Ernährungstherapie bei Bronchialkarzinom: Welche Auswirkungen hat diese auf Gewichtsverlauf, Lebensqualität, Parameter der BIA-Analyse und Laborparameter wie Albumin

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2022-08-08
Issue Year
2022
Authors
Meusel, Miriam
Editor
Abstract

Objectives: Patients suffering from tumor diseases, especially from lung cancer (LC), often have weight loss, poor nutritional status and tumor cachexia - which negatively impact quality of life (QoL), morbidity and mortality. This study examines the effects of oral nutrition therapy (NT) or parenteral nutrition (PN) therapy on malnourished patients with advanced LC compared to patients receiving neither treatment (group 0). Design and Methods: The present study is a monocentric prospective longitudinal study. It shows the extent to which medical NT can influence weight, body mass index (BMI), bioelectrical impedance analysis (BIA) parameters, QoL and laboratory parameters. It also compares the results of the group receiving oral nutritional supplements (ONS) with that of the PN group. The data has been collected at the beginning of the therapy, after six and twelve weeks. Observations and Results: The study included 26 patients with a large dropout, with the patient’s death causing 60 % of that. Additionally, the participants’ heterogeneity and thus the small number of com¬parable values allows for a restricted interpretation only. Weight, BMI, most BIA pa¬rameters and QoL yielded no significant change after six or twelve weeks in the ONS and PN group. Both therapies seem to have stabilized them. After twelve weeks, though, there was a tendency to a significant drop of fat-free mass and a significant drop of body cell mass in the ONS group. In the PN group the changes were not significant. In a direct comparison of the two forms of therapy, there was no significant difference after six or twelve weeks for any of the aforementioned parameters. For some, effect size was medium or large, e.g. for the change in fat mass when comparing the groups after twelve weeks. Due to the small number of participants in group 0, parameter changes were not tested for significance. The laboratory parameters painted a more heterogeneous picture, showing many inter-individual fluctuations at all measurement time points. Laboratory analysis for serum albumin was rarely carried out, so that only few cases could be compared. Still, there were indications that both forms of therapy could be successful. Conclusion: This prospective twelve-week study allows comparison of oral NT and PN of patients with advanced LC. There is evidence to suggest that there is an advantage of PN under certain conditions. Further the results indicate that additional energy consumed by the ONS group could be preferably stored as fat. This should be examined in more detail in a larger study population.

