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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990406016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899040601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899040601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-06
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Mittlerweile ist unser Fingerzeig nicht unbeachtet geblieben und in einer Reihe von Vereinen und vor Allem in Lehrerkreisen ist daö Thema der social demokratischen Jugendliteratur behandelt worden. Viel Neues ist freilich dabei nicht zu Tage getreten, weil das Gebiet dieser Literatur immer noch in gewissem Sinne beschränkt ist und andere Kreise selbst wenig davon erfahren. Auch in Arbeiterkreisen haben diese Jugendschriften nicht den Einfluß, den man ihnen vielleicht zuschreibt, daß sie aber Einfluß, wenn auch vorläufig nur einen ziemlich geringen, auöüben, daS ist schon schlimm genug. WaS den social demokratischen Jugendschriften anhaftet, ist die aufdringliche Tendenz, über diese Aufdringlichkeit schließt zugleich eine Heil wirkung in sich, freilich nicht ohne daß die Tendenz schon vieles Schlimme angerichtet haben könnte. Welcher Art diese Tendenz ist, daS braucht man nicht auszuführen. Immer ist cS natürlich der Arme, der für den reichen Faullenzer arbeitet und nicht satt wird, sondern in Elend und Noth verkommt. Frei lich diese Teudenr zieht nicht mehr so wie früher. Seit die Arbeiter sich auf ein höheres Lebensniveau heraufgearbeitet haben, seit die allgemeine Bildung immer weiter vorgeschritten ist und durch Fachschulen auch den be fähigten Arbeiterkindern eine größere Berufsauswahl offen steht, seit auch in Kleidung, Essen und zum Tbeil Wohnung der äußere Unterschied zwischen Arm und Reich, sich immer mehr verwischt, der Verkehr durch die Verkehrsmittel, wie Straßenbahnen, billige Eisenbahnfabrten, Volksconcerte rc., sich immer mehr demokratisirt, hinken die „Lebenswahrheiten" des socialdemokratifchen M^chx„g^ und die aufgeweckten Kinder, denen immer gepredigt wird, ein eigenes Urtheil zu haben, wenden dieses Urtheil auch auf die literarische Zugendgabe an. Freilich da, wo in der Familie daS ganze Gift socialdemokratischer Weltanschauung, ins besondere aber der Haß gegen besser Gestellte in die KindeS- scele geträufelt wird, findet auch die socialdemokratische Jugendliteratur ihren richtig vorbereiteten Nährboden. Bis auf Spiele erstreckt sich hier die findige Poesie jener Jugend schriften. Für die Kinderstube sind folgende Abzählreime bestimmt: 1 2 3 und 4 Der Unteroffickr Schimpft den Recrut Pnfft ihn voll Wuth Weit er nicht fein Steht auf ein Bein Der Recrut empört Sich nun aber wehrt Doch daS soll nicht sein Bums mau steckt ihn eia. 12 3 Jetzt kommt die Polizei Bettler bat um Stückchen Brod Hunger kennet kein Gebot Gleich ist man ihm hinterdrein Spunnt den armen Menschen ein. Doch da macht mit großem Raub (Lin Bankier sich aus dem Staub Und noch eh' man sich's versah Ist er in Amerika. Wir haben schon lange das Sprichwort von den kleinen Dieben, die man henket, und den großen, die man laufen läßt, allein das Sprichwort hat heute keine Berechtigung mehr, denn ein Blick in die „Fliegenden Blätter" und Len „Kladderadatsch" zeigt unS, daß sich die Polizei und Staats anwaltschaft auch liebevoll der durchgebrannten Bankiers annimmt und sie sucht und zu finden weiß, wenn sie zu entwischen suchen. Und freiwillig stellen sich gewöhnlich weder kleine noch große Diebe. Von besonderer Güte ist daS Bilderbuch „Arm und Reich, die Arbeit ^L6". Die ersten drei Buchstaben, die wir hierhersetzen, geben einen Theil deS socialdemokratischen Glaubensbekenntnisses der großen blöden