAMA / BEWUSSTSEINSDRAMA

Diese Begriffe stammen aus der Romantheorie von Ter-Nedden: „ Der kritische Zeitroman “:

a) Zeitdrama

Bezug auf Zeitgeschichte

Gesellschaft, Wirklichkeit, Zeit dargestellt, zeitkritisch

= problemorientiert, Mimesis (=Nachahmung der Wirklichkeit), Realismus, Naturalismus, Widerspiegelung

Bsp. Brecht: zeitkritisch in den 30er Jahren

Wozu Zeitkritik in „Kunst“ dargestellt?

Adorno: „ Engagement

Es gibt nicht wirklich eine Alternative zwischen Engagement (etw. Autonomes) und l’art pour l’art.

Engagement will auch Kunst machen (Witz u. Spaß)

L‘art pour l’art beinhaltet auch versteckt Zeitkritik

= Autonomie: eigene Leistung von Literatur

b) Bewusstseinsdrama, oder auch „ Phantastisches Drama“ genannt

rückt ab vom Realismus, Naturalismus

= Traumhaftes, Spielerisches, Surreales: alles was von Wiedergabe abweicht

„antimimetisch“ à Diesen Begriff zu verwenden ist sinnhaft, da es von Wiedergabe abweicht, d.h. es ist nicht Nachahmung der Wirklichkeit!

was bei antimimetisch verloren geht ist: Traum / Phantasie geht eigentlich auch auf Wirkliches zurück, aber in anderer Weise, deshalb ist „Bewußtseinsdrama“ ein besserer Ausdruck dafür.

à alles geht indirekt auf Wirklichkeit zurück

w Bsp. Kafka: „ Der Proceß “ à fantastische Welt oder: „ Das Schloß “ à unendlich

solche Literatur à Traum-/ Bewußtseinswelt

w Bsp. Beckett: Sprachreflexion, Bewusstseinsvorgänge, kaum Darstellung von Rea-

litäten

Beim Drama: absurdes Drama bei Ionesco und Beckett

Schon expressionistisches Drama beginnt sich von Äußerem zu lösen

w Bsp. Strindberg: „ Ein Traumspiel

Unterschied zwischen geträumten Dingen und Wahrheit ist vermischt

Bis heute gibt es Zeitdrama und Bewusstheitsdrama (im Drama u. im Roman)

Bodo Kirchhoff: „Die verdammte Marie“

(Kopien dazu im HAP !!!)

pornographische Elemente

Kirchhoff sieht aber auch die Einsamkeit hinter der sexuellen Perversion.

MARIE, die Hauptfigur, war Prostituierte. Der ALTPRÄSIDENT besucht sie. Sie hat seit 28 Jahren nicht gearbeitet, er stirbt fast an Herzinfarkt. (im Volksmund steht „Marie“ auch für Geld)

Bewußtseinsdrama:

Der Altpräsident besucht ehemalige Geliebte nach 28 Jahren, damals hat er sie mit Geld überhäuft. Sie hat alles gespart. Er will von ihr dieses Geld borgen. Er will Puffgigant errichten, um Bahnhofsviertel zu „reinigen“. Im Bahnhofsviertel lungern die Prostituierten herum, um sie von der Straße wegzubekommen, möchte er ein großes Puff bauen, um alle unter ein Dach zu bekommen.

= eher unrealistisch: die Art wie sie reden und miteinander umgehen (der Fall geht basiert auf wahren Tatsachen: in den 50er Jahren)

zwischen Naturalismus und Abstraktion

Kampf um Geld und Anerkennung

Marie will auch Anerkennung, Geld ist ihr egal, will eher Liebe und ein Denkmal. Präsident lehnt ab, ist aber abhängig von der Nutte

[ Wirklichkeit ist verdreht, aber so, dass die Wirklichkeit nicht verloren geht

keine Literatur ohne Mimesis (=Nachahmung) ]

Marie zwingt den Präsidenten wieder in seine Hörigkeit (= eine sexuelle) hinein.

