Ausgesprochenes Selbstgefühl. Parrhesia zwischen Öffentlichkeit und Privatheit

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-65617
http://hdl.handle.net/10900/47049
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2012
Sprache: Deutsch
Fakultät: 5 Philosophische Fakultät
Fachbereich: Allgemeine u. vergleichende Literaturwissenschaft
Gutachter: Wertheimer, Jürgen, (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2012-07-24
DDC-Klassifikation: 800 - Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft
Schlagworte: Redefreiheit , Parrhesia , Meinungsfreiheit , Kritik , Privatheit , Frechheit , Aristoteles , Philodemus
Freie Schlagwörter: Foucault
Farresia , Freedom of speech , Freedom of expression , Critique , Privacy
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Mit den neuen Ausdrucksformen des Wahrhaftigen rückt die Frage nach der Selbstverständlichkeit der Redefreiheit in das öffentliche Bewusstsein der digital geprägten Gesellschaft. Auch im neuen Licht der virtual reality verweist sie damit auf die grundlegende Problematik der demokratischen Ursprungssituation. Im antiken Konzept der parrhesia als das Recht auf Rede einerseits und seinem rhetorischen Gebrauch als Figur der licentia andererseits ist die Gratwanderung der Redefreiheit zwischen schamloser Dreistigkeit und freimütiger Kritik bereits angelegt. Vor diesem Hintergrund lässt sich parrhesia als Schaltstelle zwischen den verschiedenen Disziplinen Politik, Rhetorik und Ethik denken. Ausgehend von dem nur schwer fassbaren Begriff der parrhesia untersucht die Dissertation unterschiedliche poetologische Konzepte des wahrhaftigen Ausdrucks auf ihre Funktion als Schnittstelle zwischen privatem und öffentlichem Wahrheitsdiskurs. Im intertextuellen Vergleich verschiedener literarischer Darstellungen aus der Neuzeit werden allgemeine und spezifische Strukturen ästhetisch inszenierter Wahrhaftigkeit herausgearbeitet. Das Ziel der Untersuchung ist es schließlich, die kommunikativen Bedingungen von parrhesia zu bestimmen und eine literarische Typologie der parrhesiastes aufzustellen. Literatur wird hierbei als Experimentierfeld für gesellschaftliche kommunikative Vorgänge aufgefasst. Sie bildet die „parrhesiastische“ Szene ab und macht sich die besondere kommunikative Situation des Narrativen zu eigen, um faktisch existierende widersprüchliche Aspekte der parrhesia auf der literarischen Metaebene zu einer einzigen performativ-reflexiven Figur zusammenzufügen. Den Ansatz der Arbeit bilden folglich der doppelte Boden der Literatur und ihre spezifischen Formen der Fiktionalität, die parrhesia als eine Praxis wahrhaftigen Sprechens auf das allgemeine Problem der sprachlichen Vermittlung von Authentizität beziehen und im gesellschaftlichen Feld zwischen medienwirksamen Strategien öffentlicher Rhetorik und individuellen Taktiken privater Interaktion sichtbar machen. In der Grundannahme, dass die „parrhesiastische“ Szene in der ästhetisch-stilisierten Literatur nicht in gleicher Weise einem Handlungszwang unterliegt wie die faktische parrhesia, erfolgt die erste Einordnung ihrer verschiedenen literarischen Beispiele durch die Unterscheidung der kommunikativen Settings nach öffentlicher, gruppeninterner und persönlich-intimer Redesituation. Die Untersuchung teilt sich in einen begriffstheoretischen Teil und einen Analyse-Teil ästhetischer Darstellungen. Ersterer widmet sich nach einer einleitenden Bedeutungsgeschichte des Begriffs der parrhesia ihren unterschiedlichen Konzepten bei Aristoteles, Philodemus und Foucault und ihren Implikationen in den entsprechenden gesellschaftspolitischen Theorien. Im zweiten Teil werden die ausgewählten Szenen aus der europäischen Literatur analysiert und im Abgleich mit den drei verschiedenen Konzepten der parrhesia daraufhin geprüft, inwieweit diese greifen und inwiefern sich eine Konstante im Prozess der „parrhesiastischen“ Handlung über historische Grenzen hinaus erkennen lässt.

Abstract:

As a consequence of a digital affected society, new forms of expression regarding the problem of truthfulness are giving rise to a public awareness toward the issue of freedom of speech. Observed through the actual light of virtual reality, this issue refers fundamentally to the quest for the provenance of democracy. The tightrope walk of freedom of speech between shameless audacity and frank critique was already existing in the antique concept of parrhesia regarded as the right to speak on the one hand and its rhetorical use as the figure of licentia on the other hand. Challenging this background, parrhesia can be considered as a connecting link between politics, rhetorics and ethics. Based on this elusive term of parrhesia, this dissertation investigates different poetological concepts of frank expression with respect to its function as an intersection between the private and public discourse of truth. By comparing different literary representations of the European modern age, general and specific structures of aesthetically inscenated representations of truth and authenticity are outlined. Finally, the main aim of this study is to define the communicative conditions of parrhesia and to develop a literary typology of parrhesiastes. This allows literature to be regarded as an experimental ground for communicative situations, processes and operations in society.

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