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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.08.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070831020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907083102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907083102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-31
- Monat1907-08
- Jahr1907
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BrzxgL-PvM (2 mal täglich) innerhalb Deutl nnb der druNche» tlolaniea viertel 5.25 M., «ooatlich 1,7S M. amftchl testell-eld, für Oesterreich S L Ungarn 8 X vierteljährlich. Spediteure in« Hergebracht: Lulgab« L (nur morgen«) vierteljtheltch 3 St., monatlich 1 M.; Lnlgab« 8 (morgen« und abend«) viertel» jährlich 4.S0 M., monatlich 1.S0 M. Abonnemenl-Aimahmr: UngnstnOvlaH 8, bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und and Di« einMlne Rümmer kostet 8) Pfg. «eoaktton nnd Expedition: Johaunitgaft« 8. Televho, Rr. I4S92, Rr. Rr. däSV«. verliner Redaktionä vnrenn: Berlin 7 Prinz Loni« Ferdinand» Straß« 1. Telephon I, Rr. 8275. Abend-Ausgabe 8, WMerTagMaü Handelszeitung. Nmtsbfatt des Rates und des REzeiamkes der Stadt Leipzig. MrzÄge« Prei» rate ans Leg und Umgebung lle 25 Pf., iinanziellc vmn onEvllrt« 30 Pf., Reklamen l.2l) M. voneNngiaodSOPs., stnanz. «neigen 75Ps. Sicklamen lcht) M. Fasern teil. Behörden im amtlichen Teil <v P! veAmMgebbbr 5 Dl. p. Tausend exkl. T-rsI- geva^. E«ichLkt«an»eigeu au beoorinoie: Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tar t. F-stertellte Aufträge Wunen nicht zurück- gezogen tverden. Für da« Erscheinen an deftmmttea Tagen und Plätzen ivird keine »avaatie übernommen. Anzeigen -«luuahme: Ungustu*platz 8 bet sämtlichen Kitialen u. allen Annonccn- Expet»tio»en de« Ja- und Auslandes. Panpt»Filiale »erltn: Saul Dnnck« , Nerzogl. Bahr. Hofbuch» haodtnog, Lützowstratze I». (Telephon VI. Rr. «03). Nr. M. Sonnabend 31. August 1907. M. Jahrqang. Das wichtigste vsin Tcrge. »Althoff tritt doch von seinem Amt« zurück. sS. Dtschs. R.) * Die Haager Konferenz hat die Grundsätze für die Eröffnung von Feindseligkeiten einstimmig ange nommen. iS. Ausl.) * Abteilungen französischer Militärluftschiffer und Genietruppen sind nach Marokko beordert worden. * Bei den großen italienischen Manöver» sind in der Nähe von Pettinengo 30 Soldaten infolge der Strapazen er krankt. Die italienische Stimmung nach Semmering nnd Ischl. Das Bulletin vom Semmering nennt als einzigen konkreten real polirischen Fortschritt die Annahme der Justizresormvorfckläge für Makedonien durch die italienische Regierung. Wenn man bedenkt, daß die sehr viel kompliziertere und heiklere Organisation der Gendarmerie/ in Makedonien, bei der die kontrastierenden Interessen der Großmächte in vieler Beziehung einen grundlegenden Ausgleich erforderten, und die Angelegenheit der Finanzkontrolle, die gleichfalls divergierende Inter- essen der Mächte betraf, auf dem gewöhnlichen diplomatischen Wege hat erledigt werden können, so wird mau sagen dürfen, daß die ziemlich ein fache und nicht allzu delikate, übrigens aus dem auch von Italien und England anerkannten Mürzsteger Programm abgeleitete Frage der Iuslizreform nicht im rechten Verhältnis steht zu dem großen Aufwand an Fanfaren, die die Begegnungen von Desw-Raeconigi nnd Semmering. Ischl begleitet und verabschiedet haben. Aber die gute Stimmung, die namentlich der Herrn Tittvni in Oesterreich zuteil gewordene