Perversion à „sex and crime

Die dritte Figur in diesem Drama ist der KÜNSTLER / DRAMATIKER, der die Wirklichkeit notiert, und alles begleitet. Er ist realitätsgeil. Er notiert, was er wahrnimmt und spricht es laut wieder aus. Er wird von Marie und dem Präsidenten nicht wahrgenommen.

Absurde Abstraktion, keine Mimesis

Handlung und Sprache werden vom Dramatiker immer wiederholt.

[ Vgl. Pinter: „ Landscape “, „ Silence

Ähnliches dort: 2, 3, 4 Figuren sprechen, aber nicht miteinander, keine Kommunikation

=> Bewusstseinsexperiment ]

Dem Dramatiker geht das Papier aus, beschreibt daraufhin seine Haut

sozialkritisch: à wird als bestechlich beschrieben

Im zweiten Teil nehmen Marie und der Präsident den Künstler jetzt wahr. Man spricht mit ihm soll sich alles von Haut runterwaschen. Sie wollen ihn bestechen. Er sagt er lasse sich nicht kaufen. Er wird vom Autor karikiert und ist nicht das Sprachrohr des Autors.

Er wäscht sich dann aber doch und kriegt einen Preis. Er sagt aber, dass er sich erinnern könnte, das zeigt seiner erpresserische Seite.

Präsident sagt: Es gibt keine Erinnerung / Wahrheit (= poststrukturalistisch). Künstler zitiert wortwörtlich aus seinem Gedächtnis. Der Präsident erleidet fast einen Herzinfarkt. Marie will den Künstler verführen. Er gibt nach, sie erniedrigt ihn, er will sie erwürgen, er glaubt, er hat sie getötet, aber Marie „wird uns alle überleben“. Sie wollte getötet werden. Der Dramatiker läuft davon, weil er nackte Wahrheit nicht hören und kein Stück darüber schreiben. Marie und der Präsident als positiver gewertet.

Henrik Ibsen: „Rosmerholm“

Analytisches Drama: Vergangenes wird analysiert und aufgeklärt

Das erste analytische Drama = Sophokles: „ Ödipus Rex “:

In diesem Stück wird die Vergangenheit gerichtlich aufgeklärt:

KREON (Bruder der IOCASTE) will aufklären: Woher kommt ÖDIPUS?

Wer sind seine Eltern?

Es passiert eigentlich nichts, es wird nur alles aufgeklärt:

Ödipus hat LAIOS (seinen Vater) erschlagen (ohne zu wissen, dass er sein Vater ist) und hat seine Mutter Iocaste geheiratet. Ödipus beendet sich, Iocaste bringt sich um.

[ Vgl. Peter Szondi: „ Theorie des modernen Drama “:

Ibsens Dramen sind für ihn Romane

Romanstoffe

Nicht mehr dramatisches Drama

= Gegenwartsfolge, kontinuierlich, vorwärtsdrängend

aus Krise: Lösungsversuche sind:

- episches Theater: Brecht

- lyrisches Drama

- Stationendrama / Ich-Drama: Strindberg

Für Szondi auch Ibsens Stücke fast aus Erinnerung, deshalb eher Roman, denn dramatisches Drama ist für so etwas nicht geeignet. ]

[ Rosmersholm “ ist nicht undramatisch. Explosivstoff zeigt sich in Gegenwart.

Notgedrungen muss man analysieren, was vorher geschehen ist. Die absolute Gegenwartsfolge ist gegeben.

Etwas muss aufgedeckt werden -verbotenes Aufreißen; Leerstelle: Aufdecken nicht möglich ]

REBECCA will DR. WEST (der vielleicht ihr Vater ist). Ähnliches Verhältnis mit ROSMER: sie lieben sich. Rebecca treibt BEATE Rosmer (Rosmers Ehefrau) in den Tod. Rosmer will sie heiraten, fragt sie zweimal, doch sie lehnt ihn immer wieder ab. Man weiß aber nicht warum. [ = Leerstelle ]

[ Vgl. W. Iser: Es gibt Leerstellen in der ganzen Literatur. Man muss sie selbst suchen. Muss im Lesen aufdecken, wie alles läuft. ]

[ Hier gibt es wirklich eine Leerstelle – wird nicht beantwortet.

