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Abhängigkeit von Addukten tabakspezifischer Nitrosamine in der Mundschleimhaut des Menschen von verschiedenen Genussformen des Tabaks, ihre Beeinflussung durch Ernährung, Alkohol und Chemopräventiva und die Überprüfung der Effekte an der Ratte
Abhängigkeit von Addukten tabakspezifischer Nitrosamine in der Mundschleimhaut des Menschen von verschiedenen Genussformen des Tabaks, ihre Beeinflussung durch Ernährung, Alkohol und Chemopräventiva und die Überprüfung der Effekte an der Ratte
Das Oropharynxkarzinom steht in Deutschland mit einem Anteil von 3,3% an allen bösartigen Neubil¬dungen bei Männern an der siebten Stelle der Krebsneuerkrankungen. Der jahrelange Gebrauch von Tabakwaren ist ein wichtiger Risikofaktor, der durch gleichzeitige Anwendung hochprozentiger Alko¬holika multipliziert wird. In vielen westeuropäischen Industrieländern konnte eine Zunahme von Inzi¬denz und Mortalität festgestellt werden, dagegen weist Schweden die niedrigste Inzidenzrate auf. Eine mögliche Erklärung dafür wird im geringeren Anteil an Rauchern vermutet. Ein Viertel der schwe¬dischen Männer verwendet Tabak in Form des Schwedischen Kautabaks, der als Snus bekannt ist. Die tabakspezifischen Nitrosamine N'-Nitrosonornicotin (NNN) und 4 (Methylnitrosamino) 1-(3 pyri¬dyl)-1-butanon (NNK) erzeugen im Tierversuch nicht nur Tumoren im Ösophagus bzw. Lunge, Leber und Pankreas, sondern bei gemeinsamer Gabe auch in der Mundhöhle. Beide Substanzen unterliegen einer metabolischen Aktivierung, die über reaktive Zwischenstufen zu einer Pyridyloxobutylierung der DNA führen. Unter saurer Hydrolyse spalten diese Addukte 4-Hydroxy-(3-pyridyl)-1-butanon (HPB) ab, das nach Derivatisierung mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie (GC-MS) nachgewie¬sen werden kann. Die Zielsetzungen der Studien mit männlichen Wistarratten waren die Bestimmung der Dosis-Wirkungs-Beziehung für die Bildung HPB-freisetzender Addukte in den Zielorganen Lunge und Leber, ausgelöst durch die Gabe von NNK und ihre Modulation durch Ethanol. Des Weiteren sollten protektive Effekte ausgewählter antioxidativer Substanzen auf die Entstehung der DNA-Addukte beur¬teilt werden. Der Vorversuch ergab, dass die 2- bis 4-wöchige Zufuhr von 1, 3 und 5 ppm NNK über das Trink¬wasser in Lunge und Leber der Ratten ausreichend hohe Konzentrationen HPB-freisetzender DNA-Addukten für die GC-MS-Bestimmung erzeugte. Für den Interaktionsversuch von NNK und Ethanol erhielten die Ratten über 4 Wochen 1 oder 5 ppm NNK alleine oder in Kombination mit 10% Ethanol über das Trinkwasser. NNK erzeugte in der Lunge doppelt so hohe HPB-Adduktwerte als in der Leber. Die 5fach höhere NNK-Konzentration führte nur zu einer Verdoppelung der Adduktkonzentrationen, eine Bestätigung für die in der Literatur berichtete Sättigung der Adduktbildung durch NNK. Die Alkoholzufuhr verminderte die Wasseraufnahme und damit die NNK-Dosis um etwa ein Drittel. Die Extrapolation auf die höhere NNK-Dosis bei alleiniger NNK-Gabe zeigt, dass die HPB-Adduktlevel in der Leber unter dem Einfluss von Ethanol deutlich geringer ausfielen. Dies spricht für eine kompetitive Hemmung der NNK-Aktivierung über CYP2E1 durch Ethanol in der Leber. Die Hemmung des Leberstoffwechsels führt zu einer höheren Verfügbar¬keit von NNK für die Lunge, in der leicht erhöhte HPB-Adduktlevel gefunden wurden. Der Chemopräventionsversuch diente der Untersuchung des Einflusses antioxidativer Substanzen auf die Schädigung der DNA in Leber- und Lungengewebe von Ratten durch 5 ppm NNK und die gemeinsame Gabe von 5 ppm NNK und 10% Ethanol 4 Wochen über das Trinkwasser. Die 5-wöchige Zufuhr der antioxidativen Substanzen über