überaus freundliche Empfang in Italien herbeigeführt hat, zeitigt schätzbarerwefte nächst einem gesteigerten Wohlwollen gegen Oesterreich im allgemeinen auch das Vertrauen, daß das amtliche Bulletin den Haupt- inhalt des italienisch - österreichischen Einver nehmens der Oeffentlichkeit noch vorenthalte und daß derjenige Teil des Einvernehmens, den die in diesem Falle nicht ganz abzulcnanende diplomatische Opportunität in absehbarer Zeit zu ver öffentlichen überhaupt gestatten werde, erst bei den Verhand lungen des Parlaments von dem Minister dargelegt werden würde. Solches Vertrauen darf übrigens in zwei Momenten eine Stütze sehen: erstens in der bei einem Vergleich mit früheren Kund gebungen evidenten Entschiedenheit, mit der auch das Bulletin vom Semmering die „vollkommene Identiöt der Auffassungen Oesterreich- Ungarns und Italiens hinsichtlich oes Baltans' ausfprichr und das volle Einvernehmen von Desto in bezug auch auf „alle Eventualitäten der Zu- tunst" bestätigt, und zweitens in entsprechenden Wörtern die der Baron Achrenthal zu dem Korrespondenten des „Corricre della Sera" gesprochen hat. Daß das Einvernehmen nächst den Modalitäten der Ausführung des Mürzsteger Reformprogramms sich beziehe und beziehen muffe auf das schon früher ausgemachte und nur zu bekräftigende beiderseitige un eigennützige ctosintsissseinoni in bezug auf alle balkanischen Territorien — Oesterreichs Besitz von Bosnien und Herzegowina steht absolut außer Frage — sowie auf eine gewisse territoriale Determination der makedonischen Nationalitäten in Hinsicht auf die trotz aller plan mäßigen Kontrastierung doch nicht zu übersehende mögliche Eventualität einer Aenderung des balkanischen bzw. türkischen sturus quo und im Interesse der Beseitigung des Bandenunwesens, ist von mir im Leipziger Tageblatt auf Gruiw der Logik der Verhältnisse und besonderer In formationen von hoher diplomatischer Stelle bereits dargelegt worden. Es verdient besonders anerkannt zu werden, daß auch diejenigen ita lienischen Zeitungen, welche nach Desto eine starke Skepsis ob des posi tiven Gehaltes der Vereinbarungen der Minister geäußert haben, heute ein reserviertes Schweigen bedachten und sogar in Ansehung der all gemeinen Besserung des Verhältnisses zu Oesterreich warmen Beifall nicht vorenthalten. Der Mailänder „Corriere della Sera" z. B. an- erkennt, daß die italienische und die österreichische Regierung den aller besten Willen gezeigt haben, sich freundschaftlich zu verständigen, und daß man sicher sein dürfe, daß sie sich auch in Zukunft über jedwede An- gelegenheit werden einigen können. In dem gleichen Sinne bekennt die römische „Tribuna" sich zu freuen. Auch der Neapler „Mattino", der noch vor kurzem die Situation sehr kritisch angesehen und dem Dreibünde ein schlechtes Proanostikon gestellt hat auf Grund einer übrigens durch- aus noch nicht entkräfteten Argumentation, spricht die zunehmende Herz lichkeit und Intimität in den Beziehungen zwischen Italien und Oester reich rückhaltlos aus. Die Turiner „Stampa", die aus der Feder des Deputierten Cirmcni in den Tagen von Desto scharfe Artikel gegen die antiitalicnische Gesinnung und inkorrekte Haltung des Kaisers von Oesterreich und ob der österreichischen militärischen Rüstungen gebracht hatte, schwingt sich ferner zu folgendem Bekenntnis auf: „Die wirkliche Bedeutung der Entrevue aus dem Semmering liegt weniger darin, daß Abmachungen bezüglich dieser oder jener