Es bleibt ein Hauptdesiderat aktueller narratologischer Konzeptbildung, das zeitlich wie sachlich zuerst an moderner Literatur entwickelte und für diese operabel gemachte Begriffs- und Theoriewerkzeug zu historisieren, und das heißt: seine Möglichkeiten und Grenzen an jeglichen historisch zurückliegenden, besonders aber an vormodernen Erzähltexten zu prüfen und weiterzuentwickeln.Footnote 1
Für das Hochmittelalter und die Frühe Neuzeit ist hierbei schon vieles getan.Footnote 2 Aus der einschlägigen Forschung zu vormodernem Erzählen sei nur auf Pionierarbeiten aus dem Bereich der Anglistik,Footnote 3 auf frühe Adaptationen der Fokalisierungstheorie Gérard GenettesFootnote 4 und auf Arbeiten zur Erzählstruktur in strukturalistischer Perspektive,Footnote 5 die in der germanistischen Mediävistik eine längere Tradition besitzen,Footnote 6 verwiesen. Erste Zusammenfassungen in einem StudienbuchFootnote 7 und Handbuchartikel,Footnote 8 die auch grundsätzliche Begründungsarbeit leisten,Footnote 9 sowie Sammelbände, die sich explizit narratologischen Fragestellungen mit dem Fokus mittelalterlicher Gegenstände zuwenden,Footnote 10 zeigen, dass die Narratologie, sofern man sie auch als Methode(nbündel) verstehen kann,Footnote 11 in der germanistischen Mediävistik längst fest etabliert ist. Zusätzlich wendet auch die linguistische Erzählforschung ihr Interesse älteren Texten zu.Footnote 12
Was indes weitestgehend noch aus- und ansteht, ist die Weitung des Blicks bis in die Anfänge des volks- und hier konkret deutschsprachigen ErzählensFootnote 13 – eine Weitung, die nicht allein historisch-quantitativen, sondern auch methodologisch‑qualitativen Ertrag verspricht. ›Erzählen im früheren Mittelalter‹ betrifft, zunächst, die Literatur des frühen Mittelalters, d.h. die Literatur in althochdeutscher Sprache (8. bis 11. Jahrhundert);Footnote 14 nach germanistischer Fachtradition gehört dazu aber auch noch die frühmittelhochdeutsche Literatur der Jahre bis etwa 1170, die in allgemein‑historischer Perspektive bereits hochmittelalterlich zu nennen wäre.Footnote 15
Die These, dass das frühere Mittelalter großes Potential für eine historische Narratologie birgt, bedarf momentan noch der Begründung, und diese Einleitung (ursprünglich in das einschlägige Panel des Bayreuther Germanistentages 2016) soll dazu dienen, einen Umriss des Themas zu bieten und dabei auch Felder, die im Folgenden aus Platz- oder Prioritätsgründen nicht durch eigene Beiträge repräsentiert sind, in aller Kürze zu markieren.
Es präsentiert sich die älteste Erzählliteratur als eine weite Trümmerlandschaft, aber eben auch als ein Experimentierfeld mit der in statu nascendi befindlichen Schriftsprache, mit literarischen Formen aus nachbarsprachlicher Schriftlichkeit und eigensprachlicher Mündlichkeit, mit Erzählmustern und Sinnstiftungsmodellen. Bereits zwischen dem ›Erzähldrama‹ des Hildebrandslieds und dem ›Mikro-Epos‹ des Zweiten Merseburger Zauberspruchs liegen narratologisch Welten, und der vielfältige Erzählzyklus der Kaiserchronik integriert die gesamte Spannbreite generisch‑narratologischer Möglichkeiten der Zeit in einem einzigen Text, der sich als reiches, äußerst experimentierfreudiges Feld unterschiedlicher Stile, Stoffe und – eben auch – Erzählverfahren erweist.Footnote 16
Höchst unterschiedlich erscheinen in der deutschen Proto-Narrativik die Mischungsgrade zwischen szenischen, auktorial beschreibenden und auktorial kommentierenden Anteilen. Schon das dialogische Hildebrandslied liegt hier weit ab von dem so lange und gerne mit ihm verglichenen, auf vergleichbarem Umfang eine ganze Lebensgeschichte ausmessenden Ludwigslied. Der Eingangsvers verrät neben manch anderem auch diese basale Distanz: Ik gihorta ðat seggen zielt auf eine Episode, ein konkretes, punktuelles spektakuläres Ereignis, während die Formel einen kuning uueiz ich den Lebensradius einer Figur abdeckt.
