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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 22.09.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190509226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19050922
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19050922
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-09
- Tag1905-09-22
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. .... . - ^Z,7«iW^HWWWDWWMP«-> - ^.»>-. , ./ . > , » . . - SSL «n AuSnahint drr Sonn- undFesttag«, »b«ndS für d«a s»I- »end«» Tag Prets^sirtH^rlich »»»atlich bO Pf., Gt«^lni»»M«r-Ps. v«fi«llua,e» W«kd«i» in uns««» S^chLstlstea«, »». «»P»t«« «,»««». ß»t«st«»e», fEti Mwverzcr Kreityg, d^n 22 Teptetpbep 1SVS . Jahrgang ' )»s«k«t-Ve^u?rr»: Di» k-tztfp. PatltttN« »der deren Ranp 1b, bei Lokal-Inseraten 12 Pf.; bn amtlichen »eil »r» Zeil« 4siPf,; .Lingesanbt smSte- battjonSlkil« so Pf. Vei schwierigem unb tabellarischem Eab «nfschlag nach Taris. F«t «ach»»i» M»d Z2G<lKtN «sUkLMhWL »8^«s,N AMSblattder KöyWchM «mtMuPtmannschast Flöha, des Königlichen AmtSg^xiHtS und drS StadttatS zu Frankenberg. Ik»«»«-: Wl»ß - >ß»r, t. Frank,nb«s I. Sa. — Druck and »rrlaß Vox «. * N.ßir, X, Frankla^r» I. Sa Die geehrten auswärtigen Abonnenten ersuchen wir, die Bestellungen ans das mit 1. Oktober beginnende 4. Quartal unsere» Blattes bei den zuständige« Postanstalten rechtzeitig erneuern z« wollen. Lxp««tltlon S«s O r«i»lL»i»bvrg»r Vagvdlstt««. ..» !ü.S»>ujL irtß FiuN» ^«r^V i rrää ,»q «r,» Im Konkursverfahren über da- Dnmögen de» Zigarrensabrikanten Theodor MorgeNgtrU in Frankenberg soll dir Schlußvertril«»^ etfolgen. tzirrzu find 12103,87 >M. verfügbar. .Zu,br- rückfichtigen find 82044 88 M.' nicht bevorrechtigt« Forderungen. Die Verteilung erfolgt nach dem auf den 17. Oktober 1905 vorm. 10 Uhr anberaumi«» Schlußtermin«. ,, . . Der Ko»kur-vrrwaltrr. 'Rechtiamvalt KL». Schuh. Die Auswanderung der sächsischen Industrie. Die Klagen über d«n geringen Wert der neuen HandelSvrr- träge, speziell für die sächsische Industrie, find nicht neu. Auch im Bericht der Dresdner Handelskammer kehren sie wieder, und zwar mit berechtigter^ Schärfe. Wohl erkennt die Kammer den Vorteil an, der darin liegt, daß Handel und Industrie auf zwölf Jahre im Verkehr mit den benachbarten Ländern mit festen Zoll- Verhältnissen rechnen können, aber sie spricht auch ebenso offen au«, daß die neuen Verträge, abgesehen von den Verbesserungen und Erleichterungen bei der Zollbehandlung selbst, der deutschen Industrie kaum irgendwelche Vorteile bringen, und daß der höhere Zollschutz, den di« dmtsche Landwirtschaft in d«n n«uen Vertrag«» «rlangt hat, durch Preisgabe wichtiger industrieller Interessen un« nötig teuer erkauft worden ist. Besonder- erfreulich ist «S, daß die Dresdner Handelskammer ei nicht bei der bloßen Klage be wenden läßt» sondern auch den Gründen nachgeht, weshalb bei den HandelSoertragSverhandlungen von den deutschen Unterhänd lern nicht mehr erreicht wurde. Und da hebt der Bericht mit Recht hervor, daß die Schuld zum Teil an dem Instrument liegt, da» den deutschen Unterhändlern mit auf den Weg gegeben wor den ist, an dem autonomen deutschen Zolltarif. Es ist sehr dan kenswert, daß die» einmal stipp und klar in einem offiziellen Bericht von sachverständigen Leuten heroorgehoben wird, denen ge wiß keine Einseitigkeit de» Urteil» nachzusagen ist. Wie rrinner- lich, wurde schon in der Zeit der Zolltarisdrbatten von 1901 von liberaler Seite heroorgehoben, die Rüstung, die man den drut- schen HandelsvertragSunterhändlern umhängen wolle, sei so schwer, daß sich in ihr überhaupt nicht kämpfen lasse, und