Altersabhängigkeit visueller Wahrnehmungsleistungen: Bistabile Perzeption und Arbeitsgedächtnis

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/78308
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-783087
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-19707
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2017
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Haarmaier, Thomas (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2017-10-05
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Neurologie , Alter , Visuelle Wahrnehmung , Arbeitsgedächtnis
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Es besteht in der heutigen neurologischen Forschung ein fundamentales Interesse daran, die Prozesse des normalen Alterns und solche der krankhaften Degeneration besser zu charakterisieren und voneinander zu unterscheiden. Vor dem Hintergrund, dass das visuelle System des Gehirns in vieler Hinsicht als Modellsystem gelten darf, liegt es nahe, Alterungsprozesse beispielhaft für die visuelle Wahrnehmung zu studieren. Visuelle Wahrnehmung wiederum beruht darauf, dass Reize um kategoriale Repräsentationen im Gehirn miteinander konkurrieren, welche ausreichend lange gespeichert bleiben, um dem Betrachter bewusst zu werden. Die bistabile Wahrnehmung mehrdeutiger Reize und das visuelle Arbeitsgedächtnis sind deshalb zentral für das Verständnis von Wahrnehmungsprozessen. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, diese beiden Funktionen in Abhängigkeit des normalen Alterns zu charakterisieren. Hierzu wurden 50 normalsichtige und neurologisch gesunde Probanden unterschiedlichen Alters einer Reihe visueller Wahrnehmungstests unterzogen. Die Probanden wurden bezüglich ihres Alters einer von fünf Dekaden zugeordnet (jeweils zehn Probanden pro Dekade, 20-29 Jahre, 30-39 Jahre, 40-49 Jahre, 50-59 Jahre, 60-69 Jahre). Zur Untersuchung der bistabilen Wahrnehmung mehrdeutiger Figuren wurden Experimente unter Verwendung des Necker Würfels, des Prinzips der transparenten Bewegung (vgl. Stoner et al. 1990) und des Speichenradeffektes (vgl. VanRullen 2006, VanRullen et al. 2006) durchgeführt. In diesen Experimenten wurden die Häufigkeit von Perzeptwechseln und ggf. auch der jeweilige perzeptuelle Inhalt erfasst. Auswirkungen des Alters auf die visuelle Arbeitsgedächtnisleistung wurden durch Reize getestet, in welchen die Probanden Bewegungsrichtungsinformationen sequenziell präsentierter Reize miteinander vergleichen mussten. Im Ergebnis zeigte sich, dass ältere Probanden in allen Tests zur bistabilen Wahrnehmung eine Tendenz zu weniger Perzeptwechseln aufwiesen. Diese Abhängigkeit war für bistabile transparente Bewegung und den Speichenradeffekt statistisch hoch signifikant, nicht jedoch für den Necker Würfel. Ältere Probanden bevorzugten beim Test zum Speichenradeffekt das Perzept der physikalisch präsentierten Bewegungsrichtung signifikant häufiger als jüngere Probanden. Mit anderen Worten, sie zeigten die Speichenrad-Illusion, d.h. die illusionäre Wahrnehmung einer der physikalischen Raddrehung entgegengesetzten Bewegung, nur selten. Im Test zur bistabilen transparenten Bewegung ergab sich keine weitere altersabhängige Präferenz perzeptueller Inhalte. Im Test zum Arbeitsgedächtnis zeigten ältere Probanden tendenziell schlechtere Leistungen, die jedoch nicht von der Anzahl der präsentierten Bewegungsinformationen abhingen. Mit anderen Worten, es zeigte sich hier kein für das visuelle Arbeitsgedächtnis spezifisches Defizit. In umfangreichen Korrelationsanalysen konnte gezeigt werden, dass unabhängig vom Alter der Probanden die Wahrnehmungsleistungen beim Necker Würfel und zur transparenten Bewegung miteinander korrelierten, alle anderen Tests jedoch keine signifikante Korrelation aufwiesen. Zusammenfassend konnte somit gezeigt werden, dass im Alter die Bereitschaft für perzeptuelle Wechsel unabhängig des (erhaltenen) visuellen Arbeitsgedächtnisses abnimmt und dass die Mechanismen bistabiler Wahrnehmung reizspezifisch sind. Die hier erarbeiteten Ergebnisse können im Sinne eines Normalkollektivs für zukünftige klinische Untersuchungen verwendet werden.

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