Die Geschichte des Kriminalromans


Seminararbeit, 2016

14 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

«Was zum Teufel ist ein Kriminalroman?» (1)

Der Beginn der Verbrechensaufzeichnung

Die Geschichte des Kriminalromans
Entwicklungsbedingungen des Kriminalromans
«Schund» als Starthilfe
Die literarischen Vorläufer des Kriminalromans
Die Feuilletonromane
Die Geschichte des Detektivromans
Der Detektiv taucht auf
Der Detektiv in Perfektion
Der Gegenentwurf zu Sherlock Holmes
Die Nachfolger von Sherlock Holmes
Der Detektivroman ab 1900
Der realistische Roman: Annäherung an die Verbrechensliteratur
Die Dekonstruktion der Gattung

Die Geschichte des Thrillers
Der Thriller – Heftromankrimis
Der Thriller – Spionageroman
Der Thriller – Hard-Boiled School
Hard Boiled School – Die Überväter
Hard Boiled School – Die Autorinnen

Der Kriminalroman – Trends

Das Fazit

Literaturverzeichnis

«Was zum Teufel ist ein Kriminalroman?» (1)

Wo beginnt die Geschichte der Kriminalliteratur? Um diese Frage zu beantworten, braucht man zuerst eine Definition des Betrachtungsgegenstandes. Die Frage «Was zum Teufel ist ein Kriminalroman?» ist durchaus berechtigt und bislang nicht einheitlich beantwortet (2). In neueren Arbeiten zum Thema «Kriminalroman» hat sich terminologisch ein Konsens gebildet: die Teilung in Verbrechensliteratur und Kriminalliteratur.

Die Verbrechensliteratur fahndet nach dem Sinn eines Verbrechens. Warum tötet ein Mensch einen anderen? Wie wird ein Mensch zum Verbrecher?

In der Kriminalliteratur steht die Frage «was passiert nach dem Verbrechen?» im Vordergrund. Spannung erzeugt die Überführung des Verbrechers[1] durch einen Ermittler. Die Motive einer Tat werden kaum beleuchtet.

Der Beginn der Verbrechensaufzeichnung

Seit schriftliche Aufzeichnungen existieren, gibt es auch Beschreibungen von Verbrechen. Die Bibel ist beispielsweise voll davon. Typisch ist die Geschichte von Kain und Abel, die viele der Ingredienzen einer Verbrechens- oder Kriminalgeschichte aufweist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da hier der innere Konflikt des Täters im Vordergrund steht, zählen solche Geschichten zur Verbrechensliteratur. Beispiele für Verbrechensliteratur sind «Ödipus» (Sophokles), «Schuld und Sühne» (Dostojewski), «Macbeth» (Shakespeare) sowie «Das Parfüm» (Süskind). Im deutschsprachigen Raum gilt Verbrechensliteratur eher als wahre Literatur – Kriminalliteratur dagegen eher als Trivialliteratur. Im englischen Sprachraum war diese Trennung nie so scharf (3).

Die Geschichte des Kriminalromans

Die Entwicklung des Kriminalromans mündet in zwei Gattungen:

1. Detektivroman
2. Thriller mit seinen Untergattungen

Je nach Autor werden noch andere Gattungen abgegrenzt: zum Beispiel die historischen Kriminalromane oder die Polizeiromane als Untergattung der Thriller (4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: «Stammbaum» der Kriminalliteratur mit Beispielen [André Lauber]

Entwicklungsbedingungen des Kriminalromans

Die Entwicklung der Kriminalliteratur im 19. Jahrhundert zeigt Parallelen zur Strafprozessreform vieler Länder. Die Folter wurde nach und nach abgeschafft, wodurch ein Geständnis nicht mehr zwingend zu bekommen war. Indizienbeweise gewannen deshalb an Bedeutung (5). Sie waren verlässlich, sofern man die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen konnte.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wuchsen auf dem Boden einer neuen Strafprozessform staatliche und private Institutionen zur Verbrechensbekämpfung. 1843 entstand die Abteilung «Criminal Investigation Department» des Scotland Yard. In Paris gründete Eug➔ne Francois Vidoque 1812 die Sûreté und Allan Pinkerton eröffnete 1850 in Chicago das erste Detektivbüro.

Die Kriminalistik wurde immer wissenschaftlicher: 1882 etablierte Alphonse Bertillon bei der Sûreté die Anthropometrie[2], die zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die Daktyloskopie[3] abgelöst wurde. Parallel zur zunehmenden Professionalisierung der Verbrechensbekämpfung stieg das Ansehen der Ermittler. Sie rückten in den Fokus des gesellschaftlichen Interesses.

Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts und das naturwissenschaftliche Denken im 19. Jahrhundert waren Gründe für die Entstehung von Detektivromanen mit Figuren wie Sherlock Holmes (der naturwissenschaftliche Denker) und Hercule Poirot (der ganzheitliche Denker) (6).