Fragen getroffen wurden, als vielmehr in der Konsolidierung der guten Beziehungen zu Oesterreich- Ungarn. Tittvni hat mit seiner Politik der Annäherung an Oesterreich. Ungarn recht behalten. Die öffentliche Meinung rn Italien, die immer etwas sentimental ist, hat sich gegen die Strenge, die Tittvni gegen die irredentistischen Straßendcmonstrationen walten ließ, aufgelehnt. Heute sieht man, wie richtig seine Auffassung war. Man darf sagen, daß nun mehr die einzige Wolke, die den Horizont der italienischen Politik trübte, verschwunden ist." Sehr viel in Optimismus und in Freundlichkeiten gegen Oesterreich tut endlich das „Giornale d'Jtalia"; es erhebt auch die sehr opportune Mahnung, daß nach der fruchtbaren Arbeit der Diplomaten und der Souveräne nunmehr die Bürger beider Länder das Ihrige tun, um die Uebereinstimnlung zu festigen, indem sie sich von jeder un angebrachten und unnützen Handiung fernhalten, die die herzliche Har monie zwischen Italien und Oesterreich zu gefährden oder auch nur zu stören vermöchte. Das gleiche Blatt und mit ihm eine Reihe anderer Zeitungen kann es sich indes auch nicht versagen, zugleich der diploma tischen Vergangenheit Italiens vielen Weihrauch zu opfern und die Ge legenheit zu benutzen, um auf die wundersame Harmonie in dem ita lienischen System der Bündnisse und Freundschaften zurückzukommen und unter Hinweis aus die in Ischl offenbarte Analogie des öster reichischen Verhaltens die italienische Beziehung zu England als Ver dienst und Glück zu preisen. Zeitungsstimmen. Eine Anzahl von Preßstimmen auö den „Sozialistischen Monatsheften" zeigen, daß der Revisionismus innerhalb der Sozialdemokratie sich nicht mehr den Mund verbieten läßt, wenn eö auch fraglich ist, ob er über die Kritik hinaus zu positiver Arbeit vor- wärtS schreiten wird. So wendet sich der bekannte Bergarbeiterführer Hus gegen die Isolierung der Partei: In Essen müssen kluge Worte von Gewicht gesprochen werden, die denen entsprechen, die unser Parteigenosse Singer in der Parteikonferenz von Groß- Berlin sprach. Zujammenfassen der sreibeitlichgesinnten Staatsbürger, keine Einenanngspolitik, Ausbreitung der Kampffront, eine Politik, die uns Freunde und Bundesgenossen wirbt: so muß der Parteitag entscheiden. In Esten haben vor dreißig Jahren die katholischen Arbeiter einem ihrer Klassengenossen zum Siege über die Zentrumsariitokratie verholfen. Ein Sieg der Demokratie über die Privilegierten. Historischer Boden ist es, den unsere Parleitagsdelegiertm betreten, es tobten da schon heiße Kämpfe um die Volksemanzipation. Wie glücklich wären wir wenn in ter Prolet rierstadt Eilen eine Parole ausgegeben würde, die unzweideutig die Schlachtunü aller Freihritsfreunde formierte gegen Konservatismus und Kterikalismus! Bernstein warnt vor einer Unterschätzung der Uni versitäten: ' . So vieles gegen die bestehenden Universitäten gesagt werden kann, so läßt sich doch uicht bestreiten, daß unter dem Gesetz der Arbeitsteilung, was positives Misten und wissenschaftliches Forschen nnlaugt, beute sehr achtbare- auf ihnen geleistet wird. Um nur ein Gebiet bcrauszügreifcn, das der Sozialdemokratie besonders am Herzen liegt: was ist an wertvollen wissenschaftlichen resp. sozial ökonomischen Abhandlungen nicht in den letzten zwei Jahrzehnten aus den Seminaren der Brentano, Conrad, Fuchs, Lexis, Schulze-Gaevernitz, Stieda usw. hervorgegangrn, und was kann außer Popularisierungen und etwas