das Futter begann bereits 1 Woche vor der NNK- und Ethanolgabe in Konzentrationen von 7 g/kg Ellagsäure, 3 g/kg Chlorophyllin oder 10 g/kg Vitamin E. Bei alleiniger NNK-Gabe reduzierten alle drei Substanzen in der Reihenfolge Chlorophyllin (-41%, p<0,01) > Vitamin E ( 33%, p<0,05) > Ellagsäure (-22%; n.s.) die HPB-Addukte in der Leber. In der Lunge reduzierte nur Vitamin E signifikant die HPB-Adduktlevel (-25%, p<0,01). Die zusätzliche Ethanolgabe reduzierte auch in die¬sem Versuch die Wasseraufnahme und damit die NNK-Dosis, wobei die Reduktion der HPB-Addukte in der Leber (-64%) und diesmal auch in der Lunge (-67%) über das Ausmaß der Dosisreduktion ( 33%) hinausging. Im Vergleich zur kombinierten NNK- und Ethanolgabe reduzierte nur noch Chlorophyllin die HPB-Adduktlevel in der Leber (-35%, p<0,05) bei gleichzeitig massiver Erhöhung in der Lunge (+178%, p<0,001). Ellagsäure erhöhte die Adduktwerte in den Organen Leber (+42%, p<0,05) und Lunge (+51%, p<0,05), Vitamin E bewirkte dagegen kei¬nerlei Veränderungen. Der Nachweis von HPB-freisetzenden DNA-Addukten in Leber und Lunge von Kontrollratten unterstützt die Hypothese, dass neben den TSNA weitere Quellen für diese Addukte bestehen müssen. Der Humanversuch befasste sich mit dem Einfluss von Rauchen und Verwendung von Snus auf HPB-freisetzende DNA-Addukte. Dazu wurden je 2 nicht invasiv gewonnene Proben der Mundschleimhaut der rechten und linken Seite von Nichtrauchern und Rauchern und bei Verwendern von Snus zusätz¬lich eine dritte Probe vom Applikationsort entnommen. Zur Bestimmung des Rauchstatus und der Belastung mit Myosmin wurden Speichel- und Plasmaproben der Probanden herangezogen. Bei einem Teil der Probanden wurden als Langzeitmarker für die Rauchbelastung zusätzlich die Gehalte an Nico¬tin, Myosmin und Cotinin in Zehennagelproben bestimmt. Demographische Daten, Ess- und Trink¬gewohnheiten wurden mit Hilfe eines Fragebogens erfasst. Die Studie schloss 173 Probanden eines Altersbereiches von 16 bis 85 Jahren ein, darunter knapp 2/3 Männer. Mit 86 und 118 ng/mL war die Cotininbelastung bei Rauchern und Verwendern von Snus etwa 100¬fach höher als bei Nichtrauchern mit 1,1 ng/ml. Für die Myosmingehalte ergaben sich bei Rauchern und Verwendern von Snus mit 3,6 und 4.9 ng/mL nur etwa 4-5fache Unterschiede zu den Nichtrau¬chern mit 0,8 ng/mL, ein deutlicher Hinweis auf weitere Quellen des Myosmins neben dem Genuss von Tabak und der Passivrauchbelastung. Zehennägeln sind etwa 20fach höher mit Cotinin und Myosmin belastet als der Speichel, Nicotin wird in den Zehennägeln 1,5fach stärker angereichert als Cotinin. HPB-freisetzende Addukte waren bei Nichtrauchern mit durchschnittlich 2,0 pmol HPB/mg DNA nur 5-8fach niedriger als bei Rauchern und Verwendern von Snus mit 10,7 und 17,6 pmol/mg. Die höch¬sten Werte hatten zwei Zigarrenraucher mit 41 und 49 pmol/mg DNA. Dies entspricht einer Belastung von 15 in 106 normalen Nukleotiden mit HPB. Mit den Konzentrationen der Tabakalkaloide gab es in keiner Gruppe eine Korrelation. Frauen zeigten generell niedrigere Adduktlevel als Männer. Mit zu¬nehmendem Alter nahm die Adduktbelastung trotz leicht erhöhten Zigarettenkonsums signifikant ab. Häufiger Verzehr von Obst und Gemüse reduzierte bei Nichtrauchern die Adduktbelastung auf weni¬ger als die Hälfte. Bei Rauchern war dieser Schutzeffekt wesentlich schwächer ausgeprägt und bei Verwendern von Snus nicht mehr nachzuweisen. Dagegen erhöhte täglicher Schokoladenverzehr ebenfalls nur bei Nichtrauchern die Addukte um das Doppelte. Fleischreiche Ernährung führte ebenso wie häufiger Genuss von geräucherten Lebensmitteln zu einer tendenziellen Erhöhung der DNA-Addukte bei Nichtrauchern und Rauchern.
