Das Leben der Frau Ava


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Vorwort

2. Das Leben von Frau Ava

3. Die geistliche Dichtung während der frühmittelhochdeutschen Zeit

4. Die Dichtungen der Frau Ava
4.1. Das Gesamtwerk Frau Avas in der Vorauer und Görlitzer Handschrift
4.2. Die einzelnen Dichtungen
4.3. Stil und Sprache der Frau Ava

5. Schlussbemerkung

6. Abgekürzt zitierte Literatur

7. Literaturverzeichnis

8. Bildmaterial

9. Eigenständigkeitserklärung

1. Vorwort

Frau Avas[1] Dichtung ‚Leben Jesu’ ist nach dem ‚Evangelienbuch’ Otfrids von Weißenburg die zweite vollständig erhaltene dichterische Bearbeitung des Lebens Jesu in deutscher Sprache, die bereites im ersten Viertel des 12 .Jahrhunderts entstanden ist. Andere neutestamentarische Dichtungen aus dem 12. Jahrhundert sind nur in Bruchstücken überliefert.

Mit Avas Dichtungen kann erstmals in der Geschichte der deutschsprachigen Literatur das größte dichterische Werk einer Frau nachgewiesen werden.

Was könnte die Intension von Frau Ava zur Schaffung ihrer Werke gewesen sein?

2. Das Leben von Frau Ava

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Frau Ava

Literaturpreis[2]

der „Frau Ava Gesellschaft“ in Kleinwien.

Frau Ava (* um 1060; † 7. Februar 1127 in Kleinwien bei Göttweig) war die erste namentlich bekannte Dichterin, die in deutscher Sprache schrieb. Ihre Werke sind durchweg religiösen Inhalts. Man nimmt an, dass sie mit der Klausnerin Ava[3] identisch ist, deren Tod am 7.2. 1127 im Nekrolog des Stiftes Melk verzeichnet ist. Über das Leben von Frau Ava ist nur wenig bekannt. Sie hatte offenbar zwei Söhne, Hartmann und Heinrich, welche sie in ihren Werken namentlich erwähnt hat[4]. Sicher ist auch, dass sie einen Sohn überlebt haben muss, da sie in ihren Werken den Leser bittet, ein Gebet für seine arme Seele zu sprechen: „. ..swer dize buoch lese, daz er sîner sêle gnâden wunskende wese...“, aus dem Gedicht ‚ Das Jüngste Gericht’[5].

Sie verfasste vier schlichte Gedichte biblischen (vor allem neutestamentlichen) Inhalts:

1. ‚Johannes’
2. ‚Leben Jesu’ mit einem abschließenden Teil über ‚ Die 7 Gaben des “Heiligen Geistes’
3. ‚Antichrist’
4. ‚Das Jüngste Gericht’

Mit Ausnahme des Johannes sind alle Werke Avas in der Vorauer Handschrift [6] überliefert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Frauenkloster Göttweig[7]

In Kleinwien wird heute noch ein Wohnturm "Avaturm" genannt.

Die Kirche St. Blasien in Kleinwien steht ziemlich sicher noch an der Stelle der kleinen Kapelle, die sich dort zur Zeit der Frau Ava befand.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kirche St. Blasien in Kleinwien[8]

3. Die geistliche Dichtung während der frühmittelhochdeutschen Zeit

Mit Karl dem Großen (742-814) hatte die deutsche religiöse Dichtung ihre erste große Blütezeit. 789 verordnete er in seinem Erlass ‚ Admonitio generali’ “, dass die Geistlichen das Volk aufklären müssten und „alle den Inhalt des Glaubensbekenntnis und des Vaterunsers kennen müssen[9].“ So entwickelte sich in dieser Zeit eine religiöse deutschsprachige Literatur.

Um die wichtigsten Inhalte des Christentums unter dem Volk zu verbreiten, war es notwendig, die religiösen und liturgischen lateinischen Texte durch die Volksprache dem Volk verständlicher zu machen. Jene deutschsprachige Literatur bestand aus Übersetzungen katechetischer und liturgischer Texte, die zur Belehrung der Laien diente.

Nach dem Verfall der Dynastie der Karolinger (843) machte sich im ganzen Kaiserreich Verwirrung und Unsicherheit breit; die Gesellschaftsordnung sowie die Stabilität waren verschwunden, welche die karolingische Zeit bestimmt hatten.

Am Anfang des 10. Jahrhunderts wurde die deutschsprachige religiöse Literatur nur in den Klöstern praktiziert; fast 150 Jahre lang wurde sie nicht mehr für das Volk verfasst, sondern ausschließlich nur für die gelehrten Mönche, die hinter den Klostermauern lebten.

Die Autoren schrieben fast ausschließlich in lateinischer Sprache; die Übersetzungen lateinischer Werke wandten sich an ein gelehrtes Publikum, das zu lesen und zu schreiben verstand.

