Universität Hohenheim
 

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Kauselmann, Karen

Attraktives Beschäftigungsmaterial zur Reduktion von Schwanz- und Ohrschäden beim Schwein

Attractive enrichment material to reduce tail and ear damages in pigs

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-19279
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2021/1927/


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SWD-Schlagwörter: Ferkelaufzucht , Schweinemast
Freie Schlagwörter (Deutsch): organisches Beschäftigungsmaterial , Schwanzbeißen , UHF RFID
Freie Schlagwörter (Englisch): rearing , fattening , tail biting , plant-based enrichment material , UHF RFID
Institut: Institut für Agrartechnik
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Schrader, Lars apl. Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 26.02.2021
Erstellungsjahr: 2021
Publikationsdatum: 24.08.2021
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim ohne Print-on-Demand
 
Kurzfassung auf Deutsch: Schwanzbeißen ist eine Verhaltensanomalie, die häufig bei konventionell gehaltenen Hausschweinen auftritt. Dabei kann es das Wohlergehen betroffener Schweine beeinträchtigen und ökonomische Verluste für den landwirtschaftlichen Betrieb bedeuten. Die Ursachen von Schwanzbeißen sind multifaktoriell, weshalb die bis heute gängigste Methode zur Reduktion von Schwanzschäden bei Schweinen das präventive Kupieren des Schwanzes darstellt. Neben dem invasiven Eingriff wirkt jedoch auch der Einsatz von Beschäftigungsmaterial reduzierend auf Schwanzschäden, indem das arttypische Explorationsverhalten gesteigert wird. Dabei stellt die schnelle Habituation von Schweinen eine Herausforderung bei der Auswahl geeigneter Beschäftigungsmaterialien dar.
Im Rahmen des Projekts „Label-Fit“ wurden unterschiedliche organische Beschäftigungsmaterialien für Aufzucht- und Mastschweine untersucht, die in konventionellen Haltungssystemen mit Spaltenböden eingesetzt werden können. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Identifikation von attraktivem Beschäftigungsmaterial anhand der Explorationsdauer der Tiere. Gleichzeitig wurde der Einfluss der eingesetzten Beschäftigungsmaterialien auf Schwanz- und Ohrschäden bei Schweinen mit unkupiertem Schwanz untersucht.
Vor der Durchführung von drei Langzeituntersuchungen wurden zwei Wahlversuche zur Eingrenzung der für Schweine attraktiven organischen Beschäftigungsmaterialien durchgeführt. Dabei wurden den Schweinen in einem Trog mit sechs Fächern unterschiedlich strukturierte Materialien oder verschiedene fressbare Zusätze in Stroh parallel angeboten. Anhand der individuell erfassten Beschäftigungsdauer zeigten Schweine Präferenzen für pelletierte Materialien und gehäckseltes Stroh mit einem fressbaren Zusatz. Diese Ergebnisse wurden zur Auswahl von Beschäftigungsmaterialien für die anschließenden Langzeituntersuchungen herangezogen.
Für die drei Langzeituntersuchungen wurden die mit Beschäftigungsmaterialien befüllten Beschäftigungstürme mit einem UHF-RFID-System ausgestattet, um die Beschäftigungsdauer der Schweine aufzuzeichnen. Beim Wechsel der alternierend angebotenen Beschäftigungsmaterialien wurden die Schwänze und Ohren der Schweine gemäß dem „Deutschen Schweine Boniturschlüssel“ bewertet.
In der ersten Langzeituntersuchung erhielten die Schweine vier Beschäftigungsmaterialien mit unterschiedlichen Strukturen (Luzernepellets, Strohpellets, gehäckseltes Heu, gehäckseltes Stroh) im zweiwöchigen Wechsel. Dabei präferierten Aufzuchtschweine pelletierte Materialien und Mastschweine gehäckseltes Heu sowie Luzernepellets. Darüber hinaus stieg die Beschäftigungsdauer von der Aufzucht zur Mast an. Beim Einsatz der Materialien, die die höchste Beschäftigungsdauer in der Aufzucht erzielten (Luzernepellets oder Strohpellets), wurden die wenigsten Teilverluste am Schwanz erfasst. Jedoch traten beim Einsatz von Strohpellets in der Aufzucht die meisten Hautdurchbrechungen an den Schwänzen auf.
Die zweite Langzeituntersuchung befasste sich mit der Frage, ob die Beschäftigungsdauer von Schweinen beim Einsatz von gehäckseltem Stroh gesteigert werden kann, wenn Maiskörner als fressbarer Zusatz untergemischt werden. Im Vergleich zu Schweinen, die gehäckseltes Stroh ohne Mais erhielten, zeigten Schweine, denen gehäckseltes Stroh mit Mais angeboten wurde, in der Aufzucht und Mast eine höhere Beschäftigungsdauer am Beschäftigungsturm. Die Beschäftigungsdauer konnte zudem von der Aufzucht zur Mast gesteigert werden, obwohl kein Materialwechsel innerhalb der Gruppen stattfand. Erstaunlicherweise traten bei den Schweinen, die gehäckseltes Stroh ohne Mais erhielten, im Vergleich zu den Schweinen, die gehäckseltes Stroh mit Mais erhielten, geringere Teilverluste am Schwanz auf.
In der dritten Langzeituntersuchung wurden den Schweinen unterschiedlich aromatisierte Strohpellets im wöchentlichen Wechsel angeboten. Die höchste Beschäftigungsdauer wurde in der Aufzucht für Strohpellets mit Bratzwiebel- oder Mandel-Aroma erfasst. In der Mast beschäftigten sich die Schweine am längsten mit Strohpellets ohne Aroma oder mit Erdbeer-Aroma. Dabei konnte die Beschäftigungsdauer von der Aufzucht bis zur Mast konstant gehalten werden. Die meisten Hautdurchbrechungen am Schwanz traten in der Aufzucht bei der Verwendung von Vanille- oder Bratzwiebel-Aroma auf, wobei Vanille im Unterschied zu Bratzwiebel zu den Aromen mit den geringsten Beschäftigungsdauern zählte.
Anhand der vorliegenden Untersuchungen konnten klare Präferenzen von Schweinen für bestimmte organische Beschäftigungsmaterialien gezeigt werden, die arttypisches Explorationsverhalten steigerten. Jedoch konnten Beschäftigungsmaterialien, für die eine hohe Beschäftigungsdauer erfasst wurde, Schwanzschäden (Längenverluste und Hautdurchbrechungen) nicht reduzieren. Dies verdeutlicht, dass neben dem Zugang zu Beschäftigungsmaterial weitere Faktoren auf die Prävalenz für Schwanzschäden einwirken, welche zusammenhängend betrachtet werden müssen.
 