Marx- scholastik die Sozialdemokratie ihnen gegenüberstelleul So produktiv sich die Arbeiterbewegung selbst in der Hcrausardeitung neuer Organe und Einrichtungen erwieien hat, so unproduktiv hat sich— ich spreche da keineswegs uur eine per sönliche oder nur bei Revisionisten zu findende Ansicht aus — mit sehr wenigen Aufnahmen die theoretische Betälizung der Sozialdemokratie gezeigt. Und das ist kein Zufall. Die epochemachenden theoretischen Arbeiten Marx' datieren säst ausschließlich ans den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, wo die Arbeiterbewegung selbst in England noch über wiegend mit Niederlagen rechnete und um ihre Anerkennung rang. Seitdem haben sich auf diesem wie auf anderen Gebieten des Wirtschafts lebens die bedeutsamsten Veränderungen vollzogen, die Machtverhältuisse haben sich wesentlich verschoben, und mit dieser Verschiebung sind neue Fragen in den Vordergrund getreten. Statt ihnen aufmerksam nachzugehen und sie — selbst verständlich unter dem Gesichtspuntt der Arbeiterklasse — objektiv auf ihre sozialpolitische Tragweite zu prüfen, hat man im Lager der, sagen wir, um niemand zu verletzen, meinetwegen: Strengmarxisten ihnen nur so weit Beachtung geschenkt, als sie die überlieferte Doktrin zu bestätigen schienen, sonst aber sie entweder ignoriert oder Hinwegzudeuten versucht. Feuilleton. Ein weiser Mann verlangt alles nur von sich; ein Tor aber alles von andern. Chinesische Weisheit. * Lin Witzbold der Altertums. Humor und Satire und die beiden engverwandte Anekdote sind kosmopolitischer Besitz, und so mag es nur natürlich scheinen, daß der gleiche Scherz, manchmal in veränderter Form, oft auch in wörtlicher Wiedergabe als Wiederholung aus den ältesten Kulturepochen bei den verschiedensten Völkern und Raffen immer wieder von neuem auftaucht. Sicherlich ober dürfte ein Humorist unserer Tage kaum darauf verfallen, Urbilder unserer bekanntesten komischen Typen in den Werken der Philosophen des Altertums, am allerwenigsten in denen der spiritua listischen, träumerischen Schule der Nroplatoniker suchen zu wollen. In einem alten Bande aus dem 17. Jahrhundert, der die Werke Hierokles' von Alexandria, des Neoplatonikers, enthält — er lebte um 450 —, findet sich jedoch in merkwürdiger Zusammenstellung mit allerlei tiefsinnigen Abhandlungen über Vorsehung, Fatum, freie Willensbcstimmung, dann mit einem Kommentar zu den goldenen Versen des Pythagoras und den „sieben Büchern über die Pflichten" eine ganze Sammlung von „Afteia". Es sind dies Scherze, die mit ge- ringen Veränderungen an Namen und Ort sehr gut ihren Platz in einer modernen Zeitschrift oder Sammlung für Witz und Humor behaupten könnten. Unzählige Male begegnet man in diesen Scherzreihen jenen bekannten Streichen, für di« im Altertum Abdera und in neueren Zeiten Schilda sich eines besonderen Privilegiums erfreuen. Am auffallendsten ober ist die Nebereinstimmung eines bestimmten Helden oder bester: deS Opfers all dieser unfreiwilligen Komik, mit einer stehenden komischen Figur unserer Zeiten — mit dem vergeßlichen Gelehrten. Bei Hierokles ist der Held ein tzewiffer Scholastikus, der all seine großen Dummheiten durch seine Schlichtheit, Naivität, vor allem aber infolge absoluten Mangel- an praktischer Lebensgewandtheit vollfübrt und stets in die fatalsten Situationen gerät. Man kann ihn übrigens für eine ganz« Reibe komischer Tvpen als Urbild anseheg^ Unter den bekannten Schildbürgerstreichen