Deutschland müsse infolgedessen unbedingt den Kürzeren ziehen. Dagegen wurde von gegnerischer Seite eingewendet, die Zollsätze seien nur deshalb so hoch angesetzt, damit sie al» KompcnsationSobjekt« dienen und möglichst von ihnen „abgehandelt" werden könnte. Daß die andren Länder angesichts de» deutschen Verfahren» den gleichen Weg ringeschlagen und auf diele Weise Paroli bieten würden, daran dachte man nicht, und so kam jener Tarif zustande, dessen Folgen durch die Handelsverträge nur zu einem kleinen Teile ge mildert, aber keine-weg» ganz abgewerrdet werden konnten. Die Schuld trifft natürlich in erster Linie die Parteien, die im vorigen Reichstag bei den Zolltarifdebatten von 1901 die Mehrheit bildeten. Auch auf nationalliberaler Seite muß man r» heute mehr und mehr. einsrhen, daß es ein schwerer Fehler war, sich von der Rechten und dem Zentrum in» Schlepptau nehmen zu lassen und sich bedingungslos auf di« Regierungs ¬ vorlage festzulegen. Hätte man im Winter 1901/02 schon bündig, aber fest erklärt: „an den Grundlagen unserer Handelsverträge darf nicht gerüttelt werden, über Abänderung einzelner Positionen wird sich eine Verständigung erzielen lassen", so wäre der ganze neue Zolltarif wohl gar nicht auf der Bildfläche erschienen. Ein einfaches AdditionSexempel hätte den verbündeten Regierungen gesagt, daß sie gegen eine auS Nationalliberalen, den freisinnigen Parteien, den Sozialdemokraten, sowie den intranfigeant agrarisch gesinnten Elementen der Konservativen und de- Zentrum- be stehende Opposition nicht durchdringen könnten. Ein großer Teil der Schuld liegt aber auch am Zentrum, das natürlich hinterher nicht Wort haben will, daß der" neue Zolltarif und die darauf beruhenden neuen Handelsverträge dem deutschen Handel und der deutschen Industrie Nachteil bringen. Als vor kurzem der Verband sächsischer Industrieller eine Umfrage unter seinen Mitgliedern übkr die voraussichtlichen Wirkungen der neuen Handelsverträge veranstaltet hatte und einige der ein gegangenen abfälligen Urteil« veröffentlicht wurden, war man im Zentrum ganz au- dem Häuschen. Die „Germania" brachte zwei längere Artikel, die sich mit dem Schein gründlicher Sachkenntnis umgaben und einige der veröffentlichten Antworten arg zerpflückten, Daß e« auf Grund völlig falscher Voraussetzungen und Schluß folgerungen geschah, lag nicht ohne weitere- klar zu Tage» au- dem einfachen, von dem Zentrumsblatt auch selbst einmal an geführten Grunde, weil eine sofortige Nachprüfung hier sehr schwierig und für manchen, dem da» Material nicht ohne weitere- zu Gebote steht, sogar unmöglich ist. Um so schärfer muß aber diesen unbegründeten Behauptungen entgegengrtreten werden» und der Verband sächsischer Industrieller hat denn auch der „Germania" di« gebührende Antwort nicht »orenthalten. Prüft man die Auslassungen de- Zentrum-blatte- auf ihren inneren Gehalt» so zeigt sich, daß die Arbeitslosigkeit, die e- den sächsischen Industriellen vorwirft, nicht bei diesen, wohl aber bei der „Germania" zu finde» ist. Daß sie Nur ganz wenige Aus lassungen entdeckt hat, die ihr Angriffspunkte bieten, «Shrtnd etwa 350 Antworten vorliegen, sei nur nebenbei erwähnt. Cha rakteristisch ist aber die Art und Weise, wie da- Blatt sich die Antworten für seine Zwecke zurechtlrgt und «S fertig bringt, die Antwort eines Fabrikanten für sich zu verwerten, der zpvar mit erwähnt hat, daß die Zölle auf seinen Artikel (Ansichtskarten) bei einzelnen, von Deutschland industriell abhängigen Ländern wohl vom Verbraucher getragen werden würden, im übrigen aber schreibt: „Diese enormen Zollerhöhungen find doch ohne Zweifel ein wei teres Hindernis für die