Entwicklung eines in vitro Nachweisverfahrens zur Analyse des Entwicklungspotentials humaner hämatopoetischer Stamm- und Vorläuferzellen

Hämatopoetische Stammzellen (HSZ) stellen das derzeit bestuntersuchte Stammzellsystem im Menschen dar. Dennoch sind die hierarchische Organisation der Stamm- und Vorläuferzellen sowie die genauen Linienverwandtschaft reifer Blutzellen noch immer nicht vollständig aufgeklärt. Nach dem klassischen Modell der Hämatopoese bringen HSZ multipotente Progenitoren hervor (MPP), die im weiteren Verlauf der Differenzierung entweder lymphatisch oder myeloisch spezifiziert werden. Durch die Beschreibung von Vorläuferzellen, die lymphatisches sowie partielles myeloisches aber kein erythrozytäres und megakaryozytäres Differenzierungspotential aufweisen, wurde das klassische Modell mit der Aufspaltung in den lymphatischen und myeloischen Zweig von mehreren Arbeitsgruppen falsifiziert. Das Ziel dieser Arbeit war folglich die Entwicklung einer in vitro Analysemethode, die eine Beschreibung der genauen Abstammungsverhältnisse in der humanen Hämatopoese sowie die Detektion primitiver hämatopoetischer Stamm- und Vorläuferzellen (HSVZ) auf Einzelzellebene ermöglicht. Als Grundlage hierzu wurde der klassische ML-IC (myeloid-lymphoid initiating cell) Ansatz verwendet, der eine retrospektive Analyse von Zellen mit lympho-myeloischem Differenzierungspotential ermöglicht. Zu untersuchende Einzelzellen werden hierzu in Kokultur mit murinen Stromazellen expandiert und das myeloische (LTC-IC) und lymphatische (NK-IC) Differenzierungspotential der Nachkommenschaft analysiert. Eine wesentliche Voraussetzung für den erweiterten ML-IC Ansatz stellen somit Kulturbedingungen dar, die eine Expansion von Einzelzellen ohne den Verlust des initialen Differenzierungspotentials in der neu entstehenden Nachkommenschaft ermöglichen. Weiterhin werden für die Analyse des Differenzierungspotentials der Nachkommenschaft funktionelle in vitro Differenzierungsansätze für den Nachweis aller hämatopoetischen Linien benötigt. Zu Beginn der Arbeit wurde das Entwicklungspotential expandierter HSVZ in der Suspensionskultur genauer analysiert. Primitive HSVZ mit LTC-IC, NK-IC, SRC sowie myeloischem Koloniebildungspotential konnten in der CD133+CD34+ Fraktion erhalten werden, wohingegen CD133+CD34+ HSVZ mit erythrozytärem innerhalb von 6 Tagen vollständig verloren gingen. Zellen mit erythrozytärem Differenzierungspotential wurden exklusiv in der neu entstehenden CD133lowCD34+ Fraktion detektiert. Diese Beobachtung gemeinsam mit weiteren Ergebnissen aus der Arbeitsgruppe führte zur Beschreibung neuer Linienverwandtschaften und eine alternativen Modellvorstellung der humanen Hämatopoese. Demnach findet eine frühe Aufspaltung in den lympho-myeloischen (CD133+CD34+) und erythro-myeloischen (CD133lowCD34+) Zweig statt, wobei Eosinophile und Basophile von CD133low erythro-myeloischen Progenitoren (EMP) und Neutrophile von CD133+ lymphatisch-spezifizierten multipotenten Progenitoren (LMPP) gebildet werden. Da insbesondere das erythrozytäre Differenzierungspotential in der Suspensionskultur verloren ging, wurden der Erhalt multipotenter HSVZ in Kokultur mit Zellen muriner Stromazelllinien sowie primären humanen mesenchymalen und endothelialen Stromazellen analysiert, die laut der Literatur eine Expansion multipotenter HSVZ ermöglichen. Überraschenderweise ermöglichten weder die murinen noch die humanen Stromazellen einen reproduzierbaren und zuverlässigen Erhalt multipotenter CD133+CD34+ HSVZ. In allen getesteten Bedingungen ging das erythrozytäre Differenzierungspotential in der CD133+CD34+ Fraktion über die Zeit nahezu vollständig verloren. Ein Erhalt aller initialen Differenzierungspotentiale in der gesamten Nachkommenschaft wurde hingegen von einzelnen mesenchymalen sowie endothelialen Stromazellen unterstützt. Derzeitige in vitro Kulturbedingungen ermöglichen keine unlimitierte Expansion primärer humaner Stromazellen. Um humane Primärzellen, die einen Erhalt aller initialen Differenzierungspotentiale ermöglichen, für die weiterführende Analysen sowie die initiale Expansionsphase im erweiterten ML-IC Ansatz zu konservieren, wurden ein System zur konditionellen Immortalisierung selektionierter Stromazellen etabliert. Von den immortalisierten humanen Primärzellen unterstützten insbesondere Zellen der mesenchymalen Stromazelllinie KM MNZ B Klon 2 einen reproduzierbaren Erhalt von HSVZ mit T-Zell, NK-Zell, Makrophagen/Monozyten, Granulozyten (Neutrophile, Basophile, Eosinophile), Megakaryozyten sowie Erythrozyten Potential. Diese Stromazellen ermöglichen folglich geeignete Kulturbedingungen für die initiale Expansionsphase im erweiterten ML-IC Ansatz. Auch wenn der erweiterte ML-IC Ansatz bislang nicht vollständig etabliert ist, konnte diese Arbeit wesentliche Ergebnisse zur Beschreibung neuer Linienverwandtschaften sowie einer alternativen Modellvorstellung der humanen Hämatopoese beitragen. Der Befund, dass multipotente HSVZ die einzigen CD133+CD34+ Zellen mit erythrozytärem Differenzierungspotential darstellen, ermöglicht zudem eine einfache Detektion und Quantifizierung multipotenter HSZ/MPP in weiterführenden Versuchen. Weiterhin wurden im Rahmen dieser Arbeit zusätzliche linienspezifische in vitro Differenzierungsansätze zur Detektion von Zellen mit CFC, T-Zell, Erythrozyten sowie Megakaryozyten Potential erfolgreich etabliert. Gemeinsam mit der Qualifizierung einer humanen mesenchymalen Stromazelllinie, die den Erhalt aller getesteten Linienpotentiale in der hämatopoetischen Nachkommenschaft ermöglicht, stellen diese Vorarbeiten eine wichtige Grundlage für die zukünftige Analyse einzelner HSVZ im erweiterten ML-IC Ansatz dar.