figuriert so zunächst solgende Geschichte, die -dem guten Scholastikus in wenig veränderter Form zum ersten Mal angedichtet worden ist. Unter seinen Bekannten gab es ein Paar von Zwillingsbrüdern, von denen der eine starb. Bald darauf begegnet Scholastikus dem Ueberlebcnden und begrüßt ihn mit der Frage: „Bist eigentlich du gestorben? Oder ist es dein Bruder?" Während Scholastikus ein andermal in Griechenland weilte, wurde er von einem Freunde durch ein Schreiben ersucht, ihm einige Schriften zu kaufen. Aber er führte den Auftrag nicht aus, und als er durch Zufall den Freund auf der Straße traf, entschuldigte er sich: „Nebenbei be merkt der Brief, durch den du mich um jene Schriften gebeten hast, ist wahrhaftig niemals in meine Hände gelangt " Köstlicher ist eine andere Geschichte, die man gleichfalls dem Zerstreuten nacksagte. Wieder trifft er einen Freund, den man für tot erklärt hatte. „Was? Wie? Du lebst!" ruft er aus, „und man hat mir doch bestimmt gesagt, daß du tot bist." „Ja, aber ich lebe und bin gesund." „Mag sein", ent gegnet Scholastikus mit tiefem Ernst, „aber glauben kann ichs leider nicht. Denn mein Gewährsmann ist wahrheitsliebender als du." In einem Gegenstückchen zu dieser Anekdote fragt ein schlechter Spaßvogel einen zerstreuten Gelehrten, ob er denn nicht wisse, daß er, der Gelehrte, kürzlich gestorben sei. Voller Teilnahme, doch mit der größten Selbst- Verständlichkeit, erwidert der Denker: „Schade ... die arme Frau und die unversorgten Kinder!" . . . Ein Sohn des Scholastikus zieht in den Krieg. Er verspricht dem Vater, ihm den Kopf seines Feindes mitzubringcn. „Daran liegt mir gar nichts", meint Scholastikus, „wenn du nur gesund und heil heim kehrst, kannst du sogar ohne deinen eigenen Kopf wiedcrkommen " Hier zeigt die Anekdote das Urbild jenes wackeren Soldaten, der den am Bein verwundeten Kameraden nach dem Verbandplatz bringen will, ihn aber nur als Leichnam bringt, weil dem Verwundeten unterwegs von einem Geschoß auch der Kopf abgerissen wurde, ohne daß der Helfer cs merkte. Von dem Arzte ungefähren, was er denn da bringe, wirft er wütend den Leichnam hin: „Verdammter Kerl, er hat mir doch gesagt, es wäre das Reitz, jetzt ist's der Kopf. . . ." Auf Scholastikus reicht auch die bekannte Geschichte von dem Manne zurück, der seinem Pferde daS Fressen sicherlich abgcwöhnt hätte, wenn es nicht vorher verhungert wäre. Oder Scholastikus soll schwimmen lernen. Er ist aber so ungeschickt, daß er dabei bciiMhc ertrinkt. Darauf schwört er, nie wieder Wasser zu berühren, ehe eh: nicht schwimmen ge lernt hätte. Einen Freund, der ihm erzählt, daß er ihn letzte Nacht im Traume gesehen und gegrüßt hätte, bittet er wegen Nichterwidcrung dieses Grußes »m Verzeihung, — „er habe ibn wirkl'ck nicht bemerkt". Ta ein schwer erkrankter Freund auf seine Frage, wie eö ihm oenn gehe, Und Calwer wagt es sogar, für die Bewilligung des Budgets ennu treten: Wir sind an sich durchaus keine staatsfeindliche Partei, die auf dem Stand punkte steht, daß das Funktionieren der Staalsmafchine plötzlich zum Stillstans gebracht werden sollte. Wir haben im Gegenteil ein sehr lebhaftes Inten ssi daran, daß für gewisse Gebiete des öffentlichen Lebens die Regierung auch heuie schon die Mittel hat, um das Heer von Beamten, Angestellten und Arbeitern für feine Tätigkeit bezahlenzu können,daß, um nur rtwaSnochhervorzuheben, dieSchuleunier- dalten werden kann. Entweder glauben wirnnn, durch