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Die Bedeutung des Kleinhirns bei der Adaptation von Atmung und Standmotorik an erwartete und unerwartete motorische Störungen.
Die Bedeutung des Kleinhirns bei der Adaptation von Atmung und Standmotorik an erwartete und unerwartete motorische Störungen.
Die vorliegende Studie prüfte an gesunden Probanden, ob die Reaktionen der Atmung und Standmotorik auf erwartete und unerwartete Störungen des Körpergleichgewichts im Sinne von plastischen Lernprozessen modifzierbar sind. Anhand von Patienten mit degenerativen Kleinhirnatrophien wurde untersucht, ob das Kleinhirn an der Entstehung, Adaptation und Integration derartiger Reaktionsmustern beteiligt ist. Zu Beginn der Versuche wurde die Atmung der Probanden bei ruhigem Stand aufgezeichnet. Gleichzeitig wurden die standmotorischen Reaktionen der Mm. gastocnemius und tibialis anterior, sowie die Körperschwerpunktskräfte registiert. In der ersten Versuchsanordnung wurden unerwartete,rampenförmige Plattformkippungen benützt, die innerhalb verschiedener Abschnitte des Atemzyklus appliziert wurden. Im zweiten Versuchsparadigma wurden dagegen erwartete,kontinuierlich-sinusförmige Plattformbewegungen unterschiedlicher Frequenz verwendet. Unerwartete Plattformkippungen führten bei den gesunden Probanden abhängig vom gestörten, respiratorischen Phasenabschnitt zu einer Verkürzung der Atemphasen, wobei die Exspirationsphase stärker als die Inspirationsphase betroffen war. An den Phasenübergängen war dieser modulatorische Effekt am ausgeprägtesten. Dagegen war die Variabilität der Atmung hier deutlich niedriger als bei Perturbationen innerhalb der frühen und mittleren exspiratorischen Phasenabschnitte. Im Gegensatz zur Atmung ließen sich in den Reaktionen der Muskeln und in dem aus den Kräften ermittelten Schwerpunktstrajektor keine atemphasenabhängigen Veränderungen feststellen. Erwartete Störungen des Körpergleichgewichts induzierten bei den gesunden Probanden eine individuell unterschiedlich starke Kopplung von Atem- und Plattformrhythmus. Diese Kopplung war bei Plattformfrequenzen im Bereich der Atemruhefrequenz am größten. In Richtung der unteren und oberen Grenze des untersuchten Frequenzbereichs, die beim Drittel und Dreifachen der Atemruhefrequenz lag, nahm diese Kopplung ab. Die Reaktionen des M. gastrocnemius waren v.a. bei höheren Frequenzen stärker als die des M. tibialis anterior an die Plattformbewegung gekoppelt. Wie bei der Atmung ließ sich bei den muskulären Reaktionen eine Abnahme der Kopplung in den oberen und unteren Frequenzbereichen feststellen. In allen Versuchsserien zeigten die Patienten eine im Vergleich zu den gesunden Probanden reduzierte respiratorische Anpassungsfähigkeit. Bereits in der Ruhemessung wies die Patientengruppe eine höhere Atemfrequenz bei geringeren respiratorischen Frequenzschwankungen auf. Die unerwarteten, plattforminduzierten Störungen des Körpergleichgewichts führten bei der Patientengruppe zu einer geringeren und kürzeren Modulation der Atmung. Bei den erwarteten Störungen unterschieden sich die Patienten durch eine schwächere Kopplung von Atmung und Plattformbewegung. Bei keiner der untersuchten Versuchsgruppen ließ sich eine Abhängigkeit der standmotorischen Reaktionen von den Bedingungen der Atemtätigkeit nachweisen. Die vorliegende Studie zeigte eine durch unerwartete wie erwartete motorische Störungen ausgelöste, funktionelle Hierarchisierung der atem- und standmotorischen Reaktionen, an der das Kleinhirn durch Adaptation und Integration der Atemmotorik beteiligt war.