stärkere Ausfuhr und in der allgemeineren Verwendung der deutschen Produkte." Wie man einen so urtei ¬ lenden Industriellen als mit den Handel-verträgen „zufrieden" bezeichnen kamt» weiß die ^Germania«'wähl nu» alliä»- Dabei Pentti sie selbst den Herrn ausdrücklich „urteilsfähig"-., Di« übri gen AngrWdr- genannten Blatte- bewegen-sich «uf dem gleichen Nivea« und zeiget« iw ähnlicher Weift; dcch r- auch nicht i» ent ferntesten eins Ahnung vom Packtischen G«fihäft»l«ben» und den Preisberechnungen^ de» industriellen ExporM»-, ha1, 4«r sehr häufig nur dutch einen Maffenexpott lohnende» Verdienst findet und de«, halb oft von Zollerhöhungen schwor getroffen wird, di« Laien nur ganz unbedeutend erschein«», sa sie sich im Kleinverkauf d«m Kon sumenten gegenüber nicht fühlbar mache». Dir „Germanin" hat zätar" au-gerechltet,' Vaß z. B. bei Ansichtskarten die Erhöhung de- österreichischen Zolle« von 43 auf «5 Kronen per < LOO Kilo gramm aUs da- Stück noch nicht ganz Pfennig au-macht;. sie hat aber nichk bedacht, daß düse Erhöhung 4« eine» Sendung von hunderttausend Stück 100 Mark beträgt und de» Verdienst derartig fchmäkrt, daß der Export sehr leiden muß, weil>ie«»«n- fach nicht mehr rentiert. Da- Zentrum-blatt dagegen fotzert ein fach au- der geringen Belastung dk§ einzeln«» Stück-^daß dem Au-spruche de- Industrielle» «von der Schädigung de- Seschöp- dürch diese ZollerhShuNg kein Glaube" boizumeff«» - fti. Dm gleichen Wert besitzt die Behauptung de»selb«n Blatte«, die Gr- Höhung de« österreichischen Zoll« auf Seift-mache auf da» Pfund nur etwa« mehr 'al» einen Pfennig au«j > Stimmt auffallend, aber dieser eine Pfennig »«wichtet nach dem Urteil der Indu striellen den Export nach' den Bertragdländern völlig; zumal-die deutsche Hauösrifenindustrie schon jetzt «kaum noch «xportsihig ist. Die« gilt nicht nur für die Vertrag«länder, sondern auch, für die übrigen, soweit sie mit un« iM -Mtistbegünsti-ungSverhütttti- stehen und dadurch die Vertrag-tarift beanspruchen können. Mmv mag übrigenS nehmen, welche gndustrktzrappe man will, keine einzige erwartet Vorteile von den neuen Handet«verträg«ri. , , « un OeMches Md SLWfches. Frankenberg, den 21. September 1905. Reserve hat Ruh' ir. . MU dem Abschluß der Manöver naht für die alte Mannschaft ein lang« vorher- ersehnte« Augen- blick: Die Entlassung m'den Zivilstand. Selbst dnjmig«, der mit Lust und Lieb« dem Waffenhandmerk oblag und dem Strapazen und da« fortgesetzt« Angehängtftiw an de» Dienst de» Sife» nicht rauben konnten, erwartet diesen Moment mit fieberhafter Spannung. E« ist doch etwa» ganz ander«-, al- freier Mann aufzutret««. Ge wiß! Aber vergessen darf der jung« Reservist nicht, daß - „draußen" auch ,,de« Dienste- ewig gleichgestellte Uhr" gibt, nach den allein wissenden Zeugen ausfindig machen — mit Hülfe des anderen — dann wird dieser Zeuge voraussichtlich, oder selbstver ständlich eine Aussage erstatten, die Sie, gnädige Frau, vollkommen entlastet und die aus einer lahmen Ehe zum mindesten vor den Augen der Welt eine gerechtfertigte Ehe macht." Doktor Wange mann machte eine Pause und senkte dann seine Stimme noch tiefer. „Ich habe bis zu diesem Augenblick als Ahr Rechtsbeistaud und als Ihr Freund gesprochen; nun lassen Sie mich im Gerste dessen reden, der Ihr Gegner ist und der von Ihnen losgelöst zu werden strebt. Wenn der Fall eintreten sollte, Frau Konsul Marxen, daß Josef Richter aus Haß gegen Sie oder aus Liebe zu der Wahr heit die Behauptungen Ihres Galten bestätigt — wissen Sie, was alsdann die Folge sein wird?" „Meine Freiheit," sagte Senta, und blickte hinaus auf den grauen Himmel, „denn auf andere Weise werde ich sie