fortgesetztes Ncinfagen eines Tages so weit zu sein, daß wir die Majorität sind, und die Regierung dann, plötzlich ohne Mittel vom Volke gelassen, abtritt, um uns Platz zu machen; gut, dann ist die strikte Ablehnungstaktik noch immer richtig. Oder wir glaube», daß gewisse Funktionen des Staates erfüllt werden müssen, gleichgültig, ob wir oder ob andere am Ruder sind. Nehmen wir das letztere an, wie es heute auch der Auffassung des deutschen Volke- entsprechen dürfte, dann ist eine dauernde prinzipielle Ablehnung des Budgets ganz grrrudverkehrt. Deutsches Reich. Leipzig, 3l. August. * Althoff geht -och — das wird jetzt im Gegensatz zu verschiedenen Blättermeldungen der letzten Woche bestätigt. Er hat sein Abschieds gesuch eingereicht und wirb nicht mehr in fein Amt zurückkehren, eine Tatsache, die auch äußerlich durch die inftvischen erfolgte Aufgabe seines Amtszimmers im Ministerium bestätigt wird. Da sein Rücktritt sich in Uebereinstimruung mit dem neuen Minister vollzieht, ist auch an eine Ablehnung des Gesuches nicht zu denken. Dr. Althoff weilt noch in Schierke im Harz. * Vom Kaiser Wilhelm-Kanal. Die Arbeiten zur Ausführung des mit dem Reichshaushaltsetat für 1907 genehmigten Erweiterungsbaues des Kaiser Wilhelm-Kanals sind bereits nachdrücklich in Angriff ge nommen. 5 Bauäntter: in Holtenau (2), Rendsburg, Burg i. D. und Brunsbüttel sind zur örtlichen Ausarbeitung der ausführlichen Pläne eingerichtet und zum großen Teil schon mit den erforderlichen technischen Beamten besetzt. Dazu tritt noch ein Hauptbauamt in Kiel, das namenr- lich die Entwürfe für die gewaltigen neuen Hochbrücken und Schleusen aufzustellcn hat. Mit dem Grundcrwerb ist an verschiedenen Punkten schon begonnen worden, so bei Holtenau, Rendsburg und vor allem bei Brunsbüttel, wo eine Anzahl ganzer Höfe für die Neubauten angekaust wurde. Im übrigen werden jetzt zunächst die genauen Spczialpläne für alle Teile und Einzelheiten des aus 221 Millionen Mark veranschlagten Baues hcrzustellcn sein, dessen Vollendung 8 Jahre erfordern wird. 8. Flucht der sächsischen Industrie ins Ausland. Das sächsische Ministerien des Innern bat Erhebungen darüber anstellen lassen, ob Betriebe des Königreichs Sachsen infolge der neu abgeschlossenen Handelsverträge nach dem Auslande verlegt sind. Hinsichtlich des sächsischen Vogtlandes hat sich ergeben, daß zwei Vigogncspinnereicn ihre österreichischen Betriebe seit Inkrafttreten des neuen Handelsver- träges ganz wesentlich vergrößert haben. Eine Treibriemenweberei und Seilfabrik hat eine Filiale nach Böhmen verlegt. Von Plauener Stickerei- und Spitzenfirmen haben drei in Böhmen Filialen errichtet, während eine ihre bisherige Filiale durch Aufstcllen neuer Maschinen vergrößert hat. Der Fabrikantenverein der sächsischen Stickerei- und Spitzenindustrie in Plauen hat auf die Anfrage mitgeteilt, daß in nächster Zeit noch zahlreiche anders Verlegungen von Zweigbetrieben nach Böhmen stattfinden, da die Industrie immer mehr davon überzeugt wird, daß sic bei Abschluß der neuen Handelsverträge ihre Haut für die Landwirtschaft hat zu Markte tragen müssen. * Außerordentliche Generalsynode in Preußen. Im Herbst tritt eine außerordentliche Generalsynode zusammen. Wenn sie sich in erster Linie mit der Einkommensverbesserung der Geistlichen be- schäftigen wird, so dürfte doch die Frage der Vcrsetzungsmoglichkeit der Geistlichen im Interesse der Gemeinde die Geister am meisten beschäftigen. Die