Ebenso breit ist schon in der Frühzeit das Spektrum der Raumsemantik,Footnote 17 der Figurentypen und -konzepte, der Plotmodelle im Makro- und Mikrobereich. Viele Befunde dürften dabei mit unterschiedlichen prätextuellen Einflüssen korrelieren. Aber solche Einflüsse erklären nicht alles: Im geistlich-heilsgeschichtlichen Themenbereich biblischer Groß- und Episodenepik erzählen Christus und die Samariterin, Otfrid und der Heliand die gleiche Geschichte (im doppelten Sinn) ganz unterschiedlich. Im profanepisch-heroischen Spektrum, das mündlich-heimische und antike Vorläufer kennt, bilden das Hildebrandslied und der Waltharius ein noch instruktiveres Kontrastpaar, das freilich überlieferungsbedingt bereits in die Nachbarsprache Latein ausgreifen muss – was den literarischen Bedingungen der Epoche indes durchaus adäquat ist. Dazu kommen schon gegen Ende unserer Referenzzeit romanisch-frühhöfische Plotmuster wie Brautwerbung, Empörung, Heidenkrieg.
Das narratologisch relevante Spektrum reicht für das Althochdeutsche (um noch etwas bei den ersten Beispielen zu bleiben) vom fast erzählerlos sich steigernden, dabei ganz vom Kontrast zweier heroischer Figuren(typen) mit ihren impliziten Biographietypen lebenden, orts- und zeitkonstanten Hildebrandslied zum pro- und analeptisch vagierenden Ludwigslied mit wechselndem Erzähltempo und profiliertem auktorialen Erzähler. Anderen Plotstrukturen folgen die heilsgeschichtlich abgesicherten kosmischen Narrative im Muspilli und im Wessobrunner Schöpfungshymnus und -gebet,Footnote 18 Christi Begegnung mit der Samariterin im einschlägigen Episodengedicht, die biographisch angelegten, an Binnenerzählungen und -erzählern, Kommentaren und Digressionen reichen Evangelienepen. Im Heliand wirkt sich der vielberufene Versuch heroischer Akkommodierung, bei Otfrid der Modus gelehrten Abschweifens und Arrondierens auch auf die Erzählinstanz und das Erzählprofil aus.Footnote 19
Mit der Zäsur und dem frühmhd. Neuansatz verengt sich das Erzählfeld generisch und stofflich auf das heilsgeschichtlich Verbürgte, und damit noch stärker auf ›Geschichten aus der Geschichte‹, womit narrative Strategien der Wahrheits- und Heilsvergewisserung ins Zentrum treten. Narratologisch lässt sich hier fruchtbar an Hugo Kuhns Unterscheidung zwischen Szenen- und Gerüstepik anknüpfen,Footnote 20 doch auch an Markus Stocks rezenteres Konzept des Kombinationssinns.Footnote 21 Der epochensignifikante heilsgeschichtlich-exemplarische Ansatz hindert indes nicht, dass sich das Narrative sukzessive, und am deutlichsten gerade im Banne der Geschichte, zu verselbständigen scheint. Den Gipfel des Prozesses markiert hier die frühmhd. Kaiserchronik, in der der narrative Überschuss den didaktischen, paränetischen oder katechetischen Kern mitunter geradewegs aushebelt.Footnote 22 Auch neue Einflüsse aus der Latinität werden im frühmhd. Erzählen wirksam: Die Antike findet mit einer Fülle von Stoffen direkt Eingang in volkssprachige Narrativik, natürlich wieder in der Kaiserchronik, doch auch schon im Annolied und in Lambrechts Alexander. Und das biblische Erzählen weitet sich mit der zyklisch angelegten Erzählsumma des Vorauer Codex 276 in einer Weise aus, die schon an spätere Kompilationschroniken erinnert. Diese Handschrift scheint auch ein narratologisch interessantes Unterfangen zu sein, denn sie bringt eine Vielheit von Mikroplots in einen makrostrukturellen, hier polytextuellen Konnex.Footnote 23