doch nicht erlangen können." .... Ueber das Gesicht des Juristen ging ein feines Lächeln. „Dann Hütten wir ebenfalls das Urteil rechtskräftig werden lassen können. Aber man spricht doch von der goldenen Freiheit, gnädige Fran, und davon würde in dem zuletzt erwähnten Falle wenig genug übrig bleiben. Eine Ehescheidung, die Sie allein für den schuldigen Teil erklärt, nimmt Ihnen dreierlei: erstens: mildernde Umstände vor dem Richterstuhl der Moral; zweitens: die Aussicht auf eiu derciustiges Erbe: drittens: die Möglichkeit, Ihr bisheriges Leben fortzusetzen — denn nach den Vorschriften unseres Gesetzes hat der Ehemann nicht die Verpflichtung, nach Trennung der Ehe die für allein schuldig erklärte Gattin zn unterhalten." - „Unter keinen Umständen, Herr Doktor?" „Unter keinen." „Es ist ein grausames Recht," sagte die junge Iran hestig. „Wissen denn die Leute, die das Gesetz gemacht haben, aus welchen Gründen eine Frau schuldig wird? Oder wissen sie nicht viel mehr, daß die Schuld der Frau sich säst immer und überall auf der Schuld des Mannes ausbaut?" Doktor Wangemann verbeugte sich. „Wenn Frauen das Ge setz gemacht hätten, dann wäre es anders ausgefallen. Aber das Recht deckt sich nicht immer mit der Moral, und schließlich müssen wir irgend eine Frau haben. Schuldig oder nichtschuldig, der Richter hat es ja in der Hand, nach Lage des Falles Sein für Schein eiuzusetzen. Aber Sie sind mir noch eine Antwort schuldig geblieben, und diese Antwort kann niemand geben außer Sie. Soll ich, wie die Sachen nun einmal ließen, den Versuch machen, die beiden verschwundenen Zeugen auszustöbern, oder wollen wir darauf vertrauen, daß die Berufungsinstanz Ihr Urteil aufhebt und Ihnen zwar nicht eine armselige Freiheit, aber wenigstens die goldenen Fesseln zurückgibt?" (Fortsetzung folgt.) Morsch. Roman von Lvwdrich Jacobsen. iw. gortletzuui.) > -»achdri«! verboten.) Doktor Wangemann schüttelte mißbilligend den Kopf. „Sie überblicken noch gar nicht die Sachlage, meine Gnädigste. Wollen Sie mir gestatten, so trocken wie Ihre Gegenwart und dieser vortreffliche Wein es zulassen, den Fall auseinanderzu- setzen?" Senta legte sich ergebend in die Sofaecke zurück, und der Jurist begann nach einer kleinen Pause: „Als Sie, Frau Konsul Marxen, vor nunmehr fünf Jahren mit Ihrem jetzigen Gatten die Ehe schlossen, wurde zwischen Ihnen ein wechselseitiges „Testa ment unter Ehegatten" errichtet, dessen Voraussetzung also selbst verständlich darin beruhte, daß die Grundlage dieser letztwilligen Verfügung, nämlich die Ehe, bis zu dem Tode des einen Gatten bestehen bUebe, während eine Scheidung die Nichtigkeit des Testa ments zur Folge haben mußte. Ueber diesen Kardinalpunkt sind wir uns vollkommen klar, nicht wahr, meine Gnädigste ?" Senta Nickte etwas zögernd. „Sie haben das bis heute nur gelegentüch angedeutet, Herr Doktor, und ich selbst dachte niemals ernsthaft darüber nach. Aber Sie mögen wohl recht haben — fahren wir also fort!" "2" T^tameut setzten die Eheleute Marxen einander sur den Fall, daß dieMe kinderlos bleiben würde, gegenseitig zum ^r^n eln. Das war in meinen Augen eine durchaus gerechte und billige Bestimmung, denn Herr Konsul Marxen legte in die Wagschale ein Vermögen von mehreren Millionen, in die andere Wag- schale aber legte eine innge und schöne Frau ihre eigene Person. Ich Ketone diese Tatsache lediglich, um Herrn Konsul Marxeu gegen den Verdacht der Großmut zu schützen, denn es kann nicht zweifelhaft sein, aus wessen Seite der größere Gewinn bei diesem Vertrage gemacht worden ist. Senta lächelte etwas müde. „Ich danke Ihnen, Herr Doktor, für das Kompliment. Ein Handel blieb es immer." „Wie