Der Erwerb von Adjektiven in der bilingualen und monolingualen Entwicklung aus psycho- und neurolinguistischer Perspektive

Adjektive stellen eine besondere Herausforderung im frühen Wortschatzerwerb bilingualer und monolingualer Kinder dar. Wie in dem ausführlichen Literaturüberblick gezeigt wird, können verschiedene Hinweisreize Kindern dabei helfen, neue Adjektive zu erlernen. Hierunter fallen (i) Wortlernprinzipien wie der Mutual Exclusivity Constraint (MEC), (ii) pragmatische Gesten und (iii) die syntaktische Einbettung eines Wortes. In drei verschiedenen Experimentalbedingungen wurde die Verarbeitung dieser Hinweisreize bei 64 deutsch-spanisch-bilingualen (Bilingual First Language Acquisition, BFLA) und 57 deutsch-monolingualen (Monolingual First Language Acquisition, MFLA) Kindern im Alter von 3;6 und 5 Jahren untersucht. Neben der Erhebung von Verhaltensdaten anhand einer Auswahlaufgabe wurden bei den fünfjährigen Kindern zusätzlich zwei neurophysiologische Verfahren angewendet: Die funktionale Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) und Ereignis-Korrelierte-Potenziale (EKP) dienten einer Erforschung von neuronalen Korrelaten des Wortlernprozesses. Seltener als monolinguale Kinder folgten die fünfjährigen BFLA-Kinder dem Wortlernprinzip (MEC), um die Referenz eines neuen Eigenschaftswortes zu erschließen. Entsprechende Gruppenunterschiede traten in der MEC-Bedingung auch auf der neurophysiologischen Ebene auf. In den anderen Experimentalbedingungen lagen auf der Verhaltensebene keine Unterschiede zwischen BFLA- und MFLA-Kindern vor. Ihre neurophysiologischen Daten unterschieden sich jedoch sowohl in der pragmatischen (fNIRS) als auch syntaktischen (EKP) Bedingung voneinander. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf einen möglichen Vorteil bilingualer Kinder in der Interpretation von pragmatischen Gesten und in der syntaktischen Bewusstheit diskutiert. Für monolinguale Kinder wird hingegen eine stärkere MEC-Befolgung angenommen. Basierend auf Vergleichen zwischen den deutschen und spanischen Daten der bilingualen Kinder werden zusätzlich einzelsprachspezifische Effekte erörtert. Über ein Screeningverfahren wurde weiterhin das Verständnis von realen Adjektiven überprüft. In beiden Altersgruppen erreichten die BFLA- und MFLA-Kinder vergleichbare Werte. Der Screening-Erstellung lagen Schätzangaben zum rezeptiven Erwerbsalter von 203 Erwachsenen sowie eine Kontrolle der morphologischen Form und der semantischen Kategorie der Adjektive zugrunde. Zusammenfassend zeigt die Studie, dass sich bilinguale und monolinguale Kinder in der Verarbeitung verschiedener Hinweisreize zum Adjektivlernen voneinander unterscheiden. In ihrem Lernresultat – dem Verständnis realer Adjektive – gleichen sie sich jedoch.

Adjectives as an expression of an entity's properties are known to be a rather difficult category for early word learning. As shown in an extensive literature review, three learning cues can support the challenging task of novel adjective learning: (i) the Mutual Exclusivity Constraint (MEC), which is a word learning principle, (ii) pragmatic gestures and (iii) the adjective’s syntactic context. Adherence to these learning cues was investigated in 63 German-Spanish bilingual (mostly cases of Bilingual First Language Acquisition, BFLA) and 57 German monolingual (Monolingual First Language Acquisition, MFLA) children aged 3;6 and 5. A forced choice task was used to collect behavioral data and investigated children's novel word interpretations in three conditions each relating to one of the three learning cues. For the 5-year-olds, simultaneous functional Near-Infrared Spectroscopy (fNIRS) and Event-Related-Potentials (ERP) were used to investigate the neuronal correlates of the learning process. In inferring the meaning of a novel property label five-year-old BFLA children were less likely to adhere to the MEC than MFLA children. Likewise, ERP and fNIRS data showed neurophysiological group differences in the MEC-condition. BFLA and MFLA children behaved similarly in the pragmatic and in the syntactic condition. However, they differed in their neurophysiological processing of the pragmatic (fNIRS) and syntactic (ERP) cues. Results are discussed in terms of a possible bilingual advantage in interpreting pragmatic gestures and in syntactic awareness. For monolingual children a stronger MEC-adherence is assumed. In addition, cross-linguistic effects are discussed, based on comparisons between German and Spanish for the BFLA children. Children also took part in a screening task to test the comprehension of real adjectives. Results were the same for BFLA and MFLA children at both ages. The screening task was controlled for age of receptive acquisition as rated by 203 adults, morphological form and semantic category of the adjective items. In conclusion, one central finding of this study is that bilingual and monolingual children differ in their adherence to diverse learning strategies supporting adjective acquisition, but that the output of the learning process, that is, adjective comprehension, is similar across both populations.

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