Implikation (man kann vielleicht dahinterkommen)

Leerstelle

wirklich leer (gibt keine Möglichkeit, dahinter zu kommen, was los ist!) ]

? vielleicht Inzest zwischen Vater und Tochter ?

22.3.2000

David Mamet: „Oleanna“

= Perspektivisches Drama , personal

patriarchaler Mann: nennt seine Frau am Telefon „Baby“, = Verniedlichung

der feministische Ansatz: sexistische Aussagen aufdecken

[ Peter Szondi : „ Theorie des modernen Dramas

Ibsen sei undramatisch, ist nicht modern, weil die Vergangenheit analytisch aufgedeckt wird (schon bei Ödipus). Neu ist aber, dass er die Psychoanalyse einbezieht. Das ist das Moderne dran! ]

MODERNES DRAMA

Das moderne Drama ist das Drama des zwischenmenschlichen Bezugs.

- muss absolut sein
- Autor, Publikum darf nicht im Drama spürbar sein. Es muss geschlossen sein; nichts tritt hinein oder heraus => „Guckkastenbühne“
- muss Handlungen für sich zeigen, nichts Parabolisches / Symbolisches
- nur was wichtig für die Gegenwart ist, Vergangenheit nur wenn sie auf die Ge-

genwart wirkt à absolute Gegenwart

- keine Zeitsprünge: dadurch erkennt man den Autor
- muss kausal ineinander verzahnt sein: Kausalität durch Dialog: Motive, Konflikte,

Lösungen müssen herauskommen

Am Ende des 19.Jh. geht das nicht mehr, das typische Drama zerbricht, weil sich die Zeiten so stark geändert haben. Die Krise beginnt mit Ibsen

Henrik Ibsen: „John Gabriel Borkman“

[ für Szondi: in der Gegenwart passiert nicht mehr viel, nichts ist dramatisch, fast nur Erinnerung ]

BORKMAN lebt mit GUNHILD, seiner Frau, seit acht Jahren getrennt in einem Haus. Sie reden nicht miteinander (Krise = kein Dialog !)

[ analytisches Drama, dann doch Gegenwartsfolge ]

Die Vermieterin kommt ins Haus und so wird Stück für Stück die Vergangenheit langsam aufgerollt. Seine Jugendliebe war ELLA RENTHEIM, die Schwester von Gunhild. Doch er hat sie verstoßen und stattdessen Gunhild der Karriere wegen geheiratet. Wegen einem Diebstahl in einer Bank verrät Ella ihn. Er war deshalb schon 8 Jahre im Gefängnis. Im Rückblick: die Personen sind verfremdet. Diese Züge zersetzen das Drama.

[ Nach Szondi: verschiedene Krisensymptome:

- bei Ibsen: die Vergangenheit wird durch die Psychoanalyse aufgedeckt.

- bei Strindberg: „ Der Vater “: Stationendrama bzw. Ich-Drama; zeigt Geschlechterkampf zwischen Mutter und Vater um Erziehung der Tochter.

Frauen sind immer gleich bei Strindberg: Er hat seine wahnhaften Vorstellungen auf Frauen übertragen. Ich à vom Autor, nicht objektive Figuren, vom Autor auf die Figuren übertragen

- bei Maeterlinck: „ Die Blinden “: keine Aktionen, Dialoge – Stationendrama

- bei Hauptmann: „ Vor Sonnenaufgang “: Tendenz zur Soziologie

Die Zerstörer des typischen Drama sind die obengenannten Schriftsteller mit ihren verschiedenen Ansätzen, die das typische Drama ersetzen.

