In-vitro-Studie zur antibakteriellen Wirkung von Adhäsiva im Dentin-Agar-Hemmhoftest

Einleitung: Mit Einführung der Komposite (1954) und der Entwicklung der Adhäsivtechnik (1955) wurden neue Perspektiven für die Zahnmedizin eröffnet. Die Möglichkeit, Restaurationsmaterialien an die Restzahnhartsubstanz im Frontzahngebiet und später auch im Seitenzahngebiet zu kleben, gewann durch die minimalinvasive Präparation und durch die ästhetische Farbgebung immer mehr Zuspruch. Des Weiteren hat auch die Amalgamdiskussion in den vergangenen 15 Jahren zu einem enormen Zuwachs an zahnfarbenen Restaurationen beigetragen. Verbunden damit war eine direkt proportionale Nachfrage nach Dentinadhäsivsystemen. Die Entwicklung neuer Adhäsiva steht im Zeichen der verbesserten Haftung am Dentin, sowie der Vereinfachung der Applikation und Verminderung der Arbeitsschritte. Methode: Ziel der vorliegenden Studie war es, in vitro der möglichen antibakteriellen Wirkung von 38 am häufigsten verkauften selbstätzenden (n = 18) und totalätzenden (n = 20) Dentinadhäsiva gegenüber oralen Keimen, die bevorzugt am harten Kavitätenboden restieren, nachzugehen. Neun Referenzstämme (S. mutans, S. sanguinis, S. sobrinus, L. casei, L. coryniformis, L. plantarum, A. israelii, A. naeslundii und A. odontolyticus) wurden in die Untersuchung einbezogen. Über 700 sterile humane Dentinscheiben (Dicke 0,7 mm bis 0,8 mm, mittlerer Durchmesser von 10,8 mm) wurden von ca. 350 kariesfreien Molaren gewonnen. Die ausgewählten Adhäsiva wurden auf die Dentinscheiben aufgebracht und nach Herstellerangaben polymerisiert (Free Light 2, 3M Espe). Mit den Dentinscheiben sollte die Dentinbarriere, die unter klinischen Bedingungen vorliegt, simuliert werden. Unter aseptischen Bedingungen wurden die Dentinscheiben auf die mit den Bakterienstämmen inokulierte Agaroberfläche aufgelegt und nach 48-stündiger Bebrütung die antibakterielle Wirkung der Adhäsiva im Bakterienrasen metrisch erfasst. Ergebnisse: Insgesamt erwiesen sich 21 Produkte als antibakteriell. Aus der Gruppe der selbstätzenden Adhäsiva, hatten 12 Adhäsivsysteme eine antibakterielle Wirkung. artCem One (Merz Dental), iBond (Heraeus Kulzer), Xeno III (Dentsply), Clearfil Liner Bond 2V (lichthärtend), Clearfil Protect Bond (beides Kuraray Europe) und Resulcin AquaPrime+MonoBond (Merz Dental) inhibierten alle Referenzstämme und Adper Prompt L-Pop (3M Espe), G-Bond (GC EUROPE N.V.), Clearfil SE Bond (Kuraray Europe), go (SDI Southern Dental), Futurabond DC (VOCO GmbH) und One Coat Self-Etching (Coltène® Whaledent) hingegen nur einzelne Referenzstämme in ihrem Wachstum. Neun der totalätzenden Dentinadhäsiva – darunter Admira Bond (VOCO GmbH), Clearfil Photo Bond (Kuraray Europe) und Cumdente Adhesive (Cumdente) – führten zur Hemmhofausbildung bei allen Referenzstämmen und Clearfil New Bond (Kuraray Europe), Gluma Comfort Bond, Gluma Solid Bond (beides Heraeus Kulzer), OptiBond Solo Plus (Kerr), Ecusit (DMG GmbH) und Syntac Classic (Ivoclar Vivadent) hemmten einzelne Stämme in ihrem Wachstum. Insgesamt wurden in 16 Fällen Streptokokken und Aktinomyzeten im Wachstum unterdrückt und in 15 Fällen Laktobazillen. Aktinomyzeten waren am stärksten betroffen. Im Langzeittest wurde eine antibakterielle Wirkung von 10 Dentinadhäsiva gegenüber einzelner Indikatorstämme registriert. Von den selbstätzenden Adhäsiva blieb die antibakterielle Wirkung von One-Coat Self-Etching bis zum 2. Tag, von artCem One und iBond bis zum 4. Tag und von Xeno III bis zum 6. Tag bestehen. Clearfil Protect Bond inhibierte S. mutans, L. casei und A. naeslundii bis zur 7. Woche. Von den totalätzenden Adhäsiva wurde bei Gluma Comfort Bond bis zum 2. Tag, bei Clearfil New Bond, Clearfil Photo Bond, Gluma Comfort Bond und Syntac Classic lediglich bis zu 4 Tagen eine antibakterielle Wirkung gegenüber Aktinomyzeten registriert. Streptokokken wurden allein von Syntac Classic bis zum 4. Tag inhibiert. Laktobazillen wurden insgesamt deutlich schwächer gehemmt. Schlussfolgerung: Die Studie ermöglicht einen Überblick über eine Vielzahl von Adhäsivsystemen, von denen eine antibakterielle Wirkung ausgeht. Bisherige Studien können nur zu einem geringen Teil die in dieser Arbeit registrierten Ergebnisse bestätigen, da eine solche Vielzahl von Produkten bislang nicht getestet wurde. Dennoch sollte nicht allein die antimikrobielle Wirkung bei der Auswahl der Adhäsiva eine Rolle spielen. Viele Faktoren, wie Hafthalt, Schrumpfungseigenschaft, vereinfachte Anwendung und Verminderung der Applikationsdauer, sowie Einsatzort, sollten für den Anwender bei der Auswahl von Adhäsivsystemen relevant sein. Eine über Inhaltstoffe ausgehende antibakterielle Wirkung könnte aber einer Sekundärkaries und Pulpaentzündungen vorbeugen. Der Leser findet in dieser Arbeit einen Überblick zur antibakteriellen Wirkung von Adhäsivsystemen als Entscheidungshilfe bei der Auswahl der Präparate.

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