Systematische Übersichtsarbeit : medikamentöse Therapie des Mammakarzinoms in der Schwangerschaft mit Fokus auf die embryofetale Fruchtschädigung

Das Mammakarzinom gehört zu den am häufigsten in der Schwangerschaft auftretenden Malignomen. Da Frauen zunehmend erst in fortgeschrittenem Alter gebären, ist anzunehmen, dass die Inzidenz schwangerschaftsassoziierter Mammakarzinome zukünftig weiter steigen wird. Aufgrund schwangerschaftsbedingter Veränderungen und zurückhaltender Diagnostik kommt es häufig dazu, dass diese Karzinome erst in fortgeschrittenen Stadien detektiert werden und somit meist einer systemischen adjuvanten Therapie bedürfen. Diesbezüglich verfügbare Daten sind derzeitig jedoch begrenzt. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es daher, die aktuell verfügbare Literatur zur Systemtherapie des Mammakarzinoms in der Schwangerschaft systematisch zusammenzufassen und diese unter pharmakologischen bzw. pharmakokinetischen Gesichtspunkten zu analysieren. Dazu wurde die medizinische Datenbank PubMed für den Zeitraum von 1970 bis 2017 mithilfe eines hierfür generierten Suchterms nach relevanten Publikationen durchsucht. Diese Ergebnisse wurden dann um zusätzliche Treffer, welche die Suche über die multidisziplinäre Web of Science Core Collection ergab, ergänzt. Zusätzlich wurden Referenzen relevanter Artikel berücksichtigt. Redundante Patientenkollektive wurden identifiziert und ausgeschlossen. Zum Einsatz von Anthrazyklinen besteht derzeit die meiste Evidenz. Daten zum Gebrauch anderer Chemotherapeutika wie Taxanen oder Vincaalkaloiden in der Schwangerschaft sind begrenz. Deshalb kann die Anwendung dieser hinsichtlich ihrer Sicherheitsprofils vielversprechend erscheinenden Wirkstoffe derzeit noch nicht uneingeschränkt empfohlen werden. Auf Methotrexat sollte zugunsten sichererer Alternativen in der Schwangerschaft verzichtet werden. Auch antihormonelle Therapien sollten erst nach der Entbindung eingesetzt werden. Target-Agents wie Trastuzumab oder Lapatinib sind heutzutage aus der Tumortherapie nicht mehr wegzudenkende Wirkstoffe, jedoch sollten diese aufgrund auftretender Schwangerschaftskomplikationen nach Möglichkeit erst postpartal gegeben werden. Es werden ständig neue Therapeutika, wie beispielsweise die Gruppe der PARP-Hemmer entwickelt, zu denen aber bezüglich ihrer Anwendbarkeit in der Schwangerschaft noch keine Aussagen getroffen werden können. Die Auswertung der Studien zeigt, dass die Durchführung einer Chemotherapie innerhalb des ersten Trimenons mit erhöhten Raten an Fehlbildungen sowie Spontanaborten einhergeht, eine chemotherapeutische Behandlung im zweiten und dritten Trimenon hingegen hinsichtlich teratogener Effekte als relativ sicher für das ungeborene Kind angesehen werden kann. In diesen späteren Phasen der Schwangerschaft steht hingegen ein gehäuftes Auftreten von intrauterinen Wachstumsrestriktionen, Frühgeburtlichkeit, niedrigem Geburtsgewicht sowie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung neonataler Komplikationen im Vordergrund. Das Management schwangerschaftsassoziierter Mammakarzinome ist komplex und verlangt demnach eine interdisziplinäre Herangehensweise. Ein Team aus Experten muss unter Berücksichtigung individueller Patientenwünsche Nutzen und Risiken einer antineoplastischen Therapie für Mutter und Kind abwägen. Ethische Fragestellungen spielen hierbei eine nicht zu vernachlässigende Rolle, da die applizierten Zytostatika einerseits die embryofetale Entwicklung negativ beeinflussen können, ein Therapieaufschub hingegen andererseits das mütterliche Leben gefährden kann. Aktuell verfügbare Daten suggerieren, vor allem hinsichtlich der neurokognitiven Entwicklung, keine negativen Langzeitauswirkungen für in utero gegenüber Chemotherapeutika exponierte Kinder. Da jedoch die derzeitig verfügbaren Informationen hauptsächlich aus Fallberichten oder kleineren retrospektiven Kohortenstudien stammen, sind zukünftig vor allem prospektiv erhobene Daten mit ausreichend langen Follow-Up Zeiträumen notwendig, um die Sicherheit einer Systemtherapie schwangerschaftsassoziierter Mammakarzinome für Betroffene und deren Kinder weiter verbessern zu können. Bezüglich der Auswertung solcher Daten ist es erforderlich, pharmakologische sowie pharmakokinetische Eigenschaften der Wirkstoffe, transplazentare Transportmechanismen sowie schwangerschaftsbedingte Besonderheiten zu beachten. Übergeordnetes Ziel dieser Bemühungen sollte es sein, langfristig evidenzbasierte Empfehlungen bezüglich der Systemtherapie des schwangerschaftsassoziierten Mammakarzinoms veröffentlichen zu können.

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