Für Szondi großartig:

Ich-Dramatik der Expressionisten, Überzeichnung des Expressionismus aus subjektiver Wahrnehmung; keine Dialoge, Objektivität

Episches Drama (Brecht): Der Autor steigt ins Stück mit ein, keine absolute Gegenwartsfolge, weil auch Anrede ans Publikum und Kommentare

= perfekte auktoriale Form und ist nicht Krise, sondern ist Lösung aus der Krise (für Szondi: Ibsen und Strindberg)

Unmöglichkeit des Dramas bei Pirandello: „Sechs Personen suchen einen Autor“

Die Form des Dramas wird in Frage gestellt, es gibt kein Ziel ( telos ) und keine Aktion, denn das Drama reflektiert über sich selbst ! ]

Henrik Ibsen: „Rosmerholm“

Klassisches Drama am Höhepunkt, à schon reflexiv und psychoanalytisch

Um 1900 erschienen auch Guckkastenbühne-Stü>

Rebecca – Beate – Dr. West

Ä Vaterkomplex

Ä Elektrakomplex

Ein Bote aus der Vergangenheit bringt alles ins Rollen: KROLL, Beates Bruder, glaubt nicht, dass Beate (die verstorbene Frau von Johannes Rosmer) geisteskrank war, und Selbstmord begangen hat.

Beim Gespräch gehen Kroll und Rosmer über Steg, von dem sich Beate stürzte. Rosmer kann nicht drüber gehen.

Frage: Beeinflusst die Vergangenheit die Gegenwart? Hängt Rosmersholm (= das Gut) an den Toten, oder die Toten an Rosmersholm?

à letzteres wahrscheinlich, weil sich dann auch Rebecca und Rosmer vom selben Steg stürzen; von Beate in die Tiefe gezogen.

[ Lacan: „ Das Gewesende

Lacan = ein Psychoanalytiker (wie Freud)

Vergangenheit determiniert die Personen

Vergangenheit wirkt immer noch, ist immer noch seiend (deshalb das „Gewesende“) ]

Rebecca ist schon einige Jahre Gesellschafterin auf Rosmersholm und verliebt sich in Johannes Rosmer. Sie verschweigt diese Tatsache nicht (es kommt aber erst im Rückblick heraus, dass er sich auch zu ihr hingezogen gefühlt hat.)

Johannes R. stammt aus einer gesetzestreuen und treuen Familie. Mit der Zeit wird er liberaler in Politik und Familie und Liebe. Es gelingt ihm nach dem Tod seiner Frau nicht, eine neue Ehe anzufangen und stürzt sich in den Tod.

Kroll (= Johannes´ Pendant) ist ihm gegenüber absolut gesetzestreu.

Rebecca wurde liberal von Dr. West, ihrem Adoptivvater, erzogen; sie ist skrupellos, egoistisch und fordernd, andere färben auf sie ab, sie bekommt Skrupel (wegen Beate, Johannes und ihrem Vater) und bringt sich um.

Aufdeckung:

1. Stufe Die Vergangenheit des (Selbst-)Mordes von Beate wird von Kroll aufgedeckt
2. Stufe halb wird die Vergangenheit von Rebecca aufgedeckt: Rebecca hat Beate halb auf Irrwege gelockt. Sie soll eine Schwangerschaft angedeutet haben, weil Beate keine Kinder bekommen kann. Beate merkt auch, dass ihr Mann nichts mehr von ihr will, obwohl er es noch gar nicht wusste. Beate wollte ihm „nicht im Weg stehen“. Sie war also nicht geisteskrank, obwohl sie nicht kämpft und sich selbst umbringt.

Rebecca will nicht seine Frau werden. Sie behauptet dann, weil sie seine Frau umgebracht hat, aber man merkt, dass es andere Gründe gibt.

Kroll glaubt, dass Rebecca ein uneheliches Kind von ihrer Mutter und ihrem Adoptivvater Dr. West ist, sie hat nämlich seinen Nachnamen, und nicht den von ihrer Mutter.

Rebecca sagt aber, dass sie beiden bei ihrer Zeugung gar nicht zusammen waren.

Johannes Rosmer wiederholt seinen Antrag, Rebecca lehnt wieder ab.