Menge wieder. Ein zerlumpter Feldarbeiter steht barfüßig und bar häuptig mit der Rodehacke in der Hand de- und wehmüthig vor dem wohlgenährten Gutsherrn: Die Arbeit schafft Besitz und Brod Und leidet selber bittere Noth. L. Ein behäbiger WirthSbauSgast sitzt hinter Sect und Leckerbissen, während der Kellner eine Hand voll Goldstücke zur Begleichung der Zeche einstreicht: Manch Bummler häufig das verpraßt, Was du mit Fleiß erworben hast. 6. Der Geizhals wägt in charakteristischer Stellung Gold stücke von einem Haufen Münzen; an der Wand fehlt das Crucifix nicht: Ein frommer Christ heißt jener Mann, Der Wucher treibt und beten kann. Hier kommen drei Leitsätze der Socialdemokraten zur kürzesten und schönsten Aussprache. Nur die Arbeit, im weiten Sinne die Handarbeit, schafft Werthe, ein Mensch, der bester ißt als die andern, ist immer ein Bummler, und das Christenthum besteht aus Wucherei und Bigotterie. Irgend etwas gegen diesen Unsinn hier zu sagen, fallt uns gar nicht ein. In den gebildeten Kreisen der Partei lackt man über den in diesem Buche verzapften Blödsinn, für die weniger gebildeten Erwachsenen und Kinder ist aber dies das reckte literarische Futter, es ist kräftig und leicht verdaulich. Geschmackvoll find die mitgetheilten Proben nicht, aber wir bitten um Entschuldigung, wir müssen noch einige Proben geben. Daß man nach dem Vorgehen der Heilsarmee nach allgemein bekannten Melodien, deren Texte nicht gerade die erbaulichsten sind, Lieder zur Erbauung singt, ist wenig be kannt. Vortrefflich erklingt zur Melodie deS schwarzen Wal fisches zu Askalon folgende Strophe: „Ein gut Gewissen, der treue Quell, Ist besser als Sau» und Braus, D'rum wankt auch unser Häuflein nicht, Wir halten wacker auS". Bei folgendem Spruch weiß man nicht, WaS man denken soll: Des Lasters Bahn ist anfangs zwar Ein breiter Weg durch Auen.... Doch weiter fort führt er zum Heil Und endlich zum Entzücken. Unwillkürlich kommt einem als Schlußwort — verhauen, in den Sinn. Die Prosa giebt der Poesie nichts nach. DaS „Märchen buch für die Kinder des Proletariats" ist dafür Beweis. Rother Einband und zerbrochene Krone lassen schon auf den Inhalt schließen. Auch hier dürfte eine Probe die beste Charakteristik sein. DaS Schwein und der Menschs „Was für ein häßliches, schmutziges Thier das Schwein ist", sagte der Mensch, „es führt wahrlich seinen Namen mit Recht!" „So", sagte das Schwein, „so redest Du noch: Der Raum, den Du mir zum Leben auweijest, ist schmutzig und eng, und das Futter, das ich von Dir erhalte, besieht aus den jämmerlichsten Abfällen, und irgend welche Pflege empfange ich auch nicht von Dir! Wie soll ich da besser ausjehen." „Wenn ich Dich besser hielte, halte ich auch nicht mehr Vor theile von Dir", meinte der Mensch, „und möglicherweise würdest Du gar noch zu stolz, um mir weiter zur Nahrung zu dienen. Uebrigens darfst Du gar nicht klagen, denn Du lebst ja nur auf meine Kosten." „Hm", erwiderte das Schwein, „so wenig, wie die Arbeiter, von denen Du behauptest, daß Du sie ernährst!" Kein Sterblicher wird behaupten wollen, daß hier auch nur eine Spur von Geist sich zeige, ja die Tendenz ist ziemlich unklar, immerhin wirb der „denkende" jugendliche Genosse schon Gift daraus saugen. Die geradezu gemeinen aufreizenden Geschichten lasten wir heute weg. Erschöpfen läßt sich ja daS Thrma doch nicht. WaS für unS die Hauptsache war, wir wollten wieder einmal die Auf merksamkeit auf diese Art Jugendliteratur lenken. Wenn die socialdemokratische schlecht ist, so soll dabei nicht gesagt sein, daß die übrige ohne Fehler sei. Auch an ihr giebt es viel zu bessern und manches Buch wäre lieber ungeschrieben geblieben. Deutsches Reich. Berlin, 