DNA-Addukte, TSNA, Snus, Tabak, Rauchen, Mundhöhle
Heling, Anne-Kathrin
2009
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Heling, Anne-Kathrin (2009): Abhängigkeit von Addukten tabakspezifischer Nitrosamine in der Mundschleimhaut des Menschen von verschiedenen Genussformen des Tabaks, ihre Beeinflussung durch Ernährung, Alkohol und Chemopräventiva und die Überprüfung der Effekte an der Ratte. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Das Oropharynxkarzinom steht in Deutschland mit einem Anteil von 3,3% an allen bösartigen Neubil¬dungen bei Männern an der siebten Stelle der Krebsneuerkrankungen. Der jahrelange Gebrauch von Tabakwaren ist ein wichtiger Risikofaktor, der durch gleichzeitige Anwendung hochprozentiger Alko¬holika multipliziert wird. In vielen westeuropäischen Industrieländern konnte eine Zunahme von Inzi¬denz und Mortalität festgestellt werden, dagegen weist Schweden die niedrigste Inzidenzrate auf. Eine mögliche Erklärung dafür wird im geringeren Anteil an Rauchern vermutet. Ein Viertel der schwe¬dischen Männer verwendet Tabak in Form des Schwedischen Kautabaks, der als Snus bekannt ist. Die tabakspezifischen Nitrosamine N'-Nitrosonornicotin (NNN) und 4 (Methylnitrosamino) 1-(3 pyri¬dyl)-1-butanon (NNK) erzeugen im Tierversuch nicht nur Tumoren im Ösophagus bzw. Lunge, Leber und Pankreas, sondern bei gemeinsamer Gabe auch in der Mundhöhle. Beide Substanzen unterliegen einer metabolischen Aktivierung, die über reaktive Zwischenstufen zu einer Pyridyloxobutylierung der DNA führen. Unter saurer Hydrolyse spalten diese Addukte 4-Hydroxy-(3-pyridyl)-1-butanon (HPB) ab, das nach Derivatisierung mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie (GC-MS) nachgewie¬sen werden kann. Die Zielsetzungen der Studien mit männlichen Wistarratten waren die Bestimmung der Dosis-Wirkungs-Beziehung für die Bildung HPB-freisetzender Addukte in den Zielorganen Lunge und Leber, ausgelöst durch die Gabe von NNK und ihre Modulation durch Ethanol. Des Weiteren sollten protektive Effekte ausgewählter antioxidativer Substanzen auf die Entstehung der DNA-Addukte beur¬teilt werden. Der Vorversuch ergab, dass die 2- bis 4-wöchige Zufuhr von 1, 3 und 5 ppm NNK über das Trink¬wasser in Lunge und Leber der Ratten ausreichend hohe Konzentrationen HPB-freisetzender DNA-Addukten für die GC-MS-Bestimmung erzeugte. Für den Interaktionsversuch von NNK und Ethanol erhielten die Ratten über 4 Wochen 1 oder 5 ppm NNK alleine oder in Kombination mit 10% Ethanol über das Trinkwasser. NNK erzeugte in der Lunge doppelt so hohe HPB-Adduktwerte als in der Leber. Die 5fach höhere NNK-Konzentration führte nur zu einer Verdoppelung der Adduktkonzentrationen, eine Bestätigung für die in der Literatur berichtete Sättigung der Adduktbildung durch NNK. Die Alkoholzufuhr verminderte die Wasseraufnahme und damit die NNK-Dosis um etwa ein Drittel. Die Extrapolation auf die höhere NNK-Dosis bei alleiniger NNK-Gabe zeigt, dass die HPB-Adduktlevel in der Leber unter dem Einfluss von Ethanol deutlich geringer ausfielen. Dies spricht für eine kompetitive Hemmung der NNK-Aktivierung über CYP2E1 durch Ethanol in der Leber. Die Hemmung des Leberstoffwechsels führt zu einer höheren Verfügbar¬keit von NNK für die Lunge, in der leicht erhöhte HPB-Adduktlevel gefunden wurden. Der Chemopräventionsversuch diente der Untersuchung des Einflusses antioxidativer Substanzen auf die Schädigung der DNA in Leber- und Lungengewebe von Ratten durch 5 ppm NNK und die gemeinsame Gabe von 5 ppm NNK und 10% Ethanol 4 Wochen über das Trinkwasser. Die 5-wöchige Zufuhr der antioxidativen Substanzen über das Futter begann bereits 1 Woche vor der