Lymphozytäre Immunrekonstitution nach allogener Stammzelltransplantation

Die allogene Stammzelltransplantation offeriert Patienten mit hämatologischen und nicht-hämatologischen Erkrankungen nach entsprechender Indikationsstellung eine potentiell kurative Behandlungsmöglichkeit. Jedoch ist sie immer noch behaftet mit einer hohen therapieassoziierten Mortalität, die die ständige Suche nach Optimierung des Therapieregimes möglichst innerhalb klinischer Studien mehr als rechtfertigt. Diese retrospektive Datenanalyse untersucht als prognostischen Faktor die lymphozytäre Immunrekonstitution nach allogener Stammzelltransplantation bei 71 Patienten, die zwischen 1997 und 2002 im Transplantationszentrum der Inneren Klinik II des Universitätsklinikums Jena behandelt wurden, davon 27 Frauen und 44 Männer im mittleren Alter von 42 Jahren. Hauptdiagnosen waren chronische und akute Leukämien. Es wurden hauptsächlich mobilisierte periphere Blutstammzellen als Stammzellquelle eingesetzt. Verschiedene Faktoren beeinflussen nach dem augenblicklichen Kenntnisstand das Gesamtüberleben und das ereignisfreie Überleben nach einer allogenen Stammzelltransplantation. Dies sind die Anzahl der CD34-positiven Stammzellen und CD3-positiven Zellen im Transplantat, die HLAKompatibilität von Spender und Empfänger, die Grunderkrankung des Patienten, der Krankheitsstatus zum Zeitpunkt der Transplantation, das Alter des Patienten, die Konditionierungsbehandlung sowie das Auftreten einer Unverträglichkeitsreaktion (GVHD) oder einer symptomatischen CMV-Infektion. Das Forschungskonzept dieser Arbeit untersucht und hinterfragt insbesondere modulierbare Einflussgrößen, um die Erfolgsaussichten einer allogenen Stammzelltransplantation zu verbessern. Die lymphozytäre Immunrekonstitution wurde dabei anhand der absoluten Zellzahlen/µl im peripheren Blut (T-, B- und NK-Zellen) mithilfe einer standardisierten immunphänotypischen Analyse (FACS Analyse = fluorescence activated cell sorting) vor allogener Stammzelltransplantation sowie im Verlauf zwei, drei und fünf Monate nach Transplantation aufgezeichnet. Zur Prüfung eines signifikanten Zellwachstums an den unterschiedlichen Messpunkten wurde der Test von Wilcoxon verwendet. Anhand oben genannter unterschiedlicher Einflussgrößen auf die Transplantation wurden die Patienten jeweils Kohorten zugeordnet und mit Hilfe des Wilcoxon-Mann-Whitney-Tests auf mögliche Unterschiede in der Immunrekonstitution der Lymphozytensubgruppen überprüft: Die lymphozytäre Immunrekonstitution verlief in allen untersuchten Zellsubpopulationen regelhaft. CD8+- und CD56+-Zellen konnten 2 schon kurz nach Transplantation Normwerte erzielen. Unter dem Therapieregime der Stammzelltransplantation litten am meisten die CD19+-Zellen, gefolgt von den CD4+-Zellen. Patienten mit akuten Leukämien zeigten hinsichtlich der Immunrekonstitution bessere Ergebnisse nach Transplantation, als Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie. Älteren Patienten (> 50 Jahre) und Patienten mit Komorbiditäten kann eine Transplantation ermöglicht werden, vorausgesetzt das Konditionierungsregime ist dem Risikoprofil angepasst. Eine reduzierte Konditionierung ist der klassischen Konditionierung hinsichtlich einer schnelleren lymphozytären Immunrekonstitution zu bevorzugen. Es wurde insgesamt ein verringertes Auftreten einer Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (GVHD), insbesondere auch schwerer Formen nach dosisreduzierter Konditionierung, beobachtet. 40% der Patienten entwickelten nach Transplantation eine schwere GVHD der Grade 2 bis 4. Risikofaktoren waren ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium, HLA-Inkompatibilität, akute Leukosen, Prophylaxe mit CSA allein oder in Kombination mit MMF. Die Haupteffektorzellen der GVHD und einer symptomatischen CMV-Infektion sind CD8+-Zellen. Dies ist hervorzuheben, da das eingesetzte Antithymozytenglobulin (ATG) zur GVHD-Prophylaxe bei dosisreduzierter Konditionierung laut unseren Daten vornehmlich auf CD4+-Zellen wirkt. 30% der Transplantierten entwickelten eine symptomatische CMV-Infektion. Der symptomatisch werdenden CMV-Infektion geht wahrscheinlich eine CD4+-Zelldepression voraus. Für Patienten mit einem vollkompatiblen Familienspender konnte eine verbesserte lymphozytäre Immunrekonstitution sowie eine geringere GVHD-Inzidenz gezeigt werden. Das Empfängergeschlecht, die Anzahl von CD34-positiven Stammzellen und CD3+-Lymphozyten im Transplantat hatten insgesamt keinen wesentlichen Einfluss auf die Immunrekonstitution. Diese Arbeit stellt zusammenfassend den klinisch bedeutsamen Vorteil einer dosisangepassten reduzierten Konditionierung vor allogener Stammzelltransplantation heraus. Damit können auch Patienten höheren Lebensalters und/oder mit Komorbiditäten einer allogenen Stammzelltransplantation zugeführt werden. Durch eine dosisreduzierte Konditionierung kann bei erhaltenem therapeutischem Antileukämie-Effekt eine Senkung der Gesamtmortalität und eine gute Langzeitüberlebensrate erzielt werden. Dies scheint sich in der beschleunigten Entwicklung der lymphozytären Zellreihen (=Immunrekonstitution) nach Transplantation zu zeigen.

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:
Alle Rechte vorbehalten