5. April. (Bon den hannoverschen Conservativen.) Großes Befremden hat rS vor einigen Tagen erregt, daß die „ Co ns e rv a t iv e V e r e i n i g u n g ", um welfffche Elemente irr Hannover zu sich herüberzuziehen, die wel fisch en Ansprüche auf den braunschweigischen Thron unterstützt hat. Sie hat geradezu die Candidatur eines preußischen LandraiheS empfohlen, als ein Mittel, dem „edlen Fiirstengcschlkcht der Weifen" wenigstens zu dem Throne in Braunschweig zu verhelfen. Indessen, da der Minister des Innern, wie er im Abgeordnetenhaus« erklärt hat, „durchaus keine Veranlassung zu irgend welchen Maßnahmen" hat, so läßt man eben auch in der Provinz den Zügel am Boden schleifen. In Braunschweig wird nun, und zwar in dem soeben publi- cirten officiellen Parteibericht des sonst bedeutungslosen Braun schweiger „Conservativen Vereins", diffe landräthliche Welsen politik eigenartig beleuchtet. Darnach hatte die konservative Ver einigung in Hannover versucht, zugleich nach Braunschweig hinÄbcrzu-greifen und die Braunschweiger Conservativen mit „unter ihre Fahne zu sammeln". Leider mußten die Braun schweiger den hannoverschen „Sammlungspolitikern" eine Ab sage ertheileu; ihrem Wünsche könne, so lautete die Antwort, wegen deS braunschweigischen Ver er n s gesehes nicht entsprochen werden. Messe Absage stellt nicht nur politisch die Führer der „Conservativen Vereinigung" bloß, sondern auch noch in amtlicher Beziehung. Als preußische Beamte hätten sie wissen müssen, daß auch das preußische Bereinsgesetz politischen Vereinen untersagt, mit anderen in .-Verbindung" zu treten. Immerhin sind die Herren vor der fatalen Situation bewahrt geblieben, sich wegen Unkonntniß der Gesetze vor dem Richter ver antworten zu müssen. Ob ihnen diese Belehrung eine Lehre sein wird? * Berlin, 5. April. Der preußische «Minister des. Innern hat am 11. Februar ein« allgemeine Verfügung, betreffend die Bewahrung minderjähriger weiblicher Per sonen vor unsittlichem Lebenswandel, erlassen. Er bemerkt darin, daß in -vielen Fällen, besonders in den Städten, Mädchen schon in einem so jugendlichen Alter der ge werbsmäßigen Unzucht verfallen, daß ein« alsbald cinsetzende ge ordnete Erziehungsthätigkeit noch bessernd auf sie ein wirken und sie zu einem sittlichen Lebenswandel zurückführen kann. Die Vormundschaftsgrrichte, derer». Sache es ist, in solchen Fällen thatkräftig einzüschreitrn, bedürfen der Unterstützung der Polizeibehörden. Deshalb weist der Minister die Polizoiverwaktunyen an, in allen Fällen, in denen Minderjährige der gewerbsmäßigen Unzucht ver dächtig sind und eine an di« Eltern oder Vormünder zu richtende Aufforderung, dem unsittlichen Treiben Einhalt zu thun, ohne Erfolg bleibt, dem Vormunbschaftsgericht Anzeige zu machen. Werden Kinder unter zwölf Jahren wegen liederlichen UmhertreibenS ausgegrifsen, so ist beim Vor liegen einer strafbaren Handlung der Antrag aus Zwangs erziehung zu stellen. Wenn Personen im Alter von 12 bis 18 Jahren der gewerbsmäßigen Unzucht verdächtig sind und ihr Treiben eine strafbare Handlung darstellen könnte, so ist stets der Staatsanwaltschaft Anzeig« zu machen, um eine Bestrafung oder Uebevweisung zur Zwangserziehung herbeizuführen. Di« Bormundschaftsyerichte werden durch den Justizminister angewiesen werden, die ihnen von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft mitgetheilten Fälle sorgfältig und schleunig zu prüfen. Ergiebt sich dabei die Nothwendigkeit, den Eltern das Recht der Erziehung eines im kindlichen Alter befindlichen oder diesem Alter nahe stehenden Mädchens abzusprechen, so wird es sich für die Gerichte regelmäßig empfehlen, mit der Communalverwaltung wegen Uebernähme des Mädchens in Waffenpflege