Bei der Idee, auf dem Bayreuther Germanistentag 2016 mit dem Leitthema ›Erzählen‹ ein spezifisch frühmittelalterliches Panel auszuschreiben, gingen wir davon aus, dass die älteste deutschsprachige Literatur unter dem Gesichtspunkt ihrer größeren historischen Distanz und komparatistisch ergiebigen Nähe zur Latinität nicht nur zahlreiche, sondern wegen der Experimentalität in Sprache und Erzählformen auch fruchtbare Ansatzpunkte zur Verfeinerung des Instrumentariums der historischen bzw. diachronen Narratologie bieten würde. Unsere Arbeitshypothese war, dass auch Texte aus der ältesten deutschsprachigen Erzählliteratur, bei aller historischen und kulturellen Distanz, die häufig (doch umstritten) mit dem Begriff der Alterität umschrieben wird,Footnote 24 einer Analyse mit dem narratologischen Begriffs- und Methodeninventar prinzipiell zugänglich sind. Wir vermut(et)en aber, dass in der Beschäftigung mit diesen Texten bestimmte Differenzierungen, die die strukturalistische oder klassische Narratologie (von Todorov, Lämmert und Stanzel bis zu Genette oder Wolf Schmid) anhand der Analyse moderner oder postmoderner Texte entwickelt hat, weniger relevant werden und dass andere Faktoren sie überlagern, etwa der Einfluss der Mündlichkeit, die bildungssoziale Herkunft der Autoren und Stoffe sowie Fragen der Materialität und der Überlieferung, die für die erwähnten Modelle zumeist überhaupt keine Rolle spielen.
Man muss, wenn man die Stichworte ›Narratologie‹ und ›Frühmittelalter‹ zusammenführt, mitnichten bei Null beginnen: Ante verbum hat die jüngere Forschung gute Vorarbeit in der Erfassung narrativer Eigenheiten der alt- und frühmittelhochdeutschen Erzähltexte geleistet. Gerade die Bibelepik mit ihren spätantiken Mustern,Footnote 25 die Zeit- und Geschichtsdichtung,Footnote 26 die Legende und der vorhöfische RomanFootnote 27 haben in dieser Weise schon Aufmerksamkeit gefunden.
Die Dokumentation der Sektionsvorträge innerhalb dieses Themenheftes verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen Texte des früheren Mittelalters, zum Teil erstmals, mit rezenter Narratologie konfrontiert werden und die Erträge der Narratologie für das Verständnis und die Deutung auch dieser literarhistorischen Epoche und ihrer Denkmäler fruchtbar gemacht werden. Zum anderen, und perspektivisch umgekehrt, sollen die Besonderheiten frühmittelalterlichen Erzählens in die Perspektive einer Geschichte vormodernen Erzählens gerückt und in die dringliche diachrone Weitung der Narratologie eingespeist werden.
Mit den wenigen Vorträgen eines Germanistentag-Panels ist ein vielversprechendes Feld erfasst. Vollständigkeit oder auch nur Repräsentativität können und wollten die Beiträge der Bayreuther Sektion aber nicht beanspruchen, weder im Hinblick auf Methoden und Begriffe der Narratologie noch hinsichtlich der Epoche und der in ihr vertretenen Gattungen. Klaus Kipf fragt nach der Ausgestaltung der primären Erzählinstanz im Heliand und bei Otfrid, den wichtigsten und umfänglichsten Bibeldichtungen der ahd. Epoche. Für die Geschichts- bzw. Zeitdichtung in Gestalt des Annolieds schlägt Graeme Dunphy eine Erweiterung der bipolaren Erzählmodi Telling vs. Showing um die Kategorie des Reminding vor. Henrike Manuwald regt für die frühe volkssprachige Legendenerzählung, die den Aspekt des Abgeleitetseins mit der Bibelepik (und in anderer Weise auch der Geschichtsepik) teilt, den Begriff des ›derivativen Erzählens‹ an. Er steht für ein Erzählverfahren, das mit explizitem Bezug zu einem Referenztext eine ›storyworld‹ nicht von Grund auf hervorbringt. Mathias Herweg sichtet Faktoren und Ebenen der Kohärenzstiftung sowie Genre- und Plotstrukturen in der komplexen Erzählwelt der Kaiserchronik. Leider fehlt Norbert Kössingers Beitrag zur Medialität der Altdeutschen bzw. Frühmittelhochdeutschen Genesis („rede und buoch. Zum Verhältnis von Erzählgegenstand und Erzählen in der Altdeutschen Genesis“), der ebenfalls ins Panel gehörte. Er wird aber in anderem Rahmen erscheinen.