Mittelpunkt dieser literarischen Texte wurde im 10. Jahrhundert das Kloster St. Gallen; viele Gelehrte gingen hier ihrer schriftstellerischen Tätigkeit nach. Erwähnenswert ist das Übersetzungswerk Notkers III.[10] (Teutonicus), der zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert lebte und die Klosterschule von St. Gallen leitete. Notker III. wollte seinen Schülern die lateinischen Texte auf Deutsch erklären. Zu diesem Zweck übersetzte und kommentierte er verschiedene lateinische Werke, besonders philosophische Texte.

Bemerkenswert sind ‚ De consolatione philosophiae’ von Boethius [11] , die ‚ Kategorie’ und die ‚ Hermeneuik’ von Aristoteles.

Eine Wiederaufnahme erlebte die deutsche religiöse Dichtung um ca. 1050. Diese Epoche, die bis zum späten 12. Jahrhundert dauerte, stellt die Übergangszeit zwischen dem Althochdeutschen (750-1050) und Mittelhochdeutschen (1050-1350) dar und wird Frühmittelhochdeutsch genannt

In den ersten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts verfassen die meisten Dichter ihre Texte in lateinischer Sprache. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts kam von der Kirche der neue Antrieb auf Deutsch zu schreiben; in diesen Jahren verbreitete sich eine neue Bewegung, die um 910 im Kloster Cluny[12] entstanden war und in Deutschland ihren Mittelpunkt im Kloster Hirsau[13] fand. Diese Bewegung wollte die strengen Klosterregeln wiederherstellen und ihre Reform auch unter dem Volk bekannt machen. Zu diesem Zweck war es notwendig, die neuen kirchlichen Ideale in einer Sprache zu schreiben, die für das Volk verständlich war: Deutsch.

Die meisten Autoren dieser Zeit gehörten dem Klerus[14] an; ihre Texte waren anonym überliefert. Die Anonymität charakterisierte viele Werke dieser Zeit und war Ausdruck der Achtung des Verfassers vor dem religiösen Stoff.

Die Dichter gehörten im Allgemeinen nicht nur dem Mönchstum an, dem Repräsentanten der alten klösterlichen Schultradition, sondern sie gehörten dem gebildeten Weltklerus an. Ein Teil der frühmittelhochdeutschen Autoren waren bekehrte Männer, die sich zu einem frommen Lebensstil hinwendeten und in enger Verbindung mit dem Kloster lebten. Zu diesen gehörten die so genannten Laienbrüder. Es waren vor allen die jungen Orden (Zisterzienser, Prämonstratenser und Augustiner), die zur Blüte der deutschen religiösen Literatur beitrugen, da sie stärker auf die Seelsorge für das Volk ausgerichtet waren.

Viele geistliche frühmittelhochdeutsche Dichter nahmen die Stoffe für ihre Werke aus der Bibel und aus dem Alten und Neuen Testament, andere aus alten überlieferten Legenden. Ein beliebtes Thema war das Heilgeschehen von der Schöpfung der Welt bis hin zum Jüngsten Gericht. Alle diese Themen wurden in verschiedensten Formen dargestellt, wie z.B. in Gebeten, Hymnen, Klagen, Belehrungen oder anderen erzählenden Formen.

Bisher waren alle Themen in lateinischer Sprache behandelt worden: „ Die deutsche Sprache steht dagegen noch im Frühstadium der Entwicklung und man merkt auch manchmal noch das Ringen der Dichter um Ausdruck […]. Die Volkssprache hat nun den unbedingten Vorzug der Allgemeinverständlichkeit […][15].

Schwerpunkt der frühmittelhochdeutschen Literatur in diesen Jahren wurden in Deutschland das Gebiet des Niederrheins und die östlichen Gegenden von Thüringen und Hessen, in Österreich die bairische Ostmark, das Donaugebiet, Kärnten und die Steiermark.

[...]


[1] Die deutsche Literatur des Mittelalters – Verfasserlexikon. Band 1. B egr. von Wolfgang Stammler. Fortgef. von Karl Langosch Berlin/New York.1981. Sp. 559-566. Bes. Sp. 560. Ava von Edgar Papp. Im nachfolgenden Papp abgekürzt

[2] Der Frau Ava Literaturpreis wird seit 2003 alle zwei Jahre an eine deutsch schreibende Autorin verliehen. Er wird für einen Prosatext vergeben, der sich auf neuartige Weise in Sprache und Form mit Themen im Spannungsfeld von Spiritualität, Religion und Politik auseinandersetzt. Diese Statuette wurde 2002 vom Paudorfer Bildhauer Leo Pfisterer gestaltet, im Auftrag der „ Frau Ava Gesellschaft für Literatur “, die in Kleinwien, Österreich, ansässig ist (Bild wurde am 20. Oktober 2005 der Internetseite der Marktgemeinde Furth entnommen).

