Bitte benutzen Sie diese Kennung, um auf die Ressource zu verweisen: http://dx.doi.org/10.18419/opus-5244
Autor(en): Lauenstein, Christine
Titel: On the compatibility of the Braille code and universal grammar
Sonstige Titel: Über die Kompatibilität der Brailleschrift mit der Universalgrammatik
Erscheinungsdatum: 2007
Dokumentart: Dissertation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-32913
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/5261
http://dx.doi.org/10.18419/opus-5244
Zusammenfassung: The central question of this work is to investigate whether there are structural elements of British Braille that are in conflict with language processes, i.e. whether the system of British Braille can be held responsible for poor spelling performance. Especially from the point of view of a print reader braille is a secondary system which requires many extra rules that have to be learnt. Thus it is easily considered more difficult. I do not wish to question the value of braille, whether it is used in contracted or uncontracted form. A detailed analysis of British Braille has shown that it is a seemingly arbitrary compilation of rules that is sensitive to language processes, the most important unit being the ortho-syllable as postulated by Primus (2003) and Weingarten (2004). In chapter 4 I have shown that the apparent compilation of arbitrary British Braille rules be restructured by the underlying implicit use it makes of word structure, most importantly the segmentation of ortho-syllables. This system is not a mere compilation of rules and lists that have to be learnt by rote. The analysis supports the assumption that cognitive processes are not the only possible route to contracted braille and that the way in which the rules of contracted braille have been compiled is far more problematic than the underlying system itself. Many braillists receive a dual education, learning to read and write contracted braille and use full spelling on computer keyboards. Millar (1997) argues that having two orthographic representations for the same letter groups may increase memory load in retrieval. This might indeed make spelling more difficult for braillists. I will focus on possible interferences from contracted braille with natural language without the additional difficulty of mastering full spelling on a computer keyboard. I adopt Millar's (1997) axiom that print and braille are identical in linguistics. Thus models and findings for print can be used for testing hypotheses in braille. Further support for access to language processes comes from a study on braille which I have developed to investigate whether there are structural elements of British Braille that inhibit writing performance. Thus the study is designed to reveal the interaction of braille contractions with natural language, in particular to investigate whether the bridging of syllable or morpheme boundaries by arbitrary contractions influences spelling performance. My study shows that former print readers have different error patterns with respect to both spelling errors and braille code errors than subjects who have no former functional use of print. Regarding the underlying linguistic processes, both groups of braillists show most errors in the categories gemination error and phonetic spelling. Whereas these errors are of equal frequency among the congenitally blind braillists, former print readers follow the pattern of the control group and produce approximately twice as many errors by phonetic spelling than gemination errors. The differing patterns in the group of spelling errors indicate that former knowledge of Standard English Orthography is a relevant factor in braille production. Former print readers have already established an orthographic system, which may interfere with contracted braille. Although there is a wide scope for individual variation within the data, some error patterns obtained in the data can only be explained as interference of those parts of British Braille which require an algorithmic process if the form is not already lexicalised. The resulting braille code errors show that print and braille operate with the same processes but use different underlying units at a subsyllabic level. Only former print readers are sensitive to characteristics of Standard English Orthography. However, both congenitally blind braillists and former print readers produce errors that show a stronger sensitivity for linguistic than for cognitive processes which contradicts the old saying that you need to be clever to learn braille! Both parts, the analysis of British Braille and the study, confirmed that there is an independent unit syllable in the writing system. Furthermore, braille and braillists are more sensitive to this unit than to phonological syllables and morphemes. Questioning the compatibility of braille and Universal Grammar, both the code analysis and the study show that braille takes linguistic units into account. There are very few instances in which braille prescribes rules that can only be accessed via cognitive processes. These rules tend to be ignored in favour of a form consistent with the linguistic structure of the target just as print reading children are insensitive to prescriptive rules in orthography (Weingarten 2004). Yet, there is an interference but it is not between linguistic principles and braille but between two orthographic systems: Standard English Orthography and contracted braille.
Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit ist die Untersuchung, ob die Regeln in British Braille, dem Regelwerk für Blindenkurzschrift in Großbritannien, so formuliert sind, dass sie mit sprachlichen Prozessen in Konflikt geraten können und somit die geringe Rechtschreibkompetenz, die blinden Schülern zum Teil nachgesagt wird, direkt mit dem System der Blindenkurzschrift zusammen hängt. Aus der Sichtweise eines Schwarzschrift Lesenden ist Punktschrift ein sekundäres System, das über die Standardorthographie hinaus viele Regeln benötigt, die extra gelernt werden müssen. Daraus wird schnell der Schluss gezogen, dass Punktschrift als schwieriger anzusehen ist. Eine detaillierte Analyse des englischen Regelwerks ergab, dass diese offenbar willkürlich zusammengestellte Sammlung ebenso willkürlicher Regeln dennoch von sprachlichen Prozessen geleitet wird. Die wesentliche Einheit dabei ist die von Primus (2003) und Weingarten (2004) postulierte Schreibsilbe. In Kapitel 4 habe ich gezeigt, dass sich viele der anscheinlich willkürlichen Regeln auf der Basis der Schreibsilben generalisieren lassen und dass diese gleichzeitig einen stärkeren Einfluss als Phoneme und Morpheme haben. Dies unterstützt meine Hypo-these, dass kognitive Prozesse zwar ein möglicher Weg zum Schreiben der Blindenkurzschrift, nicht jedoch der einzige sind. Die Art, in der das Regelwerk British Braille zusammengestellt ist, ist weit problematischer als das System selbst, denn das Regelwerk ist eine Überlagerung gesammelter präskriptiver Regeln und nicht als Einheit konzipiert. Es gibt noch einen zweiten Weg zum Erlernen der Blindenkurzschrift durch sprachliche Prozesse im Rahmen des Schriftspracherwerbs. Viele blinde Kinder erhalten eine Ausbildung in der Blindenkurzschrift und Schreiben an der Schreibmaschine, bzw. am Computer nach dem Zehnfingersystem parallel erlernt werden. Millar (1997) sieht darin eine gesteigerte Anforderung an das Gedächtnis, jeweils die richtige, gerade benötigte Form abzurufen, was dann Schreiben für blind Kinder schwieriger mache. Meine Arbeit hat sich auf Interferenzen zwischen sprachlichen Einheiten und den Einheiten der Blindenkurzschrift konzentriert. Dabei habe ich Millars (1997) Axiom, dass Schwarzschrift und Blindenkurzschrift linguistisch identisch sind angenommen. Daraus ergibt sich, dass Modelle aus dem regulären Schriftspracherwerb zum Testen von Modellen zum Erwerb der Blindenkurzschrift übernommen werden können. Meine Studie zum Gebrauch der Blindenkurzschrift, durchgeführt im Oktober 2004 in Großbritannien, untersucht, ob Elemente der englischen Blindenkurzschrift die Schreibleistung negativ beeinflussen können. Die Studie ist aufgebaut, die Interaktionen der Brailleschrift mit natürlicher Sprache zu testen. Dabei stehen Silben- und Morphemgrenzen im Mittelpunkt der Untersuchung. Es zeigte sich, dass die Probanden, die vor ihrer Erblindung Schwarzschrift benutz hatten, im Bezug auf Rechtschreibung die gleichen Fehlermuster produzierten wie die sehende Kontrollgruppe; Fehler die sich deutlich von denen der Gruppe unterschieden, die nie Erfahrungen mit Schwarzschrift gesammelt hatte. Betrachtet man die zugrunde liegenden linguistischen Prozesse, treten die häufigsten Fehler in beiden Gruppen bei der Konsonantengemination und bei beim lautsprachlichen Schreiben auf. Bei Blinden ohne Schwarzschrifterfahrung sind die Fehler in beiden Gruppen gleich verteilt, in der anderen Gruppe überwiegen Fehler in der Konsonantengemination, wie auch in der Kontrollgruppe. Dies legt den Schluss nahe, dass vorangegangene Erfahrungen mit Schwarzschrift prägend sind, da diese bereits ein orthographisches Bewusstsein geschult haben. Nur diejenigen Probanden, die bereits funktionelle Leser waren, zeigten eine Sensibilisierung für Eigenschaften der Schwarzschrift. Es gibt jedoch in beiden Gruppen von Probanden eine ganz klare Präferenz für linguistische Prozesse, sollten diese bei der Wahl einer Kürzung mit kognitiven Prozessen in Konflikt geraten. Die beiden großen Teile meiner Arbeit, die strukturelle Analyse von British Braille und die Ergebnisse des Testes belegen, dass es im Schriftsystem eine unabhängige Schreibsilbe gibt. Dazu kommt dass alle Probanden mehr Sensibilität gegenüber dieser Einheit als gegenüber Silben und Morphemen zeigten. Trotz der Möglichkeit Braille über kognitive Leistungen zu produzieren kann der Erwerb der Brailleschrift als Zweitspracherwerb, wie der reguläre Schriftspracherwerb, angesehen werden und damit seinen Platz im System der Universalgrammatik finden, ohne dieser entgegenzustehen. Die einzige auftretende Interferenz tritt zwischen der Standardorthographie und der Blindenkurzschrift bei Probanden, die früher funktionelle Schwarzschriftleser waren, auf.
Enthalten in den Sammlungen:09 Philosophisch-historische Fakultät

Dateien zu dieser Ressource:
Datei Beschreibung GrößeFormat 
braille_la.pdf1,55 MBAdobe PDFÖffnen/Anzeigen


Alle Ressourcen in diesem Repositorium sind urheberrechtlich geschützt.