Persönlichkeitsforschung und Internetnutzung

Die persönlichkeitspsychologische Perspektive der Internetforschung berücksichtigt, dass nicht alle Personen das Internet in gleicher Weise nutzen und auch die Nutzung selbst unterschiedliche Wirkungen auf Personen ausüben kann. Im Schnittfeld von Medienpsychologie, Persönlichkeitspsychologie und Kommunikationswissenschaft analysiert die Arbeit den Zusammenhang zwischen der menschlichen Persönlichkeit und Online-Verhalten. Insbesondere Social Networking Sites wie Facebook haben Kommunikation nachhaltig verändert. Im Kontext verschiedener Arten von Online-Kommunikation werden sieben Persönlichkeitseigenschaften auf ihren Zusammenhang mit Online-Verhalten untersucht: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Narzissmus sowie Schüchternheit. Es zeigt sich, dass Persönlichkeit und kontextuelle Aspekte der digitalen Umgebung in unterschiedlicher Weise miteinander interagieren und Online-Verhalten als eine Funktion aus Person und Situation zu verstehen ist.

This work aims to contribute to the understanding of the relationship between personality and Internet usage. In the theoretical chapters, trait psychological and media psychological theories and approaches are presented and integrated into various causal models of personality and online-behavior. The empirical part consists of three independent empirical studies. The first study analyzes whether the Five Factors of human personality are expressed differently on the computer and on the Internet when compared to the offline world. It can be shown that four traits including extraversion, openness to experience, agreeableness, and conscientiousness lead to more moderate test results in the online version, thus, the expression of these four traits is significantly weaker in the digital environment. However, the trait expression of emotional stability even increases. The second study examines the frequently uttered assumption that especially narcissistic people have a special affinity for social networking sites. With the help of an online questionnaire study it is shown that users of social networking sites are not generally more narcissistic than non-users. Furthermore, the assumption that the typical needs of narcissistic people for attention and admiration, for self-disclosure and self-presentation as well as for self-esteem can be satisfied easier on social networking sites than in face-to-face communication can not be confirmed. Even highly narcissistic people prefer face-to-face communication to satisfy these three needs. The third study examines whether the often-reported preference of shy people for text-based, computer-mediated communication also applies to social communication and interaction on social networking sites. Regarding the typical needs of shy individuals including the needs for control, belongingness and self-esteem, the results indicate that these needs can be satisfied easier on social networking sites. All three studies show both the importance of considering interactions between personality traits and situational aspects and also emphasize that computer-mediated communication differs significantly from face-to-face communication in some psychologically important aspects.

Die Arbeit leistet einen Beitrag zum Verständnis des Zusammenhangs zwischen Persönlichkeit und Internetnutzung. Dazu werden im theoretischen Teil persönlichkeitspsychologische sowie medienpsychologische Theorien und Ansätze vorgestellt und zu verschiedenen Kausalmodellen des Zusammenhangs zwischen Persönlichkeit und Online-Verhalten integriert. Der empirische Teil der Arbeit besteht aus drei unabhängigen Studien. Die erste Studie untersucht anhand des Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeit, ob sich Persönlichkeit am Computer und im Internet anders ausdrückt als außerhalb der digitalen Umgebung. Es wird gezeigt, dass der Ausdruck der vier Eigenschaften Extraversion, Offenheit für Erfahrung, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit im Internet signifikant schwächer ausfällt. Der Ausdruck der Eigenschaft Neurotizismus verstärkt sich jedoch in dem Sinne, dass Personen am Computer und im Internet emotional deutlich stabiler sind als außerhalb der digitalen Umgebung. Die zweite Studie geht der Vermutung nach, dass besonders narzisstische Personen eine besondere Vorliebe für Online-Social-Networking haben. Eine Online- Fragebogenstudie ergibt, dass Nutzer von Social Networking Sites jedoch nicht generell narzisstischer sind als Nicht-Nutzer. Die Annahme, dass die typischen Bedürfnisse narzisstischer Personen nach Aufmerksamkeit und Bewunderung, Selbstoffenbarung und Selbstdarstellung sowie Selbstwert auf Social Networking Sites besser befriedigt werden können als in Face-to- Face-Kommunikation, lässt sich ebenfalls nicht bestätigen. Die dritte Studie untersucht, ob die in der Literatur oft berichtete Vorliebe von schüchternen Personen für textbasierte, computervermittelte Kommunikation auch auf Social Networking Sites übertragbar ist. Eine Online- Fragebogenstudie kann zeigen, dass die typischen Bedürfnisse schüchterner Personen nach Kontrolle, Zugehörigkeit und Selbstwert tatsächlich auf Social Networking Sites besser befriedigen können als in Face-to-Face- Kommunikation. Alle drei Studien belegen gleichermaßen die Wichtigkeit von Interaktionen zwischen Persönlichkeitseigenschaften und situativen Aspekten und unterstreichen zudem, dass sich computervermittelte Kommunikation in einigen, psychologisch relevanten Aspekten deutlich von Face-to-Face-Kommunikation unterscheidet.

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