Schaltzustandsoptimierung von 110-kV-Verteilnetzen zur Maximierung des Abtransports von Einspeisungen aus erneuerbaren Energiequellen

Die intensive Förderung regenerativer Erzeugungsanlagen hat in den vergangenen Jahren zu einem massiven Zubau im Bereich der 110-kV-Verteilnetzebene und der ihr unterlagerten Spannungsebenen geführt. In Zeiten hoher Einspeisung kommt es zunehmend zu einer Überschreitung der Netztransportkapazität und zu einer Gefährdung der Netzsicherheit. Als letzte Maßnahme zur Wahrung eines sicheren Netzbetriebs sind die Betreiber verpflichtet, die Einspeisung aus regenerativen Anlagen zu reduzieren. Durch dieses betriebliche Einspeisemanagement kommt es zum Verlust signifikanter Energiemengen. Das in dieser Arbeit vorgeschlagene erweiterte Engpassmanagementverfahren mit optimalen Topologiemaßnahmen erlaubt es sowohl die Anzahl als auch den Umfang von Einspeisemanagementmaßnahmen zu reduzieren. Die Ergebnisse zeigen, dass für ein Bestandsnetz mehrere Netznormalschaltzustände existieren, die sowohl den maximalen Energieeintrag sicherstellen als auch einen verlustminimalen Netzbetrieb gewährleisten.

The energy supply systems of the Federal Republic of Germany have been characterized by profound changes in the generation structure due to energy policy requirements. As a result of the targeted promotion of renewable generation units (RGUs), there was a massive expansion of regenerative generation output in the area of distribution grids, which continues to this day. In several regions the renewable generation capacity currently exceeds the common peak load of subordinated medium voltage (MV) grids significantly. Unfavorable feed-in situations can lead to overloads in the high voltage grid. In such cases the Distribution System Operator (DSO) has to reduce the feed-in from RGUs to preserve a secure system state. These operational interventions will further increase because the realization of grid reinforcement and expansion projects cannot keep up with the continuously increasing integration of new renewable power plants. In mainly meshed high-voltage (HV) and extra-high-voltage (EHV) grids, the adjustment of the topology to the expected feed-in and load situation can be a suitable means for congestion removal and for increasing the transport capacity. This thesis investigates which energy amount of renewable generation units can be additionally feed-in and transported through the optimization of the switching state of existing 110-kV distribution grids. In order to answer this research question, an expanded congestion management method is proposed, which takes into account the topological degrees of freedom and also includes further operational measures, e.g. feed-in management. To evaluate the grid operation state, the load flow calculation and (n-1) reliability calculation method is also integrated. In this thesis, a novel discrete particle swarm optimization algorithm is adapted to the optimal transmission switching problem to eliminate congestions. This algorithm was selected because of its applicability and robustness for this kind of optimization problem. In regards to shifting requirements for power system operation, it allows the definition of further optimization objectives. To reduce the number of decision variables of the optimization problem, a novel modeling method of standard bus couplers without busbar sectioning and universal bus couplers with busbar sectioning is introduced. This method, which implicitly takes into account local coupling constraints, allows a realistic mapping of all practical coupling options. The validation of the proposed method is carried out through exemplary case studies at two real medium-sized 110 kV network groups. The investigations are based on real feed-in and load-time series in quarter-hour resolution. The results show that the transmission capacity of the existing grid can be increased by optimizing the switching state. The exploitable maximization potential depends to a considerable extent on the network structures and the meshing degree of the distribution grid. Furthermore, it is demonstrated that it is possible to define over a period of one year several seasonal grid normal switching states, which maximize the feed-in of renewable generation units on the one hand or which minimize the grid losses on the other hand.

