Regionale Unterschiede und zeitliche Entwicklung der Nettoernährung in Europa vom 8.Jahrhundert v.Chr. bis zum 18.Jh. n.Chr.

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-35638
http://hdl.handle.net/10900/47594
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2008
Sprache: Deutsch
Fakultät: 6 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Wirtschaftswissenschaften
Gutachter: Baten, Jörg (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2008-06-24
DDC-Klassifikation: 330 - Wirtschaft
Schlagworte: Anthropometrie
Freie Schlagwörter: Nettoernährung , Biologischer Lebensstandard , Vor- &Frühgeschichte , Interdisziplinär
Nutritional status , Biological standard of living , Pre- &early history , Interdisciplinary
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Das Ziel dieser Doktorarbeit ist die Untersuchung der Nettoernährung der Europäer vom 8. Jh. v.Chr. bis zum 18. Jh. n.Chr., und somit der Versuch erstmals das Desiderat anzugehen, eine Langzeitstudie zum (biologischen) Lebensstandard der Europäer in der Vor- und Frühgeschichte zu erbringen. Die Doktorarbeit basiert auf dem anthropometrischen Ansatz, die Durchschnittskörpergröße als Indikator für die Nettoernährung einer Population zu verwenden. Im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte war es vielen Wirtschaftshistorikern möglich – auf schriftlichen Quellen basierend – die Entwicklung der Nettoernährung (biologischer Lebensstandard) rezenter Jahrhunderte zu bestimmen. Wie jedoch kann die Fragestellung hinsichtlich der Nettoernährung für archäologische Perioden angegangen werden, für die keine ausreichende Anzahl verlässlicher quantifizierbarer Schriftquellen vorliegt? Hier ist eine interdisziplinäre Studie erforderlich: Ökonometrische Methoden der angewandten Wirtschaftsgeschichte werden zur Auswertung von Daten genutzt, die aus Ausgrabungen und archäologischen Arbeiten stammen. Die Körpergrößendaten basieren auf Skelettmaterial aus Gräberfeldern (notwendige Algorithmen wurden entwickelt); die Daten zu den Determinanten, und zu Datierungszwecken stammen aus anderen archäologischen Arbeiten. Im Gegensatz zu zahlreichen schriftlichen Körpergrößenquellen aus rezenten Jahrhunderten, birgt das Knochenmaterial den Vorteil, hier nicht nur Information zu männlichen, sondern auch zu weiblichen Individuen in repräsentativer Anzahl gewinnen zu können. Dies ermöglicht die Untersuchung gesellschaftsbedingter geschlechtsspezifischer Ungleichheit. Die Hauptfragestellungen der vorliegenden Studie sind: Wie entwickelte sich die Nettoernährung insgesamt? In welchen Perioden waren die Bedingungen vergleichsweise gut? Wie entwickelten sich die Bedingungen in den verschiedenen europäischen Regionen während der Vor- und Frühgeschichte? Und welches sind die Determinanten, die Unterschiede verursachen? Diese Doktorarbeit ermöglicht somit die Überprüfung älterer Hypothesen, wie beispielsweise die Annahme eines positiven Einflusses des römischen Imperialismus und der Okkupation durch die Römer. Die Ergebnisse der Doktorarbeit werden in verschiedenen Unterkapiteln mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten präsentiert. Zu den bemerkenswerten Ergebnissen zählt, daß im Laufe der 2500 Jahre zwischen dem 8. Jh. v. Chr. bis zum 17. Jh. n. Chr. keine entscheidenden Veränderung in der Nettoernährung erfolgte. Dieser Befund deckt sich mit dem Grundgedanken, vor der Industriellen Revolution sei ein klarer säkularer Trend ausgeblieben. Dennoch durchlebten die Europäer zwischenzeitlich Perioden besserer und schlechterer Verhältnisse. Zum Beispiel brachte die Phase der römischen Okkupation einen negativen Einfluß für die betroffenen Gebiete mit sich. Hinsichtlich weiterer möglicher Determinanten konnte festgestellt werden, daß in der Langzeitentwicklung gesehen Temperaturänderungen keinen statistisch signifikanten Einfluß auf die Durchschnittskörpergröße hatten. Im Laufe der Jahrhunderte hatte ein höherer Rinderanteil (als Indikator für die Nähe zu Produktion und somit Konsum von hochwertigem Protein) einen positiven Einfluß auf die Durchschnittskörpergröße. Der Rinderanteil und somit der Milchkonsum waren in der mediterranen Region vergleichsweise gering; dennoch gibt es im regionalen Vergleich keine signifikanten Durchschnittskörpergrößenunterschiede, wenn man für den Rinderanteil kontrolliert. Eine höhere Urbanitätsrate (als Indikator für dichte, unzureichende und ungesunde Lebensbedingungen) ist eine der Hauptdeterminanten mit negativem Einfluß auf die Nettoernährung. Höhere Bevölkerungsdichte hat keinen signifikant negativen Einfluß auf die Durchschnittskörpergröße; dies gilt insbesondere, wenn die vorchristlichen Jahrhunderte, die sich durch sehr geringe Bevölkerungszahlen auszeichnen, mit in die Untersuchung einbezogen werden. Hinsichtlich möglicher gesellschaftsbedingt-geschlechtsbezogener Unterschiede konnte festgestellt werden, daß die Durchschnittskörpergröße von Frauen und Männern über die Jahrhunderte parallel verlief. In den 2500 Jahren, die den Untersuchungszeitraum der vorliegenden Doktorarbeit umfassen, kam es zu keiner bedeutenden Veränderung der Stellung der europäischen Frau. Im regionalen Vergleich war die Frau im mediterranen Europa vergleichsweise gut gestellt. Allerdings war der römische Einfluß in der zeitlichen Entwicklung für den Status der Frau negativ.

