Universität Hohenheim
 

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Hartmann-Piraudeau, Andrea

Kooperation oder Konfrontation? Die Wirkung von Commitment, Empowerment, Emotion und Kritik in Verhandlung und Mediation

Cooperation or confrontation? The effect of commitment, empowerment, emotion and criticism in negotiation and mediation

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-16673
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2019/1667/


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SWD-Schlagwörter: Konfliktregelung , Konflikt , Vermittlung , Mediation , Mediator <Beruf> , Mediatorin , Verhandlung , Feilschen , Verhandlungsführung
Freie Schlagwörter (Deutsch): Commitment , Mediationsforschung , Verhandlungsforschung , Emotionen in Verhandlungen , Emotionen in Mediation
Freie Schlagwörter (Englisch): Mediation , Negotiation , Commitment , Empowerment , Emotions
Institut: Institut für Kommunikationswissenschaft
Fakultät: Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Sozialwissenschaften, Soziologie, Anthropologie
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Brettschneider, Frank Prof.Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 25.10.2019
Erstellungsjahr: 2019
Publikationsdatum: 06.11.2019
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: Die vorliegende Arbeit untersucht die Wirkung von Commitment, Empowerment, Ärger, Zuversicht und Kritik anhand einer computerbasierten Verhandlung im Labor. In der Verhandlungs- und Mediationsforschung existieren nur wenige experimentelle Studien über die Wirkmechanismen dieser Bedingungen bzw. Interventionen in einem Verhandlungskontext mit einem Mediator oder einem vermittelnden Dritten. Üblicherweise basieren die Ergebnisse experimenteller Verhandlungsstudien auf klassischen Zweiparteien-Verhandlungen. Experimentelle Mediationsstudien mit diesem Fokus sind nicht bekannt.
Mit der Forschungsfrage wie sich die Interventionen eines Mediators auf den Verhandlungsverlauf auswirken und den dabei ausgewählten Themen Commitment, Empowerment, Emotionen und Kritik, soll ein wissenschaftlicher Beitrag zur Erforschung der Wirkung von Mediation geleistet werden. Dies ist relevant, da Konflikte in der Gesellschaft immer weniger über Macht geklärt werden. Diese Entwicklung zeigt sich in unterschiedlichen Felder des gesellschaftlichen Lebens
Im ersten Teil der Arbeit werden Mediation und Verhandlung als Verfahren zur Bearbeitung von Interessensgegensätze beschrieben und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Der Forschungsstand zur Wirkmechanismen der Mediation allgemein und konkret zu den Forschungsthemen dieser Arbeit Commitment, Empowerment, Emotionen und Kritik bildet die theoretische Grundlage der Arbeit. Im Anschluss wird auf die spezifischen Versuchsbedingungen eingegangen und dabei erarbeitet, inwiefern die Verhandlungssituation im Labor auf den Mediationskontext übertragbar ist.
186 Probanden nahmen an der Verhandlung teil und wurden im Anschluss per Fragebogen befragt. Betrachtet wurden die Auswirkungen der unterschiedlichen Versuchsbedingungen auf die Kooperationsbereitschaft, die Einigungsquote, die Bewertung des Verhandlungspartners, die erlebten Emotionen während der Verhandlung sowie die Beurteilung des Mediators.
Die Verhandlungsbewegung der einzelnen Gruppen wurden an zwei Referenzgruppen abgeglichen und u.a. nach dem Prinzip des „match und mismatch“ (Pruitt und Syna 1985; Benton et al. 1972) bewertet.
Es zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen: Insgesamt einigten sich jene Gruppen schneller, die mit Ärger oder Kritik konfrontiert wurden. In dem Fall der Bedingung „Ärger“ lässt sich das Entgegenkommen – analog zu vorausgegangenen Versuchen (ohne Mediator) – als strategische Annäherung bewerten. Der Ärger des Verhandlungspartners wurde von den Probanden als Hinweis auf dessen Verhandlungsgrenzen bewertet. Um eine Eskalation oder gar einen Abbruch zu vermeiden, reagierten die Pro-banden mit Entgegenkommen, auch wenn sie dabei nicht glücklich waren und negative Gefühle empfanden.
Kritisierte der Mediator den Verhandlungsverlauf, ergab sich ein ähnlicher Effekt: Die Probanden dieser Gruppe einigten sich häufiger als in anderen Gruppen. Die Motivation des Entgegenkommens basierte dabei jedoch nicht auf strategischen Überlegungen, sondern auf der Verunsicherung, die durch die Intervention des Mediators ausgelöst wurde, und war begleitet von eigenen starken negativen Emotionen, die auf alle Beteiligten projiziert wurden.
Unterdurchschnittlich kooperatives Verhalten und unterdurchschnittliche Einigungsraten zeigen die Versuchsbedingungen „Zuversicht“ und „Empowerment“. Der Unterschied der beiden Bedingungen liegt v.a. in der erlebten eigenen Emotion und der Einschätzung des Verhandlungspartners. Wurde den Probanden „Zuversicht“ des Verhandlungspartners vermittelt, reagierten sie überdurchschnittlich gut gelaunt, wenig ängstlich und zuversichtlich und fanden ihren Verhandlungspartner sympathisch und fröhlich.
In der Gruppe „Empowerment“ induzierte der Mediator eigene bestärkende Kommentare. Diese lösten neben der zurückhaltenden Kooperation eine eher durchschnittliche Emotionslage aus, und der Mediator wurde als „wenig hilfreich“ bewertet.
Die Analyse zeigt, dass die Probanden die Zuversicht des Verhandlungspartners analog zur Bedingung „Ärger“ als ein Zeichen von dessen Zufriedenheit über den Fortgang der Verhandlung interpretierten. Demnach sahen sie keine strategische Notwendigkeit, gesteigerte Koope-ration zu zeigen. Beim Empowerment des Mediators basiert die Zurückhaltung ebenfalls darauf, dass der Mediator als außenstehender Dritter das Vorankommen positiv bewertet. Dies wird als Hinweis interpretiert, dass keine Eskalationsgefahr oder ein Abbruch im Raum steht und die Situation kein gesteigertes Entgegenkommen verlangt. Allerdings waren die Probanden in dieser Bedingung weniger positiv gestimmt und standen der Intervention des Mediators kritischer gegenüber. Es gibt Hinweise darauf, dass die Probanden sich in ihrer Selbstbestimmtheit eingeschränkt sahen. Die Versuchsbedingung „Commitment“ untersucht die Aus-wirkung auf die Einforderung eines schriftlichen Commitments der Probanden vor Beginn der Verhandlung. Die Einigungsquote sowie das Kooperationsverhalten blieben eher durchschnittlich. Eine analysierte Auffälligkeit der Gruppe ist jedoch die im Vergleich zu den anderen Gruppen hohe Anzahl der verwendeten Wörter bei den Kommentaren während der Verhandlung. Die Aufforderung, einen ersten Kommentar zu verfassen, steigerte die Kommunikationsfreudigkeit im Laufe des Verfahrens signifikant und führte zu positiven Emotionen bei den Probanden und einer ebenso positiven Zuschreibung der Verhandlungspartner.
Neben der deskriptiven Betrachtung, der Datenanalyse und Interpretation wurden aus den Ergebnissen für jede Gruppe Handlungsempfehlungen für die Mediationspraxis abgeleitet.

