Bedeutung der Aminosäureposition 222 im Hämagglutinin für die Pathogenität und Neuraminidaseinhibitor-Empfindlichkeit von H1N1 Influenza-A-Viren

Das Hämagglutinin (HA) ist ein Hauptantigen von Influenza-A-Viren (IAV) und ermöglicht die Bindung an Sialinsäurereste auf der Wirtszelloberfläche, die als Rezeptoren für den Viruseintritt dienen. Für eine effiziente Virusausbreitung muss die HA-Funktion mit der Funktion der viralen Neuraminidase (NA), die Sialinsäurereste als Substrat nutzt und abschneidet, abgestimmt sein. Die Aminosäuresubstitution HA-D222G bzw. ein HA-222D/G-Polymorphismus werden als Ursache für die starke Pathogenität von A(H1N1)pdm09-Viren im Mensch und in der Maus kontrovers diskutiert. In dieser Dissertation wurde am Beispiel des A(H1N1)pdm09-Virus mpJena/5258 und des porzinen, avian-like H1N1-Virus mpPotsdam/15 der Einfluss der HA-222 auf die Pathogenität von H1N1-Viren untersucht. Da die HA-222 Teil der Rezeptorbindestelle ist und sich Substitutionen dieser Aminosäure auf die NA-HA-Balance auswirken können, erfolgten zudem Untersuchungen zur Bedeutung der HA-222 für die NAI-Empfindlichkeit dieser Viren. Der untersuchte HA-222D/G-Polymorphismus ermöglicht A(H1N1)pdm09-Viren eine Änderung des Organtropismus im Mausmodell, wodurch eine in zwei Phasen verlaufende Virusreplikation und somit ein biphasischer Krankheitsverlauf ausgelöst werden kann. Die Experimente zeigten, dass ein HA-G222 in A(H1N1)pdm09-Viren mit einer erhöhten Pathogenität in BALB/c-Mäusen assoziiert ist. Die verbesserte Oseltamivir-Sensitivität von H1N1-IAV mit einem HA-G222 in der Maus wies darauf hin, dass ein HA-G222 das funktionelle Gleichgewicht von NA und HA im Mausmodell verbessert. Somit gelang es, den für In vitro-Testsysteme bereits beschriebenen Zusammenhang zwischen der NAI-Empfindlichkeit und der NA-HA-Balance in vivo nachzuweisen. Die innerhalb dieser Dissertation etablierten Mausmodelle mit mpJena/5258, HA-G222-mpJena/5258 und mpPotsdam/15 sind für die Testung neuer Anti-Influenza-Wirkstoffe geeignet, die infolge der eingeschränkten Verfügbarkeit zugelassender Medikamente dringend benötigt werden.

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