Anwendung der Prototypentheorie auf Wortbedeutungen polysemer Adjektive


Seminararbeit, 2002

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Prototypentheorie
2.1 Eine Einführung
2.2 Die Funktionen der Prototypen(theorie)
2.3 Die Basisebene

3. Die Polysemie
3.1. Die Adjektive

4. Schlußbemerkung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Hausarbeit befaßt sich unter Anwendung der kognitionspsychologischen Prototypentheorie von Eleanor Rosch mit Wortbedeutungen von polysemen Wörtern, speziell Adjektiven, und zeigt dabei, daß es durch einen Bedeutungswandel auch zu einer Änderung der Funktion der Wörter kommen kann.

Zuerst wird dabei eine Einführung über die wichtigsten Ziele und Aussagen der Prototypentheorie dargelegt. Hierbei soll speziell der Begriff des Prototypen Gegenstand der Betrachtung sein, da er die Grundlage für die Auffassung der Kategorisierung von Wörtern und ihren Bedeutungen in dieser Theorie bildet. Anschließend soll kurz aufgezeigt werden, welche Funktionen das Vorhandensein von Prototypen besitzt, um dadurch deren Funktion für den Menschen zu verdeutlichen.

In nächsten Abschnitt soll in einer kurzen Betrachtung die Basisebene näher untersucht werden, um zu zeigen, daß es neben der Kategorie der Prototypen auch eine Basiskategorie gibt, die ebenfalls für die Kategorisierung und damit für eine Einteilung in Relevanzen von Wortbedeutungen verantwortlich ist.

Daraufhin wird das Problem der Polysemie verdeutlicht. Zunächst erfolgt hierbei eine Erklärung des Begriffes, um im Anschluß daran die Problematik der polysemen Wortbedeutung aufzuzeigen und darzustellen, daß die Prototypentheorie hier vor einer noch ungelösten Frage steht.

Im weiteren folgt an ausgewählten Beispielen eine Darstellung von verschiedenen Bedeutungen und Funktionen von Adjektiven. Spezielles Augenmerk wird dabei auf negativ konnotierte Adjektive gelegt, die in Verbindung mit positiv konnotierten Adjektiven eine emphatische Funktion einnehmen und somit einer positiven Verstärkung dienen. Anschließend sollen verschiedene Ansätze mögliche Erklärungen für dieses Phänomen wiedergeben. Dabei wird noch einmal das Problem der Anwendung der Prototypentheorie vertieft.

2. Die Prototypentheorie

2.1 Eine Einführung

In den 70er Jahren entwickelte Eleanor Rosch, Psychologin an der Universität von Kalifornien in Berkeley, als erste die kognitionspsychologische Prototypentheorie. Mit dem steigenden Interesse der Psychologen für den Geist des Menschen wurde auch die Frage relevant, wie der Mensch Wörter und deren Bedeutungen im Geist repräsentiert. Dies beschrieb sowohl in der Psychologie als auch in der Linguistik eine kognitive Wende (Linke/Nussbaumer/Portmann 1996: 157).

Die Prototypentheorie versucht, auf genau diese Frage eine Antwort zu geben. Mit ihr setzt Rosch der klassischen Kategorisierungsauffassung des NHB-Modells, des Modells der notwendigen und hinreichenden Bedingungen, eine Auffassung gegenüber, in der die Kategorisierung nicht immer auf Grundlage gemeinsamer Eigenschaften erfolgt, sondern in der Mitglieder einer Kategorie ähnliche Merkmale aufweisen müssen (Geeraerts 1989: 65). Das bedeutet, daß die Kategorisierung nicht nach dem aristotelischen Prinzip der eindeutigen distinktiven Merkmale erfolgt, sondern daß die Mitglieder einer Kategorie eben keine feste Anzahl von identischen Merkmalen oder Eigenschaften besitzen, sondern Ähnlichkeiten, sogenannte Familienähnlichkeiten, aufweisen müssen. Den Begriff der Familienähnlichkeit hat Rosch von dem österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein übernommen, und er meint die Struktur, bei der die Mitglieder einer Kategorie untereinander verbunden sein können, ohne über gemeinsame Merkmale, durch die die Kategorie definiert wird, verfügen zu müssen (Kleiber 1998: 36). Bei diesem Prinzip der Ähnlichkeitsrelationen vergleicht man dabei die Vertreter einer Kategorie mit den Merkmalen eines prototypischen Vertreters, der eine bestimmte kategorienspezifische, interindividuelle Idealvorstellung von Merkmalen und damit das Zentrum der Kategorisierungsorganisation darstellt, und prüft die Objekte auf Übereinstimmungen bzw. Ähnlichkeiten und auf ihre Zugehörigkeit in derselben Kategorie, die sich aus dem Grad der Ähnlichkeit mit dem Prototyp ergibt (Aitchison 1997: 69).

