Entwicklung multifunktioneller Photoaffinitätslabels zur semisynthetischen Ausstattung von Michael-Akzeptoren

In der modernen pharmazeutischen Forschung bedeutet die Suche nach neuen Wirkstoffen oft eine jahrelange Entwicklungsarbeit, die mit beträchtlichen Kosten und einem hohen Grad an Ungewissheit verbunden ist. Aktuellen Schätzungen zufolge belaufen sich die Kosten für die Entwicklung eines neuen Arzneistoffes auf ca. 2.3 Milliarden Euro.[1] Der Prozess beginnt in der Regel mit der Identifizierung und Validierung eines biologischen Targets, meist ein Protein, dessen Modulierung von therapeutisch relevanter Bedeutung ist. Durch biochemische Charakterisierung des zuvor genannten Proteins wird ein Assay entwickelt, der die Untersuchung einer hohen Zahl verschiedenartiger Verbindungen hinsichtlich ihrer Bindungsstärke zum Target ermöglicht. Die besten Treffer werden ausgewählt und ihre strukturelle Beschaffenheit analysiert, sodass eine Leitstruktur definiert werden kann. Diese dient dann als „Ausgangspunkt“ für die Einführung chemischer Modifikationen, sodass anhand von Struktur-Wirkbeziehungsstudien Target-Affinität und physikochemische Eigenschaften des Wirkstoffs optimiert werden können.[2] Bei der Suche nach potenziellen Wirkstoffkandidaten spielen Naturstoffe nach wie vor eine wichtige Rolle. Etwa die Hälfte der 1328 zugelassenen Arzneimittel der letzten 30 Jahre waren entweder Naturstoffe, Naturstoffderivate oder aus Leitstrukturen abgeleitet, die in der Natur gefunden wurden.[3] Dies liegt zum Teil an ihrer hohen strukturellen Komplexität, die noch immer eine große Herausforderung für die organische Synthese darstellt. Darüber hinaus besitzen Naturstoffe häufig eine höhere Bioverfügbarkeit als synthetische Verbindungen, weil sie unter physiologischen Bedingungen gebildet werden und daher generell über ein Mindestmaß an Wasserlöslichkeit und Zellgängigkeit verfügen müssen. Tatsächlich gelten Lipinskis empirisch definierte Regeln zur Abschätzung der oralen Bioverfügbarkeit („Lipinski’s Rules of Five“) nicht für Naturstoffe.[4] Auch eignen sich Naturstoffe besonders für die Auffindung von Leitstrukturen, da ihre biosynthetische Herkunft eine evolutionäre Optimierung der Wechselwirkungen mit biologischen Zielstrukturen bedingte.[5,6] Sie bilden häufig individuelle Naturstoff-Familien, in denen die unterschiedlichen Vertreter leichte strukturelle Variationen, sowie abweichende pharmakologische Profile aufweisen.

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