 
Kurzfassung auf Englisch: The present work examines the effects of commitment, empowerment, anger, happiness and criticism by means of computer-based negotiation in the laboratory. In negotiation and mediation research, only a few experimental studies exist on the mechanisms of these conditions or interventions in a negotiation context with a mediator or a mediating third party. Usually, the results of experimental negotiation studies are based on classical two-party negotiations.
With the research question of how the interventions of a mediator affect the negotiation process and the selected topics commitment, empowerment, emotions and criticism, a scientific contribution to the research of the effect of media-tion should be made. This is relevant because conflicts in society are less and less resolved by power. This development can be seen in different fields of social life
In the first part of the work, mediation and negotiation are described as procedures for dealing with conflicts of interest and their similarities and differences are worked out. The state of research on the mechanisms of mediation in general and specifically on the research topics of Commitment, Empowerment, Emotions and Critique forms the theoretical basis of the work. Subsequently, the specific experimental conditions are discussed and the extent to which the negotiation situation in the laboratory can be transferred to the mediation context is worked out.
186 participants took part in the negotiation and were then questioned by questionnaire. The effects of the different test conditions on the willingness to cooperate, the agreement rate, the evaluation of the negotiating partner, the emotions experienced during the negotiation and the evaluation of the mediator were examined.
The negotiating movements of the individual groups were compared against two reference groups and evaluated according to the principle of "match and mismatch" (Pruitt and Syna 1985; Benton et al. 1972).
There were statistically significant differences between the experimental groups: All in all, those groups that were confronted with anger or criticism agreed faster. In the case of the condition "anger", concessions - analogous to previous attempts (without mediator) - can be seen as a strategic approach. The anger of the negotiating partner was evaluated by the test persons as an indication of their negotiating limits. In order to avoid an escalation or even a break, the participants reacted with concessions, even if they were not happy and felt negative.
If the mediator criticised the course of the negotiations, a similar effect resulted: the participants in this group reached agreement more frequently than in other groups. However, the motivation for the concession was not based on strategic considerations, but on the uncertainty triggered by the mediators intervention, and was accompanied by strong negative emotions of its own, which were projected onto all participants.
Below-average cooperative behaviour and below-average agreement rates indicate the experimental conditions of "confidence" and "empowerment". The difference between the two conditions lies above all in the emotion experienced and the assessment of the negotiating partner. If the test persons were given "confidence" by their negotiating partner, they reacted in an above-average good mood, little anxious and confident and found their negotiating partner sympathetic and cheerful.
In the "Empowerment" group, the mediator induced his own encouraging comments. In addition to the restrained cooperation, these triggered a rather average emotional response, and the mediator was rated as "unhelpful".
The analysis shows that the test persons interpreted the confidence of the negotiating partner analogously to the condition "anger" as a sign of his satisfaction with the progress of the negotiation. Accordingly, they saw no strategic necessity to show increased cooperation. In the empowerment of the mediator, the restraint is also based on the fact that the mediator as an external third party evaluates the progress positively. This is interpreted as an indication that there is no danger of escalation or abortion in the room and that the situation does not require increased concessions. However, the subjects were less positive in this condition and were more critical of the mediators intervention. There are indications that the test persons felt restricted in their self-determination. The test condition "Commitment" examines the effect on the demand of a written commitment of the test persons before the beginning of the negotiation. The agreement rate as well as the cooperation behaviour remained rather average. One conspicuous feature of the group analysed, however, is the high number of words used in the comments during the negotiation compared to the other groups. The request to write a first comment significantly increased the communicativeness in the course of the procedure and led to positive emotions among the test persons and an equally positive attribution of the negotiating partners.
In addition to descriptive observation, data analysis and interpretation, recommendations for action in mediation practice were derived from the results for each group.






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