in Verbindung -u treten, geeignetenfalls auch deren Vermittelung in Anspruch zu nehmen, um die Aufnahme des Mädchens in eine auf privater Wohlthätigkeit beruhende Anstalt zu ermöglichen. Die Regierungspräsidenten u. s. w. werden ersucht, auf die Gemeinde verwaltungen dahin einzuwirken, daß diese derartigen Anträgen der Dormundschaftsgerichte gegenüber ein möglichst weit gehendes Entgegenkommen bezeigen. (D Berlin, 5. April. (Telegramm.) Der Kaiser verbrachte den gestrigen Nachmittag im Arbeitszimmer. — Heute Morgen »on 9r/r Uhr ab hörte der Kaiser den Vor trag de« Chefs des CivilcabinetS Wirkt. Geb. Ra lös vr. von LucanuS und daran anschließend diejenigen der Minister vr. Bosse und Tbielen. Später empfing der Kaiser den Geschichtsmaler Röchling. Zur Frühstückstafel beim Kaiserpaar ist geladen der zur Zeit hier anwesende commandirende General deS VI. Armeecorp«, der Erbprinz von Sachsen-Meiningen. (-) Berlin, 5. April. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht eine Verordnung, betr. die Haupt mängel und Gewährfristen beim Biehhantzcl vom 27. März und die Hafcnortznling von Tsintau. — Mit dem Finanzminister v. Miquel war auch Ober präsident a. D. v. Bennigsen in Göttingen zum Besuche des Wirkl. Geh. Raths Prof. Or. Planck anwesend. — Der preußische Eisenbahnminister hat den juristischen Facultätcn der preußischen LandeSuoiversitälen zur weiteren Mittheilung an die betheiligten Studireudeu bekauut gegeben, daß nur diejenigen Juristen Aussicht haben, zurVerwaltung der preußischen Staatseisenbahnen zugelassen zu werden, die sich eingehend mit dem Studium der Volks- wirthschastslehre, der Finanzwissenschaft, der socialpolirischen Gesetzgebung, sowie der Technologie befaßt und an Seminar- Uebungen m diesen Zweigen mit Erfolg theilgrnommen haben. * Eckernförde, 4. April. Wegen der Betheiligung unserer Flotte an der Eckernförder Jubelfeier hat der Chef des 1. Geschwaders Bice-Admiral Thomseu nachfolgendes Schreiben an den Bürgermeister der Stadt Eckernförde ge richtet: - - Kiel, den 29. März 1899. Eommando des I. Geschwaders. „Euer Hochwohlgeboren theile ich ergebenst mit, daß auf Befehl Seiner Majestät LeS Kaisers S. M- S. „Oldenburg" am ö. April zu der 50jährigen Gedenkfeier deS Sieges der SchleSwig-Holsteiner entsandt und während deS gesammten TageS vor Eckernförde ankern wird. Ich werde am Nachmittage des 5. April mit den übrige» Schiffen deS I. Geschwaders ebenfalls vor Eckernförde eintrrffen. Eine Be sichtigung der Schifft wird den Theilnehnier« an der Feier gerne gestattet sein." gez. Thomsen, Bice-Admiral und Chef de« l. Geschwaders. D Eckernförde, 5. April. <Teleg ramm.) Zur 50. Wiederkehr des Tages, an dem bei Eckernförde ein Sieg über die dänische Flotte erfochten wurde, waren aus allen Theilen Schleswig-Holsteins Veteranen eingetrofsen. Vor mittags 9 Uhr wurde auf dem Kirchhof eine Feier veranstaltet an der Grabstätte Theodor v. Preußer's. Von der auf der hiesigen Rhede liegenden „Oldenburg" waren das gesammte Officiercorps und eine Deputation Matrosen anwesend. Der Capitän der „Oldenburg", Corvettencapitän Wahrendorff, legte auf das Grab Preußer's und auf das dänische Massengrab Kranzspenden nieder. Der Oberpräfident von Schleswig- Holstein, Staatsminister v. Köller, nahm gleichfalls an der Feier Theil. Nachdem diese beendigt war, begann der Fest- gottesdienst in der Kirche. Die Stadt hat reichen Flaggenschmuck angelegt. Ferrillctsn. Zwei Legenden. Die geehrte Redaktion deS „Leipz. Tagebl." hat aus Anlaß der fünfzigste Wiederkehr des 3. April 1849 in einem Feuilleton vom 4. April zwei wichtige Er eignisse aus der neuesten deutschen Geschichte einander gegen übergestellt, rin schmerzliches und