Eine epochenübergreifende Gesamtschau ist damit weder angestrebt noch in diesem Rahmen möglich. Es wäre ohnehin zu fragen, ob sie bei der Breite des Feldes und beim gegenwärtigen Forschungsstand schon zu leisten ist. Immerhin aber erfassen die folgenden Beiträge mit repräsentativem methodologischem Anspruch ein relativ weites, für frühmittelalterliches Erzählen nicht untypisches Corpus aus Bibel- und Geschichtserzählungen. Im Bereich nichtbiblischen Erzählens ist Lambrechts Alexander in der Forschung schon Thema narratologischer, namentlich raumsemantischer Studien geworden. Beachtung verdienten künftig die kleinstepischen Entwürfe der zweigliedrigen Zaubersprüche (historiolae) und die kosmologischen Erzählungen von Schöpfung und Apokalypse, weiters textübergreifende narrative Zyklen nach Art des kleinen Œuvres der Frau Ava.Footnote 28 Über die hiermit skizzierten Corpuslücken hinaus wären auch Themenfelder zu nennen, die der Fortgang vermissen lässt. Doch einmal mehr: Das Folgende versteht sich vor allem als Türöffner: Ohne bereits allzu feste Koordinaten zu markieren oder markieren zu können, bietet es Raum für Ausweitungen wie Vertiefungen. Nur einrennen muss geöffnete Türen eben niemand mehr.
Notes
Vgl. die programmatischen Interventionen von Fludernik, Monika: »The diachronization of narratology«. In: Narrative 11/3 (2003), S. 331–348; Contzen, Eva von: »Why We Need A Medieval Narratology. A Manifesto«. In: Diegesis 3/2 (2014), S. 1–21 (https://www.diegesis.uni-wuppertal.de/index.php/diegesis/article/view/170 [19.5.2017]). Die Hinweise auf die Forschung verstehen sich exemplarisch und intendieren nicht, einen Forschungsbericht zu ersetzen.
Verwiesen werden kann hier auf die Vielzahl an Panels im Schwerpunkt ›vormodernes Erzählen‹ auf dem Bayreuther Germanistentag 2016. Es ging hierbei u.a. um Gattungsaspekte (legendarisches, kollektives Erzählen), Erzählinstanzen (Autor, Erzähler, die Figur des Dritten, das Potential der Dinge) und Erzählschemata (die Jugend oder die Exorbitanz des Helden), literaturpsychologische (die Lust am Erzählen), theoriegeschichtliche Fragen (die Bedeutung Gérard Genettes) und grundsätzliche Rahmenbedingungen (Retextualisierung, ›schlechtes‹ Erzählen). Erste Beiträge werden in einem neuen Periodicum erscheinen: Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung. Hg. von Albrecht Hausmann/Anja Becker, deren 1. Heft für Oktober 2017 angekündigt ist: http://ep1.bis.uni-oldenburg.de/index.php/bme/index (15.5.2017).
Vgl. Fludernik, Monika: Towards a Natural Narratology. London 1996.
Vgl. Hübner, Gert: Erzählform im höfischen Roman. Studien zur Fokalisierung im ›Eneas‹, im ›Iwein‹ und im ›Tristan‹. Basel 2003.
Vgl. Stock, Markus: Kombinationssinn. Narrative Strukturexperimente im ›Straßburger Alexander‹, im ›Herzog Ernst B‹ und im ›König Rother‹. Tübingen 2002.