Das zunehmende Interesse der Öffentlichkeit an Rechtsfragen und die Entwicklung der Printmedien führten ab 1830 zu einem Zeitschriften-Boom. Die Zeitschriften lieferten Sachberichte und fiktionale Geschichten über Verbrechen. Infolge verbesserter Drucktechnik und schnellem Vertrieb (vor allem in den Städten) stieg die Zahl der Zeitschriften in den USA von 100 im Jahr 1825 auf 600 im Jahr 1850 (7). Zur selben Zeit entstanden spezialisierte Zeitschriften wie die Berliner Gerichts-Zeitung (1853) (5). Dank sensationeller Geschichten stieg der Absatz von Zeitschriften laufend. Durch die Konkurrenz zwischen den Verlegern wurden grosse Autorennamen als Werbeträger wichtig.

«Schund» als Starthilfe

Ab 1860 entwickelten sich in den USA aus den Erzeugnissen der Sensationspresse die Romanhefte («Pulp Magazines»[4] ). Mit ihren kriminalistischen Abenteuererzählungen gelten sie als die Vorläufer des Thrillers. Typische Merkmale der Romanhefte:

- Einzelhefte mit abgeschlossener Geschichte
- Serienhelden als zentrale Figuren
- Actionreiche, einfache Handlung
- Tiefer Preis

Die Thriller-Form der Romanhefte liess sich einfach für das Kino und später das Fernsehen übernehmen. Das führte jedoch zur «Normierung» der Krimihandlung und somit zu einer sich stets wiederholenden Form.

Die literarischen Vorläufer des Kriminalromans

Die Sammlung grosser Kriminalfälle durch Gayot de Pitaval (ab 1734) wird oft als der Beginn des Kriminalromans angesehen (8) (9). Allerdings findet man im Original des «Pitaval» lediglich Beschreibungen von gelösten Kriminalfällen. Damit fehlt das Element der Aufdeckung durch einen Ermittler. Die Fallberichte dienten jedoch als Stoffquelle für Kriminalgeschichten.

Wichtige Elemente des Kriminalromans lieferten die beliebten englischen Schauerromane («Gothic Novels»). 1764 wurde der Roman «The Castle of Otranto» von Horace Walepole veröffentlicht. Darin las man über Verbrechen wie Entführung, Mord und Verschwörung – was noch fehlte, war ein Ermittler.

Etwas weiter in Richtung Kriminalroman ging die Autorin Ann Radcliff («The Mysteries of Udolpho», 1794) mit ihren als «Mystery Novels» deklarierten Romanen. Nebst schauriger Kulisse und mysteriösen Verbrechen gab es zum Schluss eine rationale Erklärung für die Ereignisse.

Manche Autoren deklarieren E. T. A. Hoffmanns Erzählung «Das Fräulein von Scuderi» (1819) als erste Detektivgeschichte. Ob die Hauptfigur als Detektivin durchgeht, bleibt umstritten (10) (5). Da die Protagonistin eher zufällig in die Rolle der Ermittlerin gerät, kann die Erzählung kaum als Detektivgeschichte gelten.

Edward Lytton Bulwer näherte sich mit seinem Werk «Pelham: or The Adventure of a Gentleman» (1828) weiter dem Detektivroman an. In dieser Abenteuergeschichte ermittelt der Held privat. Er übertrumpft dabei die Polizei und den Verbrecher.

Weitere Elemente des Kriminalromans – Beobachten und Schlussfolgern sowie der Detektiv in der Grossstadt – verarbeiteten die Autoren James F. Cooper («The Last of the Mohicans», 1826) und Eug➔ne F. Vidocq («Mémoires de Vidocq», 1828). Edgar Allan Poe und Arthur Conan Doyle übernahmen diese Elemente für ihre Detektivgeschichten.

Die Feuilletonromane

Die Feuilletonromane erfreuten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts grosser Beliebtheit. Es handelte sich um Fortsetzungsromane, deren Kapitel in einer Publikumszeitschrift veröffentlicht wurden. Häufig folgte auf die serielle Veröffentlichung der Geschichten eine Buchausgabe. Viele der namhaften Autoren von Feuilletonromanen etablierten Elemente des späteren Kriminalromans.

Bei Honoré de Balzac («Maitre Cornelius», 1831) tauchte das Motiv des geschlossenen Raums zehn Jahre vor E. A. Poe auf.

Eugène Sue verarbeitete in seinem Feuilletonromanen «Les mystères de Paris» (1842-43) Merkmale des Thrillers: Konflikt zwischen Held und Verbrecher, Schilderung des Verbrechermilieus sowie Gewalt und Verfolgungsjagd.

«Bleak House» (1852-53) von Charles Dickens war der erste englische Roman mit einem Polizisten (Inspector Bucket) als Hauptfigur. Das Vorbild für Inspector Bucket lieferte Inspector Fields von Scotland Yard.

[...]


[1] Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf die weibliche Formulierung verzichtet.

[2] Vermessung des Skeletts

[3] Beurteilung und Vergleich von Fingerabdrücken

[4] Romanhefte nannte man auch «Dime-Novels», da sie einen «Dime» (10 Cents) kosteten.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Geschichte des Kriminalromans
Hochschule
Universität Bern  (Institut für Strafrecht und Kriminologie)
Note
1.0
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V414353
ISBN (eBook)
9783668653191
ISBN (Buch)
9783668653207
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kriminalroman, Geschichte, Thriller
Arbeit zitieren
André Lauber (Autor:in), 2016, Die Geschichte des Kriminalromans, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/414353

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