[3] Masser, Achim (1976): Bibel- und Legendenepik des deutschen Mittelalters. Berlin. S. 63-65. Im nachfolgenden Masser abgekürzt.

[4] Papp.

[5] Schacks, Kurt (1986): Die Dichtungen der Frau Ava. Akademische Druck u. Verlagsanstalt Graz,. S. 281. Im nachfolgenden Schacks abgekürzt.

[6] Die deutsche Literatur des Mittelalters – Verfasserlexikon. Band10. B egr. von Wolfgang Stammler. Fortgef. von Karl Langosch Berlin/New York.1999. Sp. 516-521 . Vorauer Handschrift 276 von Kurt Gärtner.

[7] Bild Frauenkloster Göttweig, privates Foto Hans-Joachim Nickel. April 2001

[8] Bild Kirche St. Blasien, private Fotos Hans-Joachim Nickel. April 2001.

[9] Bertau, Karl (1972): Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter. Band1:800-1197. München. S. 42.

[10] Die deutsche Literatur des Mittelalters – Verfasserlexikon. Band 6. B egr. von Wolfgang Stammler. Fortgef. von Karl Langosch Berlin/New York.1987. Sp. 1212-1236. Notker III. von St. Gallen (N. Labeo; N. Teutonicurs) OSB von Stefan Sonderegger.

[11] Boethius, eigentlich Anicius Manlius Torquatus Severinus Boethius, (um 480 bis 524), römischer Philosoph und Staatsmann. Boethius gewann Ansehen und Vertrauen des Ostgotenkönigs Theoderich, dem späteren Herrscher Roms, und wurde 510 zum Ratgeber an dessen Hof ernannt. Später wurde er von seinen Feinden des Hochverrats angeklagt und wurde trotz seiner Unschuld in Pavia eingekerkert und hingerichtet. Während seiner Gefangenschaft schrieb er De consolatione philosophiae (um 523; Trostbuch der Philosophie). Obwohl dieses philosophische Werk von einem Nichtchristen geschrieben wurde, enthielt es so viele Elemente der christlichen Ethik, dass es während des Mittelalters in Europa hochgeschätzt war. Es wurde in viele Sprachen übersetzt, wobei die englischen Übersetzungen von König Alfred dem Großen und von Geoffrey Chaucer bemerkenswert sind. Boethius schrieb auch Abhandlungen zur Logik und beeinflusste dadurch wesentlich die mittelalterliche Terminologie der Logik. Aus seinen Übersetzungen und Kommentaren zu Werken von Aristoteles bezogen die mittelalterlichen Scholastiker den Großteil ihres Wissens über den griechischen Philosophen. Und schließlich verfasste er auch Werke über Musik, Arithmetik und Theologie.

[12] Cluny wurde durch die Gründung einer Benediktinerabtei 910 zu einem bedeutenden religiösen Zentrum. Es entwickelte sich zum Sitz des kluniazensischen Ordens, der für seine strenge Einhaltung der Regeln Sankt Benedikts bekannt ist. Die zum großen Teil aus dem 11. und 12. Jahrhundert stammende Abteikirche war, bis zum Bau der Sankt Peter Basilika in Rom im 16. Jahrhundert, die größte Kirche der Welt. Sie besaß ein fünfschiffiges Langhaus, zwei Querschiffe mit Apsiden, einen runden Chorschluss mit Umgang und fünf Kapellen sowie im Westen eine dreischiffige Vorkirche. Die Abtei wurde 1790 während der Französischen Revolution nahezu vollständig zerstört. Heute liegen die Gebäude der Kirche fast ausschließlich in Ruinen. In Cluny befindet sich außerdem die gotische Kirche Notre Dame aus dem 13. Jahrhundert.

[13] Kluniazensischen Reformkloster Hirsau im Nordschwarzwald bei Calw gelegen.

[14] Klerus, die Gesamtheit der Priesterschaft vorzugsweise der katholischen Kirche im Gegensatz zu den Laien.

[15] Wesenick, Getrude (1964): Frühmittelhochdeutsche Dichtung des 12. Jahrhunderts, aus der Wachau. Frau Avas Gedichte. Dissertation. Wien. S. 6. Im nachfolgenden: Wesenick abgekürzt.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Das Leben der Frau Ava
Hochschule
Universität Stuttgart  (Institut für Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
- Hauptseminar - Deutschsprachige epische Bibeldichtung
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V55369
ISBN (eBook)
9783638503334
ISBN (Buch)
9783638734936
Dateigröße
777 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Leben, Frau, Hauptseminar, Deutschsprachige, Bibeldichtung
Arbeit zitieren
Claudia Nickel (Autor:in), 2006, Das Leben der Frau Ava, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55369

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