Brauchle, Angelika: Gert Ledig und die Sprache der Gewalt : Untersuchung über die Darstellung von Gewalt in literarischer Form anhand der Kriegs- und Nachkriegsromane von Gert Ledig. - Bonn, 2008. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5-14787
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Die drei Kriegs- und Nachkriegsromane Die Stalinorgel, Vergeltung und Faustrecht von Gert Ledig (1921-1999), veröffentlicht in den Jahren 1955, 1956 und 1957, wurden in den Jahren 1999 bis 2001 erneut herausgegeben und fanden diesmal positivere Resonanz.
Ledig beschreibt in seinem ersten Roman Die Stalinorgel einen über achtundvierzig Stunden dauernden Stellungskampf vor Leningrad im Sommer 1942, in dem er nicht nur die Qualen, Strapazen und Gewissenskonflikte der deutschen, sondern auch die der sowjetischen Soldaten schildert. Ledig benötigt nur wenige Protagonisten, die er auf ihren Wegen über das Schlachtfeld begleitet. Die in vielen Kriegsromanen beschworenen Werte, wie Kameradschaft, Mut und ritterliches Ehrgefühl sind den Soldaten aufgrund der destruktiven Wirkung des Krieges abhanden gekommen und finden keine Erwähnung.
Vergeltung berichtet von einem sechzigminütigen Luftangriff auf eine deutsche Stadt. Auch in diesem Roman verleiht Ledig der gegnerischen Seite ein Gesicht, indem er das Schicksal eines amerikanischen Bomberpiloten schildert, der schließlich an den Verletzungen seines Absturzes und der Folter durch einen fanatischen Nationalsozialisten und Militärarzt in einem deutschen Luftschutzbunker stirbt. Kurze Erzählfragmente, abgerissene Handlungsstränge zeigen kaleidoskopartig die sich während des Angriffs vollziehende materielle und auch seelische Zerstörung.
Gemeinsam ist den beiden Kriegsromanen die Fokussierung auf die Ungeheuerlichkeit der Geschehnisse, die Ledig durch seine knappe und unpathetische Sprache verdeutlicht. Sie sind die Inszenierungen von Ausweglosigkeit, Chaos und Perspektivlosigkeit, die die Anonymität der modernen Kriege bestimmen. Ledig veranschaulicht die Isolation und Verlassenheit der Soldaten auf beiden Seiten, die, obwohl mit Leidensgenossen vereint, sich in ihrer Todesangst allein gelassen fühlen.
Von der Ruinenkriminalität während der Wirren in der unmittelbaren Nachkriegszeit berichtet ein Ich-Erzähler im letzten Roman Faustrecht. Drei ehemalige Soldaten mißlingt ein dilettantisch ausgeführter Überfall auf einen amerikanischen Offizier. Einer von ihnen bezahlt dafür mit dem Leben, die anderen flüchten. Die Trostlosigkeit und Orientierungslosigkeit der aus dem Krieg Entlassenen schlägt sich in ihren einfachen Dialogen nieder, in denen ihre Erlebnisse aus Kriegstagen bewußt ausgeklammert werden.
Die von Ledig nicht als Trilogie geplanten Romane über erfahrene und ausgeübte Gewalt sprechen trotz des begrenzten Blickfeldes eine deutliche Sprache. Schonungslos entlarvt er Befehls- und Gehorsamshierarchie. Es gelingt ihm, auf semantischer, motivischer und struktureller Ebene das Ausgeliefertsein an eine anonyme Gewalt, den Verlust der Solidarität, die Enthumanisierung darzustellen. Die durch fiktionale Aufladung seiner eigenen Erfahrungen entstandenen Romane können gemeinsam mit anderen Werken über denselben Zeitraum zum Verständnis der damaligen Zeit und der in ihr handelnden Personen beitragen.

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