Arbeitszeit und Beschäftigungsstabilität : zum Einfluss von Arbeitszeitsystemen auf die Dauer von Beschäftigungsverhältnissen; eine Untersuchung für sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Basis von Linked-Employer-Employee-Daten

Führt die Nutzung von flexiblen betrieblichen Arbeitszeitmodellen zu einer Erhöhung der Betriebszugehörigkeitsdauer von Arbeitnehmern zu ein und demselben Betrieb? Welchen Effekt auf diese individuelle Beschäftigungsstabilität zeigt eine Arbeitszeitverlängerung, wenn man eine direkte Lohnanpassung unberücksichtigt lässt?Diese beiden Kernfragen werden in der vorliegenden Dissertation mit Hilfe eines Linked- Employer- Employee- Datensatzes beantwortet, in dem sowohl Betriebs- als auch Arbeitnehmerinformationen für den Analysezeitraum von 1996 bis 2000 enthalten sind. Weil es bislang keine eigenständige Arbeitszeittheorie gibt und die derzeit in der Arbeitszeitforschung diskutierten Ansätze beinahe ausschließlich dem workers-hours-demand model folgen, werden in der Dissertation als analytische Konstrukte empirisch hergeleitete Arbeitszeitsysteme in ihrer Wirkung auf die individuelle Beschäftigungsstabilität betrachtet. Arbeitszeitsysteme lassen sich kurz und knapp als Beschäftigungssysteme verstehen, welche um den Arbeitszeitbedarf des betrieblichen Produktionssystems erweitert sind. In ihnen kommt außerdem die betriebliche Personalpolitik zum Ausdruck, die auf Allokation, Gratifikation und Qualifikation des Personals ausgerichtet ist. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, soziologische Betrachtungsweisen zu berücksichtigen, nach denen die Arbeitszeit nicht nur einen Teil des Faktors Arbeit und damit einen Kostenaspekt darstellt, sondern im Austauschverhältnis zwischen Arbeitsangebot und -nachfrage eine Symbolfunktion übernimmt. In dieser Hinsicht ist die Arbeitszeit besonders in der deutschen Wirtschaft, mit Flächentarifverträgen und relativ fixen Löhnen, von Bedeutung, denn das Ringen um adäquate Mittel zur Anpassung von Beschäftigungskosten endete in der Vergangenheit meist mit der Anpassung von Arbeitszeitdauern bzw. der Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung werden die Arbeitszeit und allgemeiner die Erwerbsarbeit im ersten Teil der Dissertation hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Beschleunigungsgesellschaft aus einem eher gesellschaftstheoretischen Blickwinkel betrachtet. Danach folgt die Einordnung der Fragestellung in vorherrschende arbeitsmarkttheoretische Ansätze. Im empirischen Teil wird herausgestellt, dass der dauerhafte Einsatz eines flexiblen Arbeitszeitsystems keinen Einfluss auf die individuelle Beschäftigungsstabilität hat. Eine einfache Arbeitszeitverlängerung wirkt in Ostdeutschland dagegen stabilisierend. Den gleichen Effekt erzielt eine Arbeitszeitverkürzung, und zwar sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland. Es wird geltend gemacht, dass diese Ergebnisse unter anderem damit erklärt werden können, dass andere Faktoren, wie das Personenalter, die individuelle Erwerbsbiographie, die Individualqualifikation und auch das Geschlecht, eine größere Erklärungskraft besitzen, dass sich in der Gesamtschau Sortierprozesse zeigen, von denen Frauen anscheinend besonders betroffen sind, und, dass soziale Netzwerke, in die Betriebe eingebunden sind, oder zumindest die innerbetrieblichen Sozialbeziehungen einen stärkeren Einfluss auf die individuelle Beschäftigungsstabilität besitzen als flexible Arbeitszeitsysteme. Weil der verwendete, hoch komplexe Datensatz bislang noch nicht für Forschungszwecke zum Einsatz kam, enthält die Dissertation zusätzlich ausführliche Methoden- und Tabellenberichte.

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