ein freudiges: die Ablehnung der.deutschen Kaiserkrone Lurch König Friedrich Wilhelm IV. und die Annahme derselben durch König Wilhelm I. Das letztere Ereignih hat das erstere ungeschehen und nahezu vergessen ge macht, und ohne Schmerzen denken wir jetzt des 3. April 1849, wie viel Unheil derselbe auch im Innern und nach außen dem deutschen Volke gebracht hat. Dagegen erfordert es sowohl die historische Wahrheit, wie die politische Gerechtigkeit, zwei sogenannte Legenden, das heißt historische Jrrtlhümer, die sich an den 3. April 1849 knüpfen und die, wie oft auch berichtigt, doch immer von Neuem auftauchen, nochmals gründlich und schlagend zu widerlegen. Die eine dieser beiden Legenden betrifft die Frage, ob die am 3. April vom König der sogenannten Kaiserde^itation «rtheilte Antwort inhaltlich gleich sei mit der Erklärung, welche im Namen des König« die Minister am 2. April in beiden Häusern de« Landtages abgegeben. Noch Sybel behauptet dies; inzwischen ist aber durch die „Denkwürdigkeiten des Generals von Gerlach" festgestellt worden, daß in diese Erklärung erst durch ein Mitglied der bekannten Camarilla der Passus hineingekommen ist, der eine Revision der Verfassung fordert. *) *) Ick habe di« betreffenden Stellen der Gerlachichen Denk würdigkeiten sowohl in der 4. Auslog, meiner „Dreißig Jahre deutscher Geschichte" 1. Bd. S. üOtz al« tu meiner Schrift „Da« erste deutsch, Parlament" B. S7ss. wörtlich mttg.theilt. Dringender der Berichtigung bedürftig ist die andere Legende, weil durch diese einer ganzen großen Partei im Frankfurter Parlament, der sogenannten Erbkaiserpartei, bitteres Unrecht zu- gefügt wird. Nach dieser Legende sollte nämlich die genannte Partei durch eine falsche Nachgiebigkeit gegen die Linke die Auf nahme des suspensiven Veto — statt des absoluten — in die Verfassung, damit aber mittelbar die Ablehnung der Verfassung durch den König veranlaßt haben. Diese Anschuldigung vermag ich selbst theils nach meiner ganz persönlichen Kenntniß Les wahren Thatbestandes, theils nach actenmähiger Feststellung desselben als wahrheit-widrig zu wider legen. Der Sachverhalt ist vielmehr folgender. Von einer kleinen Gruppe weiter links stehender Mitglieder (H. Simon und Gen.) wurde an die Erbkaiserpartei Las Ansinnen gestellt, sie solle als Partei für das fuSP«nsive Veto stimmen; dann, wenn daS suspensive Veto durchgegangen sei, werd« die Gruppe Simon für das preußische Erbkaiserthum stimmen, wo nicht, nicht. Dieses Ansinnen hat die Erbkaiserpartei von vornherein abgelehnt, hat sich nicht einmal auf Verhandlungen darüber eingelassen. Einzelne Mitglieder derselben (nach den stenographischen Berichten 11) haben, um das Erbkaiserthum zu retten, sich auf die Seite H. Simon'« geschlagen; dagegen haben 20 andere sich bei der zweiten Lesung vom suspensiven Veto ab- und dem absolutiven zugewendet, so daß die Partei im Ganzen bei der zweiten Lesung 9 Stimmen mehr für da» absolute Veto abgegeben hat al« bei der ersten. Der Sieg Les suspensiven Beto über das absolute kam viel mehr dadurch zu Stande, daß 50, sage fünfzig sogenannte Groß deutsche, d. h. österreichisch Gesinnte, die in der ersten Lesung für da» absolute Veto gestimmt hatten (es waren lauter erklärte Con- sewatid«, zum Theil Reaktionäre) jetzt zum suspensiven über gingen. Sie thaten da» augenscheinlich au» dem Grunde, um die Verfassung mit diesem su«pensiven Veto für den König un annehmbar, damit aber da« ganz« Verfassung-Werk undurchführ bar zu machen. Dies ist der allein wahre, unanfechtbare Thatbestand in dieser Angelegenheit. Und nun möge man endlich einmal aufihören, den- selben durch aus der Luft gegriffen« oder auf Entstellungen be ruhende Legenden zu