alles im Leben," bestätigte der Anwalt ernsthaft. „Auch die Ehe ist im letzten Grunde ein Handel. Und darum werde» Sie, Frau Marxen, dereinst die Millionen ruhig hinnehmeu können, wenn Sie auch außer stände sein sollen, zu Ihrer Person eine Kleinigkeit beizusügen i ich meine das Herz " Die verhüllte Zhnit, welche in diesen Worten lag, entging der jungen Iran nicht. Sie blieb aber vollkommen gelassen und wartete schweigend, bis ihr Gast abermals daS Wort nahm. „Wir rechnen mit Tatsachen und nicht mit Sentimentalitäten," sagte er nach einer Pause. „Eine Tatsache ist es aber, daß Herr Konsul Marxen gegen Sie ein Ehescheldunasverfahren eiugcleitet, pnd daß die etste Instanz nicht nur dit Ehe geschieden, sondern I Sie, Frau Konsul, auch für den allein schuldigen Teil erklärt hak. » Das war jedenfalls ungalant und cs war vielleicht auch ungerecht; da aber wir beide, Sie und ich, nur mit dem letzten Faktor rechne» dürfen, und da tuir die Anschauung vertreten, daß dieses Urteil tatsächlich auf einem Rechtsirrtilm beruht, so haben wir dagegen Berufung eingelegt." „Ich verstehe Sie," sagte Senta bitter. „Sie halten mich moralisch für schuldig." Doktor Wangemann machte eine abwehrende Bewegung. „Ich bin nicht Ihr Beichtvater, gnädige Frau, sondern lediglich Ihr Rechtsbelstand und selbstverständlich Ihr Freund. Als beides weise ich darauf hin, daß ein Urteil, gegen welches Berufung ein gelegt worden ist, nicht existiert, solange die Berufungsinstanz es nicht bestätigt hat. Das Berufungsgericht hat aber neue Beweise über den Klagegrund — jene angebliche Eheirrung - angeordnet und damit zu erkennen gegeben, daß es die Beweise des Border richters nicht sür ausreichend erachtet. Insbesondere hat es die Vernehmung dessen angeordnet, der am besten Auskunft zu geben vermag — Sie wissen, wen ich damit meine, Frau Konsul." „Josef Richter" — sagte Senta leise. „Ec ist nicht aufzufinden, er hat mit seinem Freunde die Flucht ergriffen," „Leider — in unserem Sinne gesprochen. Es gibt wahr scheinlich nur einen, der den Aufenthaltsort Josef Richters kennt, und dieser eine — Doktor Schubert — hätt sich ebenfalls ver borgen. Die Möglichkeit ist indessen gegeben, den letzteren aufzu finden. Würden Sie das wünschen, Frau Marxen?" „Ich verstehe Sie nicht," sagte die junge Frau und erhob sich unruhig von ihrem Sitz. „Wollen Sie nicht deutlicher sprechen?" „Wenn Sie befehlen, muß ich es wohl. Was Doktor Schubert ausgesagt hat, wissen wir; das Gericht glaubte ihm nicht und ver urteilte ihn wegen Meineids; was er aussagen würde, wenn wir ihn nochmals vernehmen könnten, das ist vorauszusehcn; er hat seine Strafe weg und würde kein Jota an seinem Zeugnis ändern, aber die Worte eines wegen Meineids verurteilten Mannes wiegen federleicht. Der andere" — Doktor Wangemann machte eine Pause und erhob sich ebenfalls von seinem Platz. Er trat neben Senta an das Fenster und blickte hinaus. „Es wird ein stürmischer Tag — sehen Sie die Wolken, die da ziehen, niemand weiß, was sie bringen. Also, der andere, von dein wir sprechen — der allein Wissende, Frau Marxen, er lebt in der Verborgenheit und wir können ihn darin lassen — vielleicht müssen wir es sogar. Dann wird das Ehescheidungsgericht, wenn es konsequent bleibt, das erstinstanzliche Urteil achselzuckend auf heben: es wird Ihre Schuld, Frau Marxen, nicht für hinreichend bewiesen halten, und die Ehe zwischen Ihnen und Ihrem Gatten bleibt bestehen. Bor der Welt eine lahme Ehe, in den Wänden des Hauses eine tote Ehe, aber dennoch ein Rechtsverhältnis, das Sie dereinst zur Erbin von Millionen macht. Wenn wir aber
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