Androgenregulierte Transkripte in genitalen Hautfibroblasten

Eine der häufigsten Ursachen einer Störung der Geschlechtsentwicklung ist ein Defekt des Androgenrezeptors. Die Bandbreite reicht von einer kompletten Androgenresistenz (CAIS) mit vollständig weiblichem äußerem Genitale über Formen partieller Androgenresistenz (PAIS) mit ambivalentem Genitale bis hin zur minimalen Androgenresistenz (MAIS), bei der lediglich eine Infertilität besteht. Die Genotyp-Phänotyp-Korrelation der Androgenresistenz ist schlecht, sodass selbst bei gleichen Mutationen im Androgenrezeptorgen unterschiedliche klinische Ausprägungen beobachtet werden. Da die Androgenresistenz auch bei intaktem Androgenrezeptor bestehen kann, gibt es möglicherweise Mutationen in bisher nicht bekannten Genen des Androgensignalwegs. Von besonderem Interesse ist die Identifikation androgenregulierter Gene sowohl für die funktionsbasierte Diagnostik der Androgenresistenz (Biomarker der Androgenwirkung) als auch für das Verständnis der zugrundeliegenden biologischen Zusammenhänge. In Untersuchungen an kultivierten Genitalhautfibroblasten konnte kürzlich erstmals ein androgenreguliertes Gen, das Apolipoprotein D (APOD), als potentieller Biomarker der Androgenwirkung nachgewiesen werden. Hierfür wurde zunächst ein genomweites Screening mittels Microarrays durchgeführt und die Ergebnisse anschließend durch qRT-PCR bestätigt (Appari et al. 2009). In den Microarray-Analysen wurden neben APOD noch weitere androgenregulierte Transkripte entdeckt. Ziel dieser Doktorarbeit war es, diese Transkripte mittels qRT-PCR zu überprüfen und ggf. weitere androgenregulierte Gene zu finden. Zunächst wurden qRT-PCR-Untersuchungen des zuvor identifizierten Phosphoglucomutase 5 Pseudogen 1 (PGM5P1) durchgeführt. Hierbei zeigte sich zwar eine schwache Induktion in den Zelllinien normaler männlicher Kontrollen, jedoch waren die Unterschiede zu den Zelllinien mit bekanntem Androgenrezeptordefekt nicht signifikant und die Korrelation zwischen qRT-PCR- und Microarray-Daten ungenügend. Eine Erklärung für die widersprüchlichen Ergebnisse konnte nicht gefunden werden, eine Androgenregulation von PGM5P1 muss kritisch hinterfragt werden. Eine deshalb durchgeführte komplett neue biomathematische Analyse der Microarray-Daten brachte ein zuvor unentdecktes, vielversprechendes Kandidatengen zum Vorschein: Phosphatidat-Phosphatase Typ 2B (PPAP2B). Bei der qRT-PCR-Überprüfung von PPAP2B zeigte sich eine signifikante DHT-vermittelte Induktion in den männlichen Kontrollen gegenüber den CAIS- und PAIS-Zellreihen sowie eine gute Korrelation mit den Microarray-Daten, was das Gen als androgenreguliertes Transkript bestätigte. In der Literaturrecherche ergaben sich Hinweise darauf, dass PPAP2B über einen inhibierenden Einfluss auf den Wnt- / β-Catenin-Signalweg an der Einleitung und Aufrechterhaltung der männlichen Geschlechtsentwicklung beteiligt sein könnte. PPAP2B stellt in der Zukunft einen vielversprechenden Ansatzpunkt zur weiteren Aufklärung der menschlichen Geschlechtsentwicklung, einen potentiellen Marker der Androgenwirkung bei Störungen der Geschlechtsentwicklung sowie schließlich auch ein Kandidatengen für die mutationsnegative Androgenresistenz dar. Zudem ist eine Rolle von PPAP2B bei der Keimzellmigration denkbar, was eine Verbindung des Gens mit der späteren Fertilität darstellen könnte.

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