Rosch führte in den 70er Jahren Experimente durch, um aufzuzeigen, daß dem Menschen z.B. manche Vögel ihrer Vorstellung eines Vogels näherkommen als andere, daß ihnen einige Vogelarten „vogeliger“ erscheinen[1] (Aitchison 1997: 66). Nach einem Schema von Aitchison (1997: 68) ist dabei das Rotkehlchen ein prototypischer Vogel für uns. Auch die Taube, der Kanarienvogel und der Spatz sind für uns noch besonders typische Vertreter der Kategorie Vogel, wohingegen der Strauß und der Pinguin periphere, untypischere Vertreter darstellen. Erwähnenswert hierbei ist, daß die Versuchsergebnisse Roschs eine relativ hohe Stabilität in bezug auf die jeweiligen Prototypen aufweisen, d.h. besonders bei sehr typischen Exemplaren waren sich die Versuchspersonen über deren Kategorienzugehörigkeit einig. Hieraus zeigt sich, daß man eine bestimmte Vorstellung eines idealen Vertreters einer Kategorie, eines Prototypen, hat und Objekte danach klassifiziert.

Dies zeigt, daß die Merkmale nicht grundsätzlich binär sind, vielmehr handelt es sich bei der Prototypentheorie um eine „Semantik des Mehr oder Weniger“ (Linke/Nussbaumer/Portmann 1996: 158). Das impliziert sowohl, daß die Kategorien nicht über eindeutige Grenzen verfügen, d.h. sie sind nicht distinkt und können sich daher überschneiden, als auch, daß die Mitglieder einer Kategorie nicht über den gleichen Stellenwert, über die gleiche Typizität, verfügen, was bedeutet, daß einige Exemplare scheinbar bessere, typischere Vertreter für die Bedeutung eines Wortes sind als andere (Mangasser-Wahl 2000: 15). Daher ist auch Roschs Feststellung verständlich, daß die Zugehörigkeit guter Objekte zu einer Kategorie von Probanden schneller bestätigt wurden als weniger gute, wobei auch hier wieder die Prototypen als zentraler, kognitiver Bezugspunkt dienen (Aitchison 1997: 67f.). Rosch erklärt diese verzögerten Zuordnungen mit dem Bestehen sich überschneidender, unscharfer Ränder zwischen den Kategorien, wo Kategorienmitglieder äußerer Zonen zusätzlich oder mehr Eigenschaften mit Mitgliedern anderer, angrenzender Kategorien teilen, was für prototypische Mitglieder weniger gilt, da diese die größte Anzahl kategorienspezifisch relevanter Eigenschaften in sich vereinen (Mangasser-Wahl 2000: 21). Eine schnelle und genaue Zuordnung ist daher bei peripheren Kategorienmitgliedern nicht so einfach und eindeutig wie bei den Prototypen.

Die Prototypensemantik - Semantik daher, da sich die Prototypentheorie mit der Bedeutung sprachlicher Zeichen befaßt – als eine Semantik des Mehr oder Weniger beinhaltet auch, daß sich zwischen der Kernzone mit einem idealtypischen Vertreter, dem Prototyp, und dem periphersten, untypischsten Mitglied einer Kategorie ein Kontinuum an mehr oder weniger typischen Exemplaren befindet (Geeraerts 1989: 69). Linke/Nussbaumer/Portmann bezeichnen die Prototypentheorie in erster Linie als eine Begriffstheorie und erst in zweiter Linie als eine semantische Theorie (Linke/Nussbaumer/Portmann 1996: 158). Die Definition von dem Wort ‚Begriff’ nach Bußmann lautet, daß es sich dabei um ein „durch Abstraktion gewonnenes gedankliches Konzept [handelt], durch das Gegenstände oder Sachverhalte aufgrund bestimmter Eigenschaften und/oder Beziehungen klassifiziert werden“ (Bußmann 1990: 128). Genau darum geht es der Prototypentheorie: Wie und warum klassifiziert der Mensch gebräuchliche Exemplare? Man betrachtet die Objekte nicht als gleichrangig, denn man prüft die Zugehörigkeit der Exemplare zu einer Kategorie durch den Vergleich mit den Merkmalen des Prototyps.

[...]


[1] Sie führte solche Experimente auch zu Farben, Hunden, Möbel, Gemüse und weiterem durch. Sh. hierzu Rosch 1975.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Anwendung der Prototypentheorie auf Wortbedeutungen polysemer Adjektive
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Deutsche und Niederländische Philologie)
Veranstaltung
Linguistik-Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
13
Katalognummer
V68040
ISBN (eBook)
9783638606172
ISBN (Buch)
9783638754149
Dateigröße
396 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anwendung, Prototypentheorie, Wortbedeutungen, Adjektive, Linguistik-Seminar
Arbeit zitieren
Hanka Loos (Autor:in), 2002, Anwendung der Prototypentheorie auf Wortbedeutungen polysemer Adjektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68040

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