Schmidt, Stefan: Die Systematik der Voraussetzungen einer Gläubigeranfechtung : Ein Diskussionsvorschlag zur Vermeidung von Kasuistik. - Bonn, 2018. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5-51126
@phdthesis{handle:20.500.11811/7462,
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title = {Die Systematik der Voraussetzungen einer Gläubigeranfechtung : Ein Diskussionsvorschlag zur Vermeidung von Kasuistik},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2018,
month = jun,

note = {Die Arbeit betrachtet die Voraussetzungen einer Gläubigeranfechtung aus einem alternativen Blickwinkel, der sich von der traditionell herrschenden Sichtweise grundlegend unterscheidet. Die Arbeit setzt sich dabei zum Ziel, das hergebrachte Verständnis des Anfechtungsrechts als "typisches Fallrecht" zu überwinden und stattdessen ein möglichst allgemeines Lösungsschema für anfechtungsrechtliche Fragestellungen zu formulieren.
Im ersten Teil der Arbeit wird aufgezeigt, dass die Anfechtungsvoraussetzungen in ihrer rechtspraktischen Handhabung oftmals einzelfallabhängigen Korrekturen unterliegen, die einen allgemeinen Leitgedanken vermissen lassen. Als Hauptursache wird hierfür die traditionelle Vorstellung ausgemacht, wonach die einzelnen Anfechtungstatbestände als "selbständige Anfechtungsgründe" auf jeweils unterschiedlichen Wertungen basieren sollen. Dieser Vorstellung wird jedoch die These gegenübergestellt, dass die Anfechtungstatbestände tatsächlich auf eine gemeinsame Parallelwertung verschlankt werden können.
Um eine solche Verschlankung zu ermöglichen, wird im Ausgangspunkt der Arbeit die Bedeutung der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen gemäß §§ 129 InsO, 1 AnfG herausgestellt. Hinsichtlich des Begriffs der Rechtshandlung wird aufgezeigt, dass dieses Kriterium ein beachtliches – bislang aber ungenutztes – Regelungspotential besitzt, welches zur Herleitung genereller tatbestandsübergreifender Lösungen fruchtbar gemacht werden kann. Bezüglich des Begriffs der Gläubigerbenachteiligung wird wiederum die These formuliert, dass es sich bei diesem Kriterium rechtsdogmatisch bereits um den allgemeinen Rechtfertigungsgrund einer Anfechtbarkeit handelt.
Zugleich wird aufgezeigt, dass die traditionell als Rechtfertigungsgründe herangezogenen Wertungen einer Gleichbehandlung der Gläubiger oder eines Fehlverhaltens des Schuldners konzeptionell nicht überzeugen können. Dabei wird insbesondere erläutert, weshalb die traditionellen Wertungen für das Verständnis der einzelnen Anfechtungstatbestände keinen Mehrwert bieten. Stattdessen wird die These aufgestellt, dass die Tatbestände keine "Anfechtungsgründe" darstellen, sondern rechtsdogmatisch nur noch die einschränkende Funktion besitzen, die Schutzwürdigkeit des Anfechtungsgegners angemessen zu berücksichtigen. Im zweiten Teil der Arbeit werden die zuvor formulierten Thesen im Einzelnen begründet und inhaltlich weiter konkretisiert. Dabei werden sie im Sinne eines allgemeinen Lösungsschemas zusammengeführt. Innerhalb dieser Systematik wird zwischen drei eigenständigen Ebenen der Anfechtungsvoraussetzungen unterschieden:
Als erste Ebene fungiert der Begriff der Rechtshandlung gemäß §§ 129 InsO, 1 AnfG. Dieser wird in einem materiell-wertenden Sinne als spezifisch anfechtungsrechtliche Zurechnungsfrage interpretiert. Anhand schutzzweckgeleiteter Erwägungen wird dabei aufgezeigt, dass mithilfe des Begriffs der Rechtshandlung die Grundlinien einer potentiellen Anfechtbarkeit bereits vorgezeichnet werden können. Im Einzelnen wird dies insbesondere am Beispiel sogenannter mittelbarer Zuwendungen unter Heranziehung der Dogmatik von Risikozusammenhängen verdeutlicht.
Als zweite Ebene dient der Begriff der Gläubigerbenachteiligung gemäß §§ 129 InsO, 1 AnfG. Es wird erläutert, dass eine Gläubigerbenachteiligung im anfechtungsrechtlichen Sinne erst dann vorliegt, wenn eine Geldforderung rechtspraktisch nicht mehr vollstreckt werden kann. Weil in diesen Fällen jedoch eine sekundäre Rückfallhaftung des Schuldners zivilrechtlich nicht besteht, "haftet" der Schuldner stattdessen mit der Verfügungsfreiheit über sein Vermögen. Dabei steht der Schuldner wegen der Prämisse "Geld muss man haben" für seine Geldschulden allerdings garantieähnlich ein, weshalb es für seine Haftung auf weitere Umstände nicht mehr ankommt. Vielmehr kann ein Eingriff in die Verfügungsfreiheit des Schuldners schon allein wegen des finanziellen Ausfalls seiner Gläubiger gerechtfertigt werden.
Als dritte Ebene werden schließlich die einzelnen Anfechtungstatbestände behandelt. Es wird erläutert, dass die Tatbestände nur noch aus der Perspektive des Anfechtungsgegners – also dem Hauptleidtragenden der Anfechtung – auszulegen sind. Dabei wird im Einzelnen dargelegt, dass die Tatbestände im Regelfall die gemeinsame Parallelwertung beinhalten, dass der Gegner bei der Annahme seines Erwerbs bösgläubig war, weil er bereits zu diesem Zeitpunkt von der Gläubigerbenachteiligung eine Kenntnis hatte. Im Ansatz vergleichbar zu § 932 Abs. 2 BGB ist hierfür eine positive Kenntnis des Gegners jedoch nicht erforderlich. Vielmehr ist die Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung in einem normativen Sinne zu verstehen. Hierzu wird aufgezeigt, dass die Kenntnis zum Zeitpunkt der Vermögensverschiebung stets eine prognostische Betrachtung erfordert und deshalb zwischen optimistischen und pessimistischen Prognosen des Gegners unterschieden werden kann. Weil insofern jedoch stets Prognosespielräume bestehen, können die Tatbestände als Antwort auf diese Spielräume gedeutet werden. Insofern wird im Detail ausgeführt, dass die Tatbestände einen normativen Korridor festlegen, innerhalb dem die subjektive Prognose des Gegners als Gut- oder Bösgläubigkeit anfechtungsrechtlich anzuerkennen ist.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit der Arbeit ein Diskussionsvorschlag unterbreitet wird, der sich von traditionellen anfechtungsrechtlichen Überzeugungen löst und stattdessen einen weitgehenden Gleichlauf zu den zivilrechtlichen Prinzipien des BGB anstrebt. Auf diesem Wege soll nicht zuletzt erreicht werden, dass sich die Lösungen anfechtungsrechtlicher Fragestellungen in das zivilrechtlich bestehende Haftungssystem nahtlos einfügen.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/7462}
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