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Einfluss des Rauchens auf das Riechvermögen des Menschen

Der Riechsinn des Menschen ist über viele Jahre hinweg als weniger wichtig als z.B. das Sehen und das Hören angesehen worden. Erst in den letzten Jahren und Jahrzehnten hat das klinisch-wissenschaftliche Interesse am Riechsinn zugenommen. So konnten vielfältigste Ursachen und Mechanismen von Riechstörungen entdeckt und zahlreiche Verfahren zur Testung des Riechsinnes etabliert werden. Die Wirkung des Rauchens auf den Riechsinn konnte allerdings trotz einiger Anstrengungen und Untersuchungen nicht abschließend geklärt werden. Vereinzelte Arbeiten stellen keinerlei schädliche Wirkung des Rauchens auf den Riechsinn fest, während andere Veröffentlichungen sehr wohl negative Einflüsse des Rauchens auf das Riechvermögen des Menschen beschreiben. Allerdings wird diese Schädigung von einigen Autoren als kurzfristig und reversibel, von anderen dagegen als langfristig und irreversibel interpretiert. So war es das Ziel dieser Arbeit, den zeitlichen Charakter des Einflusses des Rauchens auf das Riechvermögen junger Menschen genauer zu beleuchten. Schädigt das Rauchen das Riechvermögen, und wenn ja, ist dieser Schaden von kurzfristigem oder von langfristigem Charakter, oder lässt sich eine solch strikte Trennung möglicherweise gar nicht durchführen? So soll letztlich eine Aussage darüber getroffen werden, ob der Raucherstatus in der Ermittlung von Riechnormwerten Berücksichtigung finden muss. Deshalb wurden zwischen Juni 2009 und Juni 2010 in der HNO-Universitätsklinik in Jena 40 Raucher und 43 Nieraucher auf ihr Riechvermögen hin mit Hilfe der Sniffin’ Sticks Testbatterie untersucht. Alle Probanden mussten zwischen 18 und 35 Jahren alt sein und durften nicht unter Krankheiten leiden, welche das Riechvermögen beeinflussen. So wurden z.B. Nasenpolypen durch eine anteriore Rhinoskopie ausgeschlossen. Nach einer ersten Riechtestung zu Testbeginn mussten sich die Raucher einer zweistündigen Rauchkarenz unterziehen, um danach einen Riechwert zu ermitteln. Danach wurden sie aufgefordert, eine Zigarette zu rauchen, ehe im Anschluss wieder mehrfach das Riechvermögen getestet wurde. Die Nieraucher hingegen unterzogen sich als Kontrollgruppe lediglich zwei Riechtestungen. Die Daten der Riechtestungen sowie parallel erhobene Blutdruck- und Pulswerte sowie einige Angaben, die in einem Fragebogen ermittelt wurden (u.a. eine Selbsteinschätzung des Riechvermögens) wurden mit Hilfe von SPSS statistisch ausgewertet. Es zeigte sich, dass die Raucher signifikant schlechtere Riechwerte als die Nieraucher erzielten. Aber direkt nach Einhaltung der zweistündigen Rauchkarenz verbesserte sich das Riechvermögen der Raucher kurzfristig auf das Niveau der Nieraucher. Auch in allen Teiltesten der Sniffin’ Sticks Testbatterie (Riechschwellen-, Diskriminations- und Identifikationstestung) zeigten sich diese Ergebnisse. Außerdem wiesen Raucher, die mehr als 7,5 packyears hatten (n=19), insgesamt schlechtere Riechwerte auf als Raucher, die weniger als 7,5 packyears hatten (n=21). Zusätzlich zeigte sich eine signifikante negative Korrelation zwischen Riechvermögen insgesamt und packyears. Die weiblichen Probanden erzielten bessere Riechergebnisse als die männlichen Probanden, Altersunterschiede im Riechvermögen traten nicht auf. Auch zeigte sich, dass Raucher und Nieraucher ihr eigenes Riechvermögen nur sehr ungenau einschätzten und, dass Blutdruck und Puls zwar durch das Rauchen einer Zigarette akut anstiegen, nach 30minütiger Rauchkarenz aber auch wieder absanken. Es muss also festgestellt werden, dass das Rauchen einen schädigenden Einfluss auf das Riechvermögen des Menschen ausübt. Akutes Rauchen einer Zigarette führt dabei in erster Linie zu kurzfristigen und reversiblen Schäden, denn schon eine zweistündige Rauchkarenz hat eine Verbesserung des Riechvermögens auf das Niveau von Nierauchern zur Folge. Chronisches Rauchen mit einer erreichten Zigarettendosis von mehr als 7,5 packyears führt zusätzlich auch zu langfristigen Schädigungen des Riechvermögens. So wurden signifikant schlechtere SDI-Werte bei einer Dosis von mehr als 7,5 packyears gemessen. Die Geschlechtszugehörigkeit übte einen schwächeren Einfluss auf das Riechvermögen aus, als die erreichte Zigarettendosis. Bei einem Probandenalter von maximal 35 Jahren bleibt das individuelle Alter ohne Einfluss. Die Ungenauigkeit in der Selbsteinschätzung des eigenen Riechvermögens macht subjektive und objektive Testverfahren in der Ermittlung des Riechvermögens eines Menschen unverzichtbar. Insgesamt muss gefolgert werden, dass der Rauchstatus und die erreichte Zigarettendosis bei der Ermittlung von Riechnormwerten berücksichtigt werden sollten. Außerdem sollte vor jeder Messung der Riechfunktion eine Rauchkarenz von zwei Stunden eingehalten werden.

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