Kurzfassung auf Englisch: Tail biting is a behavioural disorder that often occurs in commercially housed domestic pigs. It may affect welfare of involved pigs and cause economic losses for the farm. The causes of tail biting are multifactorial, which is why preventive tail docking is the most comon method to reduce tail damages in pigs until today. However, besides invasive interventions, the use of enrichment materials can reduce tail biting by increasing species-specific exploration behaviour. Thereby, the rapid habituation of pigs poses a challenge in the selection of enrichment materials.
Within the research project “Label-Fit – Schweinehaltung fit für das Tierschutzlabel”, different plant-based enrichment materials for rearing and fattening pigs were investigated, which can be used in conventional housing systems with slatted floors. The aim of the present study was to identify attractive enrichment material based on the exploration duration. Furthermore, the influence of the enrichment materials on tail and ear damages was investigated in pigs with undocked tails.
Prior to three long-term investigations, two choice tests were carried out for better delimination of plant-based enrichment materials considered attractive for pigs. Therefore, pigs were offered enrichment materials of different structure or, in the second test, straw with different edible additives. In both tests materials were offered in parallel in six boxes. By means of the individually recorded exploration durations, pigs showed clear preferences for pelleted materials and preferred chopped straw with edible additives, such as maize kernels. These results were used to select enrichment materials for further long-term investigations.
In the three long-term investigations, material dispensers were equipped with an UHF-RFID system to record exploration durations of the pigs at the material dispenser filled with enrichment materials. Enrichment materials were offered in an alternating order and at each change of material the tails and ears of the pigs were recorded according to the “Deutscher Schweine Bonitur Schlüssel” (DSBS) regarding partial losses and skin injuries.
In the first long-term investigation, rearing and fattening pigs received four enrichment materials with different structures (lucerne pellets, straw pellets, chopped hay and chopped straw) in a two-weekly change. Rearing pigs preferred pelletized materials, while fattening pigs showed preferences for chopped hay and lucerne pellets. Furthermore, exploration duration increased from rearing to fattening. When offering the enrichment materials that achieved the highest exploration durations in rearing (lucerne pellets or straw pellets), the fewest partial losses of the tails were recorded. However, when offering straw pellets in rearing, most injuries at the tails occurred.
The second long-term investigation dealed with the question, if exploration duration of rearing and fattening pigs for chopped straw can be increased by adding maize kernels. Compared with pigs that received chopped straw without maize, pigs that received chopped straw with maize kernels showed higher exploration durations at the material dispenser during rearing and fattening. Furthermore, exploration duration could be increased from rearing to fattening, although there was no change of the material within the groups. Additionally, saisonal differences in the diurnal pattern of exploration of pigs were found. Interestingly, pigs that received chopped straw without maize kernels showed fewer length losses of the tails compared to pigs that received chopped straw with maize kernels.
In the third long-term investigation, rearing and fattening pigs received different flavoured straw pellets in a weekly change. Different preferences for flavours were found between rearing and fattening pigs. During rearing, highest exploration durations were recorded for straw pellets with fried onion flavour or almond flavour. During fattening, pigs explored straw pellets without flavour or with strawberry flavour longest. Exploration duration could be maintained at a constant level from rearing to fattening. Most skin injuries at the tails occurred when using vanilla flavour or fried onion flavour during rearing, whereby vanilla, unlike fried onion, was one of the flavours with the lowest exploration durations.
On the basis of the present investigations clear preferences of pigs for specific plant-based enrichment materials could be shown, which increased species-specific exploration behaviour. However, enrichment materials for which high exploration durations were recorded could not reduce tail damages, such as partial losses or skin injuries. This illustrates that, apart from the access to enrichment material, further factors influence the prevalence of tail damages, which have to be considered in relation to each other.

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