Abstract:

The aim of this thesis is the study of the net nutrition of Europeans from the eight century B.C. until the 18th century A.D., in order to provide the first attempt to fulfill the desideratum of a study on the (biological) standard of living in the very long run in pre- and early historic Europe. The thesis is based on the anthropometric approach, utilizing mean height as proxy for the net nutrition (nutritional status) of a population. During the last three decades various economic historians were able to elucidate the development of the net nutrition for recent centuries by utilizing written sources. But how to study the net nutrition for pre-modern, archaeological periods? Here an interdisciplinary study is necessary. On the one hand, all data we utilized stem from excavations and archaeological work: height data are based on skeletal remains (necessary algorithms were determined); data on its determinants and chronological dating are based on other archaeological findings. On the other hand, the econometric methods come from applied economic research. Other than data stemming from most written sources even for the last centuries, the skeletal remains have the advantage that not only information on males, but also on females is given in a representative amount. This enables us to study also gender-specific inequality. The main questions of the study are: What was the overall development of nutritional status? Which were periods of ameliorated conditions? How did conditions develop in different European regions during pre-, and early history? And what are the determinants causing differences? The thesis enables to check older hypotheses as, for example, the impression of a contradiction in terms of a positive impact of Roman imperialism and occupation. In several sub-chapters the results of the thesis are presented belonging to different research priorities. In conclusion, one remarkable result is that no decisive change in the nutritional status took place in the 2500 years, between the eighth century B.C. until the 17th century A.D. This finding confirms the idea of missing clear secular trend prior to industrial revolution. Nevertheless, the Europeans experienced in-between periods of better and worse conditions. In the temporal development the period of Roman occupation brought a negative impact on the affected regions. In terms of further possible determinants it was detected that overall temperature shifts have no statistically significant impact on mean height in the long run. Higher cattle share (as an indicator for high quality protein proximity and therefore consumption) has a positive impact on mean height. Cattle share and thus milk consumption were comparably low in the Mediterranean Region. However, if we control for cattle share no significant regional differences in mean height occur. Higher urban rate (as indicator for dense, inadequate, and unhealthy living conditions) was a major detrimental determinant of nutritional status. Higher population density has no statistically significant negative impact on mean height, in particular if we include the centuries B.C. with their very low population densities. In terms of gender specific differences it was found that mean height of females and males moved more or less parallel over the centuries. In the 2500 years of the study period all over Europe no real change took place in the status of females vary. In regional comparison, overall status of females was comparably well in Mediterranean Europe. In the overall data the Roman influence was negative for female status.

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