[ immer Leerstellen, Gedankenstriche ]

Rebecca sagt, sie hat eine Vergangenheit. Sie sagt zwar nicht, dass es um Beate geht, aber der Leser weiß das. Es geht um Beates Tod, und dass sie ein uneheliches Kind sein soll.

Freud sagt über dieses Stück: Rebecca verbindet ein Liebesverhältnis mit Dr. West, der ihr Stiefvater ist und der Liebhaber der Mutter. Elektra hat Verlangen nach symbolischen Vater (bzw. dem andersgeschlechtlichen Elternteil) und will die Mutter aus dem Weg räumen.

Kroll kommt dahinter, dass sich ihre Mutter und Dr. West doch schon ein Jahr vorher gekannt haben. Rebecca regt sich furchtbar auf.

Freud meint, weil sie schon eine Ahnung hatte, dass sie eben mit leiblichen Vater ein Liebesverhältnis hatte.

[ Technik des Euphemismus:

Andeutungen, Umschreibung, Auslassungen à weil es um etw. Sexuelles geht

& „symptomatischer Erlebnisausdruck“: Zeichen von Erleben und auch Auslassung beginnt im Sturm & Drang; à bei Ibsen im Hinblick auf Psychoanalyse eingesetzt ]

Wiederholung: Johannes Rosmer ist 13 Jahre älter als Rebecca. Das wäre quasi wieder ein Vaterkomplex.

Mit Sicherheit weiß man nicht, ob Dr. West wirklich der leibliche Vater ist. Das wird im Text nicht gesagt, das ist wirklich eine Leerstelle im Text. Diese kann, aber muss nicht vom Leser ergänzt werden. Das ändert nichts am Drama.

Es ist schließlich genauso sündig, wenn Dr. West „nur“ ihr Adoptivvater ist. Symbolischer Vater ist für Ödipuskomplex nicht wichtig.

29.3.2000

Lou Andreas-Salomé (= die Freundin von Nietzsche) sagt über das Stück:

„Lebende hängen an den Toten, nicht umgekehrt. Rebecca und Rosmer sind willensschwach.“

Nietzsche sagt, man muss vergessen können, vital sein. Ein Christ ist willensschwach und gibt sich aus der Niederlage heraus christlich, = egoist. Masochismus.

Sie wollen sich nicht zum Leben bekennen.

Freud: Wiederholung des Verdrängten und Vergangenen: das ist ein Trauma. Rebecca und Rosmer scheitern an der Vergangenheit. Sie beklagen die Kraft der Vergangenheit.

Traumata wird man nicht los. Beate zieht die beiden in den Tod.

Lacan: Gegensatz zwischen Gesetz und Wunschprinzip

(loi) (désir)

Ä siegt

weil alles Vererbung ist; vor allem Milieu: Determinierung

auch Krankheiten werden zur Erblast

w Ibsen: „ Die Gespenster

Dort wird Alkoholismus und Syphilis vererbt

w Zu Schlaf/Holz: „ Familie Selicke “, Schlaf: „ Papa Hamlet

Natur = es kehrt alles wieder, auch Vergangenheit

Rosmersholm “: Vererbung, Weitergeben wird psychologisiert

Traumatisierung der Psyche und nicht des Körpers wird weitergegeben; = das Moderne

Psychoanalytisches ist, wenn die Vergangenheit ‘herausgewickelt‘ wird“.(zitiert nach Hiebel)

In „ Rosmersholm “: Analytisches (von hintenher Aufgedecktes, = anti-dramatisch) wird nun Psychoanalytisches (eben freudianisch: Traumata usw.)

Antidramatisches kommt ins Drama und verändert es, auch das Soziologische verändert das Drama (vgl. Hauptmann)

à macht alles zur Krise, zum nichtdramatischen Drama

ich habe eine Vergangenheit“ = wirkliche Leerstelle

Warum heißt sie Rebecca West?

à durch Adoption, weil Dr. West sie adoptiert hat à deshalb nicht Name der Mutter?

Hat es eine Bedeutung?

Nach Freud, weil er der leibliche Vater ist.