fälschen! KarlBiedermann. Wie Jim zu einem Schwager kam. Novellette von Herzceg. Deutsch von Arnim RLnai. Na-dnick vcrlcl.n. Böse Frauen hat «» > immer gegeben und wird «s immer geben; aber ein schlimmeres Weib als B«tty Cliff hat die Natur sicher nicht erschaffen. Als hätte man sämmttiche keifenden, zänkischen und bissigen Frauen von ganz Texas und Mexiko in einem Kessel zusammengebraut und daraus Betty Cliff als Ex trakt destillirt. Selbst die Negermütter drohten ihren Kindern mit Betty Cliff, wenn sie weinten. Reffende, die sich im Ur wald verspäteten, hüteten sich wohl, in Cliff'» Farm einzukehren; sie hörten lieber Las Brüllen des Jaguars, wie das ewige Ge keife der berüchtigten Betty. Armer Jim! So hieß nämlich Betth'S Bruder. Er war be reits tief in den Dreißigern, und sein Haar spielte bedenklich ins Graue. Er wäre so gerne seine Schwester losgeworden; aber B«tty hatte zehntausend Dollars in der Farm stecken, und diese» Geld konnte Jim wegen der schlechten Ernten nicht beschaffen. Sie zu verheirathen war aber ganz und gar unmöglich. Nicht, als ob Betty gegen das Heirathen gewesen wäre, im Gegentheil, sie hätte auch den häßlichsten Neger mit Vergnügen genommen'; aber es fand sich in ganz Amerika kein Mensch, der es gewagt hätte, Betty Cliff zum Altar zu führen, nicht einmal unter den Cowboys von Texas, und die sind doch zu Allem fähig. Eines Tag«» hatte Jim Cliff Geschäft« in der Stadt. Er verspätete sich etwa» beim Whitky, und al» er seinen Pony be- stieg, um nach Hause zu reiten, begann es bereit« zu dämmern. Al« er de» Urwald erreicht«, war e« vollend« dunkle Nacht; nur hin und wieder blickte der Mond durch das dahinziehende Gewölk und beleuchtete spärlich den schmalen Pfad, der zu Jim's Farm führte. Jim Cliff ritt ruhig seinen Weg und verließ sich auf den Instinkt seine» Pferde«, daS sich auch im Finstern gut zurecki- fand. Aus einmal blieb sein Pferd stehen . . . Was war das? Von der Lichtung her tönte ein schreckliche« Gebrüll herüber, das Jim bis in» Mark erzittern macht«. Das klang wie das Wehe- gsschr«i einer verdammten S«ele, die sich zwischen den Krallen des Satans windet. Jim's Haare stunden zu Berge, sein Pony schnaubte und zittrrte am ganzen Leibe. Sein erster Gedankt war, nach dec Stadt zurückzureiten, diese lag ab«r an die zehn Kilometer hinter ihm, während bis zu seiner Farm deren nur noch zwei oder drei waren. Da» wollte Jim Cliff denn doch nicht thun, er hätte sich selber dafür auSgelacht. Nach kurzem Ueberlegen setzt« er seinen Karabiner in Bereitschaft und nöthigte sein widerstreben des Pferd, sich g«gen die Lichtung in Bewegung zu setzen. Von einem mächtigen Baume verdeckt, hielt er dann vorsichtig Um schau. Richtig, von dort kam es, jetzt hörte und sah er ganz genau. Unter den niederhängenden Zweigen «ine» großen Baumes stand die dunkle Gestalt eines Reiter«, unbeweglich wie eine Bronzestatue. Der Reiter, dessen Pferd ungesattelt war, hielt seine Arme auf dem Rücken verschränkt, reckte den Kopf in die Höhe und brüllte dazu au« vollem Halse. Bald sprach er zu seinem Pferde, bald schrie er um Hilfe, bald bat er inständig mit ersterbender Stimme, bald fluchte er, daß man et meilenweit hören konnte. „Halloh, ist denn kein Mensch oder Teufel in der Näh«, d«r den verdammten -Strick um meinen Hal» durchschneiden könnte. Ruhig, Drill, halt' still, mein süße» Pferdchen, nur noch zehn Minuten oder «ine Viertelstunde! Ich war Dir ja immer ein guter Herr, gab Dir Hafer und Heu, so viel Du wolltest, während ich selber hungert«. Halt' still, wem Schatz, rühr' Dich nicht, ver. dämmt» Gaul, willst Du mein Henker sein, «lende Schindmähre? Hollah! -eh!"
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