Longitudinale Untersuchung zu den Auswirkungen des Rauchens in Filmen auf die Etablierung des Rauchens im Jugendalter

Fragestellung: Die Exposition mit Tabakrauchereignissen in Kinofilmen ist neben andern Faktoren ein wichtiger Risikofaktor für die Initiierung des Rauchens bei Jugendlichen. Allerdings liegen wenige Erkenntnisse vor, ob dies auch für fortgeschrittene Stadien des Tabakkonsums gilt. Wir führten eine longitudinale Studie unter 4112 Schülerinnen und Schülern aus Schleswig-Holstein durch, um festzustellen, ob frühe Exposition mit Tabakrauchereignissen durch Kinofilme das etablierte Rauchen im Jugendalter prognostizieren kann. Methoden: Im Oktober/November 2005 wurden 5586 10-17-jährigen Schülerinnen und Schülern aus 27 randomisiert ausgewählten öffentlichen Lehranstalten mit Sekundarstufe I der KERN-Region Schleswig-Holsteins mit Hilfe eines Fragebogens befragt. Aus einem Pool von 398 international verbreiteten Kinofilmen wurde jedem Jugendlichen eine Liste von 50 randomisiert ausgewählten Filmen vorgelegt. Die teilnehmenden Jugendlichen wurden gebeten anzugeben, welche Filme sie gesehen hatten. Zeitgleich wurden diese 398 international verbreiteten Kinofilme von trainierten Ratern nach validierten Methoden inhaltanalytisch ausgewertet und für jeden Film die Anzahl der Tabakrauchereignisse definiert als Tabakrauchexposition bestimmt. Durch die Zusammenführung der Information, welche Filme der Jugendliche bereits gesehen hat mit der Information, wie viele Tabakrauchszenen in diesen Kinofilmen vorkommen, kann das Expositionsmaß, ausgedrückt über die Anzahl gesehener Tabakrauchereignisse, geschätzt werden. In einer Follow-up-Untersuchung 12 bis 13 Monate nach der Ersterhebung konnten 4112 Schüler und Schülerinnen (= 89,3 %) erneut interviewt werden. Mit Hilfe von Generalisierten Linearen Modellen wurde die Initiierung des etablierten Rauchens, definiert als der Konsum von mehr als 100 Zigaretten im Beobachtungszeitraum, als Funktion der Tabakrauchexposition in Filmen unter Berücksichtigung diverser Kovariablen analysiert. Ergebnisse: 272 (= 6,61 %) der initial befragten Jugendliche wurden in der Follow-up-Befragung als etablierte Raucher klassifiziert, da sie angaben, mehr als 100 Zigaretten konsumiert zu haben. Nach Adjustierung weiterer Störgrößen wie soziodemographischen Kovariablen, sozialen Einflüssen, Persönlichkeitsfaktoren sowie elterlichem Erziehungsstil in der multivariaten Analyse zeigt die Inzidenz der Initiierung des etablierten Rauchens einen klaren Zusammenhang mit steigender Exposition gegenüber Tabakrauchereignissen. In Quartil 1 beträgt die Inzidenz, mit dem etablierten Rauchen zu beginnen, 2,1 % (n= 22), 3,6 % (n= 37) in Quartil 2, 7,3 % (n= 75) in Quartil 3 und in Quartil 4 13,4 % (n= 138). Verglichen mit der niedrigsten Exposition im Quartil 1 beträgt das adjustierte relative Risiko der Initiierung des etablierten Rauchens im Quartil mit der höchsten Exposition mit Tabakrauchereignissen in Filmen (Quartil 4) 2,05 (95 % KI 1,25-3,35). Schlussfolgerung: In früheren Studien konnte gezeigt werden, dass das Rauchen in international verbreiteten Kinofilmen mit frühen Stadien des Tabakkonsums deutscher Jugendliche assoziiert ist. In dieser Untersuchung blieb der Effekt der Exposition mit Tabakrauchszenen in Filmen statistisch bedeutsam, selbst wenn eine Fülle weiterer Risikofaktoren der Initiierung des Rauchens berücksichtigt wurde. Dieser stabile Befund rechtfertigt die Schlussfolgerung, dass das Rauchen in Filmen als ein eigenständiger Risikofaktor für die Initiierung des etablierten Rauchens im Jugendalter angesehen werden muss.

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