Lacan: Es ist egal, ob symbolischer oder leiblicher Vater! Beides ist moralisch verwerflich!

= pures Signifikant

rein symbolisch = wichtig

Ibsen: „Klein Eyolf“

ALFRED ist verheiratet mit RITA, Alfreds Schwester heißt ASTA

Alfred findet seine Frau sexuell abstoßend

Alfreds und Ritas Sohn = EYOLF, der behindert ist.

Psychoanalytisch wird enthüllt: Alfred will etwas von Asta, Eyolf ist deren symbolisches Kind (er ist „symbolisch behindert wegen des Inzuchtverhältnisses). Deshalb muss er am Ende auch sterben, er sühnt stellvertretend.

[ Parallel dazu das folgende Stück ]

Ibsen: „Hedda Gabler“

Hedda ist verheiratet mir J. Tesman

Hedda wird verzweifelter, reagiert verrückt und aufbrausend

Ihr ehemaliger Liebhaber: Eilert Lövborg – ihn begehrt sie noch immer

Lövborg: hat neue Schrift produziert, um sich für Stelle an der Uni zu bewerben. Auch Tesman hat sich dort beworben. Lövborg würde ihn ausstechen, doch Hedda stiehlt die Schrift und verbrennt sie.

Warum? Weil sie mit ihrem Ehemann aufsteigen will. Lövborg tritt zurück und bringt sich um, auch Hedda begeht Selbstmord.

Sie ist determiniert durch Milieu, Eltern, Kindheit (Machtegoismus des Vaters)

Parallel zu Hauptmann, der von Ibsen beeinflusst wurde: Milieudeterminiertheit der Personen und Handlungen.

Mahal sagt: „Das Milieu frisst seine Kinder“

Im Naturalismus vor allem Milieu der Unterschicht gezeigt: katastrophale Zustände.

Hauptmann: „Vor Sonnenaufgang“

= analytisches Drama

Schuld – Sühne (darum geht es immer): Gericht, Gericht halten

Aufklärung der Schuld oder Moral durch das Gericht. Oder es werden auch die Schuldgefühle aufgedeckt

à vielleicht gesühnt: gibt es wirklich strafbare Schuld?

Wenn es keinen Tod am Ende gibt, ist das Drama …

… „anti“-dramatisch

… „anti“-mimetisch

= Bewusstseinstheorie. Beide Merkmale gehören zum Bewusstseinsdrama, dort wird nämlich nicht die Oberfläche wiedergegeben

immer Elemente der Mimesis, Realität vorhanden, nur Oberfläche nicht mehr.

1889: Naturalismus im engeren Sinne (Das ist ein besonderes Jahr, Naturalismus gibt´s vorher und nachher auch noch):

Oberfläche der Sprache, Gesellschaft, Familie

Sekundenstil: Ereignisse in der gleichen Zeit wiedergegeben, wie sie wirklich geschehen sind wie z.B. in „ Papa Hamlet

Arno Holz: „Kunst = Natur – x“

x = Medium, Sprache, Bühne bedingt Einschränkung

Es gibt schon Phonographen (Aufnahmegeräte): Der Naturalismus bzw. die Naturalisten soll(en) sich phonographische Methode aneignen und genauso aufzeichnen.

Das ist der Keim der Moderne (= das Aufzeichnen).

[...]

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Das moderne Drama
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Vorlesung zum modernen Drama
Note
gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
58
Katalognummer
V893
ISBN (eBook)
9783638105705
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Entwicklung des Dramas und ihre verschiedenen Ausprägungen werden hier vorgestellt. Von Ibsen über Horvath zu Thomas Bernhard und Beckett. Es werden die Fragen behandelt: Was ist ein offenes oder ein geschlossenes Drama? Was ist ein zirkuläres Drama? etc. und für jede erdenkliche Gattung wird ein Beispiel genannt und erläutert.
Schlagworte
Drama, Vorlesung, Drama
Arbeit zitieren
Andrea Rieger (Autor:in), 2000, Das moderne Drama, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/893

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Titel: Das moderne Drama



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