Kleinhirn, Atmung, Peturbation, Koordination, Adaptation
Koutsouleris, Nikolaos
2005
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Koutsouleris, Nikolaos (2005): Die Bedeutung des Kleinhirns bei der Adaptation von Atmung und Standmotorik an erwartete und unerwartete motorische Störungen.. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Die vorliegende Studie prüfte an gesunden Probanden, ob die Reaktionen der Atmung und Standmotorik auf erwartete und unerwartete Störungen des Körpergleichgewichts im Sinne von plastischen Lernprozessen modifzierbar sind. Anhand von Patienten mit degenerativen Kleinhirnatrophien wurde untersucht, ob das Kleinhirn an der Entstehung, Adaptation und Integration derartiger Reaktionsmustern beteiligt ist. Zu Beginn der Versuche wurde die Atmung der Probanden bei ruhigem Stand aufgezeichnet. Gleichzeitig wurden die standmotorischen Reaktionen der Mm. gastocnemius und tibialis anterior, sowie die Körperschwerpunktskräfte registiert. In der ersten Versuchsanordnung wurden unerwartete,rampenförmige Plattformkippungen benützt, die innerhalb verschiedener Abschnitte des Atemzyklus appliziert wurden. Im zweiten Versuchsparadigma wurden dagegen erwartete,kontinuierlich-sinusförmige Plattformbewegungen unterschiedlicher Frequenz verwendet. Unerwartete Plattformkippungen führten bei den gesunden Probanden abhängig vom gestörten, respiratorischen Phasenabschnitt zu einer Verkürzung der Atemphasen, wobei die Exspirationsphase stärker als die Inspirationsphase betroffen war. An den Phasenübergängen war dieser modulatorische Effekt am ausgeprägtesten. Dagegen war die Variabilität der Atmung hier deutlich niedriger als bei Perturbationen innerhalb der frühen und mittleren exspiratorischen Phasenabschnitte. Im Gegensatz zur Atmung ließen sich in den Reaktionen der Muskeln und in dem aus den Kräften ermittelten Schwerpunktstrajektor keine atemphasenabhängigen Veränderungen feststellen. Erwartete Störungen des Körpergleichgewichts induzierten bei den gesunden Probanden eine individuell unterschiedlich starke Kopplung von Atem- und Plattformrhythmus. Diese Kopplung war bei Plattformfrequenzen im Bereich der Atemruhefrequenz am größten. In Richtung der unteren und oberen Grenze des untersuchten Frequenzbereichs, die beim Drittel und Dreifachen der Atemruhefrequenz lag, nahm diese Kopplung ab. Die Reaktionen des M. gastrocnemius waren v.a. bei höheren Frequenzen stärker als die des M. tibialis anterior an die Plattformbewegung gekoppelt. Wie bei der Atmung ließ sich bei den muskulären Reaktionen eine Abnahme der Kopplung in den oberen und unteren Frequenzbereichen feststellen. In allen Versuchsserien zeigten die Patienten eine im Vergleich zu den gesunden Probanden reduzierte respiratorische Anpassungsfähigkeit. Bereits in der Ruhemessung wies die Patientengruppe eine höhere Atemfrequenz bei geringeren respiratorischen Frequenzschwankungen auf. Die unerwarteten, plattforminduzierten Störungen des Körpergleichgewichts führten bei der Patientengruppe zu einer geringeren und kürzeren Modulation der Atmung. Bei den erwarteten Störungen unterschieden sich die Patienten durch eine schwächere Kopplung von Atmung und Plattformbewegung. Bei keiner der untersuchten Versuchsgruppen ließ sich eine Abhängigkeit der standmotorischen Reaktionen von den Bedingungen der Atemtätigkeit nachweisen. Die vorliegende Studie zeigte eine durch unerwartete wie erwartete motorische Störungen ausgelöste, funktionelle Hierarchisierung der atem- und standmotorischen Reaktionen, an der das Kleinhirn durch Adaptation und Integration der Atemmotorik beteiligt war.