Die elektrischen Energieversorgungsysteme der Bundesrepublik Deutschland sind seit Jahren aufgrund energiepolitischer Vorgaben durch Veränderungen der Erzeugungs-struktur geprägt. Infolge der gezielten Förderung regenerativer Erzeugungsanlagen kam es zu einem massiven Zubau regenerativer Erzeugungsleistung im Bereich der Verteilnetze, der sich bis heute fortsetzt. In einigen Regionen überschreitet die installierte regenerative Erzeugungskapazität bereits die Spitzenlast der unterlagerten Mittelspannungsnetze erheblich, so dass es in ungünstigen Einspeisesituationen zu Überlastungen im Hochspannungsnetz kommen kann. Um die Netz-sicherheit zu gewährleisten, sind die Verteilnetzbetreiber in diesen Situationen gezwungen die Einspeisung aus regenerativen Erzeugungsanlagen zu reduzieren. Diese betrieblichen Eingriffe werden weiter zunehmen, da die Umsetzung von Netzverstärkungs- und Ausbauprojekten nicht mit der kontinuierlich steigenden Integration neuer Erzeugungsanlagen Schritt halten kann. In den überwiegend vermascht betriebenen Hoch- und Höchstspannungsnetzen kann die Anpassung der Netztopologie an die zu erwartende Einspeise- und Lastsituation ein geeignetes Mittel zur Engpassbeseitigung und zur Erhöhung der Transportkapazität darstellen. Die vorliegende Arbeit widmet sich daher der Fragestellung, welche Energiemenge aus regenerativen Erzeugungsanlagen durch eine Schaltzustandsoptimierung bestehender 110-kV-Verteilnetze zusätzlich eingespeist werden kann. Für die Beantwortung der Fragestellung wird ein erweitertes Engpassmanagement-Verfahren vorgeschlagen, das neben den topologischen Freiheitsgraden auch weiteren betrieblichen Anpassungsmaßnahmen, wie z. B. das Einspeisemanagement berücksichtigt. Zur Bewertung des Netzbetriebszustandes erfolgt die Integration der aus der Netzsicherheitsrechnung bekannten Verfahren der Lastfluss- und (n-1)-Ausfallsimulation. In dieser Arbeit wird ein neuartiger, für diskrete Problemstellungen konzipierter Partikel-Schwarm-Optimierungsalgorithmus auf das vorliegende Problem der Schaltzustandsoptimierung zur Beseitigung von Engpässen adaptiert. Dieser Algorithmus hat sich als besonders robust für das vorliegende Optimierungsproblem erwiesen und gestattet auch im Hinblick auf die wechselnden Anforderungen der Netzbetriebsführung die Formulierung weiterer, beliebiger Optimierungsziele. Zur Reduzierung der Anzahl der diskreten Entscheidungsvariablen wird eine neuartige Modellierungsmethode für Quer- und Vollkupplungen vorgeschlagen. Diese Methode berücksichtigt implizit lokale Nebenbedingungen hinsichtlich der Verschaltung und erlaubt die realistische Abbildung aller praktisch umsetzbaren Kuppelmöglichkeiten. Die Validierung der vorgeschlagenen Methode erfolgt mit Hilfe numerischer Fallstudien unter Verwendung der stationären Netzberechnung an zwei realen, mittelgroßen 110-kV-Netzgruppen. Den Untersuchungen liegen reale Einspeise- und Lastzeitreihen in viertelstündlicher Auflösung zu Grunde. Die Ergebnisse zeigen, dass durch eine Schaltzustandsoptimierung des Bestandsnetzes dessen Übertragungskapazität gesteigert und die eingespeiste Energiemenge aus regenerativen Erzeugungsanlagen maximiert werden kann. Das ausschöpfbare Maximierungspotential ist dabei in erheblichem Maß von den Netzstrukturen und dem Vermaschungsgrad des Netzes abhängig. Weiterhin wird der Nachweis erbracht, dass die Definition von mehreren Netznormalschaltzuständen zur Maximierung der Einspeisung aus regenerativen Erzeugungsanlagen einerseits und zur Minimierung der Netzverluste andererseits über den Zeitraum eines Jahres möglich ist.

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