Einfluss psychosozialer Belastung auf die somatische Genesung von Bypasspatienten

Die häufigste Todesursache in den Industrienationen ist die chronisch ischämische Herzkrankheit. Hypercholesterinämie, Rauchen, Bewegungsmangel und Stress sind einige der Ursachen für diese Herz-Kreislauferkrankung. Die Diagnostik und Therapie der Koronaren Herzkrankheit verursachen jährlich einen großen Teil der Kosten im Gesundheitswesen. Prävention durch Änderung der Lebensgewohnheiten ist ein Ansatz dieser Entwicklung zu begegnen. Liegt allerdings eine manifeste Erkrankung vor, muss neben der rein medizinischen Betrachtungsweise, die Therapie der Betroffenen auch unter Beachtung psychosozialer Aspekte erfolgen. Eine Therapiemöglichkeit ist die Bypassoperation. Sie beinhaltet wie alle Operationen Risiken. Zu diesen zählen beispielsweise Wundheilungsstörungen und Rhythmusstörungen. Jede Operation ist ein Eingriff in die somatische, psychische und soziale Integrität eines Patienten. Mit der Tragweite der Erkrankung sowie der Komplexität des geplanten Eingriffs wächst das Ausmaß der Belastung für den Patienten. Eine Operation am Herzen stellt jedoch eine besondere Belastung dar. Unter diesem Gesichtspunkt widmet sich die vorliegende Arbeit der somatischen Genesung psychosozial belasteter Bypasspatienten. Es wurde untersucht, ob präoperative Angst, Depression und geringe soziale Unterstützung die postoperative somatische Genesung beeinflussen. Am Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena wurden 183 elektiv aufgenommene Bypasspatienten vom 22.11.2006 bis 08.10.2007 in die Studie eingeschlossen. Zum Einen wurden somatische Daten, wie z.B. präoperative Diagnosen, Größe, Gewicht, der EuroSCORE und der postoperative somatische Frühverlauf mit möglichen Komplikationen festgehalten. Zum Anderen wurden psychosoziale Daten erhoben. Die Patienten wurden aufgefordert, einen standardisierten Fragebogen auszufüllen und an einem psychologischen Kurzinterview teilzunehmen. Ein prä- und postoperativ durchgeführter 2-Minuten-Gehtest diente als Kenngröße für die Mobilität. Die Selbsteinschätzung der Patienten durch die Fragebögen erfolgte zu vier Zeitpunkten über ein halbes Jahr: am Tag der Aufnahme in das Klinikum, postoperativ (kurz vor der Entlassung) und katamnestisch (3 und 6 Monate nach der Operation). Als ein Ergebnis zeigte sich, dass der präoperative Gesundheitszustand und das psychosoziale Befinden von einander abhängig waren. Des Weiteren standen eine eingeschränkte präoperative Mobilität mit Depression und Angst in Beziehung, wie auch der Grad der Herzinsuffizienz mit Depression bzw. verminderter sozialer Unterstützung. Es zeigte sich ebenso eine Beziehung zwischen verminderter gesundheitsbezogener Lebensqualität und Depression. Es ließ sich hingegen kein Zusammenhang zwischen dem Risiko während der Operation oder innerhalb von 30 Tagen nach einem herzchirurgischen Eingriff zu versterben und präoperativer psychosozialer Belastung nachweisen. In Bezug auf den postoperativen somatischen Frühverlauf erwies sich die präoperative Angst als ein signifikanter Prädiktor für das Auftreten von postoperativen Komplikationen. Die psychosozialen Belastungsfaktoren Angst, Depression und verminderte soziale Unterstützung zeigten jedoch keinen Einfluss auf den postoperativen Mobilitätsgrad und die empfundene Schmerzstärke. Katamnestisch (3 bzw. 6 Monate postoperativ) zeigte sich, dass die präoperative Depression ein signifikanter Prädiktor für die eingeschränkte körperliche Belastbarkeit war. Die präoperative Depressivität eines Patienten hatte ebenso einen Einfluss auf die empfundene Schmerzstärke 3 Monate nach der Bypassoperation. Dieser Effekt verlor sich zum Zeitpunkt der 6-Monatskatamnese. Weder in der 3-, noch der 6- Monatskatamnese konnten Einflüsse der präoperativen psychosozialen Belastung auf den körperlichen Gesundheitszustand gefunden werden.

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