Vgl. Schmid-Cadalbert, Christian: Der Ortnit AW als Brautwerbungsdichtung. Ein Beitrag zum Verständnis mittelhochdeutscher Schemaliteratur. Bern 1985. Letztlich ließe sich diese Tradition bis zur ›Doppelweg‹-Debatte im Anschluss an Wilhelm Kellermann und Hugo Kuhn zurückverfolgen; vgl. dazu Schmid, Elisabeth: »Weg mit dem Doppelweg. Wider eine Selbstverständlichkeit der germanistischen Artusforschung«. In: Friedrich Wolfzettel (Hg.): Erzählstrukturen der Artusliteratur. Forschungsgeschichte und neuere Ansätze. Tübingen 1999, S. 69–85.
Vgl. Schulz, Armin: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Hg. von Manuel Braun/Alexandra Dunkel/Jan-Dirk Müller. Berlin/Boston 2012.
Vgl. Schulz, Armin/Hübner, Gert: Art. »Mittelalter«. In: Matías Martínez (Hg.): Handbuch Erzählliteratur. Theorie, Analyse, Geschichte. Stuttgart/Weimar 2011, S. 184–205.
Vgl. Bleumer, Hartmut: »Historische Narratologie«. In: Christiane Ackermann/Michael Egerding (Hg.): Kultur- und Literaturtheorien in der Germanistischen Mediävistik. Berlin u.a. 2015, S. 213–274.
Vgl. Haferland, Harald/Meyer, Matthias (Hg.): Historische Narratologie – mediävistische Perspektiven. Berlin/New York 2010; Kragl, Florian/Schneider, Christian (Hg.): Erzähllogiken in der Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Heidelberg 2013.
Vgl. zu dieser Frage Kindt, Tom/Müller, Hans-Harald (Hg.): What is Narratology? Questions and Answers Regarding the Status of a Theory. Berlin/New York 2003.
Vgl. etwa Zeman, Sonja: »Vergangenheit als Gegenwart? Zur Diachronie des Historischen Präsens«. In: Petra Maria Vogel (Hg.): Sprachwandel und seine Reflexe im Neuhochdeutschen. Berlin/New York 2013, S. 236–256.
Vor dem »Mythos der ›Anfänge‹«, insofern er sich auf ein mit ihm beginnendes Kontinuum einer deutschen Literatur bezieht, warnt gleichwohl Haubrichs (Haubrichs, Wolfgang: »Althochdeutsche Literatur«. In: RLW 1 [1997], S. 61–65, hier S. 65). Vgl. dazu auch den Beitrag von Hartmut Bleumer in diesem Heft (doi: 10.1007/s41244-017-0051-9).
Vgl. für den literaturhistoriographischen Diskussionsstand den Titel des einschlägigen Teilbands der jüngsten detaillierten Literaturgeschichte: Haubrichs, Wolfgang: Die Anfänge: Versuche volkssprachiger Schriftlichkeit im frühen Mittelalter (ca. 700–1050/60). 2., durchges. Aufl. Tübingen 1995; von den »Anfänge[n] volkssprachlicher Schriftlichkeit« (als Kapitelüberschrift) spricht auch Kartschoke, Dieter: Geschichte der deutschen Literatur im frühen Mittelalter. München 1990, S. 60; vgl. auch Sonderegger, Stefan: Althochdeutsch als Anfang deutscher Sprachkultur. Freiburg 1997.
Vgl. Kartschoke (wie Anm. 14), S. 11–16; Vollmann-Profe, Gisela: Wiederbeginn volkssprachiger Schriftlichkeit im hohen Mittelalter (1050/60–1160/70). 2., durchges. Aufl. Tübingen 1994, S. 14–22.
Für das um 1146 verfasste Werk trifft mutatis mutandis bereits zu, was von Contzen (wie Anm. 1) über den sonst so andersgearteten spätmittelalterlichen Erzählzyklus Geoffrey Chaucers schreibt: »Chaucer’s Canterbury Tales [...] are a tour de force of medieval genres and forms of narration: romance, fabliau, saint’s life, beast epic, allegory, sermon, de casibus tragedy; the pilgrims on their way to Canterbury offer a representative overview of the generic richness medieval authors could rely on and handle creatively« (S. 1). Vgl. dazu den Beitrag von Mathias Herweg in diesem Heft (doi: 10.1007/s41244-017-0058-2).