Frage wird sicherlich angeschnitten werden. Die Kirchenbehörden sollen einer Versetzung der Geistlichen im Jniereffe des Dienstes snicht wie bisher aus Disziplinargründenj gerade nicht ab lehnend gcgenüberstehcn. — Selbst wenn man als selbstverständlich an nimmt, daß bei solchen Versetzungen eine finanzielle Schädigung ausge- schlossen wird, erbeben sich gegen sie doch starke Bedenken. Es ist gerade in unserer von kirchlichen Kämpfen um di« Lehre bewegten Zeit sehr gefährlich, solche Aenderungen eintreten zu lasten, die dann als Mittel im Dienst kirchenpolitischer Bestrebungen mißbraucht werden können. zu antworten nicht imstande ist, fühlt sich Scholastikus nicht wenig be leidigt und sogt ganz erbittert: „Ich hoffe, ich werde bald ebenso krank sein wie du. Und wenn du dann kommst, um dich nach mir zu er kundigen, werde ich dir deine Unhöflichkeit schon heimzahlen." Einmal will er sehen, wie er im Schlafe aussieht, und — stellt sich mit ge- schlossenen Augen vor den Spiegel. Oder er hat sagen hören, daß Raben zweihundert Jahre leben können: er kaust sich also einen Raben, nm sich persönlich von der Wahrheit dieser Behauptung zu überzeugen. Während eines Sturmes ist er mit anderen auf einem Schiffe zusammen. Er sicht, wie einige, um sich bei einem etwaigen Schiffbruch die Möglich keit der Rettung zu sichern, sich an Planken, Rudern und ähnlichem festbinden. Er folgt sofort ihrem Beispiel, indem er sich — am Anker festbindet Auf einer Reise muß er über einen Fluß setzen. Be ¬ ritten, gestiefelt und gespornt kommt er auf die Fähre, um so rascher über den Fluß gelangen zu können. Tann wieder will er ein Haus verkaufen. Bor allem bricht er dazu einen Stern aus der Mauer und schleppt ihn zu dem Kauflustigen, um den Stein als „Muster" vorzu legen. Ratlos endlich steht er vor dem Rätsel, wie sein diebischer Sklave noch immer seinen Wein stehlen kann, obwohl die Siegel, durch die er das Spundloch sicherte, stets unversehrt sind. Und da ein Freund ibm das Loch im Boden des Fasses zeigt, das der Dieb hineingcbohrt hat, ruft der gute Scholastikus aus: „Du Narr, siehst du denn nicht, daß der Wein von oben abgenommen hat, und nicht von unten?" .... Ueberall hier liegt die Pointe der Witze nnd Humoristika in einer rührenden Unkenntnis und Hilflosigkeit dem Alltag gegenüber. Hierokles' Held ist ein Träumer. Seine drolligen Einfälle sind nickt eben tief, aber sie lassen dock immerhin erkennen, daß sich daS Wesen des Humors und sein Material von den ältesten Zeiten her bis aus deu heutigen Tag nicht gerade entscheidend verändert hat. L. 1*. X * 82L. Französische Kunstwerke tn Dresden. Sine umfangreiche Aus- slellnng von Werken französischer Künstler ist ln der Galerie Ernst Ainolb eröffnet worden, die gegen 280 Gemälde, Zeichnungen, Radierungen nnd Skulpturen enthält. Im großen Partrrresaal haben die Werke älterer Meiner des l9. Jahrhunderts Ausstellung gefunden: Tie Schöpfungen der Bahnbrecher und „Klassiker" der modernen Makart von Courbet an. über Pissorno bis zu Claude MonetS Meer- und Thrmfrbildern. An gleicher Stelle findet «Ine ander», mehr aus tiefe und volle Farbrn gehende Sftömnng in den Geinälsen von E'llet, Menard. Dauchez usw. ihre Vertretung. Eine gewählte Ausstellung französischer Graphik, die von Meryon bis Hellen reicht, hat der Barocksaal ausgenommen; ergänzt wird diese Ausstellung durch eine Kollektion moderner
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