Untersuchungen zur Rolle des onkogenen Transkriptionsfaktors STAT3 im kolorektalen Karzinom

Die koordinierte Funktion vieler signalvermittelnder Proteine ist entscheidend für die Angemessenheit des Verhaltens von Zellen in Gewebe und Organismus. Fehlerhaft regulierte Aktivität vieler Signalmediatoren wurde mit der onkogenen Transformation von Zellen korreliert. Ein wichtiger Regulator malignitätsrelevanten Zellverhaltens ist der „Signal Transducer and Activator of Transcription“ STAT3. STAT3 steuert fundamentale zellphysiologische Prozesse wie Proliferation, Differenzierung und Apoptose. Dieser Transkriptionsfaktor wird durch Zytokin- und Wachstumsfaktor-Rezeptoren meist unter Vermittlung von Tyrosin-Kinasen der Janus Kinase (JAK)-Familie aktiviert und reguliert nach Phosphorylierung, Dimerisierung und Kerntranslokation die Transkription spezifischer Zielgene. Obwohl der JAK/STAT-Signalweg an krebsrelevanten Prozessen vieler Tumorerkrankungen (z.B. dem Mammakarzinom, Prostatakarzinom, Bronchialkarzinom und Nierenzellkarzinom) beteiligt ist, existieren kaum grundlegende Untersuchungen zur STAT-Funktion im ansonsten molekular gut studierten kolorektalen Karzinom (CRC). Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher die Aktivität von STAT3 in diesem besonders häufigen Karzinom untersucht. Hierzu wurden die Tumorproben von 17 unterschiedlichen Patienten bezüglich ihrer STAT3-Aktiviät im Vergleich zum jeweils zugehörigen Randgewebe analysiert. In der Mehrzahl der Fälle konnte eine STAT3-Aktivierung in Zellen des Tumorgewebes nachgewiesen werden. Ein Vergleich der STAT3-Aktivität zwischen Tumorzellen und den nicht-transformierten Zellen der angrenzenden Darmschleimhaut zeichnete ein unscharfes Bild. So konnte im Randgewebe einerseits in mehreren untersuchten Proben eine geringere Intensität der STAT3-Aktivierung nachgewiesen werden. Andererseits fanden sich zwischen Tumor und Randgewebe ebenso umgekehrte Verhältnisse in bezug auf die STAT3-Aktivität. Die Auswirkungen dieser nachgewiesenen STAT3-Aktivierung auf das kolorektale Karzinom wurden anhand von fünf Kolonkarzinomzellinien näher untersucht. Erstaunlicherweise konnte in keiner dieser Zellinien eine STAT3-Aktivität nachgewiesen werden. Analysen zur STAT3-DNA-Bindungsaktivität in den primären Tumoren, aus denen drei der untersuchten Zellinien entwickelt worden waren, bestätigten jedoch, daß kolorektale Tumorzellen während ihrer Kultivierung ihre STAT3-Aktivität verlieren. Um dennoch Aussagen über die STAT3-Funktionen im CRC treffen zu können, wurden in vier kolorektalen Karzinomzellinien durch retrovirale Transduktion drei funktionell unterschiedliche STAT3-Varianten stabil (über-) exprimiert. (1) Die wildtypische Form von STAT3 („w.t. STAT3“). (2) Ein durch den Austausch zweier Aminosäuren zu Cystein verändertes STAT3, das durch die Bildung von Disulfidbrücken spontan dimerisiert und daher konstitutiv aktiviert ist („c.a. STAT3“). (3) Eine dominant negative STAT3-Mutante („d.n. STAT3“), die durch den Austausch eines Tyrosinrestes zu Phenylalanin nicht durch Phosphorylierung aktiviert werden kann. Mit Hilfe dieser transduzierten Zellderivate konnte in Analysen zum Proliferationsverhalten ein wachstumsfördernder Einfluß von STAT3 nachgewiesen werden. Des weiteren zeigte sich, daß in allen untersuchten Zellinien durch IL-6-Stimulation STAT3-Aktivierung induziert wird. Auch diese wirkt sich fördernd auf das Wachstumsverhalten aller Zellinien aus. Es wurden auch Untersuchungen zur Wirkung von STAT3 auf die Tumorgenität im Mausmodell durchgeführt. Hierbei wurden die Zellinie HT-29 und ihre Derivate HT-29 w.t. STAT3 und HT-29 c.a. STAT3 subkutan in Nacktmäuse transplantiert. Die entstandenen xenogenen Tumoren ließen hinsichtlich ihrer Größe keine eindeutigen Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen erkennen. Die Untersuchungen zur STAT3-DNA-Bindung in den entstandenen Tumoren zeigten eine STAT3-Aktivität auf äquivalentem Niveau in allen HT-29-Derivaten, obwohl ein Verlust der STAT3-Expression ausgeschlossen werden konnte. Dies zeigt, daß Kolonkarzinomzellen während der Tumorbildung im murinen Organismus STAT3 aktivieren und läßt vermuten, daß HT-29-Zellen trotz Überexpression unterschiedlicher STAT3-Varianten die STAT3-Aktivität durch Regulationsmechanismen auf ein bestimmtes Niveau begrenzen. Hieraus könnten sich auch die geringen Unterschiede der Tumorgröße zwischen den einzelnen Gruppen erklären. Weiterführende Untersuchungen widmeten sich der Frage nach den Entstehungsmechanismen der STAT3-Aktivität in kolorektalen Karzinomzellen. Dabei konnte anhand von Zytokinstimulationen gezeigt werden, daß IL-6, im Gegensatz zu Zytokinen wie OSM, LIF oder IL-11, in Zellinien des Kolonkarzinoms zu STAT3-Aktivierung führt. Des weiteren zeigte sich, daß in Zellen der Zellinie HT-29 durch eine experimentelle Verstärkung von Zell-Zell-Kontakten eine autokrine STAT3-Aktivierung induziert wird. Diese Ergebnisse liefern ermutigende Hinweise für die Eignung von STAT3 als Zielmolekül in der Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze in der Therapie des kolorektalen Karzinoms.

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