Hematopoietic stem cells (HSCs) represent the best studied somatic stem cell entity in humans so far. Nevertheless, there are many unresolved questions regarding the hierarchical organization within the stem and progenitor cell compartment as well as the precise lineage relationships of mature blood cells. According to the classical model of human hematopoiesis, HSC give rise to multipotent hematopoietic progenitor cells (HPCs) and become restricted either to the lymphoid or myeloid lineage. Recent discoveries of lymphoid progenitors which retain partial myeloid but lack erythroid potential, e.g. the lymphoid primed multipotent progenitor cells (LMPP), have challenged this model. Consequently, the major aim of this thesis was to develop a read out system allowing the unravelling of the precise hierarchical relationships and the detection of the most primitive human hematopoietic stem and progenitor cells (HSPCs) at a single cell level. To this end, we decided to extend the clonal myeloid/lymphoid-initiating cell (ML-IC) assay in which individual hematopoietic cells are expanded on murine stromal cells before progeny is transferred into myeloid (LTC-IC) and lymphoid (NK-IC) read-outs. By combining the results of the different lineage read outs, the developmental potential of the initially deposited cell can be determined retrospectively. A major prerequisite for the extended ML-IC (eML-IC) assay are in vitro culture conditions allowing the expansion of single cells while maintaining all initial lineage potentials within the arising daughter cell fraction. Furthermore, functional lineage read-outs to detect and analyze all hematopoietic cell fates are required. Monoculture of human HSPCs in suspension resulted in the maintenance of cells with LTC-IC, NK-IC, SRC and myeloid colony-formation potential in the CD133+CD34+ cell fractions. HSPCs with erythroid potentials were rapidly lost from this fraction and were exclusively found within the newly arising CD133lowCD34+ population. These observations and further results of our group led to a revision of the current model of hematopoiesis. The new model predicts a very first segregation of lympho-myeloid (CD133+CD34+) and erythro-myeloid (CD133lowCD34+) potentials, with eosinophils and basophils developing from CD133low erythro-myeloid progenitors (EMPs), while neutrophils develop from CD133+ lymphoid-primed multipotent progenitors (LMPPs). Due to the loss of erythroid potentials in suspension culture we studied the ability of established murine stromal cell line cells as well as primary human mesenchymal and endothelial stromal cells to maintain multipotent CD133+CD34+ HSPCs with erythroid potential. None of the tested cells allowed a consistent maintenance of multipotent CD133+CD34+ cells. In all conditions CD133+CD34+ HSPC with erythroid potentials were lost over time. However, on certain mesenchymal and endothelial stromal cells, all initial lineage potentials could be maintained in the entire offspring. In order to conserve human stromal cells supporting the maintenance of all initial lineage potentials, we established a strategy to conditionally immortalize these cells. Within co-culture experiments, cells of the mesenchymal cell line KM MNZ B Clone 2 supported the maintenance of cells with T cell, NK cell, macrophage, granulocyte (neutrophil, basophil and eosinophil), megakaryocyte and erythrocyte potential displaying a promising candidate for the initial expansion of single cells in the enhanced ML-IC assay. Although the enhanced ML-IC assay could not completely be established, this thesis helped to unravel new hematopoietic lineage relationships which led to a new model of human hematopoiesis providing a simple possibility to detect multipotent stem and progenitor cells. According to the new model, multipotent HSPCs are the only human hematopoietic cells that express CD133 and reveal erythroid potentials which can easily be detected and enumerated within conventional colony-forming cell (CFC) assays. Additionally, various lineage read outs allowing the detection of cells with CFC, T cell, erythrocyte and megakaryocyte potential as well as a human mesenchymal stroma cell line supporting the expansion and maintenance of various hematopoietic lineage potential have successfully been established. Taken together, these tools provide the basic requirements to further establish the enhanced ML-IC assay and analyze the developmental potential of human hematopoietic stem and progenitor cells at a single cell level.

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