Vgl. Störmer-Caysa, Uta: Grundstrukturen mittelalterlicher Erzählungen. Raum und Zeit im höfischen Roman. Berlin/New York 2007.
Vgl. Mohr, Wolfgang/Haug, Walter: Zweimal Muspilli. Tübingen 1977; und Herweg, Mathias: »Anfang und Ende der Welt im Stabreim. Kosmologische Entwürfe der ältesten deutschen Literatur«. In: Marion Gindhart/Tanja Pommerening (Hg.): Anfang und Ende. Vormoderne Szenarien von Weltentstehung und Weltuntergang. Darmstadt 2016, S. 105–123 und 138f.
Klaus Kipfs Beitrag in diesem Heft (doi: 10.1007/s41244-017-0059-1) zeigt, wie unterschiedlich der altsächsische Dichter und Otfrid die zentrale Erzählinstanz profilieren und dass die ›Sprechhaltungen des Ich‹ trotz identischer Stoffbasis in den beiden umfangreichsten volkssprachigen Erzähltexten des Frühmittelalters geradezu diametral entgegengesetzt ausgestaltet sind. Erklärbar wird diese fundamentale narratologische Differenz durch unterschiedliche Haltungen der Urheber beider Dichtungen zur mündlichen Erzählkunst und durch die weitergehende Anlehnung Otfrids an die lateinische Schriftkultur seiner Zeit und damit an deren Erzählmodi.
Vgl. Kuhn, Hugo: »Gattungsprobleme der mittelhochdeutschen Literatur«. In: Sitzungsberichte der Bayer. Akademie der Wissensch., Phil.-hist. Klasse. Jg. 1956, H. 4. München 1956 (wieder in: Ders.: Kleine Schriften I: Dichtung und Welt im Mittelalter. Stuttgart 1959, S. 41–61).
Vgl. Stock (wie Anm. 5).
Vgl. hierzu im Ansatz den Beitrag von Mathias Herweg in diesem Heft sowie Ders.: »Geschichte erzählen. Die ›Kaiserchronik‹ im Kontext«. Ersch. In: ZfdA (im Druck).
Vgl. zur Anlage der Vorauer Sammelhandschrift Grubmüller, Klaus: »Die Vorauer Handschrift und ihr Alexander. Die kodikologischen Befunde: Bestandsaufnahme und Kritik«. In: Jan Cölln u.a. (Hg.): Alexanderdichtungen im Mittelalter. Kulturelle Selbstbestimmung im Kontext literarischer Beziehungen. Göttingen 2000, S. 208–221; Cölln, Jan: »Arbeit an Alexander. Lambrecht, seine Fortsetzungen und die handschriftliche Überlieferung«. In: ebd., S. 162–207.
Vgl. Becker, Anja/Mohr, Jan (Hg.): Alterität als Leitkonzept für historisches Interpretieren. Berlin/Boston 2012; Manuel Braun (Hg.): Wie anders war das Mittelalter? Fragen an das Konzept der Alterität. Göttingen 2013.
Vgl. Kartschoke, Dieter: Bibeldichtung. Studien zur Geschichte der epischen Bibelparaphrase von Juvencus bis Otfrid von Weißenburg. Stuttgart 1975.
Vgl. die Hinweise in den Anmerkungen zu den Beiträgen von Graeme Dunphy (doi: 10.1007/s41244-017-0057-3) und Mathias Herweg (doi: 10.1007/s41244-017-0058-2) in diesem Heft.
Vgl. neben vielen Stock (wie Anm. 5) und Schulz (wie Anm. 7).
Vgl. (ohne explizit narratologische Perspektive) Quast, Bruno: Vom Kult zur Kunst. Öffnungen des rituellen Textes in Mittelalter und Früher Neuzeit. Tübingen/Basel 2005; Prica, Aleksandra: Heilsgeschichten. Untersuchungen zur mittelalterlichen Bibelauslegung zwischen Poetik und Exegese. Zürich 2010.
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Herweg, M., Kipf, K. Erzählen in statu nascendi . Z Literaturwiss Linguistik 47, 233–238 (2017). https://doi.org/10.1007/s41244-017-0053-7
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