NNK- und Ethanolgabe in Konzentrationen von 7 g/kg Ellagsäure, 3 g/kg Chlorophyllin oder 10 g/kg Vitamin E. Bei alleiniger NNK-Gabe reduzierten alle drei Substanzen in der Reihenfolge Chlorophyllin (-41%, p<0,01) > Vitamin E ( 33%, p<0,05) > Ellagsäure (-22%; n.s.) die HPB-Addukte in der Leber. In der Lunge reduzierte nur Vitamin E signifikant die HPB-Adduktlevel (-25%, p<0,01). Die zusätzliche Ethanolgabe reduzierte auch in die¬sem Versuch die Wasseraufnahme und damit die NNK-Dosis, wobei die Reduktion der HPB-Addukte in der Leber (-64%) und diesmal auch in der Lunge (-67%) über das Ausmaß der Dosisreduktion ( 33%) hinausging. Im Vergleich zur kombinierten NNK- und Ethanolgabe reduzierte nur noch Chlorophyllin die HPB-Adduktlevel in der Leber (-35%, p<0,05) bei gleichzeitig massiver Erhöhung in der Lunge (+178%, p<0,001). Ellagsäure erhöhte die Adduktwerte in den Organen Leber (+42%, p<0,05) und Lunge (+51%, p<0,05), Vitamin E bewirkte dagegen kei¬nerlei Veränderungen. Der Nachweis von HPB-freisetzenden DNA-Addukten in Leber und Lunge von Kontrollratten unterstützt die Hypothese, dass neben den TSNA weitere Quellen für diese Addukte bestehen müssen. Der Humanversuch befasste sich mit dem Einfluss von Rauchen und Verwendung von Snus auf HPB-freisetzende DNA-Addukte. Dazu wurden je 2 nicht invasiv gewonnene Proben der Mundschleimhaut der rechten und linken Seite von Nichtrauchern und Rauchern und bei Verwendern von Snus zusätz¬lich eine dritte Probe vom Applikationsort entnommen. Zur Bestimmung des Rauchstatus und der Belastung mit Myosmin wurden Speichel- und Plasmaproben der Probanden herangezogen. Bei einem Teil der Probanden wurden als Langzeitmarker für die Rauchbelastung zusätzlich die Gehalte an Nico¬tin, Myosmin und Cotinin in Zehennagelproben bestimmt. Demographische Daten, Ess- und Trink¬gewohnheiten wurden mit Hilfe eines Fragebogens erfasst. Die Studie schloss 173 Probanden eines Altersbereiches von 16 bis 85 Jahren ein, darunter knapp 2/3 Männer. Mit 86 und 118 ng/mL war die Cotininbelastung bei Rauchern und Verwendern von Snus etwa 100¬fach höher als bei Nichtrauchern mit 1,1 ng/ml. Für die Myosmingehalte ergaben sich bei Rauchern und Verwendern von Snus mit 3,6 und 4.9 ng/mL nur etwa 4-5fache Unterschiede zu den Nichtrau¬chern mit 0,8 ng/mL, ein deutlicher Hinweis auf weitere Quellen des Myosmins neben dem Genuss von Tabak und der Passivrauchbelastung. Zehennägeln sind etwa 20fach höher mit Cotinin und Myosmin belastet als der Speichel, Nicotin wird in den Zehennägeln 1,5fach stärker angereichert als Cotinin. HPB-freisetzende Addukte waren bei Nichtrauchern mit durchschnittlich 2,0 pmol HPB/mg DNA nur 5-8fach niedriger als bei Rauchern und Verwendern von Snus mit 10,7 und 17,6 pmol/mg. Die höch¬sten Werte hatten zwei Zigarrenraucher mit 41 und 49 pmol/mg DNA. Dies entspricht einer Belastung von 15 in 106 normalen Nukleotiden mit HPB. Mit den Konzentrationen der Tabakalkaloide gab es in keiner Gruppe eine Korrelation. Frauen zeigten generell niedrigere Adduktlevel als Männer. Mit zu¬nehmendem Alter nahm die Adduktbelastung trotz leicht erhöhten Zigarettenkonsums signifikant ab. Häufiger Verzehr von Obst und Gemüse reduzierte bei Nichtrauchern die Adduktbelastung auf weni¬ger als die Hälfte. Bei Rauchern war dieser Schutzeffekt wesentlich schwächer ausgeprägt und bei Verwendern von Snus nicht mehr nachzuweisen. Dagegen erhöhte täglicher Schokoladenverzehr ebenfalls nur bei Nichtrauchern die Addukte um das Doppelte. Fleischreiche Ernährung führte ebenso wie häufiger Genuss von geräucherten Lebensmitteln zu einer tendenziellen Erhöhung der DNA-Addukte bei Nichtrauchern und Rauchern.