Peptiderkennungsmechanismen und deren Einfluss auf die Entwicklung spezifischer Enzymeffektoren am Beispiel der Proteintyrosinphosphatase SHP-1

Die selektive Hemmung von Enzymen der intrazellulären Signalkaskaden ist ein aktuelles Ziel in der Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten für zahlreiche pathophysiologische Zustände, wie z.B. chronische Entzündungen, neurodegenerative Erkrankungen und verschiedene Krebserkrankungen. Obwohl klassische Inhibitoren auf eine Blockierung des aktiven Zentrums abzielen und damit zweifellos die Inhibierung des entsprechenden Enzyms herbeiführen, sind sie aufgrund der Sequenz- und Strukturhomologie innerhalb bestimmter Enzymfamilien meist ausgesprochen unspezifisch und finden somit nur beschränkt Anwendung. In neueren Ansätzen wird dagegen angestrebt, Bindungsstellen außerhalb des aktiven Zentrums zu attackieren, die z.B. auf Proteinmodulen in der Nähe der katalytischen Domäne zu finden sind. Die Forschung auf diesem Gebiet profitiert häufig von dreidimensionalen Strukturdaten, die zur Identifizierung individueller Regionen oder Dockingstellen auf dem Zielmolekül herangezogen werden können und darüber in die Regulation der Substratinteraktion eingebunden werden. Die SH2-Domänen der Proteintyrosinphosphatase SHP-1, insbesondere die N-terminale SH2-Domäne, sind aufgrund ihrer Beteiligung an der allosterischen Regulation der Enzymaktivität in besonderem Maße für die Entwicklung von Effektoren interessant. Ziel der vorliegenden Arbeit war es deshalb, über die Kenntnis der minimalen Konsensussequenzen hinaus eine detailierte Analyse der topographischen und konformationellen Erfordernisse zur spezifischen Bindung an die SHP-1 N-SH2-Domäne vorzunehmen und davon ausgehend Konzepte für die gezielte Modulation der Phosphataseaktivität zu erarbeiten. Die Strategien zur Regulation der Phosphatase wurden aufgrund der Domänenstruktur des Enzyms abgeleitet, da diese verschiedene Möglichkeiten des Angriffs durch nieder-molekulare Verbindungen bietet. Neben einer detailierten Analyse der Determinanten zur hochaffinen Bindung an N-SH2 sowie zur Aktivierung bzw. Inhibierung von SHP-1 mit Hilfe konformationell eingeschränkter minimaler Konsensuspeptide konnte ein wichtiger Beitrag zur Klärung der Frage nach der Bedeutung der Aminosäurereste C-terminal der minimalen Konsensussequenz geleistet werden. Letzteres war essentiell für die aktuellen Untersuchungen bivalenter Liganden, die neben der SH2-Erkennungssequenz ein weiteres Motiv enthalten, dass zur Interaktion mit einer unabhängigen Bindungsstelle in der Nähe der N-SH2/PTP-Kontaktfläche vorgesehen ist. Im Bezug auf substratanaloge Verbindungen konnte anhand von kinetischen Untersuchungen gezeigt werden, dass bestimmte Motive mit drei phosphorylierten Tyrosinresten gegenüber mono- oder biphosphorylierten Sequenzen bevorzugt durch SHP-1 umgesetzt werden. Die Kenntnis der Lokalisierung der Phosphotyrosinreste und der strukturellen Eigenschaften der weiteren Aminosäuren innerhalb dieses Motivs beeinflußt folglich das Design von Effektoren der katalytischen Domäne. Die aus unseren Untersuchungen gewonnenen Informationen sind für die weitere Entwicklung spezifischer Inhibitoren der Proteintyrosinphosphatase SHP-1 wesentlich, da wir die molekulare Erkennung von SH2-Liganden sowie von Substraten für die katalytische Domäne präzisieren konnten. Im Hinblick auf die Intervention der SH2-Domänen-Interaktionen kann die Sequenz- und Strukturhomologie zur verwandten SHP-2 limitierend sein, obwohl SHP-1 seine N-SH2-Liganden spezifischer erkennt als SHP-2. Aus unserer Sicht sollte eine solche Unterscheidung zwischen beiden Phosphatasen auf der Ebene der C-terminal verlängerten Konsensussequenzen (>pY+3) dennoch möglich sein. Bezüglich reiner substratanaloger Verbindungen ist die Entwicklung aufgrund der geringeren Spezifität von PTP1B ebenfalls gehemmt. Eine Kopplung von hochspezifischen SH2-Liganden mit substratanalogen Motiven bzw. mit den von uns angestrebten Motiven, die nicht im aktiven Zentrum binden, wird deshalb als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen vorgeschlagen. Studien an hochspezifischen peptidischen Verbindungen erleichtern perspektivisch das rationale Design von niedrigmolekularen Effektoren für SHP-1.

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