Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation

Horstmann S (2006)
Bielefeld (Germany): Bielefeld University.

Bielefelder E-Dissertation | Deutsch
 
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Autor*in
Horstmann, Sven
Gutachter*in / Betreuer*in
Grotjohann, Norbert
Abstract / Bemerkung
Diese interdisziplinäre Arbeit gliedert sich in einen neurobiologisch-experimentellen und einen didaktischen Teil, wobei der Schwerpunkt auf letzterem liegt. Die dem neurodidaktischen Konzept zugrunde liegenden allgemeinen Erkenntnisse lauten: Für Lernen und Gedächtnisbildung gibt es kein Zentrum im Gehirn. Vielmehr erfolgt Lernen ganzheitlich vor dem Hintergrund einer funktionellen Entwicklung von Nervennetzen innerhalb verschiedener Subsysteme. Die Kompensationstheorie erklärt, wie reifende Transmitter und andere morphogene Substanzen dies steuern, wie Nervenzellen in reifenden sensorischen, motorischen und assoziativen Systemen des Gehirns destabilisiert und reorganisiert werden und wie sich Umweltreize in synaptische Verschaltungen einbringen. Diese Prozesse von Organisation und Reorganisation sind selbstorganisierend und bilden im Rahmen einer Struktur-Funktionskopplung die Grundlage für das Lernen im Kindes- und Jugendalter. Die sehr langsame Reifung von Verschaltungen zwischen den beiden Hälften des Stirnhirns (Präfrontaler Kortex = PFC) wurde an jung-erwachsenen Tieren (Meriones unguiculatus) mit Hilfe quantitativer immunhistochemischer Darstellungen von Transmittern erarbeitet. Es wurde eine asymmetrisch reifende Dichteverteilung von serotonergen Fasern entdeckt. Tracerstudien zur glutamatergen Efferenz mit Ursprung in den Pyramidenzellen des Stirnhirns zeigen, dass Umbauprozesse in Abhängigkeit von Umweltfaktoren stehen: Soziale Deprivation während der Aufzucht (IR) und eine einmalige frühkindliche Traumatisierung mittels Methamphetamin-Intoxikation (MA) induzieren eine Dyskonnektion von callosalen L-III und L-V-Projektionen, und das meint eine verstärkte Reifung von L-V- und verminderte Reifung von L-III-Efferenzen. Aus den experimentellen Studien zur lateralisierten Reifung des PFC lassen sich für die Entwicklung neurodidaktischer Konzepte neue verbindliche Hinweise ableiten: Umweltfaktoren nehmen einen starken Einfluss auf die Transmitterreifung und hierüber auf die Ausbildung parallel-serieller Schaltungen insbesondere im Stirnhirn. Individuell ist mit entsprechenden Unterschieden für die generelle Lerndisposition zu rechnen, woraus sich individuelle Lerntypen definieren. Selbst organisierte Unterrichtsphasen sollen die Lernvoraussetzungen prinzipiell fördern. Für die Gruppendynamik sind "Lernkrisen" vorprogrammiert, die es durch offene Unterrichtsmethoden (Unterrichtsaufbau und Arbeitsmaterialien) zu bewältigen gilt. Eine methodische Einführung in das Prinzip Lernen durch Lehren ist vorteilhaft und wird durch die neurobiologischen Erkenntnisse zur Kompensationstheorie unterstützt. Die Schülergruppen üben progressiv sich selbst zu organisieren und Vorträge selbstständig zu konzipieren. Die Integration der Ergebnisse aus der Plastizitätsforschung in die Unterrichtsinhalte im Kurshalbjahr Neurobiologie soll die Eigenaktivität der Schülerinnen und Schüler fördern und die Reflexionskompetenz für eigenständiges Lernen stärken. Die inhaltliche Verknüpfung neuroplastischer Prozesse mit klassischen Lernformen im Kurshalbjahr Neurobiologie stellt ein Novum dar, das über die üblichen neurophysiologischen Lerninhalte weit hinausgeht und die Schüler auch für andere Fächer hoch motiviert. Fazit: Die dargestellten neurobiologischen Prozesse bilden eine Basis, die sich in einer Vielzahl von empirisch entwickelten pädagogischen Konzepten natürlich bereits niedergeschlagen hat. Ziel dieser Arbeit war es, vor dem Hintergrund neurobiolgischer Erkenntnisse und mit Hilfe eigener Unterrichtsansätze eine Bewertungsebene für pädagogische Konzepte zu entwickeln, die einen verbindlichen, naturwissenschaftlichen Zugang zu pädagogischen Leitideen schaffen.
Stichworte
Neurobiologie; Offener Unterricht; Selbstorganisation; Hirnfunktion; Hirnforschung; Neurodidaktik
Jahr
2006
Page URI
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2302935

Zitieren

Horstmann S. Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation. Bielefeld (Germany): Bielefeld University; 2006.
Horstmann, S. (2006). Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation. Bielefeld (Germany): Bielefeld University.
Horstmann, Sven. 2006. Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation. Bielefeld (Germany): Bielefeld University.
Horstmann, S. (2006). Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation. Bielefeld (Germany): Bielefeld University.
Horstmann, S., 2006. Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation, Bielefeld (Germany): Bielefeld University.
S. Horstmann, Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation, Bielefeld (Germany): Bielefeld University, 2006.
Horstmann, S.: Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation. Bielefeld University, Bielefeld (Germany) (2006).
Horstmann, Sven. Vom Tiermodell zum Unterrichtsmodell : zur Entwicklung neurodidaktischer Konzepte vor dem Hintergrund kortikaler und präfrontaler Lateralisation. Bielefeld (Germany): Bielefeld University, 2006.
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