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Kontextbezug und Authentizität in sozialen Netzen
Kontextbezug und Authentizität in sozialen Netzen
Soziale Netze gehören zu den wichtigsten Anwendungen des World Wide Web. Freunde vernetzen und organisieren sich, tauschen Bilder aus und erzählen in Statusnachrichten aus ihrem Alltag. In heutigen Sozialen Netzen gehen diese Statusnachrichten meist an die gesamte Freundesliste - eine Einschränkung der Adressaten ist zwar möglich, aber so umständlich, dass es kaum genutzt wird. Ein typischer Nutzer pflegt in seiner Freundesliste allerdings mehrere soziale Gruppen gleichzeitig. Das können etwa verschiedene Freundeskreise, Arbeitskollegen und Bekannte aus Sportvereinen sein. Beim Verfassen seiner Statusnachrichten hat dieser Nutzer zwareinen bestimmten Adressatenkreis vor Augen; er versendet seine Mitteilung trotzdem an seine gesamte Freundesliste. Die Grenzen der sozialen Gruppen verschwimmen, man spricht vom sogenannten context collapse. Um daraus resultierende Konflikte und Spannungen in den Freundeskreisen zu verhindern, haben Nutzer eine einfache Strategie entwickelt: sie zensieren sich selbst; eine authentische Kommunikation ist so kaum möglich. Soziale Netze mit Kontextbezug widmen sich diesem zentralen Missstand und schaffen einen Rahmen für Kommunikation, der der Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht ähnlich ist und der von heutigen sozialen Netzen so nicht abgebildet werden kann. Es handelt sich dabei um soziale Netze, deren sozialer Graph nur auf der Basis von Kontextinformationen entsteht. Profile können beispielsweise nur dann Informationen austauschen, wenn sie ähnliche Kontextdeskriptoren hatten oder haben. Solche kontextbezogenen sozialen Netze stellen zunächst eine spezielle Form von informationszentrischen Netzwerken dar. Informationsobjekte werden darin an Kontexte adressiert; diejenigen Profile werden zu Empfängern, die sich in dem entsprechenden Kontext befinden oder befunden haben. Diese kontextabhängige Adressierung erlaubt wiederum einen vollständig verteilten Aufbau eines solchen Sozialen Netzwerks. In der vorliegenden Arbeit wird dieses neuartige Paradigma detailliert beschrieben. Damit eine Kommunikation aufgrund gemeinsamer Kontexte überhaupt möglich ist, müssen Kontexte adressierbar werden. Darüber hinaus sollten die Adressen einen Vergleich der zugrunde liegenden Kontexte zulassen. Denn der praktische Nutzen wäre erheblich eingeschränkt, wenn Informationen nur innerhalb exakt gleicher Kontexte ausgetauscht werden könnten. Das hieße, dass genau definiert werden müsste, welche Informationen zur Beschreibung des aktuellen Kontextes eines Profils zulässig wären und welche nicht. In diesem Zusammenhang wird deshalb ein generisches Adressierungsschema entwickelt, das ohne diese Einschränkung auskommt. Es wird gezeigt, wie Kontexte mit Hilfe von Bloom-Filtern adressiert werden können und wie über Bloom-Filter ein Vergleich der beschriebenen Kontexte möglich ist. Das so konzipierte Matching von Kontexten wird umfangreich evaluiert. Dazu wird auf der Datenbasis eines öffentlich zugänglichen sozialen Netzes aus eMail-Kommunikationen ein kontextzentrisches soziales Netz simuliert. Die zugrundeliegenden sozialen Graphen des eMail- und des kontextzentrischen Netzwerks werden mit Methoden der sozialen Netzwerkanalyse verglichen. Es zeigt sich, dass mit kontextzentrischer Adressierung vergleichbare Strukturen im sozialen Graphen entstehen. Weitreichende Implikationen für die Anwendbarkeit von kontextbezogenen sozialen Netzen ergeben sich, wenn Kontextinformationen zwischen Nutzern verwendet werden können, ohne diese tatsächlich gegenseitig zu offenbaren. Dann werden neben Beweisen der Kontextgleichheit auch kooperative statistische Erhebungen über den Datenbestand mit Garantien an die Privatsphäre möglich. Dies wäre einfach, wenn man eine vertrauenswürdige dritte Partei (Trusted Third Party) zuließe. Um diese Schwachstelle zu vermeiden, werden zum einen Algorithmen vorgeschlagen, die einen netzweiten Konsens über Werte der einzelnen Teilnehmer herstellen können, ohne deren Eingabedaten zu offenbaren. Zum anderen können Ansätze zum privatsphäreschonenden Ähnlichkeitsbeweis von Kontextinformationen verwendet werden., Online Social Networks (OSNs) are amongst the most important applications in the World Wide Web. Friends connect, share photos and keep themselves up-to-date about their daily lifes via status messages. These messages are most likely to be broadcasted to all people in a user's friendlist - selecting a specific audience is possible, indeed, but