Abstract

Hintergrund und Ziele: Es ist weithin bekannt, dass bei Tumorerkrankungen generell und speziell bei Lungenkarzinomen zahlreiche Patienten einen Gewichtsverlust, einen schlechteren Ernährungsstatus sowie eine Tumorkachexie aufweisen. Der Ernährungsstatus steht dabei in engem Zusammenhang mit Morbidität und Mortalität. Zudem wirken sich die körperlichen Veränderungen im Rahmen einer Tumorkachexie über eine Verschlechterung der körperlichen und psychischen Funktion negativ auf die Lebensqualität aus. Bislang konnte in mehreren Studien, auch mit Lungenkarzinompatienten, gezeigt werden, dass eine Anreicherung von Speisen mit oder ohne zusätzlichen Einsatz von oralen Trinknahrungen die Energie- und Proteinaufnahme gesteigert hat. Zudem werden Komplikationen, Gewichtsverlust und Therapieaufschub bei Tumorbehandlungen reduziert. Der sichere Nachweis einer Mortalitätssenkung durch orale und enterale Supplemente sowie parenterale Ernährung (PN) bleibt jedoch bislang meist aus. Insgesamt ist die Datenlage inkonsistent und lässt keine eindeutigen Aussagen zu, sodass einige Meta-Analysen, die vorwiegend orale Ernährungsinterventionen untersuchten, weitere Studien fordern. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Auswirkungen der Ernährungstherapie bei Patienten mit Lungenkarzinom näher zu beleuchten sowie festzustellen, ob Trinknahrung (TN) oder PN gleichwertig sind oder ob eine Variante Vorteile birgt. Methoden: Die vorliegende Studie ist eine monozentrische, prospektive Längsschnittstudie. Sie untersuchte, welche Auswirkungen eine supplementäre TN beziehungsweise PN auf Patienten mit Lungenkarzinom im fortgeschrittenen Stadium mit vorliegender Mangelernährung oder mit einem bestehenden Risiko für eine Mangelernährung haben. Dabei wurde gezeigt, inwieweit Gewichtsverlauf, Body-Mass-Index (BMI), die Parameter der Bioelektrischen Impedanzanalyse (BIA), die Lebensqualität und Laborparameter durch die entsprechende Ernährungstherapie beeinflusst werden können. Zudem wurden die Ergebnisse der Gruppe, welche TN erhielt (GTN), mit der der parenteral ernährten Gruppe (GPN) verglichen. Die Daten wurden zu Therapiebeginn sowie sechs Wochen und zwölf Wochen nach Therapiebeginn erhoben. Die BIA-Parameter umfassen Phasenwinkel, Fettmasse (FM), fettfreie Masse (FFM), Körperzellmasse (BCM) und Extrazellulärmasse (ECM). Die erhobenen Laborparameter beinhalten ein kleines Blutbild sowie Kreatinin, C-reaktives Protein (CRP) und Serumalbumin. Zur Erfassung der Lebensqualität wurde die letzte Aussage zur globalen Lebens-qualität aus dem EORTC QLQ-C15-PAL-Fragebogen ausgewertet. Zudem wurde zu Beginn der Therapie zur Identifizierung einer Mangelernährung der NRS-2002-Fragebogen ausgefüllt. Zu jedem Messzeitpunkt erfolgte anamnestisch eine semiquantitative Erfassung der bisherigen Nahrungszufuhr mittels Teller-Diagramm, aus der näherungsweise die tägliche Kalorienzufuhr über die Nahrung errechnet wurde. Zur Abdeckung des Gesamtenergieumsatzes wurde eine individuell abgestimmte, zusätzliche Kalorienzufuhr mittels TN oder PN gewählt. Patienten, welche weder PN noch TN zustimmten, wurden der Gruppe 0 zugewiesen. Zur statistischen Auswertung wurde das Programm IBM® SPSS® Statistics genutzt. Zur Hypothesentestung wurden der Wilcoxon-Test und der Whitney-U-Test wiederholt durchgeführt und das Effektstärkemaß r ermittelt. Für alle Variablen wurden die Mittelwerte und Häufigkeiten errechnet, teils untergliedert nach Therapiegruppe und Messzeitpunkten. Zur Bewertung des NRS-2002 und zur Überlebenszeitenanalyse wurde zudem die Gesamtstichprobe untersucht. Ergebnisse und Beobachtungen: Die Teilnehmer befanden sich in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Tumorerkrankung, es lag eine Vielzahl an Komorbiditäten und Komplikationen vor. Die meisten Patienten erhielten die Ernährungstherapie nicht bereits bei Erstdiagnose, im Mittel waren bereits zehn Monate vergangen. In GPN wiesen mehr Patienten zu Beginn einen schlechteren Ernährungszustand auf. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass man versuchte, eine Mangelernährung primär auf oralem Wege zu beheben. Das Ziel der Studie, einen Vergleich zwischen den Ernährungstherapien über insgesamt zwölf Wochen zu ermöglichen, war durch mehrere Faktoren erschwert. Erstens lag eine recht kleine Zahl an Studienteilnehmern von 26 Patienten vor. Zusätzlich war ein hoher Dropout zu verzeichnen, der die Teilnehmerzahl auf 14 reduzierte. Fast 60 % des Dropouts begründet sich durch ein Versterben der Patienten. Aufgrund fehlender Daten sowie der Heterogenität der Studienteilnehmer und der damit geringen Anzahl an vergleichbaren Werten ist die Interpretation der Ergebnisse nur mit deutlichen Einschränkungen möglich. Bei der Untersuchung von Gewicht, BMI, den meisten BIA-Parametern und bei der Lebensqualität zeigte sich nach sechs beziehungsweise zwölf Wochen keine signifikante Verschlechterung. Dies gilt sowohl für GTN als auch für GPN. Diese Parameter wurden durch die Therapie erfolgreich stabilisiert. Allerdings ergab sich aus der Statistik der GTN nach zwölf Wochen Therapie ein in der Tendenz signifikanter Abfall der FFM und ein signifikanter Abfall der BCM, während in GPN keine signifikante Veränderung auffiel. Im direkten Vergleich der beiden Therapieformen TN und PN wurde der Unterschied allerdings für keinen der untersuchten Parameter als statisch signifikant eingestuft. Jedoch konnten teils mittelgradige bis hohe Effektstärken dargestellt werden. Dies umfasst beispielsweise eine stärkere Veränderung der FM im Vergleich der Therapiegruppen nach zwölf Therapiewochen. Gruppe 0 umfasste nur eine geringe Probandenzahl, sodass keine Signifikanztestungen möglich waren und dies nur eine vorsichtige Interpretation erlaubt. Es lässt sich ableiten, dass Gruppe 0 zwar in zwölf Wochen FFM zunimmt, jedoch scheint die Zunahme eher durch eine ungünstige Entwicklung der Körperwasserverteilung als durch eine ansteigende Muskelmasse bedingt. Bei den Laborparametern ergab sich ein heterogeneres Bild, welches viele interindividuelle Schwankungen widerspiegelt, die zu allen Messzeitpunkten bestanden. Dabei lassen sich die im Mittel auffallende Anämie und das erhöhte Kreatinin am ehesten auf die myelosuppressive und nephrotoxische Chemotherapie zurückführen. Erhöhte CRP-Werte liefern den Hinweis, dass eine inflammatorische Komponente eine Rolle spielen kann, welche für eine Tumorkachexie spricht. Das Absinken des CRP im Mittel nach sechs Wochen Therapie könnte einen Erfolg der Chemotherapie oder die erfolgreiche Behandlung einer akuten Infektion darstellen. Das Albumin im Serum wurde nur selten laborchemisch bestimmt, sodass nur sehr wenige Fälle verglichen werden konnten. Jedoch gab es Hinweise dafür, dass es durch TN und PN stabilisiert werden könnte. Schlussfolgerungen: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese prospektive Studie über zwölf Wochen Daten zur Ernährungstherapie bei Patienten mit fortgeschrittenen Lungenkarzinomen lieferte. Ein Vergleich der Ernährungstherapie mittels TN und mittels PN war möglich. Die Studie konnte zeigen, dass der Verlauf des Ernährungsstatus und der Lebensqualität mit künstlicher Ernährung positiv zu beeinflussen ist. Zudem könnte sich hinter diesen Ergebnissen ein Vorteil der PN gegenüber der Ernährungstherapie mit TN verbergen, da nur GTN nach zwölf Wochen einen Verlust von BCM und FFM aufwies. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die zusätzlich konsumierte Energie bei GTN bevorzugt als FM eingelagert werden könnte. Dies sollte an einer größeren Studienpopulation detaillierter untersucht werden.

DOI
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