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Media Diversity in Deutschland. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf journalistische Praxis
Media Diversity in Deutschland. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf journalistische Praxis
An der Schnittstelle von Ethnologie und Journalismus untersucht die Arbeit die Entwicklungen und Potenziale von "Media Diversity" für die deutschen Medien. Unter dem Begriff Media Diversity entwickelt sich seit einigen Jahren ein relativ neuer und vielversprechender Ansatz, die etablierten Konventionen medialer Berichterstattung herauszufordern und um andere Perspektiven zu erweitern. Fürs Erste lässt sich Media Diversity als Konzept skizzieren, das beansprucht, die in einer Gesellschaft bestehende Vielfalt, Verschiedenheit oder Heterogenität in den Medien wertschätzend anzuerkennen, gleichberechtigt einzubinden und für den Abbau von struktureller Benachteiligung und Diskriminierung einzutreten. Vielfalt kann sich dabei auf so unterschiedliche Aspekte beziehen wie Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, körperliche und mentale Verfasstheit, soziale Herkunft oder soziale Klasse, Beruf und Bildung, religiöse, kulturelle und ethnische Zugehörigkeit. Forderungen nach Media Diversity richten sich sowohl auf Medienproduktion und entsprechende Teilhabe als auch auf Medieninhalte. Die Arbeit untersucht das Feld des Journalismus hinsichtlich seiner Positionen, Politiken und Aktivitäten in Bezug auf Media Diversity. Einen ersten Zugang bieten Selbstverständnis, Rollenbild und Arbeitsroutinen des journalistischen Feldes. Dabei wird untersucht, inwiefern Media Diversity oder entsprechend verwandte Fragestellungen im journalistischen Selbstverständnis vorkommen und wie sie dort verhandelt werden. Die journalistischen Routinen, die innerhalb dieses Selbstverständnisses professionelles Arbeiten gewährleisten, rücken die Bedingungen in den Blick, die den notwendigen Rahmen bilden, in dem Media-Diversity-Ansätze gedacht werden müssen. In einem zweiten Zugang geht es, basierend auf einer Feldforschung in einer journalistischen Masterklasse, um die journalistische Ausbildung; um die Frage, auf welche Weise junge Journalist*innen in ihren Beruf sozialisiert werden, welche Rolle Media Diversity im Lehrplan einnimmt und welche verwandten Angebote bestehen. Einen dritten Zugang eröffnen die Politiken der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Bezug auf Migration und Integration. Forderungen nach Veränderungen beziehen sich dabei vor allem auf die drei Bereiche Programminhalte, Personalstruktur und Bewusstseinsbildung. Dieser Teilaspekt der Bewusstseinsbildung wird in einem vierten Zugang vertiefend untersucht. Anhand der eigenen Tätigkeit als Leiterin solcher bewusstseinsbildenden Workshops und Seminare werden diese bezüglich ihres Potenzials für die Umsetzung und Verstetigung von Media-Diversity-Konzepten befragt. Die Ergebnisse dieser Verortung von Media Diversity im journalistischen Feld werden schließlich einer kritischen Prüfung unterzogen. Während Diversity als politisches Projekt begriffen werden kann, das für den Abbau von Diskriminierung und Benachteiligung eintritt, kommt in der Übertragung auf die Medien der Aspekt der Repräsentation hinzu – und zwar sowohl im Sinne von Vertretung, wie es auch in Diversity angelegt ist, als auch im Sinne von Darstellung. Es stellt sich also die Frage, inwiefern sich Ansätze von Diversity in der medialen Repräsentation niederschlagen können, welche Bedingungen dafür nötig sind, bzw. dem entgegenstehen. Aus kulturwissenschaftlichen Perspektiven wird aufgezeigt, in welches theoretische Spannungsfeld Media Diversity eingebettet ist und diskutiert, inwiefern Media Diversity als hegemoniale Praxis gesehen werden muss. Dazu werden die institutionellen Bedingungen des journalistischen Feldes und die in Diversity angelegte Differenzbildung kritisch beleucht. Abschließend diskutiert die Arbeit mit Bezug auf das Konzept des Friedensjournalismus und mit einer theoretischen Fundierung durch Postkoloniale Kritik und Kritische Weißseinsforschung, welche Möglichkeiten einer Neubesetzung von Media Diversity denkbar sind.
Media Diversity, Journalismus, Diversity, Ethnologie, Repräsentationskritik, Medien, Migration, Integrationsdiskurs, öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Postkoloniale Kritik, Kritische Weißseinsforschung
Bayer, Julia
2013
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Bayer, Julia (2013): Media Diversity in Deutschland: Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf journalistische Praxis. Dissertation, LMU München: Fakultät für Kulturwissenschaften
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Abstract

An der Schnittstelle von Ethnologie und Journalismus untersucht die Arbeit die Entwicklungen und Potenziale von "Media Diversity" für die deutschen Medien. Unter dem Begriff Media Diversity entwickelt sich seit einigen Jahren ein relativ neuer und vielversprechender Ansatz, die etablierten Konventionen medialer Berichterstattung herauszufordern und um andere Perspektiven zu erweitern. Fürs Erste lässt sich Media Diversity als Konzept skizzieren, das beansprucht, die in einer Gesellschaft bestehende Vielfalt, Verschiedenheit oder Heterogenität in den Medien wertschätzend anzuerkennen, gleichberechtigt einzubinden und für den Abbau von struktureller Benachteiligung und Diskriminierung einzutreten. Vielfalt kann sich dabei auf so unterschiedliche Aspekte beziehen wie Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, körperliche und mentale Verfasstheit, soziale Herkunft oder soziale Klasse, Beruf und Bildung, religiöse, kulturelle und ethnische Zugehörigkeit. Forderungen nach Media Diversity richten sich sowohl auf Medienproduktion und entsprechende Teilhabe als auch auf Medieninhalte. Die Arbeit untersucht das Feld des Journalismus hinsichtlich seiner Positionen, Politiken und Aktivitäten in Bezug auf Media Diversity. Einen ersten Zugang bieten Selbstverständnis, Rollenbild und Arbeitsroutinen des journalistischen Feldes. Dabei wird untersucht, inwiefern Media Diversity oder entsprechend verwandte Fragestellungen im journalistischen Selbstverständnis vorkommen und wie sie dort verhandelt werden. Die journalistischen Routinen, die innerhalb dieses Selbstverständnisses professionelles Arbeiten gewährleisten, rücken die Bedingungen in den Blick, die den notwendigen Rahmen bilden, in dem Media-Diversity-Ansätze gedacht werden müssen. In einem zweiten Zugang geht es, basierend auf einer Feldforschung in einer journalistischen Masterklasse, um die journalistische Ausbildung; um die Frage, auf welche Weise junge Journalist*innen in ihren Beruf sozialisiert werden, welche Rolle Media Diversity im Lehrplan einnimmt und welche verwandten Angebote bestehen. Einen dritten Zugang eröffnen die Politiken der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Bezug auf Migration und Integration. Forderungen nach Veränderungen beziehen sich dabei vor allem auf die drei Bereiche Programminhalte, Personalstruktur und Bewusstseinsbildung. Dieser Teilaspekt der Bewusstseinsbildung wird in einem vierten Zugang vertiefend untersucht. Anhand der eigenen Tätigkeit als Leiterin solcher bewusstseinsbildenden Workshops und Seminare werden diese bezüglich ihres Potenzials für die Umsetzung und Verstetigung von Media-Diversity-Konzepten befragt. Die Ergebnisse dieser Verortung von Media Diversity im journalistischen Feld werden schließlich einer kritischen Prüfung unterzogen. Während Diversity als politisches Projekt begriffen werden kann, das für den Abbau von Diskriminierung und Benachteiligung eintritt, kommt in der Übertragung auf die Medien der Aspekt der Repräsentation hinzu – und zwar sowohl im Sinne von Vertretung, wie es auch in Diversity angelegt ist, als auch im Sinne von Darstellung. Es stellt sich also die Frage, inwiefern sich Ansätze von Diversity in der medialen Repräsentation niederschlagen können, welche Bedingungen dafür nötig sind, bzw. dem entgegenstehen. Aus kulturwissenschaftlichen Perspektiven wird aufgezeigt, in welches theoretische Spannungsfeld Media Diversity eingebettet ist und diskutiert, inwiefern Media Diversity als hegemoniale Praxis gesehen werden muss. Dazu werden die institutionellen Bedingungen des journalistischen Feldes und die in Diversity angelegte Differenzbildung kritisch beleucht. Abschließend diskutiert die Arbeit mit Bezug auf das Konzept des Friedensjournalismus und mit einer theoretischen Fundierung durch Postkoloniale Kritik und Kritische Weißseinsforschung, welche Möglichkeiten einer Neubesetzung von Media Diversity denkbar sind.