cumbersome. Broadcasting status messages, however, leads to a so called context collapse - a collapse of different circles of friends users usually collect in their friendlists, simultaneously. To prevent conflict and tension, users have developed a simple strategy to cope with context collapse: they bowdlerize and censor their status messages; authentic communication among friends is barely possible. Context-centric OSNs focus on this exact drawback. They create a setting for communication that is comparable to face-to-face-communications with respect to authenticity of communicated content. These novel kind of OSNs modify the underlying social graph based on context information. Profiles are able to exchange information if and only if they share some common context descriptions. Thereby, context-centric OSNs represent a special kind of fully distributed information-centric networks where information objects are addressed to contexts. This novel addressing scheme and paradigma for OSNs is presented in depth. A main requirement for this scheme to be practical is making contexts addressable. Further, addresses should allow comparing underlying contexts to prevent the neccessity of exact coinciding contexts for message exchange and to prevent specification of which context information to use. In this thesis a novel addressing scheme will be presented that fulfills these requirements and that is based on Bloom filters. This matching of contexts is evaluated in depth by simulating a context-centric OSN from a publicly available dataset of eMail-communications. The underlying social graphs of eMail-communications and context-centric networking are compared with respect to well-known metrics from social network analysis. Extensive implications for the applicability of context-centric OSNs emerge from a privacy-perspective towards the proposed addressing scheme. If context similarity can be used without revealing any context information the scheme allows for mutual proof of shared context as well as for statistic inquiry of data. Therefore, algorithms for privacy-preserving data mining are proposed that lack a trusted third party to prevent a central weak spot for the network to develop.
Soziales Netz,Kontext,Authentizität,Big Data,Schutz der Privatsphäre
Schönfeld, Mirco
2016
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schönfeld, Mirco (2016): Kontextbezug und Authentizität in sozialen Netzen. Dissertation, LMU München: Fakultät für Mathematik, Informatik und Statistik
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Abstract

Soziale Netze gehören zu den wichtigsten Anwendungen des World Wide Web. Freunde vernetzen und organisieren sich, tauschen Bilder aus und erzählen in Statusnachrichten aus ihrem Alltag. In heutigen Sozialen Netzen gehen diese Statusnachrichten meist an die gesamte Freundesliste - eine Einschränkung der Adressaten ist zwar möglich, aber so umständlich, dass es kaum genutzt wird. Ein typischer Nutzer pflegt in seiner Freundesliste allerdings mehrere soziale Gruppen gleichzeitig. Das können etwa verschiedene Freundeskreise, Arbeitskollegen und Bekannte aus Sportvereinen sein. Beim Verfassen seiner Statusnachrichten hat dieser Nutzer zwareinen bestimmten Adressatenkreis vor Augen; er versendet seine Mitteilung trotzdem an seine gesamte Freundesliste. Die Grenzen der sozialen Gruppen verschwimmen, man spricht vom sogenannten context collapse. Um daraus resultierende Konflikte und Spannungen in den Freundeskreisen zu verhindern, haben Nutzer eine einfache Strategie entwickelt: sie zensieren sich selbst; eine authentische Kommunikation ist so kaum möglich. Soziale Netze mit Kontextbezug widmen sich diesem zentralen Missstand und schaffen einen Rahmen für Kommunikation, der der Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht ähnlich ist und der von heutigen sozialen Netzen so nicht abgebildet werden kann. Es handelt sich dabei um soziale Netze, deren sozialer Graph nur auf der Basis von Kontextinformationen entsteht. Profile können beispielsweise nur dann Informationen austauschen, wenn sie ähnliche Kontextdeskriptoren hatten oder haben. Solche kontextbezogenen sozialen Netze stellen zunächst eine spezielle Form von informationszentrischen Netzwerken dar. Informationsobjekte werden darin an Kontexte adressiert; diejenigen Profile werden zu Empfängern, die sich in dem entsprechenden Kontext befinden oder befunden haben. Diese kontextabhängige Adressierung erlaubt wiederum einen vollständig verteilten Aufbau eines solchen Sozialen Netzwerks. In der vorliegenden Arbeit wird dieses neuartige Paradigma detailliert beschrieben. Damit eine Kommunikation aufgrund gemeinsamer Kontexte überhaupt möglich ist, müssen Kontexte adressierbar werden. Darüber hinaus sollten die Adressen einen Vergleich der zugrunde liegenden Kontexte zulassen. Denn der praktische Nutzen wäre erheblich eingeschränkt, wenn Informationen nur innerhalb exakt gleicher Kontexte ausgetauscht werden könnten. Das hieße, dass genau definiert werden müsste, welche Informationen zur Beschreibung des aktuellen Kontextes eines Profils zulässig wären und welche nicht. In diesem Zusammenhang wird deshalb ein generisches Adressierungsschema entwickelt, das ohne diese Einschränkung auskommt. Es wird gezeigt, wie Kontexte mit Hilfe von Bloom-Filtern adressiert werden können und wie über Bloom-Filter ein Vergleich der beschriebenen Kontexte möglich ist. Das so konzipierte Matching von Kontexten wird umfangreich evaluiert. Dazu wird auf der Datenbasis eines öffentlich zugänglichen sozialen Netzes aus eMail-Kommunikationen ein kontextzentrisches soziales Netz simuliert. Die zugrundeliegenden sozialen Graphen des eMail- und des kontextzentrischen Netzwerks werden mit Methoden der sozialen Netzwerkanalyse verglichen. Es zeigt sich, dass mit kontextzentrischer Adressierung vergleichbare Strukturen im sozialen Graphen entstehen. Weitreichende Implikationen für die Anwendbarkeit von kontextbezogenen sozialen Netzen ergeben sich, wenn Kontextinformationen zwischen Nutzern verwendet werden können, ohne diese tatsächlich gegenseitig zu offenbaren. Dann werden neben Beweisen der Kontextgleichheit auch kooperative statistische Erhebungen über den Datenbestand mit Garantien an die Privatsphäre möglich. Dies wäre einfach, wenn man eine vertrauenswürdige dritte Partei (Trusted Third Party) zuließe. Um diese Schwachstelle zu vermeiden, werden zum einen Algorithmen vorgeschlagen, die einen netzweiten Konsens über Werte der einzelnen Teilnehmer herstellen können, ohne deren Eingabedaten zu offenbaren. Zum anderen können Ansätze zum privatsphäreschonenden Ähnlichkeitsbeweis von Kontextinformationen verwendet werden.

Abstract

Online Social Networks (OSNs) are amongst the most important applications in the World Wide Web. Friends connect, share photos and keep themselves up-to-date about their daily lifes via status messages. These messages are most likely to be broadcasted to all people in a user's friendlist - selecting a specific audience is possible, indeed, but cumbersome. Broadcasting status messages, however, leads to a so called context collapse - a collapse of different circles of friends users usually collect in their friendlists, simultaneously. To prevent conflict and tension, users have developed a simple strategy to cope with context collapse: they bowdlerize and censor their status messages; authentic communication among friends is barely possible. Context-centric OSNs focus on this exact drawback. They create a setting for communication that is comparable to face-to-face-communications with respect to authenticity of communicated content. These novel kind of OSNs modify the underlying social graph based on context information. Profiles are able to exchange information if and only if they share some common context descriptions. Thereby, context-centric OSNs represent a special kind of fully distributed information-centric networks where information objects are addressed to contexts. This novel addressing scheme and paradigma for OSNs is presented in depth. A main requirement for this scheme to be practical is making contexts addressable. Further, addresses should allow comparing underlying contexts to prevent the neccessity of exact coinciding contexts for message exchange and to prevent specification of which context information to use. In this thesis a novel addressing scheme will be presented that fulfills these requirements and that is based on Bloom filters. This matching of contexts is evaluated in depth by simulating a context-centric OSN from a publicly available dataset of eMail-communications. The underlying social graphs of eMail-communications and context-centric networking are compared with respect to well-known metrics from social network analysis. Extensive implications for the applicability of context-centric OSNs emerge from a privacy-perspective towards the proposed addressing scheme. If context similarity can be used without revealing any context information the scheme allows for mutual proof of shared context as well as for statistic inquiry of data. Therefore, algorithms for privacy-preserving data mining